2006-08-10

agressiva

Wie gesagt, der Dienstag war scheiße. Beim Bestatter bekam ich ohne Vorwarnung die goldene Eulenkette meiner Mum hingelegt, die sie um hatte. Das war ein Schock, weil … ich weiß nicht einmal warum genau. Eine Kombination aus dem Schock, dass ich diese noch gar nicht vermisst hatte, ein Schock, weil's etwas war, was ihr sehr, sehr wichtig war, ein Schock, weil's diese Entgültigkeit in aller Penetranz unterstrichen hatte.

Dann die Urnen-Storie beim Sozialamt. Die Sozialamttreffen sind thematisch leider sehr eng mit dem Bruder-Karma verbunden, deswegen so oder so nicht zur Entspannung für mich gedacht.

Auf dem Weg zum Auto vor einem Kaufhaus in dem wir auf WCs hofften, stand ein junger dynamischer Parteiblattverteiler von irgendeiner politischen Minigruppe, die angstvoll vor dem dritten Weltkrieg warnt. Er wollte uns sein Manifest in die Hand drücken, wir laufen in unsere Gedanken versunken vorbei und sagen – weil höfliche Menschen – 'Nein, Danke!'

Erster blöder Spruch: 'Ja, danke sagen und weitergehen kann jeder.'
Die schärfste Frau der Ex-DDR und ich drehen uns unabhängig auf die Zehntelsekunde im Takt gemeinsam um und, ich: 'Halte die Klappe, wenn Du keine Ahnung hast!', sie: 'Es gibt manchmal wichtigere Dinge.'
Zweiter blöder Spruch (in der Kurzform, im gesamten Kontext unterstelllte er uns grundsätzliches Desinteresse an politischen Dingen): 'Nichts ist wichtiger als der drohende dritte Weltkrieg!'
Ich drehe mich um, gehe auf ihn zu und erkläre ihm noch mütterlich fair: 'Doch. Das sind sie. z.B. ist meine Mutter vor einer Woche* verstorben (* falsche Zeitangabe, konnte in meiner Rage nicht nachrechnen) und ja, ich habe gerade vollkommen andere Sorgen.' Die schärfste Frau rät ihm auch noch: 'Urteile nicht über Menschen, über die Du nichts weißt.'
Als hätte er nicht zugehört, der dritte nun wirklich blöde Spruch. Da habe ich ihm beide Hände auf die Schulter gelegt und ihn über die Straße geschickt, so daß er nichts mehr daran ändern konnte in dem Überraschungsmoment. Dann bin ich gegangen, wohlwissend, er hatte richtig große Chancen, der erste Mensch in meinem Leben zu sein, an dem ich erstmals den vielfach im Fernsehen gesehen Faustschlag ausprobieren werde. Ich bin nicht entspannt zur Zeit. So gar nicht.

Sein jugendlich testosteron geschürrtes politisches Engagement und seine Angst vor Weltkriegen, Hunger und globaler Erwärmung in allen Ehren – aber diese Typen sollen auch lernen im richtigen Moment die Klappe zu halten. Mit ihrer Pentranz schaden sie ihren Parteien mehr, als sie nützen. Ich bin nicht stolz auf meinen körperlichen Angriff, überhaupt nicht. Ich hasse körperliche Gewalt. Aber der Typ wußte einfach nicht, wann man die Provozier-Nummer zu stoppen hat. Als wir aus dem Kaufhaus wieder heraus kamen, war er weg.

Mit soviel Mut wird man die Welt vor dem dritten Weltkrieg sehr wahrscheinlich nicht retten.

Schmuckurne gibt es nicht.

Beim Sozialamt der nette Sozialarbeiter zum Kostenvoranschlag des Bestatters:
'Die ersten Positionen sind in Ordnung, habe ich in meinem Regelverzeichnis. Aber die Kosten für die Schmuckurne können wir nicht übernehmen.'
'Wie bitte?'
'Ja, es klingt vielleicht pietätslos, aber der Gesetzgeber ist der Meinung, es reicht, wenn man nach sozialen Maßstäben in dem Behältnis beerdigt wird, in dem die Asche ab Krematorium geliefert wird.'
'Ich habe die einfachste und günstigste Urne ausgesucht, die zu haben war.'
'Glaube ich Ihnen. Aber ich finde zur Kostenübernahme von (Schmuck-)Urnen nichts im Verzeichnis.'

Meine Mutter wurde in einem privaten Krematorium bei Berlin eingeäschert, das deutlich günstiger einäschert als staatliche. Dafür aber die Asche nicht in diesen Alu-Bomben abfüllt, sondern direkt in die Urnen, die vom Bestatter geliefert werden.

Und wir reden davon, dass das Sozialamt sowieso nur die letzten 30 % der Kosten der Bestattung unternehmen soll, die nicht durch bare Hinterlassenschaft und Sterbevorsorgeversicherung gedeckt sind. Und von den 30 % auch nur 50 % übernehmen wird. Überhaupt liege ich mit meinem Antrag Euro 300,– unter dem Mindestsatz der Übernahmekosten. Ich will von ihnen nicht mal Kosten für eine Friedhofsbestattung.

Irgendwas läuft gerade falsch in meinem kleinen Hier und Jetzt.

Das sehr große Glück an diesem sehr schlimmen fatalen gestrigen Dienstag, ein Freund und eine Freundin, die sagen: 'wir machen das schon, sie war ja auch unsere Familie.'

Wenn

das männliche Pendant zu Diva neuzeitlich Divo heißt, wie heißt dann das männliche Pendant zur Domina?
Domino?

Frage ich. Im Ernst. Weiß es einer?

2006-08-09

Schöne Steine 2

2006-08-08

Sozialfall

creezy war letzte Woche erstmals in ihrem Leben beim Sozialamt in der Hoffnung, die könnten mir dort eine der Sorgen, die ich zur Zeit gerade habe, abnehmen. Dazu sind sie auch befähigt und absolut Willens und die Voraussetzungen, die ich mitbringe, sind geradezu hervorragend. Aber…

Meine Familie hat schon immer den besonderen Brechreizstatus. creezy ist erst einmal gar nicht das verwöhnte, verzogene und dickköpfige Einzelkind, für das Ihr mich immer gehalten habt. Oh nein, creezy hat nämlich einen Bruder, der dreieinhalb Jahre älter ist als ich. Und dieser Bruder ist seit über zehn Jahren verschwunden. Nicht im Sinne von verschollen, so dass man ihn für Tod erklären könnte. Nein, einfach im Sinne von 'Leute, *lmaA* und tschüss!' Vor ca. sechs Jahren stand er mal kurz wieder auf der Matte, brach meiner Mutter (und mir) erneut das Herz und war nach drei Wochen wieder abwesend – bis heute.

Der Bruder macht aber dennoch per Gesetz 50 % der direkten Nachfolge aus und ist insofern auch zu 50 % an den Bestattungs-
kosten zu beteiligen bzw. natürlich auch zu 50 % Erbe. (Auch mit ein Grund, warum ich das Erbe ausschlagen werde.) Das heißt, ich bin aber aufgrund der Sachlage die alleinige Auftraggeberin der Bestattung und somit auch die Zahlungspflichtige (was ich auch sein will), aber das Sozialamt übernimmt in diesem Fall nur die 50 % meiner Kosten, da nur ich die Bedürftige bin. Vom Bruder weiß man nichts. Man wird wohl versuchen, den Bruder zu ermitteln – da ich mir aber sehr gut vorstellen kann, dass er wahrscheinlich nirgendwo gemeldet ist, vielleicht auch im Ausland unterwegs – wird das lange dauern und ggfs. gar keinen Erfolg bringen. Und natürlich, wenn man ihn findet und er sich ebenfalls in finanzieller ungünstiger Lage befindet, wird man auch ihm nahe legen, einen Antrag auf Beihilfe für die Bestattungs-
kosten zu stellen. Wenn er aber verdient, aber meint, 'ist mir egal was mit meiner Mutter passiert ist!' (diese Denkrichtung ist ja leider durch sein Handeln vorgegeben), dann kann ich das Geld erst einmal bei ihm einklagen. Wie immer die Sache ausgeht, bis dahin kann viel Zeit ins Land gehen – und solange wird der Bestatter nicht mit der Begleichung seiner Rechnung warten (wollen).

Also habe ich, von anderen trivialen Problemen abgesehen, ein weiteres Problemchen. Macht aber nix. Hauptsache. wir leben und sind gesund!

Eine Variante ist natürlich auch, und bin mir nicht sicher, ob das nicht die schlechteste von allen ist, er erfährt nun von ihrem Tod und steht unverhofft vor meiner Tür, tief betrübt und trauernd in Anbetracht seines plötzlichen Verlustes. Versteht mich nicht falsch, ich will niemandem vorschreiben ob, wie oder aus welchen Gründen jemand über einen Verlust trauern möchte. Er soll es nur ja nicht wagen, es vor mir tun zu wollen. Nicht, wenn er die Sonne am nächsten Tag noch einmal aufgehen sehen möchte.

2006-08-07

Den Pietäts-Filter

für den Suchindex, den müssen wir uns aber noch basteln …

Oder aber: es gibt nichts, was es bei ebay nicht eventuell mal geben könnte:



Oder aber: auch die gemeinste Fliegenlarve und die ekligeste Made haben das Recht auf eine schicke Homepage:



Musste ja mal gesagt werden.

2006-08-06

Freu(n)de

Heute nachmittag kommen die schärfste Frau der Ex-DDR und der beste Freund der Welt endlich aus dem Urlaub zurück. Endlich heißt, sie waren nur lächerliche 14 Tage weg und ich musste ihnen in der ersten Nacht, als sie noch im Zug saßen, die Mailbox mit der schrecklichen Nachricht vollstammeln. Natürlich wären sie sofort zurück gekommen, wenigstens einer von ihnen, wenn ich nur 'pieps' gesagt hätte. Habe ich nicht, tapfer. Keine Ahnung, wie ich das hinbekommen habe. So hatten sie dort keine schönen 14 Tage. Und ich hier nicht. Aber ich habe hier wirklich liebe Freunde gehabt, die mir viel, sehr viel abgenommen haben (Frau Antsche, das werde ich Dir nie vergessen – aber das weisste ja schon!) und mir viel Trost gespendet haben. Deswegen wohl werde ich es geschafft haben.

Aber nachher will ich unter den großen Flügel der Beiden kriechen und noch hoffe ich ganz fest, dass danach wieder alles gut wird und der Alptraum aufhört. Hoffentlich. Ich bin gerade in der Verdrängungs-
phase. Ich spüre gerade nur einen Bruchteil der Schmerzen, die eigentlich in mir toben. Und habe Angst vor dem Moment, wenn diese Phase vorbei geht.

Narana hat mir vorhin eine lange e-Mail geschickt und mir ihre Geschichte von ihrem Papa erzählt. Es tut gut zu lesen, dass die Dinge, die passiert sind, nicht nur einem selber passieren. Nicht, dass ich das irgend jemandem sonst auf der Welt wünschen würden – aber ich fand schon immer, gemeinsam gegen den Feind zu kämpfen, kämpft es sich einfacher. Vielen Dank, Narana!

Und Melody, die Kenzo-Pfote in 1:1 hat mich gestern wirklich laut lachen lassen. Ist Dir aufgefallen was Du für einen Bonsai-Finger im Vergleich zu seiner Pfote hast? Ich danke Dir auch dafür!