2015-06-15

Mein Analog-Toaster



Als ich das letzte Mal (es ist viel zu lange her) Urlaub in den wunderschönen Cevennes in Südfrankreich machte, buk meine Ex-Stiefschwiegermutter in spe, U., (es ist ganz einfach: die zweite Frau des Vaters meines Ex-Freundes) auf einem kleinen viereckigen Grill mit Handgriff, den ich vorher so noch nie gesehen hatte, das Baguette auf. Ratzfatz. Und das Brot war wie neu, sehr lecker und knusprig. Ich war begeistert.

Der Grillé de pain, die Urform des Toasters, ist ein viereckiges Metallgitter heute mit einem Unterboden aus Metall (die Ur-Form hatten den den Unterboden noch nicht und ließ noch echte Flamme an das Brot), das man – in Frankreich sind Gasherde sehr viel üblicher als hierzulande – auf die Flamme vom Gasherd legt und ratzfatz ist das Brot perfekt getoastet. Die Urform, die U. besaß, erzählt sie selbst, hätten sie irgendwann einmal beim Trödler gefunden.

Leider findet man diese Geräte heute kaum noch in den französischen Läden. Ich habe mich damals online dumm und dämlich gesucht, denn ich fand dieses Küchengerät höchst praktisch und wollte es gerne haben. Allerdings: damals hatte ich selber noch einen Gasherd in der Wohnung und ich wollte mir ein Stück französisches Flair in die Wohnung holen.



Gefunden habe ich es bei Coledampf's in der Uhlandstraße und konnte nicht umhin mir den Röster für eine wirkliches unverschämtes Heidengeld (man hättet dafür auch ganze elektrische Toaster bekommen) zu gönnen. Nach dem Umzug verschwand mein analoger Toaster erst einmal im Schrank mit der Überlegung ihn Freunden zu schenken, die einen Gasherd besitzen. Denen ich dann aber doch nicht zutraute die gleiche Liebe und Leidenschaft für meinen Toaster zu empfinden, wie ich es halt tue.

Gestern fiel er mir in die Hände und da dachte ich, ich könnte ihn ja mal auf dem Ceran-Feld ausprobieren. Und siehe da: es geht. Natürlich ist es ein ökologisches NoGo dafür einen E-Herd anzuwerfen (obwohl das Rösten wirklich sehr schnell vonstatten geht) und aktive Rauchmelder sollte man vielleicht auch nicht in der Küche haben. Das Ergebnis jedoch zählt: knuspriges geröstetes Brot im Handumdrehen. Ein Stückchen Frankreich à la maison berlinoise.

Prima Röstaromen kann mein analoger Toaster auch:

2015-06-14

Übrigens …

… Sie sind bzw. Ihr seid alle wirklich tolle Menschen. Vergesst mir das bitte nicht – auch wenn Euch manchmal Menschen etwas anderes glauben machen wollen. Ihr seid die Tollsten!

Warteschlangenasozialität

Gestern, ein hochsommerlicher Samstag mit Aussicht auf Temperaturen nahe der 30 Grad Grenze, gönnte ich mir zum Wochenende die guten Erdbeeren vom Erdbeerhäuschen. So ein Häuschen steht in Fußbweite meiner Dockingstation, ich lebe hier, ich kann es nicht oft genug betonen, in einer Komfortzone. Diese Erdbeerverkaufquelle ist generell gut frequentiert, länger als bis 15 Uhr hat sie ihre Klappfenster selten geöffnet, dann ist die Tagesration ausverkauft. Schon als ich gestern gegen halb elf Uhr los fuhr, um einige Besorgungen zu machen, sah ich vor dem Häuschen eine kleine Warteschlange. Also alles wie immer.

Nicht ganze zwei Stunden später kehrte ich zurück und stellte mich in die kleine Schlange an. Kleine Schlange heißt knappe sechs Leute vor mir. Das ist also nichts. Diese Menge Mensch ist normalerweise in vier Minuten abgearbeitet, hoch geschätzt. Die Frau, deren Alter ich auf Ende 50, Anfang 60 schätzte, hatte ob der Wärme – und vermutlich Verkaufstätigkeit seit dem Morgen ohne Pause – einen hochroten Kopf. Sie wirkte so, als hätte sie ihre persönliche erste Grenze des Tages ob der Wetterumstände bereits erreicht. Und – wer könnte ihr das verdenken?

Als ich mich in die Schlange stellte, ging es zunächst nicht weiter mit dieser. Aus einem ganz einfachen Grund. Die Verkäuferin im Häuschen musste das betreiben, was man im Ladenbetrieb als Regalpflege bezeichnet, hier: die leeren grünen Umverpackungen zusammen räumen und weg stapeln. Der Platz in diesen Häuschen ist begrenzt. Und sie musste dementsprechend neue Umverpackungen mit Erdbeerkörbchen in der Auslage aufbauen. Das dauerte halt seinen Moment und – zumindest mir – war die Notwendigkeit dieser Pause bewusst, die mitnichten und für alle sichtbar keinesfalls bedeutete, die Frau würde eine Pause machen.

Das sah das Arschloch-Paar, das vor mir stand ganz anders. Vorneweg der Arschloch-Mann, frisch geduscht in kurzen Hosen, der im späteren Verlauf bei seinen zynischen Bemerkungen seine Frau und das noch vor ihnen stehende Paar mit einlullte und offensichtlich auch deren Zynismus erweckte. Man war sich also in vergleichsweise hochwertiger Klamotte – und offensichtlich ohne der Notwendigkeit im gleichen Alter wie diese Frau (also kurz vor oder knapp nach Renteneintritt) an einem Samstag in brütender Hitze arbeiten zu müssen – darin einig sich genötigt zu sehen, sich bissig, asozial, hetzend, ätzend und schlussendlich sexistisch über diese hart arbeitende Frau zu ereifern. Weil man fünf Minuten bei schönstem Wetter an einem wundervollen Tag in einer kurzen Schlange stehen musste.

Ich habe natürlich keine Ahnung, wie lange dieser Mann unter gleichen Arbeitsbedingungen in diesem Häuschen ausgehalten hätte. Vermutlich keine halbe Stunde. Und selbst danach hätte er wahrscheinlich noch drei Tage lang erzählt, war er doch für ein toller Hecht sei und was das für ein einfacher Job sei und im Grunde es eine Frechheit sei, dass „solche” Leute nun auch noch ganze 8,50 Euro die Stunde erhalten. Dies ist natürlich nur eine Unterstellung; aber die Bewahrheitung, so lehrt mich meine Erfahrung mit solchen Menschen, eine Routine.

Lange Rede, kurzer Sinn. Es war gestern ein wunderschöner sonniger Tag, die Luft roch sommerlich, die Menschen hatten gute Laune, es gab überhaupt keinen Grund sich beim Kauf eines Kilos Erdbeeren über irgendetwas aufzuregen. Bis dieser Depp sein unqualifiziertes Maul aufmachte.

Und: es sind immer Männer, die, wenn sie mal ihrem Gefühl nach eine Sekunde zu lange irgendwo anstehen müssen, der Meinung sind das teilweise sehr unflätig kommentieren zu müssen und damit allen Umstehenden ungefragt die Luft verpesten - und dann gerne ausfallend und oft sexistisch sich den – meist Kassiererinnen – verbal annähern wollen.

Lasst es bitte sein! Es nervt!

Ich habe es schon zu oft mit anhören müssen. Ich verstehe auch den Sinn nicht. Sollte dieser Sinn sein, dass ich etwa einen wie ein Kleinkind hinter mir nölenden erwachsenen Mann vorlasse? Dann vergesst es. Schon aus Prinzip nicht. Und für den Rest gilt: Ihr verpestet bloß die Luft. Eure Probleme interessieren mich nicht. Sie sind auch gar keine, man nennt das ganz simpel: Alltag. Und niemand ist ein Held, der den Alltag an einem Erdbeerhäuschen oder Supermarktkasse nicht aushalten kann. Es macht Euch nicht attraktiv, es macht Euch nicht sexy. Das Einzige, was man empfindet, ist Ekel.

2015-06-11

Mit Ende 40 einen neuen Job suchen …

»In einem der Vorstellungsgespräche ließ ich meine Internetbewohnerschaft fallen und sah an den entgeisterten Mienen der Gesprächspartnerinnen, dass sie in Verbindung mit meinem grauen Haarschopf bereits von mittelgutem Umgang mit der Serienbrieffunktion von Word beeindruckt gewesen wären.«

Die Kaltmamsell, die ich persönlich für eine der souveränsten, loyalsten, klügsten und herzlichsten im Internet aktivsten Frauen halte, schreibt über 18 Monate Jobsuche – als hoch qualifizierte Frau jenseits der 40.

»Dass jemand in meinem Alter Sehnsucht nach Neuem hat, auf einer neuen Stelle noch ganz viel lernen möchte, ist trotz allem Gekrähe über “Lebenslanges Lernen” eher nicht vorgesehen.«

2015-06-10

Pretty little things to eat

Dass zur Zeit da draußen bei den Händlern entzückendes faustdick nach Saison schmeckendes Obst und Gemüse rumliegt, um Euch zu verführen, muss ich Euch ja nicht erst erzählen. Die letzte Woche, die in Berlin schon gut warm ausgefallen ist, hat mir so leichte – und vor allem fern vom Herd zuzubereitende – Dinge auf den Menü-Teller geschmuggelt wie Melonen-Schafskäse-Salat oder ein Glasnudelsalt mit Mango- und Gureknstreifen, Hühnerbrust (kurz gekocht, während ich auf dem Balkon war, also fern vom Herd), Erdnüssen und einem Limetten-Chili-Dressing.


(Foto schlampig wegen Hunger.)

Diesen Melonen Schafskäse-Salat kann ich im Sommer ständig essen. Zum Frühstück, Mittagessen, Abendessen. Es gibt de facto keinen Grund für mich, den nicht zu essen. Gestern – als ich schon wieder in den Startlöchern zum Salat stand – fiel mein Blick auf die Weinbergpfirsiche, die gut gereift sind und ich schnibbelte diese zur Melone. Dann fiel mir ein, dass ich ja noch etwas vom Limetten-Chili-Dressing im Kühlschrank hatte und beschied mir einen leicht scharfen knackigen asiatisch angehauchten Obstsalat zuzubereiten. Ich zupfte noch etwas Koriander hinzu und wertete dieses später, weil es alleine etwas verloren schmeckte, mit ganz wenig frische Minze (wirklich nur ein großes Blatt) auf.

Kurz: anders – aber lecker. In die gleiche Mischung wanderte am Abend noch mal Schafskäse. Das war dann perfekt!


Zutaten

2 Limetten, davon den ausgepressten Saft
8 EL Reisessig
1 El Mirin
1 EL Fischsauce
1 Stück Ingwer (2-3 cm) gerieben
1 El Rohrzucker
1 rote Chilischote in kleine Würfel geschnitten (wenn richtig Schärfe gewünscht ist mit allen Kernen)
Salz, Pfeffer

Wassermelone (oder whatever für Melonen dem Geschmack entsprechen)
Weinberg- (Plattpfirsische)
einige Blätter Koriander (wer's mag, ich weiß am Koriander scheiden sich die Geschmäcker)
1-2 Blätter frische Minze.


Zubereitung

Für die Vinaigrette lle Zutaten mischen und verrühren. Etwas stehen lassen. Diese Portion reicht für mehrere Salate und hält sich prima eine Weile im Kühlschrank.

Das Obst in Würfel schneiden, den Koriander zupfen, die Minze in feine Streifen schneiden! (Don't miss the very important Deko-Minze!!!)
Mischen, Dressing darüber geben, mischen, anrichten, essen.

Ich mochte das sehr. Rate aber zur Vorsicht beim Koriander, denn er schmeckt für europäischen Gaumen schon besonders gewöhnungsbedürftig in dieser Kombination.


2015-06-07

Produktempfehlung: Zap-it!



Ungefähr drei Jahre ist es her, da hatte mir Mela im Rahmen einer geschlossenen Frauen-Twitter-Mückenstich-Klage-Tweetrunde (Frauen twittern viel öfter im Sommer über Mückenstiche als Männer und deutlich mehr über Mückenstiche als über Sommersandalen und zwar aus stichhaltigen Gründen) Zap-it! empfohlen. Ich habe mir das angeguckt, fand das irgendwie lustig aber als Produkt, um es online zu bestellen zu günstig, weil die Versandkosten die Hälfte des Kaufpreise ausmachen sollten. Da sträubt es sich immer ein wenig in mir.

Einige Monate später fand ich Zap-it! tatsächlich in einer niedergelassenen Apotheke (hier DocMorris), herkömmliche Apotheken kennen das Produkt meist leider nicht und kaufte ein. Seit dem kratzen mich Mückenstiche nicht mehr. Nicht mehr wirklich.

Zap it! hat zwei kleine Kontakte, die, wenn man den Schalter bedient einen minimalen Stromstoß senden. Vom Gefühl ist gibt das einen kleinen Pieks, eher lustig als unangenehm. Wenn man nun einen Mückenstich sein eigen nennen darf, dann setzt man die Kontakte auf die Hautfläche und – so handhabe ich das – setzt drei Mal um den Stich herum einen „Zapper” – und gut ist es. (Der Anbieter meint, man solle ca. 5 Mal direkt auf den Mückenstich den Stromstoß setzen.) Tatsächlich sorgen die Stromstöße dafür, dass das um den Stich vom Körper zur Abwehr gebildete Histamin nicht weiter im Körper verbreitet. Das ist ursächlich für den Juckreiz.

Bei einem normalen Mückenstich muss ich das genau einmal machen und habe ab der Sekunde Ruhe. Bei diesen fieseren Mückenstichen, die einen auch schon mal drei Wochen lang ärgern können (die Franzosen haben da superfiese Mücken), setze ich 1-3 Tage lang ein bis zwei Mal täglich einen Stoß beziehungsweise immer dann, wenn es juckt. Ruhe.

Bei mir wirkt es 100%ig gut. Bisher habe ich nur eine Stimme vernommen, die meinte, Zap-it! würde bei ihr nicht wirken. Alle anderen, die es probiert haben, waren überzeugt.

Das kleine Teil passt prima in jede Hand- oder Kosmetiktasche und kommt mit Anschluss für's Schlüsselbund. 1000 Mal soll man damit „zappen” können (es hat keine Batterie), ich habe mein Zap-it! jetzt seit drei Jahren in Gebrauch und er tut es immer noch prima. Die Entladung dauert 10 Mikrosekunden Die Stromentladung ist sehr schwach. Wir reden hier von einer Spannung beim Entladen von 13 kV (Amp: 0,7 mA). Herzschrittmacher-Besitzer und Epileptiker sollten allerdings von der Benutzung Abstand nehmen. Kids sollten es erst ab einem Alter von vier Jahren nutzen.



Neulich habe ich gesehen, dass der (vermutlich auch böse) blaue Konkurrent (irgendwas mit T am Anfang) zum bösen roten Konkurrent mit den drei Buchstaben die „Zap-it!” an der Kasse stehen hat für lächerliche drei Euronen. Das sind mal knapp als 60 % weniger als ich damals noch für meinen Ersten bezahlt habe.

Wie gesagt, mich kratzen Mückenstich nicht mehr. Ich bin von dem Teil mehr als einhundertprozentig überzeugt und bin Mela sehr sehr dankbar für ihren damaligen Tipp. Ich habe mir nun noch einen gekauft, der am Bett liegen darf im Sommer. Der andere hängt in der Tasche ab. Keine Salbe mehr, die man bei fiesen Stichen wirklich oft auftragen muss, kein Salbengeruch oder -geklebe, kein in der Nacht trotz Salbe immer wieder wach werden, keine offenen Stellen. Die meisten Mückenstich vergesse ich nach der ersten Behandlung.

Das Ding wird natürlich online kritisch diskutiert, dabei gerne in die Eso-Ecke gedrängt (wobei ich das genau eigentlich nicht begreife, denn die Volleigenblut-Esoteriker, die ich so kenne, meiden ja den Strom wie der Teufel das Weihwasser). Ich kann Euch nur den Tipp geben: ausprobieren! Kostet jetzt nicht mehr die Welt, kann aber viel nervige Auseinandersetzung mit Stichen ersparen!

2015-06-02

Haircut-Tuesday

Geneigte ältere Leser dieser Blogs werden wissen: ich mag nicht zum Friseur gehen. Einen neuen Haarschnitt zu bekommen, das hat in meiner Welt nichts mit Wellness und Wohlfühlmomenten zu tun. Im Gegenteil. Mir zum großen Teil eher unsympathische Menschen waschen, zerren und fummeln an mir herum. Riesenspiegel haben nichts Besseres zu tun als mir jede meiner großen Pore der Haut aufdringlich auf die visuelle Stulle zu schmieren. Aufdringliches Licht mit dem Gemeinheitspotential eines Dieter Bohlen auf der Castingjurybank in Höchstform brennt jede Falte noch tiefer als sie sich schon natürlich angeordnet hat, Halsfalten stulpen sich über zu eng gebundene Friseurumhänge. Dazu spielt Musik, üblicherweise 20 % Rhianna und 80 % lauter Rhianna-Wannabes, die ich mir im Leben nicht auf eines meiner musikabspielenden Geräte kopieren würde, weil sie in mir prompt den Wunsch erweckt weit weg rennen zu wollen. Und wenn es richtig hart läuft, dann will der Friseur mir auch noch ein Gespräch aufzwingen – zusätzlich zu den Gesprächen, die rechts und links meines unbequemen Stuhls bereits stattfinden.

Friseur-Besuche sind für mich eine Qual, erwähnte ich das?

Ein Himmelsgeschenk sind für mich daher diese Cut'n Go-Schnippsler. Ich sehe darin persönlich nur Vorteile, ich kann da hingehen, wenn mein Nervenkostüm sagt, heute ist ein guter Tag – ohne Wochen vorher einen Termin zu machen, was bei mir ungefähr solche Zustände auslöst wie bei anderen Menschen das Wissen „in drei Wochen einen Zahnarztermin mit Wurzelbehandlung zu haben.” So warte ich normalerweise nicht länger als 30 Minuten. Wenn überhaupt, meistens sind es nur fünf Minuten. Das liegt natürlich mit daran, dass ich vormittags hingehen kann, wenn nichts los ist. Und deswegen bin ich meist binnen 40 Minuten wieder raus aus dem Laden. Damit kann ich umgehen.

Cut'n Go-Friseure sehen sich selten genötigt zu ihren Kunden eine persönliche Bindung aufzubauen. „Ich Geld, Du Schnitt” – das ist die einfache Maxime, die uns davor schützt tiefgreifende Gespräche über Wetter, Kinder, Politik und sonstige lustige Alltagsthemen führen zu müssen: I like it!

Wie oft habe ich bei einem Termin-Friseur solche Unmengen an Geld gelassen und war hinterher wochenlang tief unglücklich mit meiner Frisur? Unzählige Male. Und was für irrwitzige Summen! Beim Cut'n Go-Friseur habe ich es nicht mit überambitionierten „Hairstyledresserartisten” zu tun, die nicht hinhören, wenn ich ihnen etwas zu meinen Haaren sage, weil sie der Meinung sind aufgrund ihrer Profession eh alles besser zu wissen als ich, die immerhin mit dieser Mähne seit knapp 50 Jahren auf diesem Planeten weilt und sich davon ca. 35 Jahre intensiv mit deren Gestaltung (aka Bändigung) auseinander setzen muss. Der Cut'n Go-Friseur ist nicht überambitioniert. Für 12,— Euro gibt es einen Schnitt und gut ist es. Früher musste man sich ja immer noch die Haare föhnen lassen – oh, wie ich das gehasst habe, physisch und hinterher visuell.

Um dann nach Hause zu gehen und als erste Handlung den Kopf wieder unter den Wasserhahn zu halten. Jetzt wird geschnitten und ich föhne. Oder föhne nicht und lasse im Sommer den Fahrtwind vom Rad den Rest gestalten. Das ist so entspannend!

Ja, im Grunde sind das dort Ausbeuterpreise. Andererseits muss man sagen, sind es auch faire Preise, denn viele Kunden sitzen mit ihrer Haarlänge keine zehn Minuten auf dem Stuhl. Und warum sollen Leute mit Minimalschnitt irrsinnige Geldsummen beim Friseur lassen? Ich halte es so, dass ich grundsätzlich mindestens 5,— Euro Trinkgeld gebe.

Heute war ich also dann wieder bei meinem favorisierten Cut'n Go-Friseur. Ein Laden in der Zossener Straße in Kreuzberg mit Stammpersonal, wo man schon sagen kann, „ich will die Haare von Dir geschnitten bekommen”, wartet man halt fünf Minuten länger.

Nach einem halben Jahr Mindestlohn hat man dort also die seit Jahren (!) gehaltenen 12,— Euro pro Schnitt auf 14,— Euro erhöht. Das Personal scheint mir erhalten (ein paar Leute haben ja immer frei.) Ich habe hier also nicht den Eindruck, dass der Laden wegen dem Mindestlohn kurz vor der Insolvenz zu stehen scheint. Natürlich verdienen sich Friseure in solchen Läden die Nase nicht golden, schon gar nicht die Angestellten. Deswegen plädiere ich immer wieder dafür ihnen ausreichend Trinkgeld zu geben (und mich macht immer ein bisschen sauer, wenn Leute da wirklich passend zahlen.) Wofür also dieses ganze Mindestlohn-Drama vor der Einführung?

Bei 14,— Euro habe ich heute auf 20,— für meine Friseurin aufgerundet. Ich habe also sogar einen Euro drauf gelegt im Vergleich zu früher. Sie hat (wie immer) sehr gut geschnitten und mich nicht genervt, ich war nach 30 Minuten draußen – alles gut. 20,— Euro für einen guten Haarschnitt sind ein Witz.