Mein erstes Mal: Erbsensuppe
creezy war in Ernährungsfragen ein entspanntes Kind: selbstgekocht und halbwegs gesund sollte es sein. In den meisten Familien, die heute sich lieber von Cola und Tiefkühlpizza ernähren, würde creezy vermutlich eingegangen sein wie eine Primel. Ich mochte schon immer gutes Essen. Als ich geboren wurde und es langsam in die Richtung bisschen mehr Geschmack in der Nahrung ging, war meine Mum überglücklich, sich die damals sehr frisch auf dem Mark erschienende Babykost aus Gläsern leisten zu können. Bei meinem Bruder gab es das Zeug wohl noch nicht oder das Geld war nicht im Budget enthalten. Ich aber sollte es richtig gut haben.
Ich lieferte zum Dank indes eine grandiose Ernährungsstörung, die die Familie in den halben Wahnsinn trieb (was ich insofern sehr gut nachvollziehen kann, weil meine Mum ja direkt neben Schwiegermuttern wohnte und später als ich selber denken konnte, ist auch mir aufgefallen wie wenig meine Mum in ihren Augen als Mutter richtig machen konnte. Kurz meine Mutter hatte, neben ihren eigenen Sorgen bezüglich meines Zustandes, keine gute Zeit in dieser Zeit.) Irgendwann bat der Kinderarzt darum, man möge mich bitte mit selbstgekochten Kartoffeln- und Mohrrübenbrei und diesen leckeren Dingen versorgen. Und in der Tat, mir ging es alsbald wieder gut. Ich kann also mit Fug und Recht behaupten: mit Fertignahrung hatte ich es noch nie so.
In Würfel geschnittene Kartoffeln und Mohrrüben zusammen gekocht mit etwas zerlaufener Butter ist übrigens heute noch eines meiner Machtmichglücklichessen. Das muss ich auch immer haben, wenn ich krank bin. Ich war auch ein Kind, dass nie gerne Chips gegessen hatte. Außer die salzigen aber die sind mir erst viel später im Ausland begegnet, nämlich in Holland, dort habe ich auch überhaupt erst gelernt Pommes zu essen. Weil sie die dort mit Mayonnaise serviert haben. Wie es sie bei uns gab mit Ketchup hat mich als Kind nicht hinter dem Ofen vorgelockt. Die brauche ich auch bis heute nicht, höchstens mal selbstgemacht. Spaghetti? Langweilig. Das Schönste war immer Samstag auf dem Markt in Charlottenburg mit meinen Eltern zu gehen, dort gab es eine Imbissbude, die für uns Kinder einen extra kleinen Tisch und Stühle draußen stehen hatten – da gab es dann eine Wiener kleingeschnitten mit Tomatensauce. Das fand ich fein. Das war's aber auch schon mit meinen Ausflügen in die Fast-Food-Welt. Mein Glück, dass ich auch meinen ersten Burger «selbstgemacht» serviert bekam, denn die Ketten kamen erst später. Da wusste ich dann schon, dass diese Burger mit echten Burgern nichts, aber auch gar nichts zu tun haben. Das Zeug interessierte mich also auch nicht.
Womit man mich als Kind jahrelang jagen konnte, war Graubrot. Ich hab's nicht runterbekommen. Ich kann nicht mal sagen, mir schmeckte es nicht. Schlucken konnte ich es einfach nicht, weil es immer nur mehr wurde im Mund. Als ich im Kindergarten war, bestand dieser aus einer Holzbaracke neben einer Schule. Eine Toilette gab es nicht, wir wurden mehrmals am Tag eingesammelt und durften in der Gruppe 100 m hinüber gehen auf die Schultoiletten. Ich hatte jedes Mal mein Frühstücksbrot in den Backen und spuckte es dann in die Toilette. Dass das den Erziehern nie aufgefallen ist, verstehe ich bis heute nicht. Ich war das leiseste Kind beim Toilettengang – er musste nur schnell passieren. Mein Bruder indes konnte zum Beispiel kein Porree essen, konnte er wirklich nicht, ging er sich direkt mit der Schüssel besprechen. Da erinnere ich mich an wenig schöne Momente mit einem betrunkenen Vater, der das nicht akzeptieren wollte. Ich habe Porree geliebt und das sogar liebend gerne zerkocht aus dem Eintopf gefischt, bevor dieser fertig gestellt wurde. Fällt mir übrigens heute noch schwer, es nicht zu tun. Ich habe auch später – als dann die Brigitte-Diät bei uns einzog und mit ihr die gesunden grünen Salate, die in den 70igern ja erstmals nicht mehr nur aus Kopfsalat bestanden – mit Begeisterung grüne Salate gegessen. Wenn es nur Salat gab: ich war das glücklichste Kind am Abendtisch.
Das einzige warme Essen, was ich als Kind wirklich bewusst abgelehnt habe, was ich abgrundtief gehasst habe und bei dem mir anders wurde, wenn ich das nur riechen musste, war Erbsensuppe. Erbsensuppe war für mich die Geissel der Nahrungswelt. Linsensuppe mochte ich schon immer für mein Leben gerne und als Kind auch mit Essig und Zucker. Erbsen pur liebte ich auch. Aber Erbsensuppe? No way! Nur über meine Kinderleiche. Dabei gab es im Dreh einen Fleischer, wo Oma und Opa mit Vorliebe einen Teller Erbsensuppe aßen und ich ihnen dabei zugucken musste. Das war eine ehrliche Qual.
Bis dann – da war ich Mitte 20 – die neue Frau von meinem Onkel zu einem der Geburtsage Erbensuppe serviert hatte. Die habe ich probiert und von Stund an mochte ich sie essen. Allerdings muss ich sagen, ich habe sie bisher nie woanders gegessen. Aber diese Suppe meiner Tante, die schmeckte köstlich, selbst mit dem Eisbein (ich mag Eisbein aber dazu braucht es bei mir den richtigen Tag und die richtige Stunde) und sie servierte sie immer zu den Geburtstagen. Ab dem ersten Mal habe ich immer sehr deutlich gemacht, dass ich zwar auch wegen dem jeweiligen Geburtstagskind kommen würde. In der Hauptsache aber wegen der Erbsensuppe und eine Feier ohne indiskutabel wäre. Leider hatte Tantchen sich nie die Zeit genommen und das Rezept mal aufgeschrieben. Konnte sie wohl auch nicht, weil das eine Angelegenheit «nach Schnauze» war. Verstehe ich.
Nun habe ich schon seit einiger Zeit immer mal im Kopf gehabt, einmal in meinem Leben selber Erbsensuppe zu machen, in der Hoffnung sie halbwegs hinzubekommen. Des öfteren auch unbeteiligt schon nach Rezepten gegoogelt. Heute dann als bei Kaisers Eisbeine im Angebot in der Theke lagen, musste eins mit. Das kocht jetzt und duftet nach Lorrbeer, die Erbsen kochen auch und duften leicht modrig, wie Erbsen das nun mal so tun. Kasseler ist auch im Kühlschrank. Wie bei Tantchen.
Ich bin so etwas von gespannt! Das Rezept muss ich unbedingt wieder berlinern …
8 comments:
ja! erbsensuppe ist was feines. gab es immer bei oma in finnland. lecker.
allerdings esse ich das eisbein dann doch lieber zerlegt. wie es vorher aussieht, also im stadium zwischen kuh auf der weide und fleischwürfel im teller, brauch ich nicht unbedingt zu sehen.
jetzt müsste ich ihr blog in die gruppe der blogs mit unappetitlichen bildern verschieben :(
@the exit
Das gehört aber dazu. Zumindest wenn man Fleisch ist: das ist Qualitätskontrolle beim Kochen. Das muss ein Koch etragen können, wenn er gutes Essen auf den Tisch bringen will.
Aber ich mache mir da gar keine Sorgen, so eine Schublade haben Sie ja gar nicht. ,-)
eisbein kommt immer noch vom schwein...
eben. qualitätskontrole gehört dazu. auch bebildert. woher sollen denn sonst maggitütennutzer wissen wie anständiges essen aussieht?
aber gut zu wissen, das noch jemand anderes das graubrottrauma hatte...
ich wollte weiter oben «Fleisch isst» schreiben, nicht das wir hier Missverständnisse erzeugen.
Ich liebe Suppen und Eintöpfe!
Leider aber nich so gerne Erbsentopf.
:-(
1. Eisbein ist Schwein (wie schon bemerkt).
2. "Kuh auf der Weide" gibt es nur in Werbespots für Schokolade. Rindermast sieht anders aus.
3. Eisbein gehört noch zu den ästhetischen Grundprodukten. Schon mal gesehen was so in die Wurst kommt?
Fazit: Beispiel der Entfremdung von der Nahrungsmittelerzeugung. Der Industrie freut es.
Ach DAS ist nun das berüchtigte Eisbeinfoto. Na ja, das sieht doch sehr harmlos und geradezu appetitlich aus - in gekocht sieht das viel unangenehmer aus, Herr Exit. Haben Sie sich vor lauter Entrüstung gleich mal den Anzug auf Ihrem Foto angezogen, um Ihre innere Distanz zum Fleisch-Content zum Ausdruck zu bringen?
Ich glaube, Frau Creezy, das wird eine vollgültige Tanten-Erbsensuppe! Zumal ich mir nicht vorstellen kann, dass in Ihrer kleinen Gourmetküche irgendetwas nicht schmackhaft gelingt!
@elsa
Wenn Dich da eine versteht, dann ich ja nun erst mal ,-)
@anonym
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@indica
Das Eisbeinfoto ist doch wohl trivial, nicht wahr? Der Herr Exit hat sich aber auch manchmal – aber essen mag er's. ,-)
Die Suppe ist geschmacklich gut, alleine an der Sämigkeit muss ich noch arbeiten.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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