2017-03-08

Schwimmente

Ich war heute schwimmen. In einem Schwimmbad. Hier im Kiez. Wo ich noch nie war, was kein so großes Wunder ist, weil ich einfach keine Schwimmbadschwimmerin bin. Wir können im übrigen auch sehr gerne darüber diskutieren, ob ich überhaupt eine Schwimmerin bin. Ich selbst begreife mich eher als bleierne Ente. Ich kann so leidlich Brustschwimmen (die Variante mit garantiert verspanntem Nacken über Strecke) und ich kann leidlich rückwärts schwimmend träumen, wenn ich dabei die Arme nicht benutzen muss. Ich verkreuze sie dann hinter dem Rücken und versuche über meiner Beinekraft nicht abzusaufen. Das kann ich bis zum Krampf treiben, weswegen ich mir einbilde, das sei toll für die Beinmuskulatur. Ein nicht so schöner Stil aber ich mag das. Da kann ich nämlich in den Himmel gucken. Vorausgesetzt, ich schwimme nicht in einem Schwimmbad.

Das mit dem Schwimmen gehen, das treibt mich schon eine Weile lang rum. Fettröllchenalarm. Und beim Schwimmen verbrenne ich extrem gut Kalorien. Und da ich mir vor zwei Jahren mit dem Schlauchboot auch einen neuen Badeanzug zugelegt hatte, wollte ich nun doch verhindern, dass ich aus diesem Modell heraus wachse. Das geht ja so nicht! Aber ich grusele mich vor Schwimmbädern ein bisschen. Zu viel Chlorgeruch. Zu viel Umkleidegedöns (ich hasse Umkleidegedöns, Dinge anziehen an feuchte Haut, die aber in der Umgebung gar keine Chance hat jemals richtig trocken zu werden, es ist so widerlich! Vor allem im Winter, wenn auch Nylons angesagt sind. Gruseligst!) Überhaupt die Luft und diese Menschen. Menschen in Schwimmbädern: ganz schwieriges Thema.

Also wie man hier lesen kann, ich hege das eine und andere Ressentiment gegen Schwimmbäder. Aber es hilft ja nix. Fettröllchen bleibt Fettröllchen, wenn man nix dagegen tut. Und auch in der Übergangsphase von Winter zum Frühling ist das Schwimmen in freien Gewässern noch nicht so meine Sache an sich.

Gut, nachdem ich mich also seit guten zwei Wochen täglich davon überzeuge, nun doch endlich in einem Schwimmbad schwimmen zu gehen und alle Möglichkeiten im näheren und etwas weniger nahen geographischen Umfeld mir online so angeguckt habe, es mir jeden Tag vorgenommen habe, dann aber wieder täglich verworfen habe, bin ich heute einfach mal gegangen. Pragmatisch dachte ich so bei mir, ob ich nun zu Hause dusche oder neun Minuten laufe und dort dusche – dann kannste auch noch schwimmen. So gedacht, so gemacht. Und so war ich vorhin also schwimmen, nach, ich weiß nicht, wie vielen Jahrzehnten wieder einmal in einem Hallenbad.

Das hiesige Bad im Kiez (mit Blick auf ein Hochzeitsgeschäft) an einer Straße gelegen, die trotz ihres Namens dann doch gar nicht nach Leipzig führt, ist so übel gar nicht. Dem Einheitsgedöns geschuldet, wurde es wohl von noch nicht allzu langer Zeit komplett auf schick getrimmt. Aus dem Westen und aus der Zeit als ich mich noch in Schwimmbädern herum trieb, kannte ich nämlich nur die komplett runtergerockte Version. Das hier ist sehr sauber, freundlich hell, nicht groß, nicht aufdringlich und sogar ich fand mich in den geschlossenen Räumen sofort beim ersten Mal zurecht. (Ich habe doch in geschlossenen Gebäuden einen sehr schüchternen Orientierungssinn.)

Dass der Schwimmbetrieb nur eingeschränkt möglich sein würde, hatte mir das Internet vorher erzählt aber das ist man eh gewohnt noch von früher. Irgendwer schwimmt immer. Das Becken hier ist nicht sehr groß, die durchschnittlichen 25 m Länge und ein Lehrschwimmbad. Es war auch nicht übertrieben voll gleich zum Anfang. Und so zog ich meine Bahnen im bleiernen Enten-Stil und stellte fest, dass ich beim schwimmen offensichtlich genau die gleiche Macke habe, wie beim Radfahren. Ich kann niemanden vor mir haben, ich muss sie alle überholen – ALLE!

Das führte dazu, dass ich nach den ersten 30 Minuten tatsächlich so etwas wie ein bisschen außer Atem war vom Zickzack-Schwimmen, mich dann drei Minuten am Randbecken ausruhte, den Puls wieder auf Normalzustand brachte und dann noch mal 30 Minuten runter riss. Schon nach den ersten 30 Minuten fiel mir wieder ein, was mich noch beim Schwimmen in der Halle von allzu großer Begeisterung trennt: ich langweile mich schnell. Ich finde in Bahnen schwimmen fürchterlich langweilig. Selbst dem Schwimmen auf kleinen Seen, wo eigentlich nur im Kreis schwimmen möglich ist, kann ich mehr Abwechslung abgewinnen als auf so einer Schwimmbadbahn.

Dabei war das heute gar nicht so einfach das Schwimmen dort, denn wir teilten die vergleichsweise kleine Strecke des Beckens mit einigen Frauen, die offensichtlich in Schwimmbäder gehen, um dort rumzustehen im Wasser und einen kleinen Tratsch zu halten. Oder möglichst weit auseinander zu schwimmen, dennoch gemeinsam, weil man sich dabei unterhalten wollte. Was wiederum es nicht sinnvoll macht, im Schnitt einen etwas zügigen Schwimmstil an den Tag zu legen.

So verlegte ich mich beim Schwimmen eben auf jenen oben schon erwähnten Zickzack-Schwimmkurs. Entweder musste ich der Gesprächsrunde am Rand des Beckens ausweichen oder eine der mehr so als stillstehenden Hindernisschwimmerinnen links oder rechts liegen lassen. Wer weiß, wie bleiern ich schwimme, kann erahnen, wie wirklich langsam die beiden Damen unterwegs waren. Ich habe dann irgendwann, in der Verzweiflung irgendwie nie richtig Platz zu haben (dummerweise gehöre ich in solchen Situationen immer zu den Rücksicht nehmenden Personen), einen der wenigen aktiven Brustschwimmer gestalkt und mich in seinem Windschatten bewegt. Dabei dachte ich über Staumodalitäten im Straßenverkehr nach und wie man gepflegt schwimme könnte, würden je zwei der übrigen Bahnen für die Hinschwimmer, zwei für die Rückschwimmer genutzt und davon je eine für die langsamen bzw. schnellen Schwimmer.

Auf der abgeteilten Nachbarbahn schwammen übrigens junge Männer mit breiten Rücken. Schnell. Hin- und zurück. Ich finde so ein männlicher breiter Schwimmerrücken (ohne Stiernacken) geht immer – auch einfach nur so beim Zugucken. Apropos Zugucken, offensichtlich gehen Männer auch nur ins Schwimmbad, um dann in Handtücher gehüllt Frauen beim Schwimmen zuzusehen. Gelegentlich von Toilettengängen unterbrochen. Dafür haben sie aber keinen einzigen Wasserkontakt. Ein Schelm, der dabei … irgendwas denkt.

Später in der Dusche wunderte ich mich ein bisschen über die elendig niedrig angebrachten Duschen und sinnierte darüber, wieso in einer Welt in der die Menschen nachweislich immer größer werden bei so einer Schwimmbad-Modernisierung die Duschen nicht höher angebracht werden konnten. Und ich überlegte, dass es doch klug wäre, würde man wenigstens einen Teil der Dusch so anbringen, dass sich auch Frauen mit einer Körpergröße ab 180cm nicht so verrenken müssten. Das war eine so hammermäßige Spitzenidee von mir, dass die Schwimmbadinnenarchitekten da auch schon drauf gekommen waren und leicht peinlich dümpiert schlich ich rüber auf die gegenüberliegende Duschreihe, wo die Duschköpfe sehr deutlich weit über meinem Kopf angebracht worden sind.

Was mich aber immer noch so richtig nervt ist, dass man immer noch nicht in diesen Schwimmbädern den eigenen Fön mitbringen kann und sich damit die Haare trocken fönen kann. Man muss immer noch diese Fönmonster bedienen, die nicht einmal im Traum darüber nachdenken, die ernsthaft Haare zu trocknen, sondern die nur „vom Winde verweht” können und nach deren Fönvorgang die Frise immer sehr nach nicht gesellschaftsfähig aussieht. Dafür kostet es aber auch nur fünf Cent. Und die dortigen Mitarbeiter fand ich alle sehr nett!

Wie dem auch sein, knappe zwei Stunden später war ich wieder zu Hause und Fettröllchen hatte Hunger. Aber ich war schwimmen!

4 Kommentare:

Nelly aus Sachsen hat gesagt…

Ich finde, solange man noch ins Schlauchboot passt, muss man sich nicht abrackern

creezy hat gesagt…

@Nelly
Wobei aber ins Schlauchboot noch passen und Schlauchboot schon zum Sinken bringen durchaus differenziert betrachtet werden sollte. :-)

(Ach, ich bin doch eitel. Ich will doch beim Schlauchboot fahren sportlich im Einteiler wirken. Also wenigstens wirken – auch wenn ich es schon nicht bin.)

Nelly aus Sachsen hat gesagt…

na ja, Schlauchboot mit mehr oder was besserem füllen, dann trägt es auch mehr Gewicht. Und der Rand kaschiert unglaublich ;-)

dirk franke hat gesagt…

Zurück bei den Schwimmern und es ist doch schön, dass die Schwimmbadtypen inklusive der Herren mit den breiten Rücken, den sich über drei Bahnen unterhaltenden Damen und all' den anderen immer dieselben sind.

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