so langsam fängt das Unterbewußtsein wieder an zu arbeiten, die Nächte sind kurz, weil ich überhaupt nicht gut einschlafen kann, und ständig unterbrochen, weil ich im Allgemeinen um fünf Uhr wieder wach bin, noch bevor der Kater singt oder sich die Katzen um die Toiletten streiten. Der Kopf arbeitet an den quälenden Fragen und macht vor den Dingen, die da noch kommen werden, nicht halt und macht sich daher Sorgen. Diese Zwiespalte sind es, die mich nicht zur Ruhe kommen lassen. Natürlich bin ich einerseits sehr froh, dass nicht ich sie gefunden habe. So etwas ist nie schön und ein Schock, und im besonderen Fall kann ich wohl mehr als dankbar sein, das es die Polizisten für mich getan haben. Ich muss das Bild also nicht für den Rest meines Lebens im Kopf herumtragen. Nur bin ich nicht sicher, ob die Bilder in allen denkbaren Variationen, die ich dafür alternativ im Kopf trage, besser sind. Nachts überfordern sie mich. Das steht fest.
Gestern habe ich in böser Vorahnung einen Kontoauszug von ihrem Konto gezogen – und natürlich hat die Bank schön alle Daueraufträge ausgeführt, die ich deutlich verboten habe auszuführen, als ich Ende des Monats die Bank darüber informiert habe. Die Ansage war: keine einzige Kontobewegung mehr von dem Konto raus, denn die noch für August vorab überwiesene Rente wird zurück gefordert werden. Also Montag zur Bank und die Transaktionen stornieren lassen. Brauche ich so etwas wirklich gerade zusätzlich? Vermutlich, sonst wäre es ja einfach. Ich sollte mich über solche Ablenkungen wohl freuen.
Mich irritieren die Dinge, die ich tun kann, die ich früher in Todesfällen nie hätte tun können. Unterlagen lesen, Fotos sichten, manchmal rationale Entscheidungen treffen. Bin ich mittlerweile doch so Trauer erfahren, dass ich das tun kann? Oder einfach nur betäubt im Dienste der Sache? Ich kann mir ihre Fotos angucken, ohne tiefe Gefühle zu empfinden – das zeigt mir, dass ich sie überhaupt noch nicht in mir trage, die traurige Tatsache in ihrer ganzen Konsequenz. Ich finde meine Mama auf den Fotos immer nur so schön. Warum ist mir das zu Lebzeiten nicht so direkt aufgefallen?
Von meinem Gefühlshaushalt habe ich gerade sehr wenig Ahnung. Mich sorgen Dinge, die ich nicht verstehe …