2016-07-13

Schnäppchen

Neulich an einer jungen Frau ein paar Schuhe gesehen, die mich schlicht geblendet hatten so schön fand ich die. Ganz unvermittelt. Schuhe á la Birkenstock, hellgrau glitzernd. Edel bis in die freiliegenden Zehenspitzen anzusehen. Noch nie habe ich so einen elegant wirkenden Fuß gesehen an dem eine Birkenstock-Sandale hing.

Kurz nachdem mir mein kleiner neidischer Golm, der noch bevor ich denken kann, wie immer zupolterte: „Warum die? Warum sind das ihre Schuhe? Wieso sind das nicht meine? Die würden mir viel besser stehen als ihr! Wie kann ich die Frau flink überfallen und ihr die Schuhe rauben, damit sie mein! mein! mein! sind? Die Welt ist so ungerecht. Die Frau ist doof. Die da, die hat MEINE Schuhe!”, ich wieder einen neutralen sinnvollen Gedanken formen konnte wie: „Frage die Frau einfach nett und freundlich, wo sie die Schuhe her hat.”, war sie schon wieder im Getümmel der undergründigen Bahnen verschwunden. Vielleicht war auch ich verschwunden, als Frau hat man nie ein gerechtes Gefühl für die vielen Kilometer, die man schon weitergelaufen ist, hat man so einen intensiven Schuhmoment.



Samstag schleiche ich durch die festlichen Hallen, die eine Friedrichstraße so zu bieten hat, lande bei Strauss Innovation und sehe dort ein paar Zehsandalen im Stil einer Birkenstocksandale. Rosa. Glitzernd. Aber auch Helblaugraugrisbleu (so bei näherem Hinsehen). Auch glitzernd. In Größe 41. Es ist DER Schuh! Ich herzkaspere ein wenig still vor mich hin, nehme die Schuhe mit in die Ankleidekabine, gemeinsam mit einem reduzierten Oberteil. Und probiere beides an. Die Schuhe sind so fürchterlich bequem und sollen statt der 20,— von mir aufgerundeten Euro nun noch 16,— von mir aufgerundete Euro kosten – und Passform, Schönheit und Preis erschrecken mich so sehr, dass … ich die Schuhe erst einmal wieder in das Regal zurück stelle. RISIKO!!! Denn es ist nur ein Paar noch in der Größe und Farbe da. Trotzdem, dieser stille Moment von vollkommenem Glück überfordert mich gerade.

Das Oberteil hatte mich im Spiegel so dermaßen meiner körperlichen Hässlichkeit, Unpässlichkeit und Untrainiertheit überzeugt, dass mich kurzfristig mein Selbsthass aus dem kaufenden Mode geworfen hatte.

Nun, ich verließ den Laden in Gedanken an DIE Schuhe mit einem „überlege es Dir noch mal” und widmete mich anderen Geschäften, die mich nicht mit fiesen Spiegeln obzön offensiv an meine eigene physische Vergänglichkeit erinnern wollten.

Keine einhundert Meter weiter befindet sich in einer Unterführung ein Birkenstock-Geschäft und ich stehe vor haargenau dem gleichen Schuh. Genauso geklebt wie der andere (hatte Birkenstoff die Sohlen nicht mal genäht?), gleiches Kunstleder, gleiche Schnalle, Pinöpel oben am Zehenhalter. Einziger Unterschied: Schnalle und Pinöpel gülden, statt silber wie am Strauss-Modell (wobei das Silber dem Schuh deutlich passend zum dezenten Silberglitter definitiv besser steht). Und keine Birkenstockprägung im Kunstleder (was für mich mehr Feature als Bug ist, denn ich hasse es Werbeträger zu sein). Preis allerdings: 55,— von mir aufgerundete Euro.

Da drehte ich auf dem Absatz um, ging zum günstigeren Modell zurück, das noch auf mich wartete und sprach „Ich wusste, Du würdest zurück kommen und mich in die große Weite Welt des Berliner Trottoirs entführen!”, kaufte es und trug es vorsichtig, innerlich im Schnäppchenglück leuchtend, heim.

Später am Tag trug ich die Schuhe und es machte mich schon ein bisschen irre, wie man eine Zehensandale anziehen kann, sie so ein grandioses Fußbett haben kann, so bequem sein kann und nirgends scheuern wollte. Daher meine Idee mich in anderen Filialen dieser Kette auf die Suche zu machen, ob ich nicht noch irgendwo ein gleiches Modell finden konnte. Denn ich mache das ganz gerne, wenn mich ein Schuh im Ausverkauf überzeugt: mehrere Paare kaufen. Dann muss ich mir in der künftigen Saison keinen Kopf machen, denn jedem modischen Trend laufe ich nun eh nicht mehr nach. Meine Sammlung von Schuhen, die ich nicht anziehe, weil sie nicht passen, braucht auch keinen Zuwachs mehr. Was mir passt, das habe ich gerne mehrmals. Ihr kennt das vielleicht noch von Omma: „Ein Paar für gut!”

So klapperte ich Montag diverse Filialen ab, fand aber das Modell in meiner Größe immer nur im Rosa, was halt nicht meine Farbe ist und übrigens längst nicht so edel wirkt, wie das Hellblaugraugrisbleu. Ich bin auch einfach keine erwachsene Filly Fee. Was soll ich tun?

Und in diesem Zusammenhang kam es also auch zu diesem kürzlich gebloggten Intermezzo.

Gestern wollte ich es also wissen, einerseits immer noch auf der Suche nach dem Schuh – andererseits wollte ich wissen, ob es wirklich ein Warenwirtschaftssystem 2016 gibt, das nicht filialübergreifend nach einem Schuhmodell suchen kann. Ich machte mich früh morgens auf den Weg nach Schöneberg, wissend von dort komme ich mit der S-Bahn prima zur Filiale nach Zehlendorf. Dass es noch eine in Steglitz gibt, hatte ich ganz verdrängt.

Die Sandalen standen da – nur nicht in meiner Größe. Ich ging mit einem Modell zur Kasse, wo mich eine sehr freundliche Verkäuferin aufklärte, dass man tatsächlich nicht mittels der Technik suchen könne, sie aber gerne für mich in einer Filiale anrufen könne, allerdings nur in einer, wenn es die dort nicht gäbe, müsste ich die anderen Filialen selbst anrufen. Dieses doch ganz anders sehr kundenorientierte Angebot nahm ich gerne an und als wir über mögliche Filialen sprachen, brachte sie diese in Steglitz auf den Plan. Dieser Empfehlung folgte ich gerne, nach Zehlendorf konnte ich so oder so noch fahren. Sie rief an, man hatte noch ein (!) Paar auf Lager und legte es an der Kasse für mich zurück. Ich stieg in den Bus, der mich fast vor die Tür führt und nahm glücklich mein zweites Paar (das für gut!) in Empfang.

Selbstverständlich bedankte ich mich bei beiden sehr serviceorientierten Verkäuferinnen mehr als überschwänglich. (Ich fürchte, der in Schöneberg hatte ich ein „Sie sind ein Schatz!” an den Kopf geworfen.)


2 comments:

planet112 hat gesagt…

Hallo Creezy

Achja, so ein kleines grosses Schuhglück... wie kommt es mir bekannt vor. Und es hat Freude gemacht, das zu lesen! Glück am Fuss ... und sie sehen schick aus, die Schuhe.

Lieber Gruss
Anne von Planet112

planet112 hat gesagt…

.. hab deinen Post bei mir verlinkt ..

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