Torre Chianca di Porto Cesareo
Disclosure: Ich durfte auf Einladung der Europäischen Union, Apulien (Ministerium für Tourismus und Kultur), Pugliapromozione (Verband der Region Union 3) und dem Tourismus- u. Kulturmagazin Spiagge nach Apulien reisen.
Wehrtürme gibt es an Italiens Küsten wie – Achtung, Premiumkalauer! – Sand am Meer. Da bilden auch die Küsten Apuliens keine Ausnahme, es gibt kaum einen Ort an der Küste, der nicht, meist in Hafennähe, über einen solchen Turm verfügt. Oft sind sie gut erhalten und beherbergen gerne Museen oder sonstige Orte zum Kulturgeschehen. Entlang der Küste fristen leider auch einige von ihnen tristes Ruinendasein, z. B. der Torre Castilgione aus dem 16. Jahrhundert, von dem lediglich ein überwachsener Haufen Schutt von seiner Existenz zeugt.
Mehr Glück hatte da Torre Chianca di Porto Cesareo. Sie liegen beide in enger Nachbarschaft südwestlich ca. 35 Kilometer von Lecce entfernt in der gleichnamigen Provinz Apuliens – an einem der schönsten Strände der Küste des Ionischen Meeres unweit der Hafenstadt Porto Cesareo.
(Torre Chianca di Cesareo ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem Torre Chianca (Torre Santo Stefano), der auf der gegenüberliegenden Seite am Adriatischen Meer verfällt. Wobei dieser aufgrund seiner Lage an der Spiaggiaebella in einem Naturschutzgebiet auch unbedingt besucht werden sollte.)
Der Blick von Torre Chianca auf seinen Namensgeber Porto Cesareo
Torre Chianca di Porto Cesario wurde liebevoll restauriert und gehört zum Museum für Meeresbiologie Porto Cesareo und beherbergt die Dauerausstellung „Storie dal Mare di Porto Cesareo”.
Ursprünglich wurde der Wehrturm von Spaniern erbaut, um Lecce vor den Sarazenen zu schützen. Zwischendurch diente er als Unterkunft für Invalide, im zweiten Weltkrieg, schon fast verfallen, beherbergte er die Artillerie. 1974 begann man mit seiner Restauration und heute steht er in voller Pracht auf der Landzunge umschmeichelt von der Spiaggia di Torre Chianca. Der den Turm umschmeichelnde Strand ist traumhaft schön.
Der perfekte Ort für einen Strandurlaub mit Kindern, dieser Strand läuft sehr lang flach ins unfassbar klare azurblaue Wasser
(click aufs pic makes it big.)
Im Hinterland von Torre Chianca, einem Naturschutzgebiet, wurde der See Bacino di Torre Chianca angelegt, ein künstlicher See in den Süß- und Meerwasser eingespeist wird und dem Besucher die Vielfalt der apulischen Pflanzen- und Tierbevölkerung solcher Küstenbecken offenbart. Weitere Informationen hierzu findet man in einer der Ausstellungen im Turm. Vom Turm aus kann man die der Küste vorgelagerten Inseln Isola della Malva und Isolotto (!) a forma di cuore sehen.
Der Turm hat die Form einer gestutzen Pyramide, jede seiner Seiten misst 16 Meter Länge mit einer Höhe von imposanten 18 Metern. Eine beeindruckende Außentreppe führt zur Mitte des Torre. Im Innern beherbergt der Turm zwei Ebenen mit jeweils 8 Metern Höhe, die jeweils über schmale Treppen zu erreichen sind. Auch seine obere Ebene kann besucht werden und schenkt den Besuchern einen wundervollen Blick über die gesamte Region.
Wir waren im Herbst am frühen Abend dort, wenn es doch deutlich früher dunkel wird und hatten daher die besondere Freude, den Sonnenuntergang auf der oberen Freiebene des Turmes zu erleben.
Das Museum beherbergt auf seinen Ebenen mehrere Ausstellungen zur Geschichte der Meere, Meeresbiologie und -fauna rund um den Salento, die auf Italienisch und Englisch dokumentiert sind. Mit Rückkehr der Statue des Ägyptischen Gottes Thot, die in den Gewässern des Salentos gefunden wurde, ist hier nun auch eine Dauerausstellung zur ägyptischen Geschichte eingezogen.
Ebenso eine Exposition, deren Thema der Schutz der Meere ist und die charmant kindgerecht präsentiert wird.
Die Statue des Gottes Thot
Am 12. Januar 1932 fischte der Fischer Raffaele Colelli von Porto Cesareo zusammen mit seinem Bruder Chicco Colelli und seinem Freund Eupremio Alemanno auf der Höhe der Insel Malva in etwa fünf Metern Tiefe eine 36 cm hohe Statue aus dem Ionischen Meer, die einen Affen darzustellen scheint.
Sie fischten in der damals üblichen Art nach Seeigeln. Ein Eimer ohne Boden wurde vom Boot aus ins Wasser gehalten, quasi als Lupe funktionierend, mit einem Angelstab wurde die Beute eingesammelt.
Colellis Sohn erzählt heute noch, dass er diese Statue zunächst für Spielzeug hielt und erst einmal dementsprechend mit ihr seinen Spaß hatte.
Später stellte sich heraus, dass die Statue Thot darstellt – und somit ein sensationeller Fund prähistorischer ägyptischer Geschichte ist. Sie kann der saïtischen Periode der XXX. Dynastie des VI. Jh. v. Chr. zugeschrieben werden.
Thot ist eine durchaus komplexe ägyptische Gottheit, die üblicherweise in Form eines kynokephalen Affen oder Ibis dargestellt wird, dar. Sie entspricht in ihrer Bedeutung dem griechischen Hermes oder dem römischen Merkur. Thot spielte eine wichtige Rolle in der Welt der Unterwelt und im Totenkult – und gilt zudem als Beschützer der Schriftgelehrten. Auf dem Sockel der Statue aus grünem Basalt liest sich eine Inschrift in Hieroglyphen.
„NBW HMN.W NBW NSR - MWTWTW.W NRJ - JBJ RJ - NFR”
übersetzt: Meister von Hmôn (Herkunftsort der Statue in Hermopolis), Herr der Worte Gottes (Heilige Schriften), untergebracht in Re-Nofer (Onufis-Platz im Nildelta).
Es ist wahrscheinlich, dass die Statue Teil der Ladung eines römischen Lastschiffes war, das im stürmischen Meer einen Teil seiner Ladung verloren hatte oder ganz vor der Küste gesunken war. Ihr Original steht heute restauriert im Archäologischen Museum von Tarent. Hier im Museum des Torre Chianca steht Thot als ein Replikat. Nicht minder beeindruckend zu betrachten.
Übrigens: Colelli, der Fischer, schickte nachdem ihm bewusst wurde, dass er möglicherweise mehr als nur ein Spielzeug für seinen Sohn aus dem Meer gefischt hatte, die Statue später auf eigene Kosten (24,25 Lire) an das Archäologische Museum von Tarent. Später werden ihm für seinen Fund – nach mehrmaliger Mahnung – nach Begutachtung des Ägyptischen Museums von Turin 549,50 Lire für die Statue bezahlt, was ihren angeblichen Wert damals darstellen sollte.
Heute wären das ganze 0,28 Euro.
Mein Tipp
Einen Besuch des Torre Chianca di Porte Cesareo sollte man, wenn es mit den Öffnungszeiten korrespondiert, so planen, dass man dort den Sonnenuntergang gleich mitgenießen kann. Insbesondere von der oberen Turmebene hat man einen grandiosen Blick über die gesamte Region bis hin nach Porto Cesareo. Dieser Ort ist dann vergleichsweise wenig besucht, die Stimmung eine besondere wenn dann die Sonne im Meer versinkt, dafür aber die Stille immer lauter zu hören ist.
Adresse
Torre Chianca
73010 Porto Cesareo LE
Italien
Die Öffnungszeiten des Museums sind je nach Jahreszeit unterschiedlich und vor Ort zu erfragen.
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