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2024-06-12

Kalabrien entdecken!

Als die Spitze des Stiefels, so wie Italien figürlich beschrieben wird, wird Kalabrien gerne verortet. Im Süden Italiens gelegen und auf zwei Seiten von dem Thyrrenischen und dem Ionischen Meer umflossen, bietet Kalabrien (wie auch die Basilikata) noch den besonderen Charme der italienischen Ursprünglichkeit, die andere Regionen Italiens leider längst hinter sich gelassen haben. Die naturbelassenen Regionen Kalabriens, ihre Dörfer strahlen noch historischen Zauber aus. Und es lockt eine köstliche Küche – mit Produkten, die heute noch mit Liebe und Leidenschaft von den kalabrischen Landwirten hergestellt werden.
Natürlich laden traumhafte Strände mit weißem Sand oder faszinierende Felsküsten zum Urlaub im und am Meer Kalabriens ein. Nicht wenige von ihnen mit der Blauen Flagge für einen sicheren Strandaufenthalt mit Kindern ausgezeichnet. Trotzdem: Kalabrien kann so viel mehr als Sonne, Meer und Strand. Wer weiß schon, dass man im Norden von Kalabrien sogar Wintersport betreiben kann? Kalabrien lädt ein, rund um das Jahr entdeckt zu werden!
Die Sila, die Hochebene im Norden Kalabriens garantiert im Winter Schnee und lockt nicht nur mit den höchsten Kiefern Europas, den „Giganti della Sila” im Nationalpark. Zur Pilzzeit streift man durch die fantastischen Wälder und sammelt deren Schätze, ein – Kalabrien ist eines der italienischen Steinpilz-Gebiete. Auch weißen und schwarzen Trüffel findet man in den Wäldern.
Klettern, Mountain-Bike, Urlaub auf dem Pferd oder im Kajak paddeln auf den Seen Arvo und Ampollino. In Kalabrien kann man so viel mehr erleben – als nur Strandurlaub. Kalabrien muss man entdecken.
Noch aus der Zeit der Magna Grecia – als Italien von den Griechen kolonialisiert wurde – findet man hier Festungen und uralte Schätze in den Museen. Wer sich für Geschichte interessiert, sollte beispielsweise unbedingt nach Santa Severina fahren. Das Dorf, auf einem Berg gelegen, gilt nicht nur als eines der schönsten Dörfer Italiens. Den Reichtum an historischen – kulturell, wie künstlerisch und architektonisch – Schätzen, findet man hier konzentriert wie selten sonst. Wer moderne Kunst liebt, alleine das Spektrum an Straßenkunst, das die öffentliche Galerie z. B. von Cosenza offeriert, hatte mich begeistert.

Nach Cosenza hatte ich euch schon einmal mitgenommen. So eine spannendende, vor allem auf künstlerische Art, einzigartige Stadt! Seither habe ich immer den Traum dorthin noch einmal im Herbst zurück zu kehren, um Steinpilze zu sammeln. Oder Maroni. Wie wäre es mit einer geführten Trüffel-Suche?

Damit sind wir auch schon bei meinem Lieblingsthema: Essen. Aus Kalabrien stammen nicht nur die inzwischen weltbekannten roten, süßlichen länglichen Tropea-Zwiebeln und eine der Königinnen der italienischen Zitronenvielfalt: Die Bergamotte! Auch die Cedra wächst hier! Buddha Zitronen. Nichts gegen die Zitronen der Amalfi-Küste – aber auch Kalabrien ist eine Hochburg der Zitronen aus Italien!

Maronen in der Saison frisch, außerhalb der Saison getrocknet oder zu Kastanienmehl verarbeitet – sind ein Muss, das in den Reisekoffer gehört. Selbstverständlich wird auch in Kalabrien Wein angebaut, wenngleich es sicherlich nicht als die Wein-Region Italiens gilt und hier nicht die komplexesten Weine gekeltert werden. Aber vor allem die kalabrische Rotweine sind Weine voller Intensität, Tiefe und einem Hauch Mystik. Sehr köstlich!

Der Cirò Rosso in der im Südosten gelegenen gleichnamigen Region wird aus der autochthonen Rebe Gagliopo ausgebaut, gilt als Rotwein mit präsenter Tabakstruktur und hohem Alkoholgehalt. In Cirò oder Cirò Marina angebaut, wird er als Cirò Classico D.O.C. angeboten. Er gilt als der Nachfolger des ältesten Weines der Welt: Cremissa. Und auch wenn Kalabrien sehr gute Weißweine produziert, 90 % der Weinanbauflächen werden in diesem schönen Teil Italiens von roten Trauben belegt.
Rund um Cosenza, Lametino und der Reggio Calabria wird in Kalabrien auch das flüssige gelbe Gold angebaut. Olivenöle von feinster Qualität. In uralter Tradition, denn auch die Olivenbäume haben die Griechen mitgebracht. In der Ebene von Gioia Tauro gibt es Olivenbäume, die 22 Meter hoch gewachsen sind aufgrund ihres Alters! Drei Sorten Olivenöl Kalabriens Bruzio, Lametia und Alto Crotonese sind in ihrer Herkunft geschützt mit dem DOP- bzw. g.U.-Siegel. Die bekannteste Olivensorte Kalabriens ist die Carolea.
Aromatischer Honig von Bienen, die Zitrusblüten umschwärmen. Die pikante weiche Rohwurst 'Nduja, warm auf das Brot geschmiert – oder als pinkante Pastasauce verarbeitet. Ich liebe sie sehr!

Der süßlich aromatische Caciocavello, der besonders geformte Kuhmilchkäse, der auf der in Kalabrien üblichen Pinsa schmilzt und sein süßliches Aroma offenbart! Überhaupt, die Pinsa! Findet man sie hier mittlerweile im Kühlregal, bietet sie längst nicht die Einzigartigkeit und den besonderen Knusper und Schmelz, kommt sie in einer kalabrischen Trattoria im Holzofen gebacken auf den Tisch.

Kalabrien zu entdecken, heißt einen traumhaften Urlaub zu erleben – und das zu jeder Jahreszeit. Denn Kalabrien kann wirklich so viel mehr als traumhaften Strandurlaub garantieren: Spannender Städteurlaub, aktiver Agriturismus, Urlaub mit Sport verbunden – und natürlich Trattorien, Salumerien und Restaurants, die das Beste aus Kalabrien ihren Gästen servieren!

Informationen: Tourismusportal Kalabrien

2025-05-18

Rocca Imperiale – ein Borgo der Emotionen

Was für ein Name: Rocca Imperiale!
Kaiserlich wie die ganze Erscheinung dieses Ortes in Kalabrien. Dieses Dorf, wie Italiener sagen: il Borgo, seine fröhlichen Menschen, die fantastische Küche – und vor allem dieser Duft der Zitronen, die an den Hängen und rund um das Dorf wachsen, schenken ein wundervolles Potpourri voller Emotionen. Rocca Imperiale schmiegt sich schon beim ersten Anblick, noch im Auto sitzend auf dem Weg zu unserer finalen Destination, in mein Herz und es wird mich wohl so schnell nicht mehr loslassen!
Royal erhoben thront das Borgo in 250 Metern über dem Meeresspiegel. Es findet in seiner deutlich jüngeren Küstenstadt Marina Rocca Imperiale, die in drei Kilometer entfernt entlang der Küste am Ionischen Meer liegt, seine Fortsetzung. Lediglich zwanzig Kilometer hinter der Grenze der Basilikata zu Calabrien, liegt Rocca Imperiale in der kalabrischen Provinz Cosenza.


Rocca Imperiale – das Tor zu Kalabrien

Rocca Imperiale ist das erste Dorf auf kalabrischer Seite, nachdem wir auf der Autostrada die Grenzschilder der Basilikata zu Kalabrien passiert haben. Stimmig ist der Ausdruck Tor zu Kalabrien für das Borgo, das im Jahr 1296 noch den Namen Castrum Carcari getragen hatte. Erste Ansiedlungen gehen in das 8. Jahrhundert zurück.
Als Friedrich der II, Herzog von Schwaben, hier im Jahr 1225 eine die für damalige Verhältnisse hochmoderne Befestigungsanlage erbauen ließ, entwickelte sich das Borgo stufenförmig rund um die imposante Burg. Liebevoll Castello Svevo genannt – die schwäbische Burg – ist sie dank Restaurationsarbeiten hervorragend erhalten und kann täglich besichtigt werden.
Wer hierher findet und den Aufstieg zu dem Castello Sveso durch das Dorf nicht scheut, wird mit traumhaften Aussichten auf eine besonders vielfältige Landschaft beschenkt. In der Ferne glitzert das türkis klare Wasser des Ionischen Meeres in einem unendlichen Streifen, bis es mit dem Horizont verwächst. Der Strand von Marina Rocco Imperiale ist 2025 erneut mit der Bandiera Blu ausgezeichnet.
Im Hinterland leuchten die grünen, hügeligen Landschaften. Der Schafabtrieb am Abend, nachdem sie sich an den Kräutern der Böden zwischen den Olivenbaumreihen satt gefressen haben, lässt die Glocken der Schafe mit den Glocken der zahlreichen Kirchen des Borgos und dem Gebell der Hütehunde zu einer friedlichen Klanginstallation mischen. Dieser Moment schenkt tiefen Frieden!

Weinreben reihen sich mit ihrem dichten Grün in das Übermaß der Zitronenplantagen, die ab Juni die gesamte Region mit ihrem Blütenduft einhüllen und mit vielen Gelb- und Orangetönen der Zitrusfrüchte leuchten. Der intensive Blütenduft wechselt dann zum Duft der reichen Früchte. Was übrigens das besondere Merkmal der italienischen Zitrone zur spanischen Konkurrenz ist: Italienische Zitronen duften herrlich von sich aus! Spanische höchstens dann, wenn man ihre Schale malträtiert.
Zur anderen Seite fällt der Blick auf die beeindruckenden Calanchi, die in die Schlucht abschießenden Kalkhänge, die die Landschaften von Kalabrien und Basilikata so spannend aussehen lassen. Über ihnen erhebt sich im Hintergrund das Dorf Rotondella in der Basilikata.

Es ist so wunderschön hier!

Die Art der Besiedelung rund um den Berg macht auch heute noch einen sehr großen Charme dieses zum Borghi più belli d’Italia gekürten Ortes aus. Der tiefe bzw. hohe Kern des Centro Storicos ist motorisiert allenfalls mit Ape oder Vespa zu erreichen.
Die Dichte der sehr gut erhaltenen Fiat Pandas, das Modell noch aus dem letzten Jahrhundert (die mit den ersten hohen Radständen bei einem Kleinwagen), ist in und rund um Rocca Imperiale erstaunlich groß.
Die Aufstiege im Borgo bewältigt man zu Fuß und ja, man wird dabei interessante Steigungen bewältigen. Rocca Imperiale per Pedes zu besteigen – und man kommt nicht darum herum, möchte man die Schönheiten dieses Borgos erleben – definiert eindrücklich die eigene Kondition. Bucht euch ein B&B direkt unterhalb des Schlosses – und das tägliche Fitnessprogramm ist gratis inkludiert!
Aber auch nur so entdeckt man die vielen charmanten Ecken, kleinsten Straßen und Eindrücke dieses besonderen Dorfes, das zum Glück noch nicht komplett vom Tourismus eingenommen ist. Die kurzen Pausen im Gucken, Staunen und Fotografieren, die so beim Aufstieg entstehen, erleichtern ihn auf charmante Weise. Natürlich gibt es Zuwegungen für Autos bis hoch an das Castello. Aber der Rest ist immer Laufarbeit. Zumal es im Centro Storico schlicht keine Parkplätze gibt.
Es ist die Schutzpatronin Madonna della Nova, die die ca. 3.100 Einwohner des gesamten Rocca Imperiale beschützt. 500 von ihnen leben in dem Borgo. Ihr Heiligtum ist in der Contrada Cesine zu besichtigen. Die ersten Kirchen im Dorf können anlässlich einer religiösen Führung besichtigt werden.
Den Anfang macht – in chronologischer, nicht in geografischer Reihenfolge (was in Rocca relevant sein kann) die Chiesa Madre, die im Jahr 1239 im Auftrag von Friedrich II. errichtet wurde. Es folgten die Chiesa di San Giovanni (1400), Chiesa Sant’Antonie da Padova (1500), Chiesa del Carmine (1600) und der Chiesa S. Rosario (1600) und das Kloster dei Frati Osservanti … natürlich – wir sind im Süden Italiens – habe ich hier nur eine dezente Auswahl aller im Dorf vorhandenen Gotteshäuser genannt

Rocca Imperiale – das Borgo dei Limoni

Gehen wir von den Mengen im Zitronenanbau aus, kommt die Region Calabrien in dem „Land wo die Zitronen blühen” an zweiter Stelle nach Sizilien. Hier wird die größte Vielfalt von Zitrusfrüchten in ganz Italien angebaut: Cedra, Bergamotte, Kumquats, Mandarinen, Orangen und unendlich viele Arten der gelben Königin!

Rocca Imperiale zeichnet sich insbesondere durch den Anbau der Limone di Rocca Imperiale IGP aus. Eine fantastische Zitrone voller Saft mit zarter, leicht bitterer Schale und auch der weiße Bereich der zweiteiligen Schale, das Mesokarp, schmeckt von ihr sehr fein.
Die, meist kernlose, Zitrone erhielt im Jahr 2013 das Qualitätssiegel der geschützten geografischen Angabe in der EU. Es lohnt sich, sich auf die Suche nach dieser wundervollen Frucht zu begeben. Selbst jetzt, noch im Mai, hängen die Bäume voll mit den prallen und hellgelben Früchten.

Der Duft der Zitronen liegt schon seit Erntestart in den Wintermonaten überall in der Luft – und dass sich Rocca Imperiale als das Dorf der Limonen begreift, sieht und spürt man überall. Die Limone di Rocca Imperiale IGP begegnet uns poetisch, im Glas und auf den Tellern, integriert in der Keramik oder Kosmetik – in großer Vielfalt und mit viel Geschmack. Eine einzig wundervolle gustatorische Wahrnehmung begleitet unseren Aufenthalt. Überall erfreut uns diese köstliche Frucht in den unterschiedlichen Gerichten – von Antipasti bis Dolce mit ihrem frischen Aroma in dezenten Dosen!
Übrigens: Anfang Mai wird im Dorf bis hinunter zur Küste die Festa di Limone di Rocca Imperiale IGP zelebriert.

Im Centro Storico wird man kleine charmante Geschäfte finden, die ein breites Spektrum der hiesigen Köstlichkeiten anbieten, das sind – neben der Limone di Rocca Imperiale – unter anderem natürlich auch hier die Cruschi. Viele Produkte werden in Kalabrien mit Paprika – auch aus der Cruschi Zafarano (dem kalabrischen Pendant zur Peperoni Cruschi di Senise) – hergestellt. Zum Beispiel die sehr aromatische Nduja, und Salame oder Coppa liegen vom Paprika eingefärbt auf den Tellern. Und uns begegnet eine große Produktvielfalt dank der Trüffel, die in den Wäldern rund um Rocca Imperiale auf ihren Fund warten.

Rocca Imperiale – das Borgo della Poesia

Als Ferdinando di Leo Bürgermeister von Rocca Imperiale war, hatte er die wunderschöne Idee, das Kunstfestival „Il Federiciano” für Rocca Imperiale zu inszenieren, das in der letzten Woche des Monats August mit einem Poesiewettbewerb endet. Nur eine der zahlreichen kulturellen Veranstaltungen, die hier über das Jahr veranstaltet werden. Aber: einige der schriftlichen und preisgekrönten Texte und Gedichte der teilnehmenden Künstler finden sich auf Fliesen geschrieben und mit zitronigen Rahmen umfasst an den Wänden der Häuser des Borgos wieder. Wie charmant man sich durch dieses Dorf lesen und sich dabei der Poesie hingeben kann!

In dem kleinen, von seiner Frau Franscesca geführten, Geschäft „Bottega del Limone” (Corso Vitorio Emanuelle 62, Rocca Imperiale) – einem Mix zwischen Galerie und Lebensmittelladen – können die Produkte, die hier im Dorf mit der Limone produziert werden, eingekauft werden. So ihr fantastischer Limoncello di Leo, bei dessen Herstellung und Abfüllung wir dabei sein … und ihn natürlich verkosten durften!

Unterkunft und Anreise

Ich habe sehr gut im Casa Castello in der Via Frederico Svevo bei Maria Antonietta geschlafen – in einem geräumigen B&B mit Küche, einem Schlafzimmer mit zusätzlicher Schlafcouch direkt zu Fuße des Schlosses gelegen. Man beachte die schmalste Hausspalte, der ich je angesichtig wurde direkt neben meinem Casa.
(Ja, ich habe vor dem Aufenthalt noch durchgepasst.)
Casa Castello liegt direkt an der kleinen über und über mit Blumen geschmückten Piazza von Maria Antonietta, die mit einer der schönsten Aussichten ins Grüne – wo in den warmen Monaten auch das Frühstück serviert wird, aufwartet. Oder dem Blick direkt auf das Castello! Rundherum befinden sich hier die B&Bs von ihr, die modern ausgestattet sind, den modernen Standard der Bäder und Klimaanlagen betreffend.
Ich habe mich dort wohlgefühlt, zumal mir dieses B&B tägliche Auf- und Abstiege durch das Dorf garantierte – und somit mir die größte Vielzahl von Wegen und Aussichten schenkte. Sehr zu empfehlen. (Kontakt via Instagram: @casascastello_affittacamere)
Anreise: Wir sind ab Berlin mit Ryanair direkt nach Bari (BRI/Apulien) geflogen und von dort aus mit dem Minivan – und einem kurzen Abstecher nach Matera – in knapp 90 Minuten nach Rocca Imperiale gelangt. Dabei beträgt die direkte Distanz ca. 115 Kilometer. Es gibt wohl täglich auch Verbindungen mit dem Bus – in der Marina mit Umstieg in den Borgo-Shuttle.

Die Flughäfen von Brindisi (BDS/Apulien) sind 130 Kilometer und Lamezia Terme (SUF/Kalabrien) 140 Kilometer entfernt. Eine Bahnverbindung ab Foggia fährt allenfalls in den Sommermonaten und eher selten, kann daher leider ignoriert werden.


Möchtet Ihr mehr von Kalabrien in meinem Blog lesen? Dann hier entlang!

2025-07-25

Mimmo Bianco – Künstler in der Küche und Grenzgänger

Dass Mimmo Bianco nach Berlin gegangen ist, 1994, also vor vielen Jahren, eher eine Familiensache. Sein älterer Bruder Pino Bianco hatte Jahre zuvor die Heimat, die italienische Provinz Basilikata, verlassen und in Berlin sein Restaurant eröffnet, ihre Mutter Angela war dem Bruder nach Berlin gefolgt.

Die Kunst der Gastronomie liegt beiden Brüdern in den Genen, Vermächtnis des verstorbenen Vaters, der in Scanzano Jonico (Montalbano) immer schon in seiner Pizzeria die Gäste verwöhnt hatte. Mimmo folgte dem Ruf von Mamma Angela und Bruder Pino nach Berlin und eröffnete Jahre später das italienische Restaurant Sotto le Stelle.
2023 war Schluss. Mimmo hörte überdeutlich den Ruf seiner Heimat und folgte diesem gemeinsam mit seiner Frau Rosa. Das Großstadtleben hatte er satt. Die Zwillingssöhne standen längst auf eigenen Füßen. Das Sotto le Stelle wurde verkauft und kurz nach der Covid-Pandemie ging er mit seiner Frau entgültig zurück in die Heimat, in den südöstlichen Teil der Basilikata – kurz vor der Grenze zu Kalabrien. In die Familienresidenz in Scanzano Jonico (Montalbano), die nicht weit vom Meer entfernt liegt.

Die ehemalige Pizzeria des Vaters ist einigen charmanten Ferienwohnungen gewischen. Mimmos Frau, Rosa Massaro, begrüßt hier nun herzlich ihre Feriengäste in den acht vollständig ausgestatteten und hübschen Appartments im Jonico Guesthouse. Und falls Ihr eine Ferienunterkunft sucht in der Basilikata, gar nicht weit vom Meer entfernt – hier kann man sie buchen!

Ein Neuanfang in zwei italienischen Welten

Mimmo ist jetzt ein Grenzgänger, denn er hat sich noch einmal verliebt – in das kleine wunderschöne Dorf Rocca Imperiale. Das erste Dorf in Kalabrien hinter der Grenze der Basilikata. Die Menschen, die hier an den Grenzen beider Provinzen leben, kennen sich und lieben sich und streben auch nach zwei Jahrhunderten weiterhin die kulturelle Vereinigung an.

Bis 1816 gehörte Rocca Imperiale nämlich zu Lukanien (Basilikata) – diese formale Trennung wird von den Bewohner*innen beider Provinzen möglichst ignoriert. Warum auch nicht? Sie sind zusammen zur Schule gegangen, haben im gleichen Fußballverein trainiert, sie teilen sich das gleiche Meer, die Kultur, die Küche. Es wurde und wird sich grenzübergreifend verliebt, geheiratet … was sind da staatliche verordnete Provinzgrenzen?

Und so pendelt Mimmo mehrmals in der Woche von der Basilikata hinüber nach Kalabrien in dieses traumhaft gelegene Rocca Imperiale mit den fantastischen Zitronen Rocca Imperiale I.G.P. und den freundlichen Menschen, die engagiert daran arbeiten, dieses Borgho più bello d’Italia über seine Region bekannt zu machen. Daran arbeitet Mimmo Bianco, der Lunkanier, genauso engagiert wie sein Freund und Geschäftspartner Enzo Arcuri, der Kalabrese, aktiv mit.

Il Ristorante Ferrovie Calabro Lucane

Freunde sind sie schon ewig und haben sich einen lang gehegten Traum erfüllt: das gemeinsame Restaurant Ferrovie Calabro Lucane! Ihre moderne, dennoch sehr gemütliche Osteria begreifen sie als eine Sinnesreise zwischen den Welten. Sie verbinden die Tradition und Moderne beider italienischer Provinzen – und sind, wie sie selber liebevoll philosophisch sagen, auf einer Reise zwischen ihren Schwesterregionen.
In perfekter Lage des Borghos, am Corso Federico II di Svevia 30 – so etwas wie die Hauptstraße im Centro Storico von Rocca Imperiale – haben sie ihr neues Restaurant Ferrovie Calabro Lucane 2024 eröffnet! Das charmante Restaurant mit der kleinen, offenen Küche ist Cocktailbar, Kunstgalerie und kleiner Shop in einem! Die Außenterrasse mit dem sensationellen weiten Blick bis hin zum Adriatischen Meer und den überdimensionierten (sehr bequemen) Sitzkissen ist der abendliche Treffpunkt in Rocca Imperiale.

Die Aufgaben der Freunde sind geteilt, Enzo empfängt als charmanter Gastgeber und Bartender, Mimmo ist sichtlich glücklich an den Kochtöpfen. In seiner Heimat, wo er mit den frischesten und fantastischen Produkte Italiens kochen kann, was auch heißt: Mit den besten Produkten überhaupt kochen zu dürfen!
Beide sind sie überzeugte Anhänger der Slow-Food-Philosophie. Im Ferrovi Calabro Lucane darf man sicher sein, was hier auf den Tellern landet, hat nur die berühmten Zero Kilometre zurückgelegt. Das italienische Siegel für die nachhaltigste Küche, die man servieren kann. Man vertraut den lokalen Produzenten, baut oft sogar selbst an.
Diese Küche ist zwangsläufig eine saisonale. Nur das, was die Saison und das Meer hergibt, wird in Mimmos Kochtöpfen verarbeitet werden. So zeichnet sich das Ferrovie Calabro Lucano natürlich auch durch seine saisonal-flexible Speisekarte aus.


Ferrovie Calabro Lucano – Verbindung auf einfachen Schienen

Ferrovie Calabro Lucane – so hieß die alte ehrwürdige Eisenbahnlinie, in deren Zügen auf der meist eingleisigen Schmalspur die Regionen der Basilikata und Kalabrien (teilweise auch Apulien und Kampanien) verbindend gereist wurde im vergangenen Jahrhundert. In ihrer Glanzzeit befuhr sie ein stattliches, knapp 740 km langes Streckennetz.

1961, nach einem schweren Unfall, wurde dem betreibenden Unternehmen die Konzession entzogen und die Bahnlinie verstaatlicht. Mit dem zunehmenden Autoverkehr in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurden dem Unternehmen immer mehr finanzielle Leistungen gestrichen, Linienabschnitte still gelegt bzw. als Buslinien auf die Straße verlegt.

Im Jahr 1989 ist das übrig gebliebene FCL-Netz aufgeteilt worden und wird von zwei separat agierenden staatlichen Betreibergesellschaften aufgeteilt: die Ferrovie Appulo Lucane (FAL) und die Ferrovie della Calabria (FC). Die Ferrovie Calabro Lucane ist ad acta gelegt worden.
Für Mimmo und Enzo steht der Name Ferrovie Calabre Lucane sinnbildlich für die Förderung und Begegnung, den Austausch zwischen diesen beiden kultur- und traditionsreichen Regionen – und deren Entwicklung für ein künftiges Miteinander.
Das ist, was beide Männer mit ihrem Team hier im Kleinen abbilden: Verbundenheit, Tradition und der natürliche Kreislauf der Kulturen – vor allem den Küchen beider Provinzen –, die so vieles gemeinsam haben.

Köstliche Traditionen auf dem Teller, Kunst an den Wänden

Das trifft auch auf die Kunst zu. Das Obergeschoss des Restaurants ist gleichzeitig eine Galerie, wird selbstverständlich auch bewirtet. Hier, wie auch im ganzen Restaurant, können in regelmäßig wechselnden Ausstellungen lokale Künstler mit ihren Arbeiten die kreative Seele beider Regionen zum Ausdruck bringen.
Wir konnten uns selbst von der vorzüglichen Küche im Ferrovie Calabro Lucane überzeugen. Wer von Mimmo und Enzo begrüßt wird, spürt sofort: Beide haben hier ihren Platz gefunden.
Da strahlt die Freude in Mimmos Augen und grüßt die Herzlichkeit in Enzos Lächeln, beide verleihen diesem Restaurant eine gastfreundliche Aura schon beim Eintreten. Wer hierher findet, gehört zur Familie.

Kann man denn mehr wollen in einer – vielleicht für einen selbst als Tourist noch fremden Umgebung? Also neben der wirklich köstlichen Küche von Kalabrien und Lukanien?
Mimmo serviert eine sehr ehrliche Küche ohne ChiChi oder Fine-Dining-Ästhetik. Da leuchten die Farben des Frühlings auf unseren Tellern im traditionellen Design Süditaliens - mal mit Erdbeeren (und was sind sie köstlich im Frühling in der Basilikata), Fetakäse und bunten Blattsalaten und einer Vinaigrette mit aromatischem Balsamico, den er uns zur Vorspeise serviert.
Ein anderes Mal mit einem strahlendem Grün eines würzigen Erbsenpürees, darauf Calamaretti, Straciatella, Olio und knusprigem Pane oder schöner klingend:Calmari su crema di piselli e straciatella. Möchte ich immer wieder und wieder essen!
Und was für ein köstliches Zusammenspiel von grünem Spargel mit Butter und Walnüssen, Parmesan und dem gebratenem Eigelb mit Trüffel!
Der Salat mit Carosello (Melonengurke), bunten Tomaten und der herrlich weichen, aromatischen Straciatella. Dazu für uns extra noch aufgeschnitten: Prosciutto di Suino Nero Lucanco, zarter köstlicher luftgetrockneter Schinken vom schwarzen Schwein aus der Basilikata.
Weiter geht es mit Ravioli gefüllt mit Ricotta und Zimt in einer Sugo aus Tomaten mit karamellisierter Limone di Rocca Imperiale I.G.P. als Topping. Der Zimt und diese intensive Zitrone, wie können so einfache Zutaten ein Gericht so köstlich, neu und aufregend schmecken lassen?
Oder die Ravioli mit Ricotta auf dem Püree mit Guanciale … Es folgen Orecchiete al Sugo di Pezzente Lucano. Salame Pezzente ist die typische Salami der Basilikata, mit Fenchel und viel süßer Peperoncini gewürzt, dann vier Tage luftgetrocknet und mit mindestens einen Monat Reifung. Dieses Pastagericht ist herrlich fruchtig und würzig.
Dazu (extra anlässlich meiner großen Augen, als er das Gericht dem Nachbartisch servierte, nochmals für uns angerichtet – Danke! Danke! Danke!): Polipo su crema di patate e zafferano servito con crusco olive e capperi – Tintenfisch auf Kartoffel-Safran-Creme, serviert mit Oliven und Kapern. Was für eine Freude! Gebt einfach Safran an euer nächstes Kartoffelpüree – dazu zarter Pulpo – ich würde diesen Gang immer wieder bestellen wollen!

Was war dieser Teller für eine Freude! Überhaupt, habe ich noch keinen Koch getroffen, der ein so geschmackssicheres Händchen für Pürees hat, wie Mimmo. Da gerät das Erbsenpüree, als Beilage gedacht, zum geschmackvollen Hauptdarsteller, würzig mit einer selbstbewussten Existenz auf dem Teller, dass man alleine davon gerne eine Kelle mehr hätte. Und das, obwohl es doch bei den Antipasti lediglich die sanft geschmorten Calamaretti mit Guanciale begleiten sollte.
Der Wein – aus der Basilikata

Dazu trinken wir einen süffigen Aperitivio zur Begrüßung, einem Spritz natürlich mit dem Limoncello der Limone Rocca Imperiale I.G.P.

Und später zur Begleitung unseres Abendessens einen lukanischen Weißwein: Re Manfredo IGT von 2022. Gewürztraminer und Müller-Thurgau, freundliche Fruchtigkeit mit Pfirsich, Birne und Litschi und dann lässt grüner Apfel den Wein überhaupt nicht ins Liebliche abdriften. Dazu die hellgelbe Farbe von reifer Birne mit seiner geschmeidigen Textur, die er an die Glaswände zeichnet. Ja, es mussten einige Flaschen von ihm geöffnet werden an unserem Tisch an diesem schönen Abend.
Angebaut wird der Wein auf dem Bergmassiv eines erloschenen Vulkans im Norden der italienischen Provinz Potenza in der Basilikata – oder wie es einfach heißt, ein Produkt der Cantina Terre degli Svevi. König Manfredi war übrigens der Sohn des hier – in Kalabrien wie auch der Basilikata – sehr verehrten Stauferkönigs Federico di Svevo II. Man entkommt dieser Familie hier einfach nicht!
Also wirklich, wer immer die Basilikata oder Kalabrien besuchen möchte, freut euch an der Grenze beider Regionen auf einen wundervollen herzlichen Austausch dieser italienischen Provinzen, deren Grenzen bewusst nicht gezogen werden wollen.

Und … besucht Rocca Imperiale unbedingt an den Tagen, an denen das Ferrovie Calabro Lucano geöffnet hat! Nach dem Besuch des Castello di Svevo und einem Spaziergang durch die alten pitoresken Gassen des wunderschönen Dorfes, vereint das Abendessen im Ferrovie Calabro Lucano beide Welten geschmacklich auf den Tellern. Ein Abendessen in diesem Restaurant ist eine wundervolle Erfahrung – und macht das Leben einfach reicher.


Ristorante Ferrovi Calabro Lucane
Corso Federico II di Svevia, 30, Rocca Imperiale, Italy
Phone: +39 375 787 0686
E-Mail: ferroviecl@gmail.com
Instagram