2015-12-10

Kann ich bitte einen Hund haben?

Bei Shiina habe ich schon seit längerem das Gefühl, dass sie mit Hunden sozialisiert wurde. Die immer noch unbefriedigende Katzengemeinsamkeitsituation hier signalisiert deutlich, dass sie Angst vor Katzen hat; sind hier Hunde im Haus sie wiederum deutlich wenig Respekt vor Hunden zeigt. Auch ihr ganzes Verhalten, wie sie Besuch an der Tür empfängt, mir bei Fuß läuft – sie sieht nur mehr aus wie ein Kätzchen als sie sich überhaupt so auch benimmt. Oft jedenfalls. So ganz kann man halt nicht aus seinem Pelz.

Gestern war wieder einmal Sherlock da. Sherlock ist ein Pons. Allerdings deutlich größer als der Durchschnitt seiner Rasse, eine Seele von einem Hund, irre klug, bezaubert jeden, begleitet sein Frauchen ins Hospiz bei ihrer Arbeit und macht (nicht nur) dort die Menschen glücklich mit seiner freundlichen souveränen und sehr anhänglichen Art.

Über Sherlock lernten wir, dass es einen interessanten Hundeaustausch zwischen polnischen und deutschen Tierheimen gibt, denn während der Pole bei einem Hund großen Wert eher auf Wach- und Verteidigungskompetenz legt, mag der Deutsche beim Hund mehr den Hütehund. Die einen wollen ein Tier, das signalisiert, gefährlich sein zu können. Die anderen eines, das sich einfügt ins familiäre Leben. Sherlock also machte von einem polnischen Tierheim rüber nach Deutschland, ist gut mit Katzen sozialisiert und hat nun bei Freunden seit Anfang des Jahres ein neues Zuhause gefunden – und macht genau diese Leute etwas wahnsinnig mit seiner Intelligenz, die nur noch übersteigert wird von seiner Abneigung alleine bleiben zu müssen.



Ein reizender Hund – und immer in geschlossenen Räumen eine kleine Nummer zu groß. Ein Traumtier!

Sherlock und Shiina haben sich neulich schon kennengelernt. Shiina nahm ihn damals zur Kenntnis als sie wieder aus dem Zimmer raus kam, wo wir sie eingesperrt hatten, damit sich der Hund erst einmal in meiner Behausung einfinden konnte. Blieb im Zimmer mit ihm und zog sich in einen Umkarton zurück, der zu dem Zeitpunkt im Wohnzimmer lag und den Katzen viel Freude bereitete. Sie war verdächtig unbeeindruckt. Sherlock selbst ist sehr aufgeregt aber sehr freundlich aufgeregt, wenn er Katzen sieht, denn er mag sie und möchte ihnen gerne nahe sein. (Auf dem eigenen Grundstück hängt er gerne mit Nachbars Katze ab bzw. hält mit ihr Siesta.) Leider hat er da wohl in jüngster Zeit hier und dort auf die falsche Katze gesetzt und ist nun etwas prügelgeschädigt aber offensichtlich voller Hingabe zu diesen Wesen (wer kann es ihm verdenken?).

Gestern haben wir die Sache auf die nächste Ebene gehoben und die Tiere (Shiina wollte ihn schon an der Tür begrüßen, was ich ihr aber untersagte, weil der Hund eben am Anfang, wenn er die Wohnung betritt, schon sehr wuschig ist – und dabei in meiner kleinen Wohnung sehr groß wirkt.) Wir ließen ihn also erst einmal zur Ruhe kommen (sein Tag war anstrengend), zufällig fand ich im Regal ein Schweineohr, das ich ihm übergab und er dankend entgegen nahm und dieses seiner Bestimmung zuführte, die da heißt: Inhalation. Dann ließen wir Shiina raus. Und achteten auf etwas Abstand und später ließen wir beide Tiere machen.

Katze und Hund halten sich gerne, sich natürlich beobachtend, in einem Raum auf. Da diese in meiner Docking Station der Q3A-Bauweise ja gelegentlich auch sehr klein wirken (Flur, Küche), sind es genau das die bevorzugten Räume in der die beiden sich die Luft teilten. Dabei tat Shiina genau das, was Katzen immer tun, wenn sie auch nur einen Hauch das Gefühl verspüren, sie könnten die Oberhand haben (dazu reicht ein kleines Fiepen des Hundes und er hat's für sich versaut): schön in der Tür sitzen und das andere Lebewesen in Grund und Boden starren.

So richtig gefaucht und einen auf dicken Schwanz machte Shiina nur einmal. Nämlich als es ihr Abendessen gab und der Hund in ihr Zimmer kam und „nur mal gucken wollte”. Ansonsten ging man sehr respektvoll miteinander um, einschließlich diverser Ruhemomente in denen man sich entspannte, wenngleich man natürlich immer ein Auge auf das Gegenüber hatte.

Ein sehr sehr lustiger Moment als Sherlocks Frauchen die sanitären Anlagen besuchte und er vorne an der Küchentür liegen bleiben sollte, also bei mir (in der Küche) bleiben sollte. Und Sherlock hört. Plötzlich klebte der Hund aber bei mir in der Küche, dezent aufgeregt und fiepend und ein bisschen ratlos anhänglich, was sich selbstklärend erklärte, weil Shiina eben auch mit in der Küche sein wollte und schon hinter der Waschmaschine saß. In meiner Küche heißt das ein Mensch, ein großer Hund, eine kleine Katze auf knapp anderthalb Meter. Im Grunde ist es Liebe.



Da Sherlock bei mir auf das Sofa darf und er ein Schoßhund ist – er kann ja nix dafür, dass sein inneres Wesen nicht ganz im Einklang steht mit seiner äußeren Gestalt – entstand zur späteren Stunde dieses Foto. Sherlock bei uns auf dem Schoß. Shiina tiefenentspannt gibt den relaxten Clown.

Wird. Shiina möchte einen Hund!

2015-12-09

Auf den Punkt gebracht.



Ich kann es immer noch nicht glauben, nicht fassen. Obwohl es so ist. Darüber schreiben kann ich auch noch nicht wirklich, sprechen schon gar nicht. Aber gestern ist mir der Satz in den Sinn gekommen, der wohl am Besten den Zustand beschreibt: mir ist mit Nishias Tod ein sehr großes Stück Lebensqualität abhanden gekommen. Sie war so dermaßen präsent und umsorgend und mitmachend. Und der Intelligenzdurchschnitt ist auch massiv gesunken. Hier ins unseren so traurig verwaisten vier Wänden.

2015-12-08

Neues von der Pilzfront!

Die gelben Austernseitlinge in der Zuchtpackung von Prêt à Pousser machen sich langsam! Um nicht zu sagen, sie machen sich langsam ziemlich gut und das rasant schnell!

Samstag habe ich entdeckt, dass sich eine erste Pilzknolle unter der Folien aus dem Substrat bildete. Shiina entdeckt sie auch und fing schon mal an den Geschmack zu testen, also wanderte die Packung um in die Küche auf den Küchenschrank.



So sah dann die Zucht am Sonntag Morgen aus:



Und so bereits am Abend:



Der heutige Stand zeigt schon wildestes Wachstum, die Pilze bilden sich jetzt schön heraus.







Mein persönlicher Spaßfaktor, davon abgesehen, dass ich die Pilze vor den Katzen retten muss, ist ziemlich hoch! Ich mag es den Dingen beim Wachsen zuzusehen und die Pilze wachsen gerade minütlich!

2015-12-07

Liebes Tagesbuch!

Heute ist der siebente Dezember im Jahr 2015, einen Tag nach Nikolaus, und ich habe mir heute sehr früh den Wecker gestellt. Nachdem ich die üblichen relevanten Dinge wie Katzen beschmusen, Katzen füttern, Kaffee kochen, Duschen usw. erledigt hatte, ging ich (noch im Bademantel) auf den Balkon, um die übliche Piepmatz-Befütterung vorzunehmen.

Draußen war es noch sehr dunkel. Und sehr mild. Zarte Vogelstimmen zwitscherten in der lauen Frühlingsnacht an dem milden Wintermorgen und das noch junge frisch verliebte Pärchen in der Nachbarschaft gegenüber verabschiedete sich herzlich knutschend in den Alltag der Woche.

Ich began die Blumenpracht zu gießen, man vergisst das im Winter sehr leicht. Zum Glück verstehen sich die Winterblüher, die dreifarbige Erika (also natürlich einfarbig aber dreifarbig in einem Topf gepflanzt) und irgendwas mit roten Kugeln mit dem blühenden Lavendel, der ebenso Blüten zeigenden Malve und der nun (im Sommer wurde sie etwas von den Tomaten zurück gedrängt) sehr aktiv blühenden Physalis.

Die zwei kleinen Erdbeeren werden vielleicht zu Weihnachten auch noch rot und reif.

Dann holte ich mir einen Kaffee und setzte mich mit einer kleinen bunten Katze, namens Tally, auf unsere Balkonbank und wir lauschten den zarten Vogelstimmen. Interessanterweise ist die Schwerhörigkeit bei Vogelstimmen bei Tally weniger stark ausgeprägt als bei allen anderen Geräuschen des Alltags, bei denen ich sie mittlerweile als komplett taub bezeichnen würde. So lauschten wir verzückt in die Dunkelheit.

Dann sage ich dummer Mensch zu ihr „Guck mal, wie die Meise zwitschert.” Und sie antwortet weise: „Ich höre es!”

2015-12-05

Confierte Gänskeulen Teil 1

Bei „Das Perfekte Dinner” confierte neulich eine Teilnehmerin Gänsekeulen zum Hauptgang. Es klingelte bei mir erinnerungstechnisch. Confierte Ente hatte ich in einem meiner gerne besuchten Restaurants in Südfrankreich und fand sie ganz wunderbar.

Tatsächlich bekommt man in Frankreich sehr häufig confiertes Geflügel, denn es ist einfach zu machen bzw. man kann nur sehr wenig falsch machen und man kann das Geflügel so sehr gut vorbereiten und lange vorrätig halten. Das Confieren, Fleisch in eigenem Fett bei niedrigen Temperaturen schmoren und dann einzulegen, ist eine althergebrachte Methode der Haltbarkeitmachung. So kann man sich den Stress zu Weihnachten prima schon Wochen vorher machen und muss die Keulen nur noch für ein paar Minuten in den Ofen schieben am Tag des Menüs. Tatsächlich werden die confierten Keulen mit der Lagerung immer besser, eine Woche im eigenen Fett sollte man ihnen schon gönnen!

Was man zur – je nach Wahl – ganzen Gans, Brüsten oder Keulen neben den Gewürzen benötigt ist das eigene Fett der Gans, hier also Gänseflomen. Das ist das Unterhautfettgewebe der Gans, das aufbereitet wird, meist nach tagelanger Wässerung durch einen Fleischwolf gedreht, zusätzlich durch ein Sieb passiert und „als Fettklumpen” verkauft beliebig weiter verwendet wird. Wir kennen es meist als Gänseschmalz mit Zwiebeln, Grieben (geschmolzene Gänsehaut), Äpfel und Gewürzen. Oder als Rillettes, also Schmalz mit den Fleischresten der Gans, heute würde man es wohl als „Pulled Duck” bezeichnen, angereichert. (Für eine gute Rillettes könnte ich sterben!)



Aber soweit sind wir noch nicht. Ich guckte mir also die Dame an, wie sie Gänsekeulen confierte in ihrer wunderschönen Hochglanzküche (mit Katzen)und beschloss es in meiner wundervollen türkisen Küche ohne Hochglanz (auch mit Katzen) nach zu kochen.

Rezepte gibt es dergestalt sehr viele im Internet. Ich entschied mich für die Würzung aus dem Rezept von Diethard Urbansky aus der Elle, werde aber, weil ich Keulen verwende und nicht Brüste wie im Original, diese bei 78 Grad Celsius ca. zweieinhalb Stunden confieren. Diese Zeitdauer schlagen alle anderen Rezepte mit Keulen vor. Man kann also gar nichts falsch machen. Bei den Temperaturen kann man auch locker die Dauer im Ofen versehentlich erhöhen.

Das witzige Problem, ich schrieb neulich schon darüber, diese urplötzliche Gänseflomenknappheit, die sich in den letzten Tagen prima gleichfalls in ein „ich finde auch kein fertiges Gänseschmalz mehr”-Erleben manifestierte. Ich wurde gestern dort erlöst, wo ich im Prinzip immer erlöst werde: bei Rogacki. Hach, ich bin in dem Laden ein bisschen groß geworden, immer an Omas Hand. Rogacki ist so etwas wie Omas zweites Zuhause in meinem Erleben. Und hatte gestern natürlich (warum gehe ich nicht gleich dorthin?) Gänseflomen für mich, wenn auch tiefgefroren, aber immerhin: sie hatten Flomen! Das Kilo für € 7,95. Ich nahm ein Kilo. Laut Rezept brauche ich anderthalb, da ich dort wegen der Frostung aber nur zwei Kilo hätte kaufen können … und ich davon ausgegangen bin, dass nun der allgemeine Gänsefett-Bann über mich gebrochen sein müsste, fand ich natürlich auch prompt gegenüber im Supermarkt meiner Kindheit Gänseschmalz und erhöhte so die gesamte Menge auf 1540 g leckeren Gänseabfall.



Der Flomen taut nun im Kühlschrank. Und die vier schönen Gänsekeulen wurden gestern mit gut drei Lorbeerblättern, 100 g Meersalz, zehn Wacholderbeeren, fünf schwarze Pfefferkörner, acht Pimentkörner, Thymian, Rosmarinnadeln im Mörser zerstoßen und eingerieben und vakuumiert und warten nun auf weitere Behandlung.

Glaubt es mir, Gänsebrüste im Vakuum im Kühlschrank können sehr sexy sein und das Gemüt ein Stück weit erheitern!

Und morgen wird confiert …

2015-12-04

Wie gut sind Eure Krankenhäuser?

Eine sehr gut aufbereitete, recherchierte Sendung zum Thema Krankenhäuser, Krankenhausversorgung im Allgemeinen hierzulande und Qualitätsberichte, wie man sie liest und versteht, welche Alternativlösungen es gibt, wie gut diese wiederum sind, hat die Redaktion von Planet Wissen gemacht. Und mit Dr. Veit haben sie sich wirklich hochgradige Kompetenz zum Thema Qualitätssicherung und -berichte eingeladen. Die Sendung ist deswegen auch so gut, weil sie deutlich kommuniziert, wann man Behandlung (und wo sie stattfindet) auch hinterfragen sollte. Zum Glück leben wir immer noch mit einem Gesundheitssystem, in dem der Patient Behandlungsmethoden und Behandler sich aussuchen kann.

Daher meine innige Anguckempfehlung: „Wie gut ist mein Krankenhaus.

Und ja, ich weiß, dass man sich als gesunde Person mit dem Thema nicht auseinander setzen möchte. Aber es ist so wichtig das zu tun – und im Notfall ist es zu spät.

2015-12-01

Simply enttäuscht von „Geschickt eingefädelt”

Nun ist die fünfte Folge „Geschickt eingefädelt”, der deutschen Variante des britischen – dort sehr erfolgreichen Formats - „The Great British Seweing Bee” gelaufen und ich bin's eben: enttäuscht.

VOX hat es vorgezogen sich in allen Änderungen konträr zum Original falsch zu entscheiden. Das fängt damit an, dass die Person, die sicherlich vom Handwerk und Kreativität mehr versteht, gleichzeitig den Moderator und Betreuer der Kandidaten geben muss. Eine Aufgabe, der Guido Maria Kretschmer leider nicht gerecht wird. Beziehungsweise er sie leider in einer Art und Weise bedient, wie sie sicherlich in seinem sonstigen Hausformat „Shopping Queen” beim gleichen Sender nachgefragt war und ihn auch für das TV empfahl. Hier aber wäre weniger der Clown, dafür der in der Materie steckende Fachmann die angenehmere Begleitung gewesen.

Denn bei „Geschickt eingefädelt” geht es nicht darum anzumerken, dass die eine Kandidaten sich wie eine Marktfrau kleiden würde oder er sich nicht ausmalen möge, wenn Kandidatin X (größere Konfektionsgröße) vom Tisch fallen würde auf Kandidaten Y (kleinere Konfektionsgröße). (Es stand nie zur Debatte, dass Kandidatin X von irgendeinem Tisch in diesem Format fallen würde.) Guido Maria Kretscher hat allzu offensichtlich ein Problem mit Frauen, die nicht in seine übliche Kollektion passen würden und deswegen meint er, sei es legitim, sich an dieser einen Kandidatin abzuarbeiten. Dabei hilft ihm die Redaktion im Schnittraum allzu übereifrig. Wenn eine Aufgabe „Schlankmacherkleid” lautet – und der erste Schnitt nach Nennung des Wortes auf das Gesicht der einzigen Kandidatin fällt, die größer als Konfektionsgröße 42 trägt, ist das fantasielos, geschmacklos und im Grunde bloß dumm. Es berührt mich allenfalls peinlich. Unterhaltend ist es nicht.

Das – vorneweg – hat bei mir im übrigen die allergrößte Störung ausgelöst. Denn es ist der ganz besondere Flair von „The Great British Sewing Bee”, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit ihrem Talent mit großem Respekt präsentiert und dabei nie vorgeführt werden. Alleine wie dort in der zweiten Staffel eine Teilnehmerin mit Hör- und Sprachbehinderung mit völliger Selbstverständlichkeit in dem Format ihren Platz findet – und später zum Weihnachtsspecial erneut eingeladen wird, zeigt die humane Souveränität des Formates. Das genau macht – vom inhaltlichen Thema Nähen abgesehen – diesen besonderen Reiz aus beim Zusehen. Teilnehmer einer Show im Wettbewerb dürfen sein ohne vorgeführt zu werden. Sie dürfen kreativ sein, ihre Arbeit demonstrieren, Sorgen und Ängste in einem Wettkampf zeigen, ohne dass in der Regie das Material so zusammen geführt wird, dass sie hinterher blöd da stehen. VOX hat es einfach gar nicht verstanden!

Jetzt möchte ich sehen, wie VOX an gleicher Stelle eine Person mit Behinderung überreden wollte bei diesem Format mitzumachen, nachdem man schon keine Chance ausgelassen hatte, die einzige Teilnehmerin mit Übergröße in jeder Folge vorzuführen. Ist das eine Empfehlung? Für was?

Die Sicherheit, dass sich die Teilnehmer wohl fühlen können, alleine auf ihr Talent und Können hin bewertet und präsentiert werden, das macht die hohe Kunst von „The Great British Sewing Bee” aus. Vox hat sich leider nicht sehr viel Mühe gegeben, dieses Niveau der Vorlage auch nur annähernd zu erreichen.

Gesucht wird der „talentierteste Hobbynäher Deutschlands”, weswegen VOX zwei (reizende und sicher talentierte) Teilnehmer ins Rennen zu schicken, die bereits auf Steuernummer nähen, somit also professionell nähen. Mir ist herzlich egal, wie VOX hier im Format eine ordentliche Männerquote hinbekommt. Aber bitte doch nicht in dem man mich Zuschauererin für so blöd hält!

Dann, das muss man auch sagen, wird erstaunlich schlecht genäht! Wer sich so einem Wettbewerb stellt, sollte in der Lage sein auf Nähaufgaben erfüllen zu können und wenigstens normale Nähte sehr sauber nähen. Ich verlange nicht, dass jemand aus dem Eff Eff Schnitte entwickeln kann – aber ein Reißverschluss sollte sitzen bzw. ordentliche Nähte an den Nähmaschinen genäht, sollten nun wirklich keine Herausforderung für die Teilnehmer sein bzw. ein Grund sein dürfen, das jemand gehen muss. Und ich bin sehr sicher, dass alle Kandidaten das Original kannten und in etwa eine Ahnung haben sollten, wie sie handwerklich sauber nähen können sollten, um bestehen zu können in diesem Wettbewerb. Das spricht leider dafür, dass vom Sender unter ganz merkwürdigen Maßstäben bzw. mit vom Formatthema losgelösten Zielvorstellungen gecastet wurde.

Interessant hierbei wie die Stimmen zum Format, die man in den sozialen Netzwerken zur Kenntnis nimmt, sich besonders gerne an der einzigen Jurorin abarbeiten, die dem Format den einen Hauch von fachlicher Kompetenz und somit dem am Thema Nähen interessierten Zuschauer etwas Mehrwert über das Zusehen hinaus vermittelt. Inge Szoltysik-Sparrer ist Schneidermeisterin und die Bundesvorsitzende des Maßschneiderhandwerks. Da hat man wirklich DIE Fachkompetenz im Land eingekauft und sie hätte dem Format – hätte man sich hier an das Original gehalten, das in den Folgen immer Ausflüge in die Nähtechnik, ins Stoffwesen oder in die Näh-Historie offerierte – so viel mehr geben können als die gesund kritische Jurorin. Also uns das hätte geben können, weswegen wir nähbegeisterte Menschen dieses Format auch gucken wollen: lernen beim Zusehen. Das durfte aber nicht sein. Warum? Weiß der Himmel! Das Original kann das, das kann auch mehr Aufgaben. Es kann überhaupt überall mehr.

Die zweite Jurorin, Anke Müller, mit irgendeiner DaWanda-Qualifikation, kleidet sich wenigstens bunt. Sonst auch bliebe sie äußerlich so wie sie inhaltlich bewertet: blass. Ihre Kommentare beschränken sich auf „toll”, „super”, „schöner Stoff”. Konversation auf Stoffmarkt-Niveau. „Total” kann sie oft sagen.

Und zum Schluss bleibt anzumerken, wie ganz bitter es ist ansehen zu müssen, wie der Handel – hier die Sponsoren der Sendung – so gar nichts aus ihrem Sponsoring für sich herausschlagen. Das ist wirklich unfassbar! Während der Stoffsponsor wenigstens noch vor dem Start der Sendung im Blog die Kandidaten vorstellte, interviewte und wenigstens etwas emotional für sich am Rad drehte, hat der Nähmaschinenproduzent Pfaff das Studio komplett mit der Technik ausgetauscht.

Aber sonst? Still ruht der Online-Marketing-See bei Pfaff. Fragen nach den Nähmaschinen werden in den jeweiligen Facebook-Gruppen nicht und schon mal gar nicht in Echtzeit beantwortet. Sorry, wenn ich als Unternehmen so ein Format unterstütze, stelle ich einen Mitarbeiter doch für die Nachtschicht in den sozialen Kanälen ab. Wenn dann von Paff (nach Hinweisen) Fragen nach Modellen beantwortet werden, dann nicht etwa direkt die Fragen in den Gruppen sondern weit entfernt und nur auf der eigenen Facebook-Seite, die einmal in der Woche mit Posts gefüllt wird. Dann aber auch gleich drei direkt hintereinander. Komplett losgelöst von der Sendung. Wenn es hoch kommt von immerhin sechs Figuren geliket, zwei Mal geteilt. Auf Twitter (wo sicherlich bei Ausstrahlung zum Format am meisten diskutiert wird) existiert Pfaff zwar mit einem Pfaff Deutschland-Account, der aber schweigt seit 2010. Dann gibt es noch einen internationalen Account, der brav und still vor sich hin twittert. Interaktion in den Sozialen Netzwerken mit Followern oder Freunden (aka potentiellen Käufern)? Die geht allerhöchstens soweit, dass kritische Kommentare auf Facebook gelöscht werden. Also solche, auf die andere Firmen kompetent mit einem „Danke für das konstruktive Feedback!” reagieren würden.

Pfaff, das muss man sich erst einmal vorstellen, hat es als Hauptsponsor des Formates sogar hinbekommen, dass eine von den zwei bloggenden Kandidatinnen, die nun sogar im Finale steht, als Kooperationspartner mit dem Nähmaschinenproduzenten Bernina in ihrem Blog arbeitet. DAS muss man erst einmal schaffen! (Sorry, ich habe Omas Pfaff hier stehen. Mir tut soviel Inkompetenz in den neuen Medien dieses Unternehmens wirklich im Herzen weh!)

Beschließt aber schlussendlich die Quadratur des Kreises von „Geschickt eingefädelt – Wer näht am besten?” in der Gänze. Ich bin froh, dass ich mir die dritte Staffel des Originals der BBC noch aufgehoben habe. Ich werde sie mir jetzt in den Weihnachtstagen gönnen, die deutsche Variante werde ich dabei schnellst möglich vergessen. Sie hat sich das verdient! Einschließlich ihrer drölfmillionsten „Upcycling”-Aufgabe. Da wurde ein Hype so etwas von tot genäht.

Wie gesagt, ich bin enttäuscht.