Machen Sie eine Collage!
So lautete die Aufgabe in der gestrigen Ergotherapiestunde. „Ich möchte, dass Sie eine Collage zu sich machen. Wer Sie sind, wie Sie sich sehen, was Sie an sich mögen, was Sie nicht an sich mögen, wie Ihre Träume aussehen.” Dann legte mir die Dame einen Stapel Zeitungen hin. Eine Geo Paris (passt), eine Freundin, noch eine Geo und jede Menge Druckerzeugnisse der Art „Rentner Bravo”-Formate aus den Drogerien beziehungsweise Bio-Läden. Auch die „Sein” war dabei.
Tatsächlich waren die Fotos in der Geo Paris erstaunlich mittelmäßig bis sehr schlecht. Anders ist wohl nicht zu erklären, dass ich in diesem Blatt kaum fündig geworden bin, sind Paris und ich doch „so” (denkt Euch hier das Zeichen für besonders dicke.) In der „Sein”, die ich höflich durchblätterte, konnte ich nicht so viel entdecken, was mich widergespiegelt hätte – allerdings bin ich auch nicht bis zu den sehr lustigen Kleinanzeigen vorgedrungen, die Freunde und ich uns sehr gerne beim Kaffee trinken vorlesen zu unserer allgemeinen Belustigung. (Absolute Freizeitempfehlung!) Aus der Freundin entnahm ich schöne Schriftzüge, fotografierte Glaswaren, jede Menge Material von einem Farbenmix namens Türkis bis Petrol getragen. Aus der anderen Geo wuchsen Tierfotografien nach. So musste ich den jungen gut aussehenden Grzimek leider von einem ebenfalls gut aussehenden Luchs mittels Schere trennen.
Ohne auf die intimen Interna einzugehen, hatte ich schlussendlich viel Petrol, etwas Paris, ein wenig Coco Chanel, roten Plüschsamt und viele Tiere und sehr viel Meer im Bild. Als ich von meiner Sehnsucht nach dem Meer und dem Wunsch wieder einmal dorthin gehen zu können, wo die Asche meiner Mum verstreut wurde, musste ich weinen. Die Sehnsucht ist sehr groß. Wobei überhaupt weinen zu können bei dem Krankheitsbild ja ein Zeichen für einen guten Weg ist. Zwischendurch schmückte die eine oder andere Überschrift mein inneres Ich.
Ich hatte nach dem üblichen Vorgespräch 15 Minuten Zeit für die Auswahl, fünf Minuten für das Kleben, blieben noch knappe fünf Minuten für die Erklärung – der Rest wurde vertagt auf die nächste Woche.
Einen Tag später kann ich nur empfehlen: macht Ihr das mal für Euch! Kommen ja nun bald düstere novembrige Sonntagsnachmittage auf uns alle zu. Ohne viel Vorgedanken das innere Selbst einmal auf Papier zu bringen. Es ist eine sehr spannende Sache.
6 comments:
Klingt interessant. Ich hätte Muffe vor dem Ergebnis. Mag nicht so mit meinem innersten konfrontiert werden.
@kirschbluete
Du darfst dabei auch etwas gnädig mit Dir umgehen. Ich fand ganz gut bei der Aufgabe, dass man sich nicht – wie sonst – auf das Negative nur konzentriert mit dem man sich selbst sieht in einer solchen Krankheitssituation.
au weia, daran (also an therapie?) würde ich kläglich scheitern. mich interessiert nicht, wer ich bin. ich mag mal dies und mal jenes an mir. und dann genau dasselbe wieder überhaupt nicht. ich betrachte mich auch nicht, um mir ein bild von mir zu machen, ich vermeide dieses sogar aktiv. und von den wenigen träumen, die ich im leben hatte, ich glaube, es waren drei, ist ein einziger übrig, der sich irgendwann erfüllen wird. oder auch nicht.
vermutlich besteht dringender therapiebedarf. ; )
@engl
Zu der Einstellung bin ich absolut d'accord. Vor allem: muss man sich nicht ständig selbst mögen. Lediglich wenn man merkt selbstzerstörerische Züge an sich zu entdecken, ist es vielleicht ratsam – hoffentlich hilfreich … ;-)
Das von sich ein Bild zu machen, es zu vermeiden –na ja, das ist eh relativ und immer von der Tagesform ein Stück weit abhängig. Aber es ist schon spannend, sich selbst z. B. in Farben zu sehen. Ich fand hier auch wohltuend, dass ich Träume/Wünsche so formulieren konnte. Ich hatte ja im Sommer die Aufgabe bekommen, meine Wünsche zu formulieren, was ich nicht konnte, weil sie weg waren. Hier gab es als erstes Statement, dass der Ergotherapeutin aufgefallen ist, wie viele Wünsche ich doch dargestellt hätte. MIr macht es Mut, scheint so, als wäre doch ein bisschen was passiert die letzten Monde. ;-)
@engl
Ach und ich habe darüber gestern mit einer Freundin gesprochen, die in einem Workshop auf die Collagenart darstellen sollte, was sie gut kann. Sie sagte, – aus einem Arbeitsverhältnis kommend, wo sie wirklich komplett ausgenutzt und ausgereizt worden ist – sie hätte zu dem Zeitpunkt nie sagen oder aufschreiben können, was sie gut kann. Aber mit HIlfe der Bilder sei es nur so aus ihr gesprudelt.
Wir haben besschlossen, so eine Collage gemeinsam am Ende des Jahres zu machen: rückblickend auf 2013. Vielleicht sieht das Jahr so besser aus, als wenn man es alleine nur in Gedanken festhalten würde?
zum glück bin ich ja kein bißchen selbstzerstörerisch. , )
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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