2009-08-21

Die Franzosen … (2)

sind gar nicht so. Allenfalls ein bisschen extrem, beispielsweise wenn es um ihre Reinigungsmaterialien geht. Den Urlaub haben wir in einem dieser französischen Ferienhäuser verbracht. Ferienhäuser kann man der Einrichtung und dem Sauberkeitsgrad normalerweise nach zwei Kategorien einteilen. Kategorie 1 steht dabei für „Besitzer wohnen auch hier und da mal im Haus“, dann kann man im Allgemeinen von einer nutzbaren Einrichtung (Küche) als auch einem genießbaren Sauberkeitsgrad der Immobilie ausgehen (Ausnahmen bestätigen wieder die Regel, ich weiß). In der Kategorie 2 haben sich die Eigentümer längst aufgemacht und sind in eine komfortable neue Behausung umgezogen und vermieten nur noch, dann tun sich dem Urlauber gelegentlich die Tiefen der französischen Reinlichkeit auf. In unserem Fall war es ein ganz reizendes Bauernhaus, das ehemalige Elternhaus, dem ein Neubau an die Seite gestellt wurde, mit bonfortinöser Aussicht, viel innerer Holzverkleidung und allerhand rustikalem Schnickschnack. Genutzt nur noch von Feriengästen, also ganz klar der Kategorie 2 zugehörend. In meinem Schlafzimmer befand sich eine ungefähr 100 Jahre alte Teppichauslegware mit dementsprechend alten fiesen Flecken. Ich bin schon von recht rustikaler Natur, bilde ich mir zumindest ein, was gewisse Umstände anbelangt: in diesem Urlaub habe ich mir erstmalig in meinem Leben das Barfußlaufen abgewöhnt. Und ich will unbedingt Barfußlaufen im Urlaub, für mich bedeutet das Freiheit. Frei sein, war also nicht in diesem Urlaub in diesem Haus. Es war an manchen Stellen … schwierig. Die Küche indes war zu beherrschen, blendete man gewisse Ecken und Wände aus. Wo man losgelöst von alter Baufälligkeit und Abnutzung sauber sein konnte, war man das von Vermieterseite aus – der Rest wanderte zunächst in den Geschirrspüler, die anderen Räume wurden eh nicht genutzt. Das Bad dagegen hatte wenigstens eine getrennte Toilette, die war holzverschalt (will man ja auch nicht wirklich) und die Nasszelle selbst wurde auch vor 100 Jahren letztmalig mit Plastikfliesenimitat beklebt, die Ecken war hier und dort recht dunkel, schwarz zu nennen. Typischer französischer Charme eben. Die Toilette war klein (das ist eine viel geliebte hygienische Größe in Frankreich: klitzekleine Toiletten anzubieten und wenn man dann weiß, dass in vielen Bars in Frankreich noch das Gesetz der gemischten Toilettennutzung vorherrscht, dann können sich die geneigten Leser vorstellen, was so richtig lecker ist). Sehr gerne hätte ich einmal auf der Toilette sitzend ein Foto für meine Leser gemacht, wie nahe die Tür vor uns war, wenn man sie dann geschlossen hielt – also wie unglaublich sehr nahe. Aber dazu hätte ich fairerweise ein Weitwinkel benutzen müssen, denn anderenfalls hätte ich bei Euch einen direkten Anfall von Klaustrophobie ausgelöst. Für die Kamera mit Weitwinkel und einer Nutznießerin indes war aber kein Platz auf dem Klo. So klein! Ist man derer Personen recht viele und amüsiert man sich gemeinsam auf nur einer öffentlichen Örtlichkeit über einen bestimmten Zeitraum „x“, will man diese öfter gereinigt sehen. Und so kauften wir bei unserem ersten Einkauf natürlich Schwämme und Putzlappen, denn das ist auch eine besondere Eigenart von Ferienhäusern – man möchte die vorhandenen Reinigungsutensilien eher nur mit der Kneifzange anfassen und Kneifzange war ausverkauft. So griff ich mir eines Tages unerschrocken einen Reiniger, der im Haus in den Restbeständen vieler Reiniger von Vormietern auf seine finale Nutzung wartete. Äußerlich hatte der die Fähigkeit es mit unserem Dan Klorix aufzunehmen, sprach er doch von hygienischer Sauberkeit – auf Französisch, das versteht sich. Als ich dann anfing das Bad zu schrubben und einen kurzen Moment später überlegte, wie lange wohl eine hochgewachsene Frau es in einem so kleinen (unbelüfteten) Raum mit so einer herb-intensiv an Chlor angereichterten Geruchswolke es aushalten kann, ohne pulmonale als auch cerebrale unheilbare Schäden zu nehmen (alternativ überleben kann), war die Welt noch in Ordnung. Etwas später, als mir auffiel, dass der farbige Putzschwamm (Ihr kennt doch diese quadratischen IMMER farbechten Lappen?) im Waschbecken gelassen von seiner Farbe abließ, kam ich ins Überlegen und unkte noch zu mir, ich würde wohl gerade mit Rohreiniger die Örtlichkeit reinigen. Also las ich das Etikett vom Reiniger nochmals durch: er blieb dabei nur ein Reiniger sein zu wollen. Ich reinigte zu Ende, überlegte, ob ich mir wirklich einen so großen Gefallen tue mit dem Zeug ohne Handschuhe zu putzen und vertagte das Ergebnis auf 30 Minuten später: da wollte ich nachgucken, ob meine Hände noch dran sein. Unbeschädigt. Die reisende Begleitung lobt mich kurze Zeit später über die neue Reinlichkeit im Bad, die insbesondere am reinlichen Duft festgemacht wurde. „Ja“, dachte ich so bei mir im Stillen, „dieser Reiniger lässt ja auch nicht viel übrig vom Bad als nur Chlorgeruch.“ Andererseits, wirft man einen Blick auf den Schwamm nach ca. zehn Tagen und vielleicht vier, fünf Reinigungen: War doch gar nicht so schlimm, das Zeug.

3 comments:

Liisa hat gesagt…

Oh ja, die Franzosen haben ihre eigenen Maßstäbe für "Sauberkeit" oder vielleicht besser ausgedrückt, sie gehen wesentlich lockerer mit dem um, was wir Deutsche schon als unsauber oder dreckig bezeichnen würde. Ich erinnere mich da nur an meine Unterkunft während meines Provence-Urlaubs vor etlichen Jahren - es war zum Gruseln und das, obwohl die Besitzer zur Kategorie 1 gehörten. Ich hab mich quasi nur im Dunkeln - also tief in der Nacht ins Zimmer und Bett getraut, weil ich da nicht mehr den Zustand sehen konnte ... mit selber putzen ging da leider nix, da die Frau des Besitzers der Ansicht war, es sei doch alles bestens ... *urghs*

Bin froh, dass Ihre Hände noch dran und unbeschädigt sind, denn sonst könnten Sie ja nicht ihren grandiosen Urlaubsbericht schreiben und wir ihn nicht lesen! ;o)

creezy hat gesagt…

@Liisa
Ja, der Franzose und der Deutsche an sich putzt (und wohnt) deutlich anders. Insbesondere die Toiletten auf der Autobahn habe ich dieses Mal an ganz besondere Herausforderung empfunden (lag mit damals, dass ich früher im nachts bei wenig Betrieb und dieses Mal am Tag unter sehr viel Betrieb gefahren bin.)

Bin auch froh, dass die Hände noch dran sind. Ich vermute mit französischem Reiniger ist es wie mit französischem Wein, wird nach guter Lagerung noch besser! ,-)

fotoralf hat gesagt…

Wer französische Reiningungsmittel kennt, der weiß, warum die Franzosen für ihren Atommüll kein Endlager brauchen...

Ralf

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