2010-03-01

Brett verlegen.



Neulich an einem dieser dunklen deprimierenden Wintersonntage, von denen wir diesen Winter einen bis sehr viele hatte, surfte ich durch's Web und auf meinen erklärten Lieblingsseiten: Baumärkte. Baumarktseiten sind wie Brautkleiderseiten an fiesen depressionsgeschwängerten Wintertagen, an denen man keine Sau vor's Haus treiben wollte: ungemein unterhaltsam.

Dabei bin ich auf der Seite der Bauhaus-Märkte in die Ecke Aktivitäten vorgedrungen und habe zur Kenntnis genommen, dass man dort nette Verkaufsveranstaltungen in Kombination mit „how-to-do-it-yourself“-Workshops offeriert, gelegentlich für's weibliche Volk als „Womens week“ getarnt. Eigentlich gehöre ich ja in den „Kids Club“ aber wem hätte ich da wieder mein fortgeschrittenes ausgewachsenes Stadium erklären sollen? Weil mir neulich so langweilig war, ich gerade im üblichen „ich muss unbedingt wieder was lernen“-Mode war – das ist der Moment in dem die Volkshochschule auch ab und an gut an mir verdient – und ich zudem ahnte, dieser Winter wird noch lang werden wollen, habe ich mich angemeldet. Einmal für's Laminat verlegen und einmal im Rahmen dieser Frauenveranstaltung für's Fliesen legen.

Mir ist im letzten Jahr eine Stichsäge zugelaufen und ich habe im Hinterkopf den Flur als ersten Testobjekt meines Talents mit Laminat zu verkleiden. Der ist von der Größe her übersichtlich, das scheint also machbar und wenn's schief läuft, ist der finanzielle Verlust vielleicht noch zu verkraften.

So meldete ich mich also an und während die Anmeldung für die Weiberwoche online professionell mit Rückantwort vonstatten ging, musst man für den Laminat-Lehrgang eine Mail schreiben auf die ich nie eine Antwort erhielt, so dass ich drei Tage später in der Filiale anrief und man mir telefonisch bestätigte, ich würde in der jeweiligen Liste bereits geführt.

Der Laminatlehrgang war auf letzten Samstag terminiert. Um zwölf Uhr mittags, das war insofern unpraktisch, weil ich Samstag erst um fünf Uhr nach Hause kam. Aber ich gewann den Kampf, richtete mich rechtzeitig auf und machte mich auf den Weg in den Süden Berlins. Das war schon im Vorfeld ein bisschen die Prämisse für den Lehrgang, ich wollte etwas in der Nähe machen, und Tempelhof/Neukölln gehört zum Süden Berlins. Allerdings ist der Süden Berlins so dehnbar wie ein Marshmallow kurz nach seiner Herstellung. Der Begriff „Süden Berlins“ muss die Vorlage zur Raumschiff Enterprise-Trailer-Weisheit „Unendliche Weiten … “ gewesen sein und so unentschieden ich nach 20 Jahren wohnungsbedingter Zugehörigkeit immer noch bin, dem Süden Berlins einen gewissen Charme zuzusprechen, kann ich ihm eine gehörige Vielfalt an schönen Ecken und hässlichen Ecken nicht absprechen. Der Süden Berlins ist ein komisches Ding.

Also besprach ich mit der BVG wie ich wohl am unkompliziertesten zum Ort meiner Wahl kommen würde. Obwohl ich Samstag sehr gut erstmals wieder hätte Rad fahren können. Aber ich verwechsle in dieser Ecke immer sehr gerne die eine Hauptstraße mit der anderen Hauptstraße und verfahre mich grundsätzlich, was ungünstig ist an diesem Ort, weil dieser Teil des Süden in Berlin, wie schon angedeutet, unendlich weit ausgelegt ist. Und das bringt keine Punkte eine Stunde zu spät zu einem Lehrgang zu erscheinen. Die BVG sprach von S-Bahn mit 1x umsteigen oder von Bus mit 0x umsteigen. Als ich an der Dockingstation ankam, kam jener Bus gerade um die Ecke und 30 Minuten durch die Stadt gegondelt zu werden, entsprach meiner restalkoholisierten müden Verfassung. So stieg ich ein, sicherte mir einen der attraktiven Fensterplätze für's gleiche Geld und wir fuhren los in Gegenden Berlins, die ich – das schwöre ich – noch nie gesehen habe. Dabei liegen sie gleich nebenan.

Als erstes stelle ich fest, dass der Bus, den ich mit zehnminütigem Fußweg vorne an der S-Bahn-Haltestelle erwartete, auch mit nur fünfminütigem Fußweg von meiner Wohnung zu erreichen gewesen wäre, wäre ich einfach nur „hinten raus“ gelaufen. So exzellent kenne ich mich also aus in meiner unmittelbaren Wohnumgebung. Der Bus warf mich auf die Minute pünktlich raus und ich marschierte froher Dinge in das riesige Bauhaus (das früher mal das riesige Pluta nach dem größenwahnsinnigen Neubau gewesen war, eine der nettesten und kompetentesten Pflanzeninstitution Berlins). Beschwingt meldete ich mich am Informationstresen, wollte mich melden, aber die Dame hing beschäftigt an einem Telefonhörer und wie ich dem Gespräch entnehmen konnte, telefonierte sie wegen eben jenem Laminat-Verlegeworkshop – der auf dem riesigen Werbeständer zu ihren Füßen auch angeschlagen war – und schien von einer Veranstaltung am Samstag nichts zu wissen. Tenor des mitgeführten Gespräches war „die hätten sich halt anmelden müssen.“ „Die“ waren ein junger Herr, der sich kurz zuvor bei der Dame gemeldet und sie zu diesem Telefonat motiviert hatte und ich. Wir wurden durch den Baumarkt nach hinten zur Bauabteilung geschickt, sollten uns bei einem Herren melden. Der uns empfing, um uns zu sagen, niemand hätte der Abteilung unsere Anmeldungen weitergeleitet, weswegen man dem eigentlichen Workshop-Leiter abgesagt hätte. Aber da wir ja nun mal da waren, sprang der junge Verkäufer motiviert in die Bresche und erklärte uns die Welt der Laminatkunst und führte uns in ihre kleinen Geheimnisse ein.

Beispielsweise erklärte er, dass als Abstandhalter zur Wand er die aus Plastik besser fände als die aus Holz, weil letztere glatt seien und daher gerne auch verrutschen. Abstand sei sowieso da zentrale Thema beim Laminat verlegen, auch Heizungsrohre mögen bitte mit ausreichend Abstand beschenkt werden. Er machte Wohnungsmenschen mit geraden Wänden (Neubau) sehr viel Laminat-Mut, Wohnungsmenschen mit ungeraden Wänden (Altbau, zufällig ich) Aussicht auf eine hohe Vielzahl möglicher interessanter Erfahrungen. Er machte uns darauf aufmerksam, dass man im Dielenbereich doch lieber mehr Geld in einen höheren Härtegrad investieren sollte, weil so ein Splittsteinchen gerne auf Laminat Schaden anrichtet, und er versicherte mir, dass man Laminat mittlerweile auch im Nassbereich, sogar in Bädern, verlegen könne. Er wies daraufhin, dass man in dem – momentan ach so modernen – dunklen Laminaten viel schneller Macken und Kratzer sehen würde als in den hellen und diese sich dafür gerade für den Eingangsbereich besser eignen würde. An der Stelle fragte er uns, ob wir einen großen schweren Hund hätten? Was ich wahrheitsgemäß beantwortete mit, „ich hätte nur einen großen schweren Kater!“ (Was gar nicht stimmt, denn Lino hat viel abgenommen und passt mittlerweile sogar zwischen die Balkonbalustrade, wie ich gestern erfreut zur Kenntnis genommen habe. Mist, ich kriege nicht mal ein Laminat-Post ohne Premiumcontent gebacken.) Jedenfalls seien große schwere sich im Eingangsbereich freunde Hunde eine besondere Herausforderung für Laminat, das dann nach Härtegrad 33 fordere. Er gab Tipps zum Zuschnitt, bei Stichsäge möglichst von der unteren Seit her zuschneiden – und dass es mittlerweile sogar extra Schnittblätter für Laminat gäbe. Hört! Hört!

Der Verkäufer beantwortete mir sehr kompetent alle meine Fragen zu „wo fange ich warum und weswegen an zu verlegen bei meinem speziellen Fluraufbau und in welche Richtung verlege ich?“ (Lichteinfall beachten, der macht die Fugen sichtbar), „was mache ich mit der Eingangstür zu welcher der Übergang natürlich anders ist als zu den anderen Türen?“, „was nimmt man für Abschlüsse an den Türen oder Zimmerübergängen?“ Wir durften im Testmodell selber verlegen, wenn auch wir auf den Zuschnitt verzichteten – aber auch dazu gab es kompetente Tipps und er zeigte uns sehr genau, auf welche böse Phänomene wir möglichst achten sollten und rechtzeitig verhindern sollte, damit sie uns später nicht Ärger bereiten. Der junge Familienvater, der mit mir Fragen stellte, plant sein Laminat auf Fußbodenheizung zu verlegen – insofern bekam ich auch zu dieser speziellen Anforderung ein erstes Fachwissen vermittelt.

Der junge Workshopleiter war nicht müde uns zu jeder Frage aus dem Sortiment die notwendigen Hilfsmittel aus der Packung reißend vorzulegen und in der Anwendung zu demonstrieren, als auch deren Vor- und Nachteile zu erläutern. Zum Schluss erklärte er leicht hämisch grinsend – wir waren beim Thema Leisten verlegen angelangt – dass das die eigentliche tückenreiche Arbeit beim Laminat verlegen sei. Alles andere vorher sei wie ein Spaziergang. Und wenn man Kabelleisten mit Abschlussleisten integriert andübeln würde, dann um Himmels willen in die Berge der unebenen Wand, nicht in die Täler dübeln (wobei dübeln alleine auf der niedrigen Höhe bestimmt total viel Spaß macht …) und schlussendlich gab er uns noch mit auf den Weg, dass man auch gerne Handwerker beim Bauhaus „einkaufen“ könne. Was ja irgendwie auch viel Mut macht.

Trotz des merkwürdigen Einstiegs in den Workshop – wofür der junge Verkäufer/Handwerker wirklich nicht konnte – eine gelungene informative Veranstaltung, da hatten wir Glück mit ihm. Nach gut anderthalb Stunden der vorab angesetzten drei Stunden, waren wir fertig und voller Wissen und Tatendrang – und jetzt muss ich nur noch ausmessen und einkaufen. Dann gibt es Laminat holdriho.

Alles wird gut!
Bestimmt! Vielleicht. Mal sehen.

In zwei Wochen reise ich übrigens nach Spandau: Fliesen verlegen für weibliche Runaways …

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

merkwürdigerweise habe ich mir heute Morgen grad einige Laminatproben im Bauhaus angesehen. Mich schreckt ja immer dieses Klacken beim rüberlaufen ab, auch traue ich dem Feuchtigskeitsversprechungen nicht wirklich. Die Untergrunddämmung scheint mir ein wirklich wichtiges Thema zu sein....

bel hat gesagt…

Wenn es nicht unbedingt Laminat sein muß und auch etwas teurer werden darf, dann empfehle ich Lino (nicht den Kater;-)
In der Küche habe ich ein Produkt das LinoCor heißt, das hat bis jetzt alles ausgehalten, was ein Fußboden nur aushalten kann, auch mit Sichel-Krallen kämpfende Katzen, doofe Handwerker, die ihr Gerümpel darauf auslaufen ließen, und viele viele unsägliche Beanspruchung.
Es ist gehärtetes auf Korklatte und dünne Trägerplatte aufgezogenenes Linoleum, und verlegt sich wie Laminat mit dem berühmten Klick. Der Kork dämmt und macht das ganze geräuscharm udn fußwarm angenhem.

Gibts in invielen schönen Farben udn Mustern in einschlägigen Biofußbodenfachdockingstationen.

Gruß bel

bel hat gesagt…

Hier gibts link zum gucken.

http://www.holz-store.de/Produktgruppen/Linoleum/linocor.htm

@Creezy
Im Internetexpoderer geht in der Antwortfunktion kopiundpaste und alles was im Mozilla Firefox nicht geht.... Schau doch bitte mal, woran das liegt!!!.

Gruß bel

multikulinaria hat gesagt…

Boah, und das alles nach durchschlemmt-zechter Nacht. Alle Achtung!

creezy hat gesagt…

@aquiigoespott
Ja Untergrunddämmung und Schutz ist eh ein Thema bei Laminat – je nach Unterboden. Bei Beton/Estrich auf alle Fälle noch Folie drunter, weil der Boden generell immer etwas feucht ist. Holz dagegen schluckt die Feuchte. Dann gibt es Laminat das deutlich leichter ist – aber da muss man ZWINGEND einen weiteren Dämmschutz darunter legen, sonst klingeln die Nachbarn ständig.

Für den Nassbereich sollte man auch speziell dafür gedachtes Laminat nehmen.

Ansonsten: Klick-Parkett nehmen. Ist gar nicht so sehr viel teurer. Aber leiser und fußwärmer (!). Jedoch pflegeintensiver, will eben immer mal abgezogen werden und so …

@Bel
Hm, also Kork ist so überhaupt nicht meins … ,-)

Und ich kann da nicht nachschauen, Bel. Ich habe keinen Zugriff auf die Blogsoftware. Und Du bist die Eeinzige, die mir dieses Problem meldet. Ich selber habe die Probleme mit FF unter OS X nicht.

Und bevor Du keine genauen Angaben über System, Version, Browserversion machst, brauche ich da auch niemanden ansprechen - damit mache ich mich nur lächerlich und das weißt Du als Homepagebastlerin doch auch selber oder? ;-)

@multikulinaria
Ich hing zwischendurch gelegentlich wirklich schlaff in der S-Bahn am Samstag. Aber zum Glück habe ich derartige Nachwehen immer erst einen Tag später! ,-)

hm hat gesagt…

btw: tipp aus eigener (beruflicher) praxis bzgl. putz/steinen in altbauten. diese neigen zum "sanden" - bröseln beim bohren gerne zu unbrauchbar großen löchern aus. -> mit kleinerem bohrer ohne schlag bohren und dübel sacht ´reinklopfen mittels hammer/gliedermaßstab/bierflaschenboden. also 6er dübel -> 5er steinbohrer, 8er dübel -> 6er bohrer. sollte das gebohrte loch nicht dem maß des vorkonfektionierten dübels entsprechen -> teile von bübeln mittels scharfen messers abtrennen resp. weitere dübelteile zum verfüllen zu groß geratener löcher nutzen. disclaimer: erfahrungswerte sind selbst zu ermitteln. gute unterhaltung!

hajo hat gesagt…

bei "Womens week" fällt mir eine Begebenheit ein, die sich Anfang der 70er des letzten Jahrhunderts (also in grauer Vorzeit) zutrug und eigentlich nicht ganz das Thema trifft:
Eine Freundin, recht gut betucht, suchte damals eine Photo-[schrieb man damals so ;-)] Spiegelreflexkamera - und so ging sie in ein Fachgeschäft.
Die erste Frage des Verkäufers: "ist die Kamera für Ihren Mann oder für Sie?" Sie war gerade frisch geschieden, aber das konnte der Verkäufer nicht wissen, trotzdem echoffierte sie sich doch recht heftig
.. und liess sich schliesslich eine A1 von Canon verkaufen
.. in "profischwarz" (Mehrpreis ca. 150 DM)

bel hat gesagt…

@ creezy,

nee Kork siehste nicht, der ist die Trittschalldämmung. Oben ist das Linoleum.
Du kennst doch den blauen Belag in meiner Küche bei Herd und Spüle? Das ist das Zeugs.

Ok, ich werd dich wegen der Fehler im Mozilla noch mal anmailen.

Gruß bel

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