Das geht in Kreuzberg so, dass man im Amt zu den üblichen Öffnungszeiten aufschlägt, eine Wartenummer MIT Termin (so 14:00 Uhr) erhält und die nächsten 2,5 Stunden sich die Zeit sinnvoller vertreiben kann, als auf harten Plastikstühlen im Amt zu sitzen und zu warten.
So weit so gut.
Ich schlich also durch beliebte Gegenden, sehr beeindruckt von meiner persönlichen Smartness diese Aktion nicht im Bürgeramt in Mitte durchzuführen, wo die nähere Infrastruktur a) hässlich und b) doof ist, sondern eben in Kreuzberg, denn dort lassesn zumindest Mehringdamm und Bergmannstraße keine Langeweile aufkommen. Außerdem war Caféhaus-Wetter. So nahm ich irgendwann bei Knofi Platz und gönnte mir einen Milchkaffee und füllte fröhlich des Amtes Papiere aus. Gerne hätte ich des Amtes Papiere bereits zu Hause am Rechner ausgedruckt. Aber das vorliegende PDF wollte nicht einmal blanko ausgedruckt werden bzw. wird es vielleicht treffender ausgedrückt: es wird sehr blanko ausgedruckt.
Als ich dann die Papiere nach bestem Gewissen beschriftet habe, nahm ich die Damen vom Ordnungsamt gewahr. Die, zu zweit unterwegs, sich interessanterweise auf zwei Räder konzentrierten, die an den Metallschutzwällen der Straßenbäume befestigt waren. Nun, die Räder waren im Innenraum, also auf des Baumes knapper Erde befestigt. Dieses Vergehen muss ich mich selbst häufig praktizierend anklagen, aber nur wegen akuter Knappheit. Knappheit an Fahrradparkplätzen in der Stadt. Es gibt derweil nicht wenige Straßen, möchte man diese heimsuchen, sollte man besser zwei S-Bahn-Stationen früher anfangen für seinen Drahtesel einen legalen Abstellplatz zu finden. Die Situation hat sich generell sehr erschwert, auch seit die Deutsche Bahn ihr Rent-a-Bike-Projekt sehr großflächig dort installiert, wo sich der normale Bürger aus logischen Gründen ebenfalls sehr gerne für sich eine zusätzliche Auswahl der meist zu wenig vorhandenen Abstellplätze für Räder wünschen würde. Hilft alles nichts, dann stellt man das Rad schon mal im persönlichen Sozialraum eines Baumes ab, meist, wenn außen an den Metallschutzwänden bereits die lieben Räder anderer Verkehrsgenossen vor sich hin warten. Wo zur Hölle soll man denn sonst hin mit seinem Esel?
Die Damen vom Ordnungsamt schrieben nun. Sie schrieben recht lange. Eine setzte sich zwischenzeitlich ruhig auf die Holzbänke des mexikanischen Restaurants, telefonierte vor sich hin. Dann hängten sie den Fahrrädern jeweils zwei kleine und zwei große Schilder um. Diese Taten dokumentierten sie ausgiebig in ihre elektrische Strafzettelbonautomaten. Abschließend wurde das gehängte Kunstwerk als proof of work fotografisch per Handykamera dokumentiert. Nach immerhin 15 Minuten gemeinschaftlichen Schaffens zu zweit, war die höchstkomplizierte Aufgabe absolviert und man gönnte sich etwas Abwechslung im Tätigkeitsgebiet in dem man ein falsch parkendes Auto von seiner Untat schriftlich wissen ließ. Weitere fünf Minuten waren so vergangen und man zog in trauter Gemeinsamkeit weiter.
Ich blieb abschließend mit meinem Milchkaffee und mich quälenden Fragen zurück, die da lauteten:
Wie viel Zeit hätte wohl nur eine Dame vom Ordnungsamt bei zwei Fahrrädern (die ja im Prinzip statistisch mit werkseigenen Angaben kaum erfasst werden können) und einem falsch parkenden Auto bei Zuhilfenahme gleichwertiger elektronischer Hilfsgeräte benötigt?
Wer dokumentiert und sortiert die Handyfotos zu welchem Zweck im öffentlichen Beschäftigungssektor?
Was kostet die Stadt 20 Minuten relevanter Schreibtätigkeit von öffentlich Bediensteten mit Abarbeitung dreier Verkehrsvergehen minderer Güte bei wissentlicher Tatsache, dass nur eines der Vergehen tatsächlich mit einem Bescheid etwas Geld in die Staatskasse spülen dürfte?
Natürlich wollte ich eigentlich nach dem Kaffeebesuch mir durchlesen, was denn den Radeigentümern so auf Staatskosten mitgeteilt worden ist. Dummerweise hatte ich berechtigte Sorge vor meiner Reaktion. Ich muss ja nicht alles wissen.