2009-09-30

Krankenhäuser …

sind üblicherweise Orte in denen Menschen mit chronischen oder akuten Erkrankungen behandelt werden und im günstigsten Fall geheilt, zumindest wieder halbwegs hergestellt, entlassen werden. Dann gibt es die Notaufnahmen. Das sind Orte in denen Menschen behandelt werden sollen, die akut erkrankt sind. Ein hoher Prozentteil der Menschen, die unvermittelt – mit einem Krankenwagen – in die Notaufnahme eingeliefert werden, sind tatsächlich lebensgefährlich erkrankt. Schlaganfall, Herzinfarkt, schwer verunfallt, was es noch alles gibt. Es geht also um Leben und Tod, die Teams sind hoch spezialisiert, in Kliniken in Großstädten müssen sie je nach Auftragslage Menschenleben im Akkord retten können. Notfallmedizin ist eine sehr teure Form der Medizin.

Gestern war Themenabend bei vox. Die stern TV-Reportage berichtete über das Oktoberfest und die bekannte Tatsache, dass dieses Fest seinen Sinn primär in dem übermäßigen Genuss von Alkohol zu haben scheint. Spiegel TV extra berichtete im Anschluss über das Trinkverhalten von Jugendlichen in Deutschland und den Konsequenzen für sie und uns, die Allgemeinheit.

Eine dieser Konsequenzen bedeutet – und man berichtet hier von steigenden Zahlen in einem erheblichen Ausmaß – Einweisungen dieser Jugendliche mit Notfallwagen in die Notaufnahmen der Kliniken. Sind diese nämlich beim Komasaufen noch nicht ins Koma gefallen, melden die Organe nicht mit allen Notsignalen, die sie senden können, dass sie die aktuelle Vergiftung nicht mehr geregelt bekommen, dann sind die Jugendlichen zumindest vorher gerne eine Gefahr für sich und von anderen in diesem Zustand. Ab einer bestimmten Menge des Alkoholkonsums muss man bei ihnen von einem das junge Leben gefährdenden Zustand ausgehen und so kutschiert man man die Suffköppe exklusiv bei Bedarf mit Blaulicht in die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Anstatt sie in die nächste Polizeiwache zu verfrachten, wie man es mit den Kandidaten älteren Jahrganges zu tun pflegt, die dort hinter einer Stahltür ausnüchtern dürfen.

Man legt den Jugendlichen, natürlich auch den Anderen, die sich durch Zugabe nichtkörpereigener Substanzen in lebensgefährliche Zustände manövriert haben, gerne über die erste Nacht, in der sie ausnüchtern, eine Windel an. So erspart man den Patienten, dass sie in ihrem eigenen Ausscheidungen im Bett liegen müssen, da sie im fortgeschrittenen besoffenen Zustand weder Kontrolle darüber, noch über ihre Beine haben, die sie sonst zum öffentlichen Ort geleiten würden. So möchte man das Pflegepersonal der Klinik schonen, als auch die anderen Patienten im Zimmer, die neben den krakelenden Besoffenen schlafen möchte, um tatsächlich schwer krank eine Chance auf Gesundung zu erhalten. Die Krankenschwester in dem Beitrag, die vorher mit einem Riesenteam versucht hatte einen völlig betrunkenen, ausrastenden und schreienden jungen Patienten zu fixieren und nur noch sarkastisch anmerkt, sie hätte mit der Pflege den falschen Beruf gewählt, hätte besser Polizistin werden sollen, erzählt auch, das sei den Patienten schon am nächsten Tag etwas peinlich in einer Windel aufzuwachen.

Ein Krankentransport. Wenn unter Blaulicht, passiert dieser mit dem Risiko, dass zwei bis drei Angestellte verunfallen hätten können, ein Team der Notfallaufnahme, eine Komplettreinigung dieser Aufnahme, ein Bett, Unterbringung, Medizin, Betreuung – das sind eine Menge Kosten für ein „es ist ihnen auch schon mal peinlich in einer Windel aufzuwachen.“

In unserem Gesundheitssystem, das als eines der besten dieser Welt gilt und somit ein teures ist, wird gespart. An allen Ecken. Auch wir Patienten müssen das tun. So gibt es Patienten, die aufgrund ihrer schweren, meist chronischen und mitnichten selbstverursachten Krankheit auf Inkontinenzprodukte angewiesen sind. So mancher Patient muss in Deutschland bei seiner Krankenkasse hart dafür kämpfen, um die ausreichende Menge an Windeln für seinen täglichen Bedarf zu erhalten. Im Fall unserer Suffkowskis wird sie ihnen im Rahmen der Behandlung ins Bett gelegt. Genau wie die teure medizinischen Behandlung im Krankenhaus, die zahlt ja die Krankenkasse. Wir zahlen.

Mittlerweile bin ich bei solchen Härtefällen auch für die ultimative finanzielle Härte. Behandelt diese Jugendlichen bitte als Privatpatienten, lasst sie ihren Auftritt und dessen Konsequenzen selbst bezahlen. Einfach damit sie lernen, was ihnen der suffbedingte Totalausfall künftig wert ist.

Zur Strafe dafür, dass sie mit ihrer Fun-Scheiße medizinisches Fachpersonal, Raum und Material in dem Moment ihrer Behandlung für andere schwer kranke Menschen blockieren, die ihren lebensbedrohlichen Zustand nicht selbst vorsätzlich verursacht haben.

19 comments:

Liisa hat gesagt…

vollste Zustimmung meinerseits! Nicht zu vergessen auch, dass andere Notfälle wegen der Suffköppe noch länger in der Notaufnahme warten müssen als sowieso schon.

Jekylla hat gesagt…

Absolut d´accord!

multikulinaria hat gesagt…

Traurig aber wahr.. Manche Fehler muss man zwar einmal gemacht haben um daraus schlauer zu werden, aber finanzielle Beteiligung halte ich für eine sehr gute gute Präventivmaßnahme!

Wo muss ich ankreuzen, um Dich als Gesundheitsministerin zu wählen?

Anonym hat gesagt…

Da so eine Kliniknacht je nach Krankenhaus um die 300€ kosten dürfte, ohne die Behandlungskosten, wäre das sicherlich ein probates Mittel, der Jugend mal klar zu machen, was geht und was nicht.

Am besten auch noch die Polizeieinsätze in Rechnung stellen, wenn sie randalieren. Alternativ, in beiden Fällen entsprechende Sozialstunden, bis es abbezahlt ist.

frechdachs hat gesagt…

Danke für diese Worte, besonders im Namen meines Vaters, der in Sachen Inkontinenz beim Kampf mit der Krankenkasse den Kürzeren gezogen hat.

regina hat gesagt…

.

(und die vierjährige kindergartenfreundin meiner tochter musste am ersten wiesn-samstag fünf stunden mit gebrochenem schienbein in der notaufnahme des harlachinger krankenhauses warten.)

Michael hat gesagt…

DAGEGEN!!!

Eltern haften für Ihre Kinder.
Wir alle haben gesoffen wie die Löcher und uns andere Dinge bis zum Umfallen eingepfiffen - aber die meisten von uns haben noch etwas von zu Hause mitbekommen. Bis ein Kind/Jugendlicher sich freiwillig jedes Wochenende ins Koma säuft ist eine Menge vorher passiert.

Und dafür tragen eine Menge Erwachsene eine Mitschuld - und zwar wir alle. Was Du forderst ist (Achtung: Polemik) nichts anderes als die Chinesische Regierung, die den Leuten, die sie mit Schuss in den Hinterkopf erledigt hat auch noch die Kugel in Rechnung zu stellen!

Sorry - Du kennst mich - ich sage immer was ich denke - von Dir hätte ich mir etwas mehr Weitblick und Empathie erwartet. Und jeder, der so etwas in der Art fordert ist ein Arschloch, weil er ganz deutlich zeigt, dass er vom leben keine Ahnung hat oder sich nicht eingestehen will wie schnell es gehen kann, sich jedes Wochenende ins Koma saufen zu müssen.

Das hat ja Politikerniveau vom Eigentlichen mit Nebelbomben abzulenken. Kein 'Komajugendlicher' ist Schuld dran, dass ein Erwachsener seine Windel nicht bekommt oder jemand in der Notaufnahme warten muss- das ist ja auf Höhe bzw. Tiefe der Bildzeitung!

Sorry - aber ab in die Ecke und Schämen und dann Hirn einschalten!


Claudia, Du weißt ja, wie Du es einzuordnen hast :-)))

Julius hat gesagt…

@Michael
Und aus der Sicht desjenigen, der nicht weiß, wie er das einzuordnen hat, ist das ... nun ja ... einfach nur hirnlos!

Sonst kann ich dem Post nur beipflichten und möchte in diesem Zusammenhang gleich vorschlagen, dass die Wirte ebenfalls in die Pflicht genommen werden, schließlich geben sich die Jugendlichen beim Oktoberfest in den Zelten die Kante.

Michael hat gesagt…

das Einordnen bezog sich nur auf den Ton nicht den Inhalt - im übrigen kann ich nicht mehr Hirn dabei erkennen blind wie die Lemminge das Ergebnis angeblich bekämpfen zu wollen anstatt mal zu schauen wo denn die Ursache ist und da mal aufzuräumen und damit meine ich sowohl das Saufen als auch das Fehlen von Windeln und Personal - nein Ihr wollt die bestrafen, die schon bestraft genug sind dank uns. Na dann habe ich doch lieber kein Hirn aber Verstand :-)

kelef hat gesagt…

wer als erwachsener behandelt werden will, sollte sich zuerst einmal auch so benehmen.

das ist wie mit der emanzipation: mit den rechten kommen auch die pflichten.

das ist auch so mit dem elternsein: mit den rechten kommen auch die pflichten.

und so ist es auch mit dem führerschein und überhaupt dem bedienen von maschinen, und so weiter und so fort.

solange das sich-betrinken als sport betrachtet wird, und es für den sich besoffen habenden keinerlei konsequenzen gibt, wird die einsicht auf sich warten lassen. und es ist völlig gleichgültig, ob das nun ein vierzehnjähriger ist (der ja z.b. durchaus einen fahrrad-führerschein machen und am öffentlichen verkehr teilnehmen kann) oder ein siebzigjähriger pensionist (der sein leben lang gearbeitet und steuern bezahlt hat).

sich absichtlich mit welcher substanz oder -mischung zu "schliessen" und dann die verantwortung für die daraus resultierenden konsequenzen einfach den anderen zuzuweisen (der arzt muss ja, der hat einen eid abgelegt) sollte so nicht akzeptiert werden.

meinethalben sind die bösen eltern schuld - demnach müsste ich dann aber zumindest spritzen, rauchen, saufen und ich weiss nicht was alles schlucken, seit jahrzehnten. ich müsste mein kind im mülleimer entsorgt haben, die katzen an den schwänzen anzünden, mehrere raubmorde begangen und ich weiss nicht was noch alles getan haben.

ich hab aber trotzdem bis heute noch keine drogen welcher art auch immer genommen, mein alkoholkonsum ist medizinisch vernachlässigbar, und ich rauche ausschliesslich in der trafik erhältliche zigaretten. aus meiner tochter ist eine durchaus respektable persönlichkeit geworden, den tieren geht es gut, und die notaufnahme eines krankenhauses hab ich zwar schön öfter aufgesucht, aber noch nie wegen selbstverschuldeter idioten-zustände.

wenn jemand sich hand oder fuss abhackt, um nicht arbeiten zu müssen, dann kriegt er eine entsprechende strafe, und das mit recht. wenn jemand sich aus jux und tollerei das hirn wegsäuft, eine reihe von chronischen krankheiten, verfrühte arbeitsunfähigkeit etc. riskiert, und so nebenbei eine anzahl unbeteiligter an leib und leben gefährdet, dann ist er arm und krank und man muss ich um ihn kümmern, und schuld sind die eltern, die wirtschaft und das establishment.

ja nee, is klar.

wer die krankenhaus-notarzt-sanitäter-windelrechnungen nicht bezahlen kann (resp. dessen eltern das nicht können) der sollte dann mit einer entsprechenden menge antabus intus ein paar wochen lang die kotze der anderen von den gehsteigen kratzen dürfen, paar toiletten putzen, und tobende in krankenhäusern händisch fixieren, wenn die windelhosen angelegt werden.

da fällt mir gerade ein: früher gab es doch stoffwindeln, und statt waschmaschinen den schönen grossen waschtrog, und den riesenofen für den wäschekochkessel. könnte man für diese spezialfälle auch wieder einführen, schon wegen der umwelt. und kernseife aus rindertalg kochen, bei der gelegenheit.

creezy hat gesagt…

@michael
Nun, Du bist hier jetzt aber auch nicht wirklich empathisch und auch wenn Du hier etwas als polemisch deklarierst, gehst Du trotzdem zu weit. Zu keiner Sekunde habe ich gefordert, Menschen egal welchen Alters, in lebensbedrohlichen Zuständen einfach in der Straße liegen zu lassen – was Du mir mit dem Chinesen-Beispiel sinngemäß unterstellst. Und ich habe auch nicht gesagt, diese Kinder seien an den Pranger zu stellen. Ich habe gefordert, diesen Jugendlichen einmal die Rechnung zu präsentieren, damit ihnen die Konsequenz aus ihrem Handeln bewusster wird, wenn ihnen schon die eigenen Gesundheit so egal ist. Sorry Michael, lasse lieber bitte bei all der Leidenschaft die Kirche im Dorf und lass uns beim Thema und den Tatsachen bleiben und zwar in angemessener Form und Höflichkeit, ja? Sonst bringt nämlich die Diskussion nichts. ;-)

Sachlich geblieben: Was Du vergisst in Deinem leidenschaftlichen Plädoyer – solange die Jugendlichen unter 18 sind, sind es sowieso die Eltern, die bezahlen müssten. Da aber schließt sich der Kreis zu der Reportage: die Klinik ruft zu Hause an, um den Eltern mitzuteilen, dass ihr Kind in einem unschönen Zustand eingeliefert worden sei und es wurden vom Personal die Erfahrungen mit den gängigen Reaktionen am anderen Ende der Leitung geschildert, die das sind von gelegentlicher ehrlicher Betroffenheit, bis zur völligen emotionalen Unbeteiligung oder dem Achsel zuckenden „so etwas kennt man schon“. Ja, natürlich müssen die in die Pflicht genommen werden, wenn sie ihre Pflichten als Eltern offensichtlich vernachlässigen.

Aber ich weigere mich, mich in die Reihe derer einzuordnen, die alles entschuldigen mit dem „zu Hause war es aber so und so, die Gesellschaft ist scheiße und deswegen bin ich heute so …“ Dafür ist meine Familie Beispiel. Zur Hälfte schlagender Alkoholikerhaushalt; die eine Hälfte vom Nachwuchs meinte den gleichen Weg gehen zu müssen, die andere Hälfte hat sich entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Das geht auch! Man muss irgendwann für sich und sein Leben eine eigene Entscheidung treffen und da haben Eltern viel weniger Einfluss drauf, als wir gerne glauben wollen. Das ist nun gar nichts, was alleine in der Macht des Elternhauses liegt. Auch können Kinder und Jugendliche das recht frühzeitig tun – sie müssen natürlich Perspektiven haben. Es ist aber zunehmend Tenor, dass diese Perspektiven von außen gesetzt werden müssen. Und das stimmt genauso nicht, die kann sich ein junger Mensch sehr wohl noch selbst gestalten. Alleine die Tatsache, dass es genügend Kids gibt, die es im negativen tun, beweist, dass es sehr wohl auch die anderer Richtung im positiven gibt.

Man kann mitnichten das Verhalten von Jugendlichen immer nur den Eltern und dem Elternhaus oder der Gesellschaft zuschieben. Ja, da werden auch Ursachen gesetzt. Aber Jugendliche haben ab einem bestimmten Alter sehr wohl ihren einen eigenen Kopf, einen eigenen Willen, eigene Vorstellungen von ihrem Leben und leben das sehr selbstbestimmt. Und wenn sie das tun wollen, was sie auch sollen – dann müssen sie auch hier und da die Konsequenzen mitnehmen – im positiven wie im negativen Sinn. Du kommst beruflich aus dem Bereich, Du weißt also ganz genau, dass unter bestimmten pubertären Konstellationen Eltern, die sehr gut zu ihren Kindern sind und sich Mühe gegeben haben und immer geben in der Erziehung, genau gar keinen Zugang mehr zu ihren Kinder haben – egal was sie tun!

creezy hat gesagt…

…und Teil zwei, weil ich die Zeichenmenge überschritten habe:

Meine Freunde und ich konnten uns in jungen Jahren sehr wohl dafür entscheiden, ob wir ja oder nein zum Alkohol oder anderen Drogen sagen wollten, ob wir uns komplett die Kante geben wollten oder vorher aufgehört haben als es noch lustig war. Es war uns damals wie heute sehr schnell bewusst (auch bei denen, die nicht meine frühkindlichen Erfahrungen leben mussten), dass Alkoholkonsum seine Konsequenzen hat und die Spanne zwischen noch lustig sein bis peinlich auffallen ein geringe ist. Und es ist ein Unterschied, ob man sich mal einen Rausch antrinkt oder ob man sich mehrfach bewusst zur Besinnungslosigkeit trinkt – erzähle mir nicht, dass diese Jugendlichen bei dem Angebot an Information, das sie haben, nicht wissen würden, was sie da tun und keine freie Entscheidung dazu treffen könnten. Und, Michael, es gibt sehr wohl noch einen Unterschied zwischen den Kids, die still und heimlich aus Verzweiflung sich täglich ihre Ration Alkohol reinziehen und solchen, die das am Wochenende in der Clique aus einem Fun-Faktor heraus tun, weil es jetzt halt mal en vogue ist, sich komplett die Lichter auszuknipsen! Ich unterstelle jedem Jugendlichen so viel Cleverness, dass er spätestens nach dem ersten verstorbenen Komatrinker kapiert hat, dass dieser Spaß ein tödlicher sein kann, zumindest einer, der für ein Leben mit gesundheitlicher lebenslanger Behinderung enden kann. Und ab dem Moment ist die Entscheidung hierfür sehr wohl eine bewusste! Wir reden hier ja nicht von Fünfjährigen.

Und ja, natürlich verdient der Staat ordentlich an der Alkoholsteuer. Und in erster Linie sind natürlich auch die heranzuziehen, die Jugendlichen den Zugang zu Alkohol erst ermöglichen. Aber ihnr zu trinken und wie viel und mit welcher Konsequenz – dazu sind auch 16-jährige alt genug. Sie können ja auch ab einem bestimmten Punkt „nein“ zum Whopper sagen, wenn sie satt sind.

Wir haben auch das Problem mit Jugendlichen heutzutage, weil wir sie ewig unterschätzen. Und Du weißt ganz genau, dass die Windel hier nur eine Methaper ist. Unser Gesundheitssystem hat auch deswegen Probleme, weil wir immer mehr Zivilisationskrankheiten zu behandeln haben. Also Krankheiten, die entstehen, weil wir wissentlich mit unserem Körper Dinge (Alkohol, Tabak, schlechtes Essen, davon zu viel) tun oder auch nicht tun (Sport), die ihm schaden. Aber ich sehe immer noch einen Unterschied zwischen dem Menschen, die über Jahre mit einer Sucht gelebt haben und dem System Kosten verursachen, dem völlig zu Recht geholfen werden soll und dem Menschen, der diesem System hohe Kosten verursacht, weil es gerade mal „in ist, sich regelmäßig am Wochenende den Kopf weg zu knallen. Michael, die wenigsten jugendlichen Komasäufer sind doch tatsächlich die verzweifelten Jugendlichen. Das sind Kids, die das aus einer Mode-Erscheinung heraus tun. Und ja, da gehört erzogen. Und wenn die Eltern das nicht geregelt bekommen, dann muss es den Jugendlichen eben anders beigebracht werden.

Komischerweise hast Du hier nur rumgeblökt – eine andere Idee/Lösung haste aber ooch nicht angeboten, oder?

pepa hat gesagt…

Es ist Vieles schon gesagt und ich möchte hier auch nicht polemisieren, nur Folgendes zu bedenken geben:

Ein koma- oder wie auch immer saufender Jugendlicher kostet verschwindend wenig Geld im Vergleich zu den Unsummen, die auf anderem Wege unser Gesundheitssystem verlassen.

Wenn man das Selbstverschulden als Kriterium für einen Leistungsausschluss hernimmt, dann wird es in letzter Konsequenz schwer, eine Abgrenzung zu definieren. Ein Mensch, der aufgrund seines Zigarettenkonsums in Folge seiner chronischen Bronchitis dauerhaft beatmungspflichtig geworden ist, mit allen Konsequenzen, kostet die Versichertengemeinschaft fünfstellige Summen - pro Monat, nicht einmalig. Was unterscheidet ihn von dem jugendlichen Komasäufer, bei dem ein Borderline-Syndrom vielleicht nur noch nicht diagnostiziert wurde? Die Sucht? Warum hätte sie einen anderen Stellenwert und vor allem: Wer definiert diesen?

Ein Leistungsausschluss aufgrund eines selbstverschuldeten Zustandes öffnet die erste Tür zur Abschaffung der Solidargemeinschaft. Und in Zeiten von Schwarz-Gelb verursacht mir das Bauchschmerzen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass eine solche Neudefinition unseres Geundheitssystems wirklich mit Bedacht und Rücksicht auf die Schwächsten der Gemeinschaft geschehen wird.

creezy hat gesagt…

@pepa
der komasausfende jugendliche kostet aber nur solange wenig geld, wenn er denn tatsächlich nur zur „ausnüchterung“ in die klinik kommt. die, die es fast bis zur vollendung getrieben haben, liegen auch wochenlang auf der intensiven bis sie es denn dann doch nicht mehr schaffen. dann sind auch die nicht mehr „günstig“.

natürlich kosten suchtkranke oder andere menschen, die ihren körper maletrieren der solidargemeinschaft deutlich mehr geld. aber darum geht es mir nicht, ich will auch nicht das zweiklassensystem perfektionieren. es geht primär doch um abschreckung! es geht darum, so einem knirps einfach zu präsentieren, was dieser spaß sonst noch kostet, jenseits der 20 euro für die drei vodka-pullen. ihnen einfach mal die rechnung aufmachen. und das man diesen lustigen menschen vielleicht aufzeigt, welche gesundheitlichen schäden ein anderer davon tragen wird, der auch ein notfall war, aber nicht schneller behandelt werden konnte, weil das team damit beschäftigt war den jugendlichen vor dem endgültigen wachkoma zu bewahren bzw. die leber zu entgiften, um ihn zu retten.

es geht hier um eine art schocktherapie, und es geht darum, die jungen leute von dem zeug – zumindest von diesem highlevel-konsum wegzubringen. und ich denke sehr wohl, damit muss man möglichst früh beginnen, wenn man nämlich noch nicht zwangsläufig von sucht sprechen muss.

leider kommt ja von keinem der kritiker ein angemessener gegenvorschlag wie man dem problem auch herr werden kann. die kids fallen in der klinik auf, nicht in der anonymität der sonstigen discogänger – also in der allumfassenden gesellschaft.

also? ideen?

kelef hat gesagt…

es geht nicht um die eigentlichen kosten, die kann sich die allgemeinheit (noch) leisten.

aber mit sicherheit können die einzelnen personen sich nicht wirklich erinnern an das, was sie gemacht haben - sie schwimmen irgendwie irgendwo in dem sumpf des "irgendwer wird schon - muss ja". und alles, was genant ist, wird verdrängt: inkontinenz, rückwärtsessen, etc. in erinnerung bleibt nur ein teil des vorher: so und so viel ex getrunken, so und so viel mehr als die konkurrenz.

deshalb meine ich eben, ein entsprechender arbeitseinsatz an entsprechender stelle würde vielleicht doch einigen die augen öffnen. es ist ja eine sache, sich mutwillig zu betrinken im kreise der sogenannten guten freunde, die auch genügend trinken, und dann ist es eine ganz andere sache bei hellem sonnenlicht, ohne alkohol und stocknüchtern zu sehen, was da alles so vor sich geht, und den dreck dann auch wieder selber wegmachen müssen.

die kosten für die rettungs- und polizeieinsätze kassieren zu wollen ist grundsätzlich ja eigentlich selbstverständlich - wir haben ja auch rezeptgebühren, selbstbehalte etc., warum also nicht auch in selbstverschuldeten fällen kassieren? in vielen fällen wären aber die beträge uneintreibbar, oder die eltern zahlen damit die kindelein unbehelligt bleiben.

solange gerade den jungen nicht deutlich vor augen geführt wird, was da alles los ist - und zwar sehr deutlich, solange wird der nimbus des kavaliersdeliktes wohl am suff hängen bleiben.

Michael hat gesagt…

Ich bin nach wie vor entsetzt ob Deines von der Leyenschen Vorschlages (was natürlich keine Entschuldigung für den rüden Ton sein soll) - nur mit dem Totschlagargument 'Du hast ja keine Lösung" wird's auch nicht besser :-)

Was Du fordest ist die selbe Schnappsidee wie Schüler/Eltern dafür zahlen zu lassen/ zu bestrafen, dass Sie nicht mehr in die Schule gehen oder gar in 'Beugehaft' zu nehmen - der Erfolg wird genauso bei null sein wie diese tollen Ideen.

Was soll das bringen, jemanden der schon gestraft genug ist und seit Jahren deutliche gezeigt bekommt, welchen Stellenwert er in diesem Land hat noch einmal extra zu bestrafen und zu zeigen, was Sie diesem Land wert sind?

Der logik folgend müssen also Selbstmörder, die gerettet wurden Ihren Klinikaufenhalt auch bezahlen? Die Volldeppen, die sich ejdes Jahr im Winter alle Knochen aufs neue brechen, weil Sie nicht kapieren, das die meisten Skier für sie nicht geeignet sind sollen also auch bezahlen? Alle die zu dick und fett sind und unser System so dermaßen belasten und Unsummen kosten auch?

Und dann gibt es auf einmal mehr Windeln und Personal und das Problem, dass die Volksdroge Nummer eins der Alkohol ist hat sich dann auch von alleine gelöst?


Ein guter Anfang wäre vielleicht mal dringend seine Einstellung zu genau den Jugendlichen zu überdenken…

Anonym hat gesagt…

Was hier angesprochen wird, ist die Frage der Eigenverantwortung für Gesundheit und Nutzung von Ressourcen, die die Solidargemeinschaft bereitstellt. Ist ein schwieriges Thema und wird in den nächsten Jahren vermehrt bei Gesundheitsreformen diskutiert werden. Wer Zugang zu wissenschaftlichen Bibliotheken hat oder jemanden kennt, dem empfehle ich einen aktuellen Artikel in der Zeitschrift "Gesundheistwesen". Schmidt B. Der eigenverantwortliche Mensch. DOI: 10.1055/s-0029-1237740.

creezy hat gesagt…

@Michael
Du liest nicht was ich schreibe bzw. Du willst es auch nicht verstehen. Du diskutiert nicht, Du polemisierst. Meine Argumentation „komm doch mit eigenen Ideen“ war die Aufforderung zur Diskussion und kein Totschlagargument. Die Diskussion mit der Windel haben wir bereits weit hinter uns gelassen und ich habe Dir das erklärt! Entweder diskutierst Du sachlich und liest was in den weiteren Kommentaren steht und lässt Dich darauf in angemessener Form ein. Oder Du ignorierst das und blökst weiterhin nur überleidenschaftlich aber nicht dem Stand der Diskussion sachbezogen rum. Dann aber habe bitte Verständnis: das ist mir zu doof. Komm mal wieder runter, ja?

Die Kids über die Du die schützende Hand zu Recht halten willst, das sind die, die in der Ecke still schnüffeln, Crack rauchen und Pillen schmeißen – weil diese Drogen inzwischen deutlich billiger sind als zu saufen – und auch weil sie die viel länger und vor allem die geileren Visionen dem Hirn vorspielen. Diese Kinder landen aber auch nicht bevorzugt am Wochenende in der Notaufnahme. Und selbstverständlich wäre diesen Kindern mit einer derartigen Schocktherapaie nicht zu helfen, denn die brauchen ganz andere Fürsorge (!) (ich hoffe Du verzeihst mir dieses Wort bei meiner ach so beschissenen Einstellung zu Jugendlichen) und Unterstützung. Da brächte das rein gar nichts, denn sie würden danach wieder in ihre Perspektivlosigkeit entlassen – wo sie nicht hingehören. Kein Kind gehört da hin!

Ich rede hier nur von den Kids, die zu viel Taschengeld haben und sich über Gebühr langweilen und deshalb meinen, am Wochenende im Club sich teuer die Birne weg knallen zu müssen, weil das halt gerade cool ist und RTL II so schön die Kamera drauf hält.

@Kelef
Genau, es geht hier in der Hauptsache natürlich nicht um die Kosten. (Auch wenn man im Hinterkopf haben kann, dass wir uns über kurz oder lang als Gemeinschaft Spaßbehandlungen nicht mehr leisten werden können.)

Zum Krankentransport muss man sowieso zu zahlen, 10% der Transportkosten, bei manchen Kassen sind Kindertransporte aber befreit. Der Notarzteinsatz und Transport meiner Großmutter nach ihrem Suizid wurde uns schon vor Jahren in Rechnung gestellt.

Die Kinder später im nüchternen Zustand an den Ort des Geschehens zurück zu bringen und ihnen den Zugang zu der Situation aus einer anderen Perspektive zu ermöglichen, wäre sicher die beste Variante und ja, ich denke auch, dass man damit einen Teil von ihnen doch wach rütteln könnte. Ich habe mir überlegt, ob man solch einen Arbeitseinsatz nicht auch filmisch aufzubereiten sollte. Vermutlich bekommen sie aber mittlerweile multimediales Abschreckungsmaterial haufenweise gezeigt und sind längst übersättigt. Und sie sehen so einen Film in der Schule im Klassenverband, man kann dort sicher sein, dass sie sich eher über die bepisste Hose amüsieren als über den ernstzunehmenden gesundheitlichen Zustand des Protagonisten im „Lehrfilm“.

Steht die Fragen im Raum, wie wäre es überhaupt rechtlich möglich sie zu so einem „Schockeinsatz“ zu bringen? Solange sie (zum Glück) im Suff keine kriminellen Handlungen begangen haben, gibt es keine Instanz, die das wirksam anordnen könnte. Funktioniert das auf freiwilliger Basis? Und welches Krankenhaus würde sich das ernsthaft zumuten können/wollen auch als Therapeut zu fungieren (es ist auch rechtlich schwierig hinsichtlich der anderen Patienten).

Wenn man wenigstens diese jungen „Patienten“ nach so einem Ausfall dazu bringen könnte, sich in eine professionelle Behandlung zu begeben, um überhaupt über das Erlebte – wenn auch sicher in dem Zustand nicht Wahrgenommene – mit jemanden vom psychosozialen Fach sprechen zu können.

kelef hat gesagt…

@creezy: ich schreib ein wenig aus erfahrung. eine freundin von mir hatte zwei rauschgift/medikamentensüchtige kinder, und brachte sich nach ein paar jahren deswwegen um - so weit die kurzversion.

die kinder hingen mir dann noch eine weile an der kittelschürze, wollten quasi adoptiert werden "du warst ja die beste freundin von der mami, hast nicht ein paar schilling, ich bin auf turkey". klar gab es was zu essen, bis das mädchen, damals knappe 20, mit dem gesicht ins gulasch fiel und, hätte ich sie nicht an den haaren herausgezogen, darin erstickt wäre. meine tochter war damals acht, und sie sah das sehr wohl, und konnte es auch richtig zuordnen: sie schluckte runde zehn jahre lang keine tablette, die ihr nicht ein arzt DES VERTRAUENS gab, oder ich. sie kann sich auch noch sehr gut daran erinnern, dass das mädel einmal ein paar sedativa zurviel erwischte, ein paar tage schlief, und dann mit schweren decubitus-wunden an fersen und knien von mir ins krankenhaus geliefert wurde. das ist schon über ein vierteljahrhundert her, aber die erinnerung ist frisch, wir können beide die wunden genau beschreiben, und riechen auch noch den gestank toten fleisches.

einen film zu zeigen ist heute sinnlos, horrorfilme, fotomontagen, videospiele: da kann man so viel türken, so viel kaschieren und betonen, das nimmt keiner mehr ernst.

die olfaktorische, palpatorische, und unmittelbar visuelle schocktherapie hat sich, soweit ich noch up to date bin, bislang am besten bewährt, weil eben die unmittelbarkeit des erlebens des desasters zählt, die unglaubliche peinlichkeit und unappetitlichkeit, der kontrollverlust gesehen aus der perspektive dessen, der damit unmittelbar umgehen muss, der hingreifen muss, gebissen, getreten, angesch... und gepin... und gekotzt wird, die tränen, die raserei, das wimmern, die selbstverstümmelungen, die ganze palette des grauens.

@viele: wer konkret mitreden will, dem sei der besuch in entsprechenden einrichtungen wärmstens empfohlen, hilfe ist dort immer notwendig und erwünscht. btw. bekommt dann auch die geschichte mit den patienten, die ans bett "gefesselt" werden, oft eine völlig neue perspektive, so wie windeln, gitterbett, medikamentöse ruhigstellung etc.: gehet hin und staunet.

@michael: suchtkranke sind kranke. davon beisst die maus keinen faden ab. aber menschen mit diabetes typ I kommen auch so auf die welt, so wie bluter, mongoloide etc.

suchtkranken kann man, zum unterschied von manch anderen kranken, helfen, und das sollte man tun. darum geht es, nicht um schuldzuweisungen, schuldverdeckungen oder kosten. das sind lediglich mögliche hilfsmittel zur verdeutlichung, aber sonst auch schon gar nichts.

insbesondere junge menschen, die in einen teufelskreis geraten, neigen dazu die schuld bei anderen zu suchen. das hat ja den vorteil, dass man sich mit dem problem nicht beschäftigen muss, denn wenn andere schuld sind dann müssen die anderen auch was dagegen tun, man nimmt sich selbst aus der pflicht und wird noch darin bestätigt. so funktioniert es aber nicht. tun muss jeder einzelne selber was für sich, und die eigentliche frage creezys war ja, wie zeigt man den betroffenen den weg hinaus, wie führt man sie zur krankheitserkenntnis, und nicht wem schieben wir die schuld in die schuhe. denn nur, wenn der einzelne erkennt dass der weg den er geht auch weggabelungen aufweist hat er die möglichkeit, sich zu entscheiden.

das ist nicht nur bei exzessivem alkoholismus oder medikamentenbahängigkeit so, sondern auch bei allen anderen dingen. und, nebstbei, dass nicht der potentiell abhängige den händler sucht, sondern der händler die kundschaft, das ist, mit verlaub, auch schon ein alter hut.

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