2018-08-28

Gerne gelesen: Sophies Weinwelt



Neulich war ich im heiligen Kaufhaus in Berlin am Ernst-Reuter-Platz, manufactum, zum gucken und Brot einkaufen: Das Steinofenbrot von manufactum liebe ich sehr. So muss ein Graubrot schmecken!

Beim Rundgang durch den Laden fand ich auf einem Tisch liegend das Buch „Sophies Weinwelt – Was Frauen schon immer über Wein wisssen wollen”, geschrieben und selbst verlegt von der französischstämmigen Sophie Houdayer, in Frankreich ausgebildete Winzerin, heute in München im Weinhandel tätig und Schulungen rund um die gepresste Traube anbietend. Ich blätterte in dem Buch herum und war … sehr angetan. Dieses Buch wollte ich gerne lesen!

Ich setzte es zu Hause auf meine Wunschliste und ein liebevoller Geist schickte es mir prompt anonym zu! Genauso wie ich vermute auch eine ordentliche Futtergabe für die befellte kleine Freundin hier im Haus, ein herzliches: MERCI! (Von uns beiden.)

Sophies Weinwelt Anliegen ist es Menschen die Welt des Weines zu erklären, ganz losgelöst von irgendwelchem philosophischen Tara oder technischem abgehobenem Fachgeblubbere, dem sich männliche Weintrinker gerne hingeben. Houdayer bietet seit Jahren speziell Weinkurse für Frauen an: Ihre Expertise dazu wie gerade Frauen Wein entdecken, erleben und welche Fragen sie zum Thema haben, ist also naturgegeben.



„Welcher Wein steht mir am besten?
„Der, der dir gefällt!”
„Und welcher ist das …?”

Natürlich vermittelt Sophies Weinwelt nicht den passenden Wein zur vom Chirurgen frisch gefeilten Nase, um Optik mit Weinkonsum auf die Sprünge zu helfen, wie dieses Zitat aus dem Buch auch suggerieren könnte. Sophie Houdayer möchte insbesondere Frauen jeden Alters ein Selbstvertrauen vermitteln, die für sie richtigen Weine zu erkennen. Dazu gehört Verständnis und Wissen rund um den Wein, seiner Produktion und Präsentation. Egal wo frau als Weinkonsumentin gerade steht, holt das Buch die Genießerin mit Leichtigkeit, Eleganz und leidenschaftlichem Fachwissen – schwesterlich von Sophie mit uns geteilt – ab.

Nun höre ich aber auf mit diesem Frau/Mann-Ding, denn auch Männer fangen irgendwann erst an Wein zu entdecken und zu trinken – und für sie ist diese Literatur genauso zu empfehlen!

Aufgebaut ist das Buch in den einzelnen Kapiteln als Frage-Antwort-Dialog. Ständig wechselnde Frauennamen (und das, ehrlich gesagt, nervt mich doch etwas am Buch) stellen Fragen zum Wein, Sophie beantwortet diese. Nett gemeint – aber eine gemeinsame konstante Frauenrunde mit vier-fünf Frauen, deren Namen immer wiederkehren, hätten es auch getan. Unruhe im Buch. Braucht man nicht.



Die zehn Kapitel Wein & Wissen; … & Form, … Stil, Sprache, Alltag, Essen, Körper, Land, Seele sind liebevoll mit Fotos oder Illustrationen begleitet und werden mit einem Glossar und Weinführer rund abgeschlossen. Da wird nichts ausgelassen, ob erklärt wird, wie man Wein (und wo) schmeckt, man begegnet sehr unangenehmen Dingen wie „Teebeutel-Eichenchips”, die Wein auf möglichst günstige – das heißt schnelle – Weise vorgaukeln lassen, er sei im Barrique-Eichenfaß gereift. Es wird auf Intoleranzen eingegangen und erklärt was Wein im Stoffwechsel bewirkt; wann man Wein einlagert, wann nicht. Es wird über die Entwicklung von Wein in seiner Geschichte erzählt; über klassische Weine und die neuen Modernen; was Erde für den Wein im Anbau bewirkt und … kurz, da gibt es nichts, was man nicht über Wein lernt in diesem Buch.

Alleine die Information, dass Wein von jedem anders geschmeckt wird und sein Geschmackserleben von so vielen Faktoren abhängig ist, lässt mich künftig mit viel mehr Gelassenheit auch öffentlich befinden: „Dieser Wein schmeckt mir nicht!” (Egal wie exklusiv seine Hanglage war, die sich im Preis widerspiegelt.) Und das ist alles sehr liebevoll, pragmatisch einfach, professionell und mit viel Hingabe erzählt.



Ich, für meinen Teil, habe es genossen „Sophies Weinwelt” zu lesen. Es liest sich schnell und kurzweilig, das Buchformat – für Menschen, die Printvarianten noch gerne lesen – ist zum Mitnehmen gut geeignet. Man kann es problemlos einstecken, mitnehmen in die nächste gute Weinhandlung gehen und sagen: „Ich möchte das hier Beschriebene schmecken, lasst mich Wein verkosten!” Mitreden kann man nach dessen Lektüre allemal und – das ist die Hauptsache – man steht nie mehr ratlos vor einem Weinregal.

Das Buch ist ein tolles Geschenk für liebe Freundinnen und Freunde – vorrangig aber für die allerbeste Freundin im Leben: sich selbst!

Sophies Weinwelt – Was Frauen schon immer über Wein wissen wollten
Autorin: Sophie Houdayer
Verlag: Sophie Houdayer (Selbstverlag)
ISBN: ISBN978-3-00-054635-8
Preis: € 19,95

2018-08-27

Es gibt Senf, Baby!



„Du jibst wohl zu allet Dein' Senf zu!” Berlinerische Floskel an jemanden gerichtet, der eine eigene Meinung hat und diese gerne, nicht immer danach gefragt, in die Welt posaunt.

Bezüglich meiner Ernährungsgewohnheiten passt das auf mich sehr gut (bezüglich meiner Kommunikationsgewohnheiten vermutlich auch, selbstkritisch betrachtet). Ich mag Senf und ich habe gerne Senf als Sparringspartner beim Kochen an meiner Seite. Schon als Kind habe ich es geliebt, eine dicke Graubrotstulle fürstlich mit Senf bestrichen als Mittagessen zu mir zu nehmen. Ehrlich, wo andere Eltern verzweifelt auf drastisch schnell schwindende Inhalte im Nusscreme-Tiegel blickten, konnte meine Mutter für mich nie schnell genug Senf wieder herbei schaffen. Senfstulle war mein erklärtes Fastfood nach der Schule!

Das hat sich heute immer noch nicht verwachsen. Bei Hackfleischzubereitung, egal welcher Art, ist Senf meine Gottheit. Senfeier gehen immer, keine Salatvinaigrette ohne Senfsupport und generell verleiht die Messerspitze Senf, also eine sehr dezente Menge Senf (fast) jeder Sauce einen Hauch Vollendung. Ja, ich gebe zu – auch wenn ich mich da noch eine Weile nicht heran trauen werde – aber ich denke sogar über ein Senf-Eis-Rezept nach. Senf ist mein Ding! Und vor allem als Beilage zur heißen Wurst: sehr viel davon.

Ich habe keine Ahnung, warum es so lange gebraucht hatte bis ich – bei der Historie – auf die Idee kam, Senf selbst herzustellen. Obwohl hier in Berlin schon seit Jahren die Senf-StartUps aus dem Boden sprießen. Im vergangenen Jahr war es soweit: mein erster senfiger Selbstversuch – den ich als nicht gelungen betrachtet habe, weil das Grundrezept eine Menge Kurkuma vorsah, die ihm für meinem Geschmack überhaupt nicht gut tat. Aber gut Ding will Weile haben und mittlerweile bin ich zu einer ganz profunden Senfhexe heran gewachsen.



Senf selber ist ein Kreuzblütler und den gemeinen einjährigen Acker-Senf kennen wir als Unkrautpflanze alle. Er wächst hierzulande wild und an jedem Feldrand. Übrigens ist er als Pflanze im Erscheinungsbild dem Raps sehr nahestehend. Senf selber anzubauen, das ist keine Hexerei. Genügend Feuchte im kalkhaltigen Boden und etwas Sonne, dann gedeiht er munter vor sich hin. Man muss ihn nur solange stehen lassen bis die Schoten getrocknet sind, aber sie rechtzeitig ernten bevor sie aufgehen. Nur sollte man Senf immer im Wechsel anbauen, er beansprucht den Boden und gedeiht dort nicht gut in Folge.

Ansonsten ist die Pflanze sehr widerstandsfähig. Probiert auch ruhig mal ihre Blätter: klein geschnitten im Salat ist sie eine gute Würze. Und sie funktionieren auch als Pesto. Natürlich kann man Senfsaat auch prima als Sprossen ziehen. Neben seinen schmackhaften Eigenschaften gilt Senf auch als probates Heilmittel: Umschläge aus Senfpaste sind für alle Leiden, denen Hitze förderlich ist, eine gute Unterstützung. Senf-Brei soll bei Wunden, Ausschlägen und Flechten gute Dinge tun. Für Verspannungen sind Senfumschläge sinnvoll, bei Entzündungen eher nicht. Und zur Anregung des Stoffwechsels empfiehlt sich ein Senfbad.

Die Senfsaat lässt sich gut verwenden – entweder im Ganzen als Gewürzmittel. Oder gemahlen als Senfpulver bzw. daraus zubereitet die Senfpasten pur und mit allen möglichen feinen Zutaten. Grober Senf ist nichts anderes als Senfpulver zusammen mit nicht ganz fein gemahlenem Senf zubereitet.

Das Senfkorn an sich solo verkostet tut nicht viel. Aber sobald das Korn zu Mehl gemahlen wird (mörsern per Hand oder im Mixer) kommt aus physikalischen Gründen Hitze in die Sache und die verändert das Korn zu einem aufgeweckten scharfen Ding. Daher, wer viel Wert legt auf echte Senfschärfe röstet Senfkörner vor dem Mörsern leicht in der Pfanne. Wer ihn aber lieber weniger scharf mag, sieht besser zu beim Zerstoßen mit viel Ruhe und Muße an die Sache zu gehen. Auch bei der Zerstörung im Mixer lieber nur kurz mixen und zwischendurch der Sache einige Minuten Pause zum Abkühlen geben.

Selbst gemachter Senf ist aber immer viel intensiver im Geschmack und in der Schärfe als der Senf, den wir aus der industriellen Produkten kennen – da wird viel gestreckt. Leider. Für unseren Geschmack, der am industriellem Senf genormt ist, wird frisch zubereitet immer erst zu scharf und intensiv schmecken. Ansonsten gibt es weißen (gelben) Senf und schwarzen Senf. Letzterer ist die besondere Mitzutat vom Dijon Senf, er ist hierzulande aber in Geschäften eher nicht zu bekommen, sollte aber in Apotheken bestellt werden können. Schon den normalen Senf in hiesigen Supermärkten einzukaufen, wird zunehmend um Glücksspiel. Der Biomarkt hingegen ist hier Dein zuverlässiger Freund.

Für die Zubereitung von Senf gelten die „drei S” als Mittel aller Dinge: Süße (Zucker), Säure (Essig), Salz – um eine ausgewogene Senfpaste zu kreieren. Natürlich Wasser und etwas Öl, um die Masse in einen schönen homogenen Zustand zu verwandeln. Gerade bei den Dingen wie Essig und dem Öl sollte man auf Qualität achten, der Essig darf ein milder sein, zu hohe Essigsäure tritt mit der Senfschärfe in Konkurrenz. Das tut nicht gut. 5% Essigsäure sind die Grenze. Ein feiner heller Balsamico oder ein milder Apfelessig sind dem Senf gute Freunde. Und ein feines Öl runden den Geschmack schon im Entstehungsprozess gut ab. Nehmt ein Öl, das nicht zum ranzig werden neigt: Senf ist sehr lange haltbar. Da wäre Öl, das früh umschlägt (z. B. Walnussöl) kontraproduktiv. Mein Grundrezept:


Zutaten

100g Senfkörner (alternativ kann man gleich Senfmehl nehmen, so man es bekommt.)
75 ml Säure also milder Essig oder Zitronensaft (Essig lieber unterhalb 5%iger Säure, gibt es kaum noch im Handel – ich bevorzuge milden weißen Balsamico)
1 EL Salz
1 EL Süße (Zucker, Honig, Sirup)
75 ml Wasser (alternativ Wein)
1-2 Esslöffel Öl als Geschmacksträger und zum emulgieren (geschmacksneutrales Öl verwenden: ich mag kaltgepresstes Rapsöl, weil es haltbar ist und ein bisschen nussig schmeckt aber weniger Eigengeschmack mitbringt als z. B. Olivenöl)

Einmachgläser (sehr kleine, ca. 50-60 ml, ca. 4-6 Stück)

Und je nachdem, ob man den Senf weiter zubereiten möchte, Zutaten nach Gusto – hier zwei Rezepte für Feigensenf (jetzt ist Saison!) und Orangen-Mohn-Senf. Die oberen Senfmengen sind allerdings nur für eines der nachfolgenden Rezepte berechnet. Wer beide machen möchte, bitte die oben aufgeführten Grundzutaten verdoppeln!

300 g frische Feigen
100 g Zucker

2 Orangen, von beiden Orangen der Saft, von einer Orange der Abrieb
100 g gemahlener Mohn
3 Esslöffel flüssiger Honig


Zubereitung



Ich mörsere ehrlich gesagt nicht. Senfsaat, Essig, Salz, Zucker, Wasser und Öl gebe ich zusammen in den Vitamix und lasse diesen sein zerstörerisches Werk tun. Allerdings nach und nach. Mit vielen Pausen dazwischen, damit die Masse nicht warm werden kann. Für feinen Senf mixt man länger, für groben Senf einfach rechtzeitig aufhören, wenn die Masse den persönlich wertgeschätzten Zustand erreicht hat.



Diese Masse sollte nun in einem Gefäß ca. 24 h bei Zimmertemperatur reifen (fermentieren) dürfen. Es ist egal, wann ihr den Senf weiter verarbeitet. Nach den 24 Stunden kann er im Kühlschrank gut verschlossen nahezu unbegrenzt lagern. Jetzt abschmecken und falls er nicht weiter verarbeitet wird, kann er nun mit Zugabe von Wasser in seiner Konsistenz weicher (flüssiger) und seine Schärfe etwas gemildert werden. Mehr Öl nimmt auch Schärfe. Werden später noch flüssige Zutaten beigemengt, achtet darauf ihn jetzt nicht zu flüssig zu mixen!


Feigensenf



Die frischen Feigen waschen, den Strunk und unteren Ansatz entfernen und mit Schale in sehr kleine Stücke würfeln. Mit dem Zucker aufsetzen zum Kochen bringen und gut zu einer feinen Masse einköcheln lassen. Notfalls pürieren und abkühlen lassen. (Wer die Menge heiß zum Senf gibt, treibt dessen Schärfe wieder an.) Wenn die Feigenpaste kalt geworden ist, wird sie unter den Senf gerührt und mit Pfeffer ggfs. Salz abgeschmeckt. Ein Löffelchen Honig passt hier auch sehr gut! In die Gläser abfüllen und sich selbst oder anderen Menschen Freude bereiten.


Orangen-Mohn-Senf



Das ist mein persönlicher Favorit! Mein Lieblingssenf für Käse bzw. als Krönung einer jeden Salatvinaigrette! Von einer Orange den Abrieb der Schale nehmen, beide Orangen auspressen. Den Saft und Abrieb mit dem Honig aufsetzen und zu einem dickflüssigen Sirup einkochen lassen. Das dauert etwas – riecht aber die gesamte Zeit über schon königlich! Auskühlen lassen. Am Ende den gemahlenen Mohn und den Orangen-Honig-Sirup unter den Senf rühren. Wieder abschmecken mit Pfeffer. Ist die Orange zu dominant, kann man noch einen Löffel Honig zum Ausgleich kalt unterheben. Sehr gut passt hier noch wenig (!) aromatischer Rosmarin. Ist die Masse zu fest, darf noch etwas Wasser dazu gegeben werden. Und abfüllen.



Der Senf hält sich in sterilisierten Gläser gut verschlossen lim Vorratsregal ewig und mit sauberem Besteck entnommen über Jahre auch im Kühlschrank – falls er solange überhaupt überlebt.

P.S. Da ich mich heute bemerkenswert untalentiert und unmotiviert beim Fotografieren angestellt habe, habe ich zu meiner eigenen Strafe beschlossen hier nur die allerübelsten Fotos davon zu posten. Strafe muss sein!

2018-08-25

Blogroll

Ich habe heute früh mit der zweiten Tasse Kaffee meine Blogroll hier durch geklickt und aufgeräumt. Nun ja, das Blogsterben ist massiv. Und wer seit 2014 nicht mehr bloggt, wird es wohl so schnell auch nicht wieder anfangen. Schade. Man wüsste gerne, wie es den Leuten geht. Einige liest man in den sozialen Netzwerken weiterhin, die bloggen einfach nur nicht mehr. Da weiß man, es geht ihnen soweit ganz gut. Andere … naja, wenigstens eine Abschiedserklärung im Blog wäre schön!

Trotzdem vermisse ich die, die für sich beschlossen haben, diesen Blogweg nicht mehr in der Form gehen zu wollen.

Wiederum bei anderen sind die Blogs auf privat gestellt, ich müsste also um den Zugang fragen. Falls hinter diesem wirklich noch gebloggt wird. Das ist komisch. Es fühlt sich an als würde man dem Blogger zu nahe treten. Und wer bin ich schon, dass ich einfach so Einlass erbitte? Für mich ist es eine Hürde. Schlussendlich kann bei so einer Nachfrage auch eine gerechtfertigte Ablehnung als Antwort folgen – die will man auch nicht wirklich.

Ein einziges Blog, das noch existiert, habe ich rausgeworfen. Themenwechsel. Eines, das mich multiinteressierter Person einfach nicht mehr interessiert: Bundesliga. Bundesliga ist leider durch bei mir. Ausverkauft. Dem Kapitalismus geopfert. Abgewählt.

Insofern grüße ich heute alle sehr herzlich, die über all die langen Jahre (hier sind es mittlerweile zwölf Jahre) bei der Stange geblieben sind und mir mit ihren Texten, Gedanken, Fotos, Posts einfach gut tun. Danke Euch dafür!

Und falls Ihr Blogempfehlungen habt – nur her damit. Mehr als angucken geht ja nicht!

2018-08-24

Elly

Gestern haben wir Elly gehen lassen müssen. Wir, heißt, neben der Besitzerin, die ganze Nachbarschaft, Kinder, Hunde und Erwachsene.

Elly war eine Boxerhundedame, schon nicht mehr ganz jung, als sie mit ihrem Frauchen in die Wohnung von Norma eingezogen war. Eine sehr freundliche braune Lady, die sich immer sehr freute, wenn sie mich sah und um mich herum tanzte, mich nie ansprang aber immer sehr gerne unvermittelt hochsprang, um mir einen Kuss aufzudrücken wenn ich mich zu ihr niederbeugte. Elly hatte fürchterlich viel Charme.

Nun ja, ich bin quasi mit Boxern aufgewachsen. Dort, wo ich mit meiner Mutter als Kind lebte, hatte der Nachbar gegenüber – unser Hausmeister – zwei Boxerhündinnen. Mutter und Tochter. Später nur noch die Tochter mit dem obligatorischen Boxernamen „Kessie”. Die lag immer (wir wohnten Hochparterre mit mindestens 50 cm breiten Steinfensterbrettern) im offenen Fenster, so dass ich immer einen Hundeansprechpartner hatte, wenn ich nach Hause kam oder ging. Das prägt. Ich bin auf Boxer programmiert. Wenn ich einen Boxer sehe (was leider nur noch sehr selten passiert), pumpt das Herz freudig schneller. Also war meine Freude sehr groß als vor vier Jahren Elly im Nebenhaus einzog.

Und wir sind hier mittlerweile zusammen gewachsen. Gerade Hunde verbinden und es ist unser Ritual hier mit den Kindern und Hunden im Hof gemeinsam zu sitzen. Die Kids wachsen entspannt mit den Hunden als Buddies heran, genauso wie sie immer mal zu uns Katzenbesitzern kommen und ihr frühkindliches Interesse auch an diesen Flauschwesen stillen können. Das finde ich persönlich schön, wenn sich die kleinen Menschen und Tiere aufeinander freuen, die Kinder gleichzeitig auch ungezwungen lernen können, wann ein Tier seine Grenzen aufzeigt. Und natürlich ist es viel schicker, wenn ein Kind das „Wau Wau" oder „Miau” am lebenden Objekt üben kann, denn im Kinderbuch. Das kleine Nachbarmädchen in unserem Haus lernt gerade, dass „Wau Wau” durchaus auch mal Bella oder Miena heißen kann. Oder eben Elly. Bis gestern.

Elly hatte schon vor Monaten neben ihrer sichtlichen Älterwerdung (13,5 Jahre) die Diagnose Tumore in der Leber. Wir wussten also, was auf uns zukommen wird und wir waren alle sehr betrübt. Wir haben Elly viel Liebe gegeben und sie durch die letzten Wochen geknuddelt. Der heiße Sommer machte es der kleinen Schnaufmaschine nicht leichter und Montag zeichnete sich an, dass das Ende sehr nahe sein würde. Sie fing an umzufallen. Sie wollte nichts mehr fressen bzw. nur noch sehr wenig.

Mittwoch wurde kommuniziert, dass es Donnerstag so weit sein würde. Also haben wir alle unsere Antrittsbesuche gemacht, die Elly huldvoll aber doch noch freudig entgegen nahm. Streichler wurden gegeben und Küsse verschenkt. Nun mehr von mir an sie, weil sie nicht mehr konnte. Ich hatte ihrem Frauchen vor Wochen angeboten mitzugehen, wenn es so weit ein würde. Natürlich traute sie sich nun nicht mehr zu fragen und dummerweise war der Termin genau so gesetzt, wenn ich meine wöchentlichen obligatorischen Termine habe.

Ich habe dann eine Nacht darüber geschlafen und beschlossen, wenn sie es denn wollte, den einen Termin abzusagen und mitzugehen. Das klärten wir gestern über den Balkon hinweg am Morgen und so bin ich mitgegangen. Gestern war auch der richtige Tag, Elly konnte sich nicht mehr freuen als ich kam. Der Weg von der Wohnung zum Auto (15 Meter) und vom Parkplatz zum Tierarzt (20 Meter) forderten sie sichtlich. Und während der Tierarzt sich immer noch sträuben wollte, überzeugte ihn dann doch, als sie im Behandlungszimmer etwas Blut aus dem After verlor. Das Organversagen war einfach im vollen Gange.

Knappe 30 Kilo Hund brauchen deutlich mehr Narkosemittel als eine Katze, aber sie ist dann ganz friedlich von vielen Händen an allen Stellen beschmust, an denen sie gerne gestreichelt wurde, eingeschlafen. Liebevoll beweint, intensiv bedankt, viel geküssst und zärtlich auf die Reise geschickt. Und ihr Frauchen war nicht alleine, was man nicht sein sollte, wenn es geht. Und beim späteren Kaffee bei mir hatte sich Shiina wie eine echte Freundin verhalten und sich mit dem frisch verwaisten Frauchen auf die Bank auf meinem Balkon verzogen und sich lange streicheln lassen von ihr. Genau das, was man in so einem traurigen Moment braucht.

Der Rest von uns Nachbarn war gestern traurig.

2018-08-21

Pflaumenbebrütung

Ich kaufte gestern zwei Kilo Pflaumen für das obligatorische Pflaumenofenmus – dummerweise ohne vorher die Zwetschgen zu probieren. Man ist in diesem sonnigen Sommer etwas zu leichtgläubig. Also ich bin es. Offensichtlich. Nun, wie dem auch sei, ich habe es geschafft zwar blaues aber gänzlich unreifes und kaum nach Zwetschgen schmeckendes Steinobst zu erwerben und das Internet spricht, es gäbe noch Hoffnung, wenn man dieses für ein zwei Tage in eine verschlossene Papiertüte legt (mit Banane geht's wie immer schneller). Auch Pflaumen würden dann nachreifen.

Gelesen, getan.

Und ein total niedliches Pflaumenhuhn* gefunden, das sie bebrütet!



*große Liebe

2018-08-04

Sommerliches Serviceblogpost

Sommertipp: Waschlappen nass machen mit kaltem Wasser (oder sogar 30 Minuten ins Gefrierfach legen), halbe Limette darauf ausdrücken. Sich selbst damit „einseifen”. Schafft sofortige Erfrischung.

Mit der halben ausgedrückten Limette sich danach die Schläfen, Stirn und Arme einreiben, schafft bleibende Frische.

Grundsätzlich jetzt gausgepresste Zitrusfruchthälften (weil sie nämlich im Getränk Wasser nicht nur den Geschmack heben und es frischer macht, Euch auch ein bisschen Vitamin C abgeben) einfrieren und bei Bedarf aus dem Gefrierer nehmen und Euch damit einreiben.

Ich habe gestern Abend einen Käsekuchen gebacken für den Umzug, bei dem ich heute helfen werde. Ich könnte problemlos andere Visionen für diesen Tag haben. Im Moment hilft nicht einmal die einzigartige Großartigkeit dieses Umzugs, dass es nur von der ersten Etage in die dritte geht: im gleichen Haus. Und es sollen für die schweren Dinge Möbelpacker kommen. Also alles prima außer: Wetter.

War schön mit Euch!

2018-08-03

Der kleine Alltagsrassismus

Noch nie habe ich so sehr bedauert keine Schlagbohrmaschine zu besitzen wie in diesen Tagen.

Ich bin auf einer Nachbarschaftsplattform aktiv: nebenan.de. Finde ich eine prima Sache, unkompliziert. Spart Wege und Geld. Und ich liebe diese menschliche Sache mit dem Geben und Nehmen. Meine Stichsäge mag meine Aktivität dort auch sehr. Sie würde nämlich sonst die meiste Zeit im Jahr im Keller Däumchen drehen. So kommt sie ab und an raus, lernt andere Wohnungen kennen und hat was zu tun. Ist gefordert. Gefordert werden ist so wichtig für die menschliche Daseinsform. Ich vermute, das verhält sich bei Stichsägen nicht anders.

Seit ich dort aktiv bin, schätzungsweise seit zwei Jahren, erlebe ich bei Nachfragen nach einem Werkzeug, dass sich im Schnitt immer zwei bis drei Personen melden und ihre Hilfe offerieren. Unkompliziert. Ganz im Sinne der Plattform.

Neulich fragte ein junger Mann nach einem Schlagbohrschrauber, den er für ein kurzzeitiges Projekt bräuchte. Der junge Mann sieht im Profilfoto sympathisch aus aber nicht, wie man das so nennen würde, typisch deutsch. Sein Vorname klingt sehr schön. Und fremdländisch.

Der junge Mann wartet noch heute auf ein Feedback, ein Angebot, ein „Ja!”

Die Frau, die knappe zehn Tage später das gleiche Anliegen hatte, Doris, sechs „Habe ich, kannste haben!”

Nicht repräsentativ. Aber ja, es gibt ihn, diesen Rassismus in diesem Land. Im Großen wie aber auch im Kleinen.