2012-09-24

Der Serviettenknödel



Das Wetter sprach Samstag, es ist Herbst und er möchte zelebriert werden. Die Seele in enger vertrauter Umarmung mit dem Magen diktierten daher gemeinsam, es würde nun Zeit sein für ein deftiges Gulasch, einen perfekten Rotkohl und Klöße gehören auch unbedingt dazu. Klöße sind meine heilige heimliche Liebe, erwähnte ich das bereits?

Also besorgte ich am Samstag die notwendigen, noch fehlenden Zutaten und hatte ein hübsches Stelldichein in meiner immer noch neu sich anfühlenden Küche und kochte für den Sonntag vor. Erst ein Gulasch, schön deftig scharf mit Mohrrüben, Paprika, getrockneten Steinpilzen und einer Sauce aus Rotwein und Schwarzbier. Der Bräter wanderte in den Ofen und schmörgelte (man tut es neuerdings mit Licht) geduldig vor sich hin. Der Rotkohl war auch flink mit viel Liebe und Kirschen zubereitet und verströmte seine heilenden Düfte.

Und Sonntag standen dann Serviettenknödel auf dem Plan. Natürlich halte ich hier diverse Bücher vor, die mich mit ihren Knödelrezepten überzeugen (was nicht schwer ist, an sich), dachte aber, ich könnte auch diese Medium Internet nochmals hinterfragen. Denn die favorisierten Foodblogger/innen wissen ja auch immer besser Bescheid und wer weiß, welche feine Idee sich noch unverhofft auftun ließe für das beste Knödelrezept.

Deren Masse schlussendlich aus Brezeln, Milch, Eier, gedünsteten Zwiebeln, frischer Petersilie und zur Würze Salz, Pfeffer, Muskatnuss, etwas Thymian und Rosmarin geriet. Der eigentliche Skandal war aber, dass in jedem Online-Rezept die Klöße wenig stilecht in Folie gewickelt werden, und zwar doppelt: Klarsichtfolie, dann Alufolie. Man rät aus sehr merkwürdigen Gründen zur neumodischen Doppelung. Die Klarsichtfolie könnte ja gebenenfalls schmelzen bei zu großer Hitze. Und überhaupt könnte Wasser an den Kloßteig gelangen. (sic!)

Im Hause creezy wird ein Serviettenknödel noch ordentlich im Leinentuch gewickelt und mit Bratband verschlossen. Dazu nimmt das neumodische Küchengeschöpf ein Tuch vom schwedischen Albtraumkaufhaus, gereinigt und selbstverständlich von der Waschmaschine ordentlich ausgekocht und gut gespült, so dass kein schäumendes Kochwasser auszumachen war im Topf. Und schlussendlich hatte ich eine wundervolle Rolle Serviettenknödel vor mir. Merkwürdigerweise haben meine Knödel gar keine Angst vor Wasserkontakt.

Und ich will nie wieder etwas vom Knödel aus der Klarsichtfolie hören! Wann eigentlich – und warum – muss das gute Küchentuch sterben? Das, dass uns Fonds seien, Strudel ziehen ließ und den Knödeln die perfekte Form gab?

6 comments:

hajo hat gesagt…

creezy, Du hast vollkommen recht, ausserdem sind Servietten, da Naturprodukte, doch erheblich bekömmlicher als Kunststofffolien :-D

Ramona hat gesagt…

Na Glückwunsch, jetzt hab ich Hungäääär!
So gemein, man hat gleich den wunderbaren Duft von Rotkohl und Gulasch in der Nase.
Darf ich zum Resteressen kommen?:o)

lamiacucina hat gesagt…

wie schön, wenn sich Seele und Magen einig sind !

Brigitte hat gesagt…

Oh, Frau Creezy, wie lecker ist das denn?! Ich bin ja auch noch so eine, die ihre Suppen noch durch eine (UNbenutzte) Kinderwindel passiert. Ist eben doch um Längen besser, als bloss ein Sieb. Liebe Grüsse aus GB und ganz guten Appetit xx

creezy hat gesagt…

@hajo
Klar. ;-)

@Ramona
Selbstverständlich! Ich lud übrigens am Samstag für Sonntag auf Twitter ein. ;-)

@lamiacucina
Oh ja, es kann keinen besseren Zustand geben! ,-)

@Brigitte
Es war sehr lecker, es tat richtig richtig gut! ,-) Erstaunlicherweise gibt es so einigen Prozeduren mit ganz einfachen Mitteln die durch irgendwelchen modischen Schnickschnack m. E. viel komplizierter und aufwändiger geworden sind. Ich bin schon ganz froh noch Omas gehabt zu haben in Küchen ohne Heizung nur mit Ofen mit einem einzigen elektrischen Hilfsmittel: dem Handrührer lange Zeit. ,-)

Herzliche Grüße nach GB! ;-)

Anonym hat gesagt…

Ich stimme laut und deutlich zu, was altmodisches Küchenzubehör betrifft! In meiner Familie wird Serviettenknödel im G'schirrtuch gekocht, Mohn per Hand gemahlen (in einer Mühle aus dem frühen 20. Jh., und Kaffee seit 1950 in der gleichen Handmühle geschreddert.
Das funktioniert ganz wunderbar, und außerdem ist man sowieso Trendsetter...ein Versand vertickt bereits wieder exklusive Handkaffeefilter für Ihren wertvollen handgefilterten Kaffee, und bis der Versand für Handgemachtes mit einem liebevoll von einer peruanischen Kleinbauernkooperative handgewebten Serviettenknödeltuch nach alter deutscher Tradition aufwartet, ist es auch nur eine Frage der Zeit...(ich will hier einfach keine Namen nennen.)

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