The day after …
nach dem Free Burma!-Day teilen sich die Blogs heute in drei Lager: die, die gestern nicht an der Aktion teilgenommen haben, nehmen auch heute nicht an der abschließenden Diskussion teil. Das ist konsequent. Die, die gestern daran teilgenommen haben, posten heute wieder wie gehabt oder reissen die Aktion noch mal in Zahlen, Links und medialem Feedback runter, ersteres ist okay, zweiteres informativ (wenn man es nicht zum vierten Mal lesen muß). Dann gibt es die, die im Vorfeld sich nicht geäußert haben, gestern nicht an der Aktion teilgenommen haben aber dafür gestern als auch heute ihre Häme über die Blogger abwerfen, die sich die Freiheit heraus genommen haben, ihre Solidarität zu zeigen. Das finde ich bedauerlich.
Ja, es simpel für einen Tag einen Banner ins Blog zu stellen und sich für den Rest des Tages blogfrei zu geben. Und natürlich fällt deswegen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit keiner der Führer des Militärregimes von seiner Überzeugung ab.
Bei der gestrigen Aktion ging es aber nicht um physischen, finanziellen oder sonstigen materiellen Einsatz, sondern um das bewusste Zeigen von Solidarität. Um mehr nicht. Jeder, der etwas anderes hinein interpretiert hat, liegt falsch. Es ging ausschließlich darum in einem großen Kollektiv den Menschen in Burma zu signalisieren: «Sehr her, wir sehen und nehmen wahr, was dort mit Euch passiert und wir sind nicht einverstanden damit.»
Mehr ist momentan auch nicht angzeigt. Zu erwarten, wir hätten von hier auf jetzt mit der Aktion vor Ort eine Veränderung bewegt, das wäre sehr blauäugig gewesen. Und es ist interessant zu sehen, dass die, die diese Blogaktion jetzt kritisieren und uns genau diese Naivität vorhalten, offensichtlich mit der gleichen Blauäugigkeit glauben, uns wäre das nicht bewußt gewesen.
Aber wir haben Solidarität gezeigt und die kann man auf sehr viele Arten und Wege zeigen. Dies in Blogs zu tun, ist nur eine von sehr vielen Möglichkeiten. Und all denen (den meisten dieser nun so zynischen Bloggern persönlich unbekannten) Leuten im Vorfeld zu unterstellen, für sie wäre damit ihr persönlicher Aktionsradius hinsichtlich ihrer politischen oder sozialen Burma-Aktivitäten ausgeschöpft, ist mir eine Nummer zu billig (im übrigen auch wenig logisch vertretbar).
Solidarität ist möglichweise nichts, was der geprüfte kritische bloggende Einzelkämpfer kennen mag. Aber Solidarität bedeutet Gemeinschaftsgefühl und Solidarität erzeugt immer Motivation. Solidarität für die Menschen in Burma zu zeigen, bedeutet nicht anderes als zu demonstrieren: «Wir sehen Euch kämpfen und wir sind mit unseren Gefühlen bei Euch und wir hoffen mit Euch, wir glauben an Euch.» Das kann man tun aus einem Land heraus, dessen demokratischer Standard es einem erlaubt für die eigenen Ziele auf die Straße gehen zu können, ohne Angst haben zu müssen über den Haufen geschossen zu werden. Und wenn man es nicht tun mag, dann sollte man sich kritische Hähme schenken.
Ich habe mich selber mit dieser Aktion im Vorfeld sehr schwer getan, das habe ich auch in den Kommentaren anderer Blogs kommuniziert. Dann habe ich die Kommentare der anderen gelesen und habe mich überzeugen lassen, gestern bei dem Free Burma!-Day mitzumachen. Aber, um mich selber aus einem Kommentar zu zitieren:
Glaube ich daran, dass wegen dem Free Burma!-Day auch nur ein Mensch dort nicht den Tod findet oder verletzt wird? Nein. Hoffe ich, dass wegen dem Free Burma!-Day auch nur ein Mensch dort nicht den Tod findet oder verletzt wird? Ja. Vielleicht hört nur einer der Aktiven vor Ort von dieser Aktion, es zaubert ein Lächeln in sein Gesicht und bestärkt ihm in dem was er tut. Dann war es das wert. Schlimmstenfalls zolle ich damit den Leuten Respekt, die sich in den letzten Tage für diese Aktion den Wolf organisiert haben. Das tut mir nicht weh. Ist es aber viel zu wenig? Ja.
Das was wir gestern getan haben, war nicht mehr als eine virtuelle Demonstration, meinethalben die Demo 2.0. Muss ich stolz darauf sein, demonstriert zu haben, ohne dabei den Arsch aus der Wohnung bewegt zu haben? Nein, ganz ehrlich, mir reicht es nicht. Aber im Moment kann ich nicht mehr tun. Außer eben Solidarität zu zeigen.
Reicht es aber Kritik anzubringen? Sofern man sie als Grundlage für seine Entwicklung und eigene anderweitige Aktivitäten nutzt, also konstruktiv, ja immer. Aber zynische Kritik anzubringen? Und so bequem und faul dabei nicht einmal eine eigene Gegenlösung anzubieten? Ja, Leute geht es noch etwas destruktiver? Und bevor Ihr Euch so armselig selber in der Öffentlichkeit positioniert, tut mir den Gefallen, dann haltet Eure Bloggerklappe. Das steht Euch so gar nicht gut zu Gesicht.
Ich glaube an die Macht von Solidarität. Sie hat mir vorgestern das große Geschenk gemacht, auf mein Land gucken zu können, das Jahrzehnte lang geteilt war und das diesen einen Tag der Einheit feiern durfte. Also kommt mir nicht mit Eurem «bringt doch eh nix.» Es gab und es gibt immer und weltweit Beweise dafür, dass Solidarität sehr wohl etwas bringt.
Gerade in der jüngsten weltpolitischen Geschichte gibt es viele kleine und große Beispiele dafür, wie Menschen von ganz unten nach oben Veränderungen bewirken können. Bleibt mir also vom Leibe mit Eurem plakativen strunzdummen Pessimismus!
7 comments:
Ich hab irgendwann aufgehört die Kommentare, die sich gegen oder für die Aktion ausgesprochen haben zu lesen, weil ich mich echt aufgeregt und geärgert habe, was letztlich nur mir selbst schadet und die entsprechenden Leute nicht trifft. Grundsätzlich denke ich, dass jeder selbst entscheiden muss und darf, ob er bei einer solchen o.ä. Aktion mitmacht oder nicht und diese Entscheidung sollte beiderseits akzeptiert werden. Wenn ich aber anfange, dem anderen wer weiß was für Motive oder Eigenschaften zuzuschreiben nur weil er mitmacht oder nicht mitmacht, hört der Spaß bei mir auf. Zumal die Argumentation auf Seiten der Gegner bis auf wenige Teilaspekte schlicht absurd war/ist. Wie gesagt, ich habe kein Problem damit, wenn eine solche Aktion diskutiert wird aber wenn diese Diskussion dann in persönliche Angriffe und Beleidigungen etc. ausartet, ist Sense. Ich habe jedenfalls bei vielem, was ich in den letzten Tagen in Blogs und Kommentaren zu dieser Thematik gelesen habe gedacht "sooo typisch Deutsch!"
4. Gruppe: Vorher Maul aufgerissen, sich nicht an der Aktion beteiligt und heute wieder das Maul aufreißen
Es gibt immer wieder Erzählungen und Berichte von Menschen, die in Unterdrückung und unvorstellbarer Grausamkeit lebten, die versichern, dass es ihnen wichtig ist zu wissen, dass "die Welt" sie nicht vergessen hat. Dass es auch weiterhin Menschen gibt, die sich für sie einsetzen und denen es nicht egal ist, was mit anderen Menschen passiert.
Sich einzusetzen und Solidarität zu zeigen ist das Wenigste, was wir tun können. Leider können wir uns nie für alle Menschen auf der Welt einsetzen, denen es schlecht geht. Aber wir können uns selbst aus der Trägheit reißen und uns immer wieder aufraffen, an einzelnen Aktionen mitzumachen.
ich habs verpasst aber hätte auch mitgemacht. das muß aber jeder selber wissen und ich finde nicht das es ein grund ist sich zu streiten.
die friedliebenden mönche in burma würden sich sicher darüber amysieren, wenn sie internet frei benutzen könnten...
Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt, will heißen, meiner Meinung nach zählt jede Solidarität und sei das Zeichen noch so klein.
Und wenn auch viele Illusionen in meinen inzwischen 45 Lebenjahren baden gegangen sind, manchmal wird auch mit kleinen Schritten eine große Veränderung eingeleitet und "bestraft" wird nur der, der nichts versucht
@liisa
Ja, das können wir Deutschen gut, auf die Arbeit eines anderen gucken und nur verbal boshaft drauf einprügeln.
@gorillaschnitzel
Ja stimmt, die Bremser, Grummelgrisgrams, sich 2x unproduktiv mit dem Thema-Auseiandersetzer ;-)
@claudia
Das hast Du sehr, sehr schön geschrieben. Daran glaube ich auch. Mir war selber im Vorfeld gar nicht bewusst, welche Macht Internet und Blogs hierin heutzutage wirklich haben. Und dass sich die Nachricht vor Ort, das Menschen weltweit an sie glauben, eben doch viel besser verbreiten können.
@frau echse
Nun, echter Streit ist das nicht. Im realen Leben, ohne Anonymität hätte es viele Aussagen nicht gegeben, vermutlich. Ich weiß eigentlich, ob sich die Mönche amüsieren würden. Sie würden es wohl eher zur Kenntnis nehmen und sich wundern.
@Sabine
Danke. Genau. Und ich verstehe nicht, warum gerade Deutsche dem gegenüber so hypernegativ gegenüber stehen? Wir haben hier genau die Erfahrung am eigenen Leib zum Guten gemacht.
Sie sprechen wahr, Frau creezy.
Kommentar veröffentlichen
Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
Kommentar veröffentlichen