2010-06-28

Lesebefehl

Seit dem BGH-Urteil zur Sterbehilfe hat die taz mehre Artikel zum Thema Sterben aufgemacht. Heute bringt sie ein Interview mit dem Mediziner Matthias Gockel, der als Palliativarzt in Berlin-Buch arbeitet. Sehr lesenwert!

Sorgen müssen wir uns …

dieser Tage wegen vieler Dinge, darüber hilft auch kein wetterliches Hoch hinweg. Ich persönlich mache mir in diesen Tagen Sorgen, was Deutschlands Staatsanwaltschaften so treiben. Offensichtlich scheint in wenigstens einem Bundesland dieser Republik das eigene persönliche Geltungsbewusstsein der Angestellten einer Behörde der Exekutive als Legitimierung herzuhalten, völlig unkontrolliert Schaden gegenüber Dritte noch vor einem Prozess zuzufügen, alleine weil man sich selbst gerne als erster im Rampenlicht einer vorverurteilenden Presse sehen wollte und noch möchte. Unter solchen Bedingungen fällt es natürlich schwer einen Fehler einzugestehen. Das fällt immer schwer. Es wiegt aber die Tonnen einer vernichteten Existenz mehr, wenn man sich weiterhin weigert im Eingestehen dieser Fehler, den möglichen Tatverdächtigen nicht aus der Untersuchungshaft entlassen zu wollen.

Die Rede ist natürlich vom Fall Jörg Kachelmann. Dieser Mann sitzt wegen dem Vorwurf der Vergewaltigung seit nunmehr drei Monaten in Untersuchungshaft, wegen dem dringenden Tatverdacht, wie es so schön heißt, und mangels festem Wohnsitz in Deutschland. Dass der Mann hierzulande ein als GmbH geführtes Unternehmen mit ca. 200 Angestellten besitzt, scheint hinsichtlich der möglichen Fluchtgefahr keine Rolle zu spielen. Na, denn.

Die Rede ist auch von der Staatsanwaltschaft Mannheim. Der bröselt seit mehreren Wochen die Aussage des angeblichen Opfers unter den Akten weg. Dummerweise auch noch von den selbst beauftragten Gutachtern mit großen Zweifeln an der Wahrheit der Aussage der Frau befundet. Etwaige DNS-Spuren auf dem angeblichen Tatwerkzeug, die Berichte der Medien auf dem vier Großbuchstaben-Niveau lt. Aussage der Staatsanwaltschaft längst dem Angeklagten zuordneten, haben sich als so gering erwiesen, dass nicht einmal ermittelt werden konnte, ob es sich nicht doch auch um DNS-Spuren eines üblicherweise mit einem Messer zu behandelnden Rindersteaks handeln könne. Dem vermeintlichen Opfer konnte mittlerweile eine Falschaussage in bereits zwei Punkten nachgewiesen werden, als auch hat ein renommierter Gerichtsmediziner mittlerweile begutachtet, dass die etwaigen Verletzungen des Opfers mit hoher Wahrscheinlichkeit von ihr selbst hausgemachter Natur sind. Und die Liste der Unstimmigkeiten hinsichtlich der Aussagen des Opfers zugunsten des angeblich Tatverdächtigen setzt sich weiter fort. Das alles aber interessiert die Staatsanwaltschaft Mannheim nicht weiter.

Kachelmann bleibt weiter in Haft.

Der Spiegel hat schon vor gut drei Wochen sehr ausführlich recherchiert und über den Fall Kachelmann einen Leitartikel „Er schläft mit ihr“ geschrieben. Damals lief mir das schon eiskalt über den Rücken, bei dem Gedanken in Deutschland als möglicher Prominenter in die Fänge einer geltungsgeilen Staatsanwaltschaft (die Staatsanwaltschaft Darmstadt, die bereits im Fall Nadja Benaissa überhaupt nicht regelkonform agierte, liegt nicht weit weg von Mannheim) zu geraten. DIE ZEIT legt heute mit „Schuldig auf Verdacht“ nach. Und es bleibt – von allen Fragen, die sich hinsichtlich der Tat und dem Verhalten vom vermeintlichen Opfer hervortun – vor allem die Frage: was ist da eigentlich los in Deutschlands Staatsanwaltschaften?

Wer haut diesen Leuten auf die Finger? Was bleibt uns in diesem Land, wenn wir unserer Exekutiven nicht mehr trauen können? Wird jetzt eigentlich überall jede Verantwortung nur noch auf die Richter in diesem Land abgewälzt – für fünf Minuten Ruhm?

Wehret den Anfängen!

Ich glaube, ich bewerbe mich jetzt mal als Schöffin.

Edit 29.06.2010 „Die machen mein Leben kaputt.

2010-06-26

Aber immer schön,

wenn man wenigstens verstanden wird …

Der Kai D. aus B.

in der Roaming-Falle. Sehr feiner taz-Artikel.

2010-06-25

Reistherapie III

Es ist schon einige Tage her, da bin ich zum dritten VHS-Kurs von Shoko Kono geschlichen. Nach den beiden ersten Sushi-Vorängern stand dieses Mal (erstmals angeboten) das Thema Schnitttechnik auf dem Seminar-Programm. Und Gemüse schneiden, formschön, das hat es in sich …

Wir wurden wieder mit Weizentee begrüßt und sofort gab es den ersten Tipp für Küchenbretter ohne Gummifüße, die auf glattem Untergrund leicht wegrutschen. Einen Einkoch-Gummirand darunter legen.


fotos alle mit der pentax k7 und dem pentax FA f1.7 50

Dann haben wir uns warm geschnitten. Als erstes durften Aubergine-Eckstücke in schmale Streifen geschnitten werden. Alles übrig bleibende Gemüse, weil nicht für den Dekoschnitt verwendbare Fruchteile, wanderte übrigens in die Schüsseln Salat bzw. Suppe. Auberginen-Schnitt: easy-peasy.



Als nächstes wurde eine Zuccini in Hälften geschnitten und mit Ausstechformen, hier das Modell „Blüte“ in Form gedrückt.



Von der wir dann oberhalb in feinen kleinen Schnitten das Muster erweiterten und nebenbei verschönten. Das war noch trivial und wurde mit jedem Schnitt ansehnlicher. Dumm nur, dass meine Ausstechersammlung sich primär auf weihnachtliche Motive und eine Tulpe beschränkt.



Dann folgte der Schnitt vom Rettich. Dieser wurde in ca. 7 cm lange Stücke geschnitten, die dann rund um sehr dünn mit einem Schnitt entblättert werden sollten. Sinn der Angelegenheit war es, lange hauchdünne breite Streifen zu erhalten. Wie Shoko sagte, in Japan könne man beim Profi Zeitungspapier durch den Rettich lesen. Nun ja, in Japan. Und beim Profi … (Shoko kann das natürlich perfekt, *seufz*)



Die Streifen werden dann übrigens mittig in feine Linien geschnitten, so dass oben und unten noch ca. 5 mm stehen bleiben, und den Streifen zusammen halten. Dann wird der Rettich mit viel Salz gewässert, damit er weich wird. Und sobald er biegsam genug ist, werden die Streifen auf der Hälfte umgelegt, als Blüte geformt und mit z. B. Zahnstochern fixiert.

Et voilà: eine Rettich-Chrysantheme!



Danach wieder eine praktikable Übung für Running Beginners. Ca. 1 cm breite und 5 cm lange Gurkenstreifen in 5 lange möglichst dünne Linien schneiden, so dass am oberen Ende noch ca. 3 mm stehenbleiben. Die jeweils von außen gesehen Streifen einmal umbiegen, fertig ist die Teller-Dekoration.





Als nächstes durften wir Möhren drangalisieren. Feine Blüten ausschneiden, schon verließ uns bereits der Anspruch des Trivialen.



Beim Möhren zu Schmetterlingen schnippeln, hörte es dann auf. Viele kleine Möhrchenstücke mussten bei mir sterben, bis ich auch nur annhähernd einen hübschen orangenen Flattermann mein Eigen nennen durfte. Also mit Stolz mein Eigen nennen durfte. Ach …!



Man schneidet von einem ca. 2 cm hohen Möhrenstück ca. 2-3 mm breite Streifen, schnippelt seitlich hübsche Muster und trennt dann den Streifen längs mittig durch, so dass er unten noch zusammen gehalten wird … eine sehr hübsche Dekorationsmethode, aber sie will geübt werden. Nur stellt Euch nur die Gesichter vor, wenn Eure Kinder oder Enkel solche hübsche kleinen Möhrenschmetterlinge in der Gemüsesuppe finden? Sag ich doch! Das lohnt sich!





Sag mir Bescheid, wenn Ihr an einem solchen Mörser vorbei kommt. Es ist eine Schale, deren Innenleben geriffelt ist. Hier drinnen haben wir den Sesam mit einem Stössel für das Salat-Dressing gemahlen. Eine fast therapeutisch anmutenden Bewegung. Aber das ist mösern ja immer …





Die Auberginen-Fächer wurden in Mehl gewendet, in Tempura-Teig gewälzt (Mehl, Backpuler und eiskaltes Wasser) und später in heißem Fett ausgebacken. Wichtig dabei, die Fächer ausgebreitet die ersten Sekunden im Fett halten, damit sie diese Form nicht vergessen. So wurde auch mit Süßkartoffelscheiben verfahren und mit Gambas, die wurden aber vor dem Gang ins Fett nochmals in Panko gewälzt.



Zu diesen Zubereitungen kann ich nur sagen: Gemüse wird bei mir ab sofort so öfter und überhaupt öfter fritiert. Da die Aubergine dank des Tempura-Mantels sich überhaupt nicht wie gewohnt mit Fett vollsaugt, war das mit Abstand die beste Aubergine meines Lebens im Geschmack: grandios! Gleiches lässt sich zur Süßkartoffel sagen – nur das war die erste Süßkartoffel meines Lebens überhaupt, insofern verkneife ich mir hier die Wertigkeit. Ich kann nur sagen, eine feine Kartoffelscheibe mit viel Geschmack und das merke ich mir. Ich stelle mir diese Zubereitung auch sehr gut vor für dünne Kartoffelscheiben, die man mit einem Kräuterblatt (Basilikum oder Salbei) in der Mitte zusammenfügt und so fritiert …



Direkt nach dem Lehrgang zog dann endlich auch Panko in meinen Haushalt ein. Ich kannte das zwar vorher schon, habe es aber selber nie bewusst angewendet. Panko ist deutlich teurer (das Kilo kostet ca. 6 Euro, gibt es aber auch in 200g Packungen) als unsere Semmelbrösel-Panade und man sollte auch darauf achten, dass man Panko ohne Glutamat erwirbt. Aber es macht Frittiertes viel knuspriger als unsere schnöde Panade und ich habe neulich simple Hühnenbruststücke auf Art Wiener Schnitzel gemacht, mit Panko um Längen besser! Kann ich nur empfehlen.





Nebenbei köchelte übrigens schon die pikante Hühnersuppe in die z. B. ein Teil unserer Zuccini-Blüten wanderten und Rettich-Würfel. Sie war leicht scharf und mit Knoblauch, Fischsauce pikant angemacht – und unglaublich lecker. Leider habe ich kein Foto gemacht. Aber sie kommt bei mir eh demnächst auf den Herd, dann reiche ich Foto und Rezept nach. Eines nur vorneweg: kocht mit mehr Rettich Eure Suppen. Was für eine feine geschmackvolle und hierzulande als Einlage verkannte Suppeneinlage Rettich doch ist.

Neben dem Salatteller bereiteten wir nebenbei noch einen Teller mit warmen Gemüse und einer Soja-Misopaste-Miri-Hondashi-u.v.m-Sauce zu.



Als warmes Gemüse wanderte ebenfalls Zuccini, blanchierter Blattspinat und Zuckerschoten auf den Teller. Natürlich wird das Gemüse nach dem Blanchieren in eiskaltem Wasser abgeschreckt, der Farbe wegen. Die Sauce ist nicht wenig aufwändig, lässt sich aber im Kühlschrank gut länger aufbewahren.



Und dann durfte gegessen werden, zuerst die Suppe, Salat und Gemüse



Dann die Zutaten im Tempura-Mantel. Für diese wurde vorher noch Rettich und Ingwer gerieben zur Würze, beide Zutaten kommen in die Soja-Sauce gerührt – während Wasabi übrigens tunlichst nicht in die Soja-Sauce gemischt wird!



Ein herrliches Essen. Und obwohl natürlich Fett im Spiel der Zubereitung war, war es ein sehr leichtes und bekömmliches Essen mit großartigen Aromen aller Zutaten, weil eben nichts tot gekocht war.



Zum Schluss zeigte uns Shoko noch schnell, die Seminarzeit war so gut wie rum, wie man aus Obst recht schnell ansehnliche Deko für die Nachtischteller zaubert.







Auch dieser Kurs ist sehr zu empfehlen. Im Vergleich zu den Sushi-Seminaren war verhältnismäßig viel zu arbeiten und kochen in der Zeit. Aber ich habe viele Tipps mitgenommen, um demnächst die eine und andere Variation in der Gemüsepräsentation zu vollbringen. Bin über ein neues bonfortinöses Hühnersuppenrezept gestolpert, das zudem sehr schnell zubereitet ist und Panko: Yieeeeh-heahhhh!

2010-06-24

Lichtspiele 1

2010-06-23

Na, det flutscht doch!



Ich bin bekennende königliche Hochzeitguckerin! Mit Freuden und Wonne! Und da die Hochzeit von Königin Silvia die erste royale Hochzeit war, die ich als Kind jemals wahrgenommen habe, war das gesprochene „Ja!“ ihrer Erstgeborenen natürlich Pflicht. Stockholm, so schön am Wasser gelegen, bietet eine grandiose Kulisse zum Heiraten und – seien wir ehrlich – das nicht mehr ganz junge Brautpaar war dermaßen sympathisch und genug verliebt, dass es einem den einen Tag vor dem Fernseher nicht als Vergeudung erschienen ließ.

Alleine … ich bin dieser Form von dümmlichen Schmalz-Journalismus entwachsen. Während sich in den letzten Jahren die Krabbelkinder der Monarchen den Gegebenheiten des realen Lebens angepasst haben und sich mit Bestimmtheit den Ehepartner aus dem Volk erwählen, die bei Gelegenheit auch ruhig schon ein Kind mit ins künftige Schloss mitbringen dürfen, haben sich selbst die jüngsten TV-Kommentatorinnen der öffentlichen Sender, beispielsweise Karen Webb zu nennen, im erschreckenden Ausmaß geweigert, eine mögliche Entwicklung hin zur Moderne zu nehmen. (Es war Hochzeit, da sind Kleist'sche Sätze genehm!) Das ist insofern bitter, weil sie nach Abdankung des royalen Hofberichterstatters, Rolf Seelmann-Eggebert, nun wirklich alle Chancen gehabt hätten, das Rennen der Zukunft für sich zu entscheiden. So bleibt nur zu befinden: ich hätt' ihn gerade gerne wieder, den etwas steifen dafür aber allwissenden Könner und Kenner der royalen Über- und Unterwelten!

Hinzu kamen dann schlicht noch falsche Informationen (immer schön, wenn behauptet wird, eine Königin sei ohne Gatten zur Hochzeit erschienen, während dieser gleichzeitig mit ihr über den Teppich läuft als auch auf dem Balkon beim Empfang zu sehen ist.) Sie machen es einem dieser Tage wirklich nicht leicht, unsere deutschen Journalisten. Hach, und wieso nun ausgerechnet das Königsmädel Viktoria so um ihre Liebe zu einem Bürgerlichen bei König und Königin hätte kämpfen müssen, die die bürgerliche Ehe vor gut 32 Jahren erstmals hoffähig gemacht haben? Merken Journalisten eigentlich noch, was sie für einen hochstilisierten Schwachsinn schreiben?

Wir hatten dennoch einen grandios unterhaltsamen Tag vor dem Fernseher mit Törtchen, Crémant Rosé und frischen Erdbeeren an Lavendelzucker, dank einer bonfortinösen Gastgeberin und einem unglaublich charismatischen Brautpaar. Das nächste Mal eben schlicht Ton aus – wie beim Fußball. Die königliche Fachkompetenz von uns Beisitzerinnen kann sich sehen lassen! Und ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass sich heute der mittlerweile gut bauchzüchtende Altherrenprinz Albert nun endlich offiziell entschieden hat, demnächst seine südafrikanische Meerjungfrau dann doch zu freien. Das wäre ja auch ein dezentes Affröntchen gewesen mit der Dame seines Herzens vergangenen Samstag über den Teppich zu schreiten, ohne ein offizielles Zugeständnis. So weit geht dann meine persönliche Offenherzigkeit der Moderne in puncto „Royale sind wie Du und ich“ doch nicht. Charlene Wittstock ist übrigens deutschstämmig. Das lässt leider so gar nicht hoffen für die künftige Berichterstattung deutscher Medien. *seufz*

Aber das alles beschreibt Frau Indica viel bonfortinöser, insofern lade ich Euch herzlich ein, drüben weiterzulesen. Und wenn Ihr weiter schwelgen wollt, hier ist Daniels komplett Hochzeitsrede, die vom Prinzessinnen-Papa und vom frisch gebackenen Prinzen-Papa. Ach, und der Waltzer