2009-08-21

Artischocken – Artichaut



Im Urlaub hatten wir zwei Mal Artischocken, zubereitet in gelassener Arbeitsteilung. Artischocken sind ein Gemüse, dem habhaft zu werden, man sich erst einmal von einem „Profi“ zeigen lassen muss. Ich habe es einmal zu Hause versucht, selbst welche zuzubereiten, bin aber damals an dem Freilegen des Herzens gescheitert. So eine Artischocken-Connaisseurin hatte ich glücklicherweise im Urlaub und so gönnten wir uns am Anfang kleine junge Blüten und am Ende noch mal die großen. Die Küchenfee machte die Artischocken, schnitt die Blattspitzen professionell mit minimalem Scherenwerkzeug ab und gönnte den Blüten das lange Bad im heißen Wasser mit Salz und Zitrone – und hatte mich damit (endlich) in die Zubereitungsweise eingeweiht. Meine Zuständigkeit lag in der Zubereitung der frischen Aioli – wir kauften die Eier übrigens frisch vom Bauer gleich nebenan.



Dienstag war ich hier in Berlin auf dem heiß geliebten „Türken-Markt“ am Kotti und schlug beim Artischocken-Angebot zu, denn die begleitende Freundin merkte an, dass sie gar nicht wüsste, wie man diese zubereitet – und was liegt uns Kochbloggern näher als frisch erworbenes Fachwissen als auch mitgebrachten Muscadet mit Freunden zu teilen? Und so ruhten die Blüten in feuchte Tücher eingeschlagen im Gemüsefach bis zur gestrigen Verabredung zum Abendessen. Pünktlich (sie ist so talentiert zu ahnen, wann es Essen gibt) bevor die Artischocken gestern bei einem ersten Muscadet ins kochende Wasser verschwanden, rief Frau Antsche an, ob sie nicht vorbei kommen könne und über Nacht bleiben könnte (und Herrn Micha somit in Ruhe arbeiten lassen wollte). Sie konnte und wir warfen wenig später die heißen Artischocken in die schnell gepackte Tasche mit restlichem französischen Käse, Paté und Wurst, Sekt und Saft und Decke und legten uns bei mir in den (riesengroßen Hinterhof mit viel Baumbestand) auf den Rasen und ließen uns den kühler werdenden Wind über die Haut wehen und genossen so den Abend eines heißen Sommerabends mit viel Lachen, Geschichten und Harmonie – und perfekten ganz unkomplizierten Essen.



Was ein sehr schöner Abschluss war nach einem weniger schönen Arbeitstag. Insofern ein Tag mit schlussendlicher Schönheit, den mir das Leben jetzt nicht mehr rauben kann.

4 Kommentare:

generator hat gesagt…

Danke! Nicht nur für das fantastische Essen!
(Richtiggehend beglückend übrigens in solchen Nächten noch Radzufahren.)

Foxxi hat gesagt…

Also Artischocken sind großartig, das Auszuzeln der Blätter kann ich ja suchtartig betreiben.

(... das mit dem nächtlichen Radfahren kann ich bestätigen, ich wollte Gestern auch so gar nicht ankommen!)

Millus hat gesagt…

Artischoken sind echt lecker und fördern auch das Liebesleben (sehr nette Nebenwirkung).
Ich esse sie gerne im einfachen Zitronendressing(Zitrone/Salz und Öl). Blätter eintauchen und das weiche Ende essen...
lecker.
:)

fotoralf hat gesagt…

In einem meiner früheren Leben hab ich eine Weile in der Küche eines Restaurants in der Kölner Südstadt gewirkt. Das war in den späten 70ern, als die Feinheiten der franz. Lebensart hierzulande noch nicht so allgemein bekannt waren.

Bei der Gelegenheit habe ich eines Abends beobachten dürfen, wie eine ausgemacht arrogante Weibsperson, die nach eigenem lautstarkem Bekunden ach so bewandert in französischer Esskultur war, eine Artischocke bestellt und... gegessen hat. Komplett! Im Schweiße ihres Angesichts. Inklusive Gras.

Nur den Boden hat sie liegenlassen.

Ralf

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