Weihnachtsterror
Ihr kennt das?
Es ist Sommer. Ihr seht in einem Geschäft in den Regalen einen Haushaltsgegenstand und überlegt, das könnte das passende Geschenk für XYZ. Den XYZ hat im Jahr zuvor gesagt, das hätte sie einmal sehr gerne.
Weihnachten naht. Im Hinterkopf habt Ihr das Geschenk für XYZ. Da das in dem Geschäft in der Haushaltsabteilung vorrätig liegt, macht Ihr Euch wenig den Kopf über dieses eine Geschenk. Das wird gekauft und basta. Es ist quasi das Geschenk auf Eurer Liste über das Ihr Euch am wenigsten Gedanken macht. Ihr spürt diesen Frohsinn wenigstens bei einer Person zu wissen, was Ihr ihr schenken könnt.
Knapp zwei Wochen vor Weihnachten. Nach einer Woche Krankheit, wird es nun endlich Zeit das Geschenk zu besorgen. Ist auch kein Problem, denn es liegt als üblicher Gebrauchsgegenstand im Laden X im Regal. Das ist so sicher wie der Tresor von Dagobert Duck!
Denkste, Puppe!
Ihr marschiert zum Laden X. Da, wo das Geschenk im Sommer lag, herrscht nun Leere. Nicht einmal ein Preisschild erinnert an den Gegenstand. Ihr sucht den Laden ab, denn gefühlt ist die halbe Abteilung zwischenzeitlich umgebaut worden. Nichts. Ihr schleicht leicht betrübt von dannen. Und recherchiert im Hirn andere Filialen dieser vergnüglichen Einkaufsmöglichkeiten. Der Einkaufsplan wird kurzfristig über den Haufen geworfen.
Filiale Nr. 2. Kurze Anreise mit der U-Bahn. Da wart Ihr schon ein Weilchen nicht mehr. Filiale Nr. 2 besteht offensichtlich nunmehr aus einem türkischen Supermarkt. Ehemaliger Protzbau in geldarmer Gegend. Ihr lauft fassungslos ein Stück weiter, da: tatsächlich doch noch hinter einer Haussäule ein um die Hälfte zusammen geschrumpfter Ableger der Filiale. Ihr lasst Euch umgehend komplett von der Konsuminsolvenzdepression gefangen nehmen. Ihr sucht. Sucht. Sucht. Sucht Euch den Wolf. Ihr verlasst das Etablissement. Die Ohren hängen …
Euch fällt im Dreh noch eine weitere Filiale Nr. 3 ein, in der Ihr es versuchen wollt. Ab in die U-Bahn. Eine Station fahren, umsteigen, zwei Stationen fahren. Aussteigen. Einkaufsplan ist nicht nur überden Haufen geworfen. Einkaufsplan ist komplett vernichtet. Vergleichsweise mutlos in die Filiale Nr. 3 eintreten. Kein gutes Gefühl im Bauch habend, denn der Laden war im Bereich Haushaltsartikel immer eher mäßig bestückt.
Ihr fahrt auf dem Rolltreppchen (!) in die untere Ebene in Richtung Haushaltswaren und sucht. Sucht. Sucht. Erfolglos. Ihr ertappt Euch dabei über Geschenkalternativen nachzudenken. Dann – auf einem sogenannten Krabbeltisch – entdeckt Ihr plötzlich das Objekt der Begierde. Drei Packungen gibt es noch. Reduziert um die Hälfte. Auslaufmodell anscheinend.
Sehr tief eingeatmet. Dann ausgeatmet. Objekt eingesammelt. In der Euphorie noch mit der Tasche irgendein Dings aus dem Regal gefegt, das prompt, weil aus Glas, mehrteilig zu Boden fällt. Es wird von einem jungen Mann aufgesammelt, netterweise, der irgendwie viel zu gut gekleidet ist für dieses Geschäft und daher von Euch als Kaufhausdetektiv eingenordet wird. Er ist zu auffällig für diese Welt!
Ihr tragt den Einkauf und die Scherben nach oben an die Kasse, bezahlt. Sehr tapfer kauft Ihr nicht den an der Kasse liegenden mit der Sendung mit der Maus-Maus auf der anderen Seite des als Button gestalten Taschenspiegel im Angebot. Kurz darauf vergnügt Ihr Euch die nächsten zehn Minuten damit, Euren Einkauf in den mitgebrachten Jutebeutel ein- und auszupacken, weil die Diebstahlsicherung in fröhlichen Tönen Euch auf eine wenig erfolgreiche Entsicherung hinweist. Die Kassiererin gibt ihr Bestes. Ihr auch. Wie gesagt, zehn Minuten …
Vier Mal zurück zur Kasse. Dann endlich lassen Euch die Sirenen still oder auch nur beleidigt gehen.
Weil Ihr nun gerade voll in Fahrt und komplett unentspannt seid, geht Ihr gleich noch in das gegenüber liegende Geschäft, wo es Glas und Service reduziert gibt. Es hört auf den wundervollen Namen „Schnäppchenprinz”. Ihr rauscht wieder mit Eurer Tasche und einer Einkaufstasche durch den sehr sehr kleinen Laden mit sehr engen Gängen voller Geschirr und Glas. Risiko hat manchmal etwas Meditatives. Ihr findet, was Ihr sucht und kauft es, gehst dann in Richtung U-Bahn.
Nur noch zehn Minuten ab jetzt to go, um mit dem vor knapp zwei Stunden gelösten Ticket der BVG nach Hause zu kommen. Kann eigentlich nicht funktionieren. Tut es dann doch. Kontrolle wider Erwarten nur auf der Hinfahrt. Leben am Limit.
Eure Nerven! Das nächste Mal bestellt Ihr bei Amazon. Oder so …
P.S. Ihr müsst von dem Geschenk ungelogen fünf (5) Preisschilder abkratzen. Die Verpackung hat sechs Seiten. Auf einer Seite sind die Preisschilder wie blöd übereinander getackert. Ihr habt eine Vision von einer Verkäuferin-Praktikantin-Volontärin, die ungefähr vier Stunden lang verträumt ein einziges Paket mit einem Preis auszeichnet.
Nachdem Ihr alle klebenden Preisschilder entfernt habt, greift Ihr zum Edding und übermalt noch den einen auf die Packung aufgedruckten Preis.