2024-06-06

Castello di Roncade

Die Planung unserer Rad-Reise in der Marca Trevigina hatte ein klitzekleines, vorher wenig kalkulierbares Problem: das Wetter. Dieses hatte uns den relevanten Programmpunkt Bike & Boat quasi verregnet. Die Lagunen waren mit den aufgestellten Schutzwällen vor etwaigem Hochwasser sinnvoll geschützt, dadurch leider nicht mit dem Boot passierbar.

Aber das sehe ich im Nachhinein auch durchaus positiv, denn die Organisatoren haben uns ein wundervolles Alternativprogramm zusammengestellt. Mehr Wein, Spa und Gesang! Und wie wirklich liebenswürdig von den Eigentümern des Castello di Roncade, sie haben uns großzügig eingeladen, noch eine weitere Nacht dort verbringen zu dürfen. Ein traumhaft schöner Ort, an dem ich so gerne noch viel länger hätte bleiben wollen!


Castello di Roncade – die Geschichte!

Das Castello di Roncade beherrscht architektonisch die kleine Stadt, die lediglich 15 Minuten Autofahrt von Venedig entfernt liegt. Dabei ist das Castello gar kein echtes Castello. Es ist die Villa Giustinian, die als einzige Villa von vorpalladianischen Mauern eher zur Zierde umgeben ist als zum Schutz.
Die Mauern – ganz dem Stil von Architekt Andrea Palladio (so etwas wie der italienische Karl-Friedrich Schinkel) entsprechend, wären viel zu dünn der Stadtmauern-Norm nach, um einem echten Angriff etwas entgegensetzen zu dürfen. (Aber um mich und meinen Schlaf gut zu beschützen, waren sie perfekt!)
Das Gut existierte bereits im Jahr 900 n. Chr., in diesem Jahr wurde es von Otto II der Familie des Grafen Collalto geschenkt, es wurde später komplett zerstört. Im Jahr 1508 baute der venezianische Aristokrat Girolamo Giustinian die Villa nach Originalentwürfen wieder auf. Seinen Namen trägt nun die venezianische Villa, die hinter dem Wassergraben, den Mauern mit den Zinnen und den Türmen ruht. Diese fügten sich allerdings erst deutlich später nach einem Entwurf des Architekten Mauro Coducci in das Gesamtbild ein.
Die Familie Giustinian waren in der Serenissima Republik sehr bedeutsam, San Lorenzo Giustinian war z. B. der erste Patriarch von Venedig. Dass heute ausgesuchte Weine der Cantina des Castello di Roncade den Namen Villa Giustinian tragen, ist also kein Wunder.


Das Castello im Jahr 2024 – Cantina mit hohem Anspruch und B&B

1930 kaufte Baron Tito Ciani Bassetti das Castello die Roncade und realisierte für sich seinen großen Lebenstraum. Einen Standort für seine Familie mit seiner Liebe zum Weinanbau zu verbinden! Direkt hinter der Villa schließen sich die ersten Rebengärten mit einer Maulbeeren-Baum-Allee, ganz dem ursprünglichen Garten nach empfunden, an. Die Gestaltung der Gartenanlage im vorderen Hauptbereich ist nicht dem alten Entwurf entsprechend – aber wunderschön anzusehen – insbesondere in der Zeit der Rosenblüte. Und die großen Bäume vor der Villa beeindruckten sehr.
Viel Zeit, Arbeit und Investment hat die Familie über die Jahre in dieses Objekt gesteckt und sein Enkel, Baron Claudio Ciani Bassetti, leitet heute – gemeinsam mit seinem Vater Baron Vincenzo Ciani Bassetti – in dritter Generation mit ungebrochener Leidenschaft dieses Weingut. Das über die Jahre sehr gewachsen ist – tatsächlich werden die Weine heute in einer wenige Kilometer entfernt vom Castello liegenden, neu gebauten und modernen Cantina gekeltert. Wenngleich einige Weine in den Kellern des Castellos auch heute noch in ihren Eichenfässern reifen. (Über die Weine schreibe ich noch ein verdient eigenes Blogpost.) Dafür sind die ehemaligen Arbeits- und Lagerbereiche des Gutes und die Räume der Villa für Gäste umgebaut worden.
Das Castello di Roncade hat sich als ein weltoffenes B&B neu definiert. Hier lebt man als Gast mit dem Baron und Baronin Bassetti und der Familie ihres Sohnes, Claudio Ciani Bassetti, heute Tür an Tür. Und kann einen sehr entspannten Urlaub (die Mauern sind magisch!) verbringen – und eins werden mit dem wunderschönen Rosengarten, in dem frei die Katzen und Hühner der Familie herumlaufen.
Auch wer nicht Übernachtungsgast ist, ist immer als Gast für Wein-Tastings und Führungen herzlich willkommen! Dabei ist der Verkaufsraum gleichzeitig die Rezeption für das B&B (und auf der zweiten Ebene Frühstücksraum). So fühlt man sich immer im Tagesgeschäft Wein ein Stück weit integriert – ich weiß das zu schätzen!


Ein wunderschöner Aufenthalt im Castello di Roncade

Herzlich willkommen ist das Stichwort. Habe ich mich hier von der ersten Sekunde an. Alleine, dass man beim Check-in gefragt wird (am Morgen), ob man zuerst in Ruhe einen Café trinken möchte – und am Nachmittag, als ich wiederkam, ob ich zuerst ein Glas Prosecco trinken möchte im Garten, um anzukommen – das wärmt doch das Herz sehr.
Und obwohl ich am Nachmittag (nach dem für mich bereits langen Tag) wirklich große Lust auf mein Zimmer und eine Dusche hatte, aufgefordert zu werden, erst einmal nur anzukommen, war wie ein Geschenk! Einfach mit einem Glas fruchtigen Prosecco Rosé Patriarca auf den Stufen der Villa zu sitzen, es gab an dem Abend sogar dezente Live-Musik (Jazz) im Garten, der Musik zu lauschen, die Hühner zu bewundern,
den Rosenduft zu atmen – pure Entspannung. Wenn hier schon so meine Pressereise so entspannend beginnen durfte, wie muss es sich im echten Urlaub anfühlen?
Mein Zimmer der ersten Nacht war sensationell! (Im Loft der zweiten Nacht übrigens auch.) Ich durfte im Zimmer Patriarca in der Villa Giustinian schlafen! Ein auf den ersten, zweiten und dritten Eindruck umwerfendes Zimmer!
Ein riesengroßes Zimmer mit einem riesigen Badezimmer in schönster historischer Pracht eingerichtet,
mit einem noch riesigeren Balkon
mit der perfekten Aussicht in den Garten – und so vielen wundervollen Details! Und auch in der – dank der Gastfreundschaft der Basettis – ungeplanten zweiten Nacht, durfte ich in einen der Tower umziehen, die für größere Familien gedacht sind.
Dort, wo früher der Wein lagerte, reifte nun ich für wenige Stunden! Ich schlief in einem wieder riesigen Loft mit Aussicht auf den Wassergraben und Roncade – und auch hier habe ich selten so gut geschlafen wie im Castello di Roncade. Was ganz sicher an den schützenden Mauern lag und daran, dass in einer venezinischen Villa es natürlich längst nicht so viel spukt wie in einem echten Castello. Oder vielleicht doch?
Eventuell lag es auch ein ganz kleines bisschen an unserer längeren Radtour am Tag.

Einer der modernisierten Tower verfügt auch über einen Fahrstuhl, insofern ist das Castello zumindest teilweise barrierefrei. Serviert wird am Morgen ein einfaches, aber ausreichendes Frühstück auf der Empore in den Verkaufsräumen der Cantina – urgemütlich und sehr charmant von der Küchenfee betreut!
Lange Rede, ich würde hier sofort wieder herkommen und Urlaub machen. Und unbedingt, wenn die Rosen hier blühen, der Garten ist ein so ein Traum!

Castello di Roncade
Via Roma 142
31056 Roncade - Treviso - Italien

Empfohlen durch: Ville Castelli Dimore

Weitere Blogposts zu Cycling in der Marca Trevigina und Treviso

Wunderschönes Treviso

0 comments:

Kommentar veröffentlichen

Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!