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2023-02-13

Pasta „La Molisana” aus Molise

Molise … habt ihr schon einmal von dieser Provinz in Italien gehört?
Ich im letzten Jahr zum ersten Mal. Auf unserer Reis-Reise in Frankreich waren Köche und Journalisten aus Italien dabei und als ich von Apulien erzählte, erklärte ein Koch, dass er aus Molise stamme. Worüber sich die anderen anwesenden Italiener etwas amüsierten, die Provinz hat ihren eigenen Ruf in Italien.

Molise liegt zwischen den Abruzzen und Apulien 50 Kilometer entlang der Adria und gilt als zweitkleinste Region Italiens. Und als jüngste, denn sie wurde erst im Jahr 1963 aus der bestehenden Region Abruzzen-Molise heraus gelöst. Die Hauptstadt heißt Campobasso und steht den beiden Provinzen Molisos Campobasso und Isernia vor. Hier leben auf einer Fläche von 4438 Quadratkilometern insgesamt 302.265 Menschen, die sich Moliseslawen nennen und einige davon als ethnische Minderheit: Arbëresh. Kultureller Ursprung der Letztgenannten liegt in Albanien, die sich 1399 erstmals in Italien niederließen.

Wirtschaftlich lebt Molise – wie auch die umliegenden Regionen – vom Wein- und Olivenanbau, Getreideanbau, Fischfang und Tourismus. Besonderes Engagement widmet man dem Erhalt des ursprünglichen Handwerks. „Made in Molise” wird getragen vor allem von der Präsenz authentischer Künstler, die sich als Hüter der wertvollen, alten und typischen Arbeitsmethoden dieses Gebietes verstehen. Hierzu gehört übrigens auch die ehrwürdige Tradition des Glockengießens. Nicoletta von Sonoitalia hat im Norden in Agone die Pontificia Fonderia Campane Marinelli besucht, in diesem Familienbetrieb werden seit 26 Generationen Glocken gegossen – ein lesenswertes Blogpost.

2007-2013 galt Molisa als innerhalb der EU besonderes förderungswürdige Region. Heute wirbt dieser kleine Teil Italiens für sich vor allem für die besonderen Sportaktivitäten und umfangreichen Kulturangeboten in der Region. Und natürlich, eine besonders liebenswerte Eigenschaft Italiens, die wundervolle Küche!

Damit sind wir bei meinem eigentlichen Thema: Meine persönliche Lieblingspasta „La Molisana” Pastificcio extra di Lusso kommt aus Molise!
Ich habe sie im vergangenen Jahr bei Kaufland entdeckt. Nachdem mein bisheriger Pasta-Lieferant meine liebste Variante Linguini (die zarten platten Streifen, die ich lieber mag als Spaghetti, weil an ihnen Sugo – meiner Meinung nach – viel besser haftet) aus dem Angebot geworfen hatte. Dafür nun wenig übersichtliche hundertausend Sorten Pasta unterschiedlicher Bestandteile anbietet, was im Supermarktregal ordinär omnipräsent aussieht, das kann ich ja überhaupt nicht leiden. Vielfalt, gerade bei Herstellern, mag ich nämlich sehr. Jedenfalls war die Pasta von „La Molisana” dort gerade im Angebot, ich sah (endlich wieder) die zarten Lignuini No. 6, nahm zwei Packungen mit – und war später sehr begeistert von den Nudeln auf meinem Teller. Ihre Haptik und Geschmack finde ich besser als mein vorheriger Pastaliebling.

Die Pasta aus „La Molisana” ist sehr ursprünglich und das schmeckt man einfach. Simpler Hartweizengrieß aus unterschiedlichen Weizensorten, in Molise angebaut, wird nach alten (1912) traditionellen Rezepten gemischt und mit dem Wasser aus Molisaner Quellen hergestellt. Diese Pasta ist vegan, weniger der neumodernen Nachfrage geschuldet als der Tatsache, dass in den ärmsten Regionen Süditaliens Pasta schon immer ohne Eier hergestellt wurde. So kocht sie etwas länger, wirkt robuster auf dem Teller, schmeckt aber – meiner Meinung nach – einfach besser zur jeweiligen Sugo.

Mir spielt es zu, ich mochte immer schon Pasta ohne Ei lieber. Andere Struktur, gefällt mir besser, übrigens auch die Farbe – weißere Pasta erlebe ich ästhetischer. Daher bereite ich selber mittlerweile Pasta seltener noch mit Ei zu (Ausnahme: Ravioli).

Pastificio Extra di Lusso (Pasta der Extraklasse) gilt als das Luxusprodukt aus dem Haus „La Molisana”, weil die jeweiligen Pastaformen mittels Bronzeformen gefertigt werden. Diese Formen sind extrem teuer, schenken jeder Pasta aber eine rauere Oberfläche, was die Sugo noch besser an der Oberfläche haften lässt.

Ja ja: die Sugo! Gemäß deutscher Grammatikregularien bilden wir bei Übernahme eines fremdsprachigen Substantives in die deutsche Sprache den Artikel nach der deutschen Entsprechung dieses Begriffes, tatsächlich auch dann, wenn dieser in seinem Ursprungslang einen anderen Genus trägt. Il Sugo = die Sauce/die Soße = die Sugo. (pardon my Klugscheißermode).

Interessanterweise hat es „La Molisana” geschafft und das obwohl sie aus der zweitkleinsten Regionen Italiens stammen, eine der in Italien beliebtesten und somit größten Pastaproduzenten zu werden. Die meisten guten italienischen Online-Stores führen sie – und wie oben geschrieben: bei Kaufland liegen sie ebenfalls in den Regalen. Ich bin für dieses Post nicht bezahlt worden, ich esse einfach nur diese Pasta verdammt gerne, vor allem wenn es schnell gehen soll!

2022-12-08

Gerne gelesen: nothing fancy von Alison Roman

Mein persönliches Lieblingskochbuch im Jahr 2022? Das ist definitiv „nothing fancy” von Alison Roman. Das Buch ist ganz klar gesetzt bei mir, das gebe ich nicht mehr her! Selten habe ich aus einem Kochbuch so viel nachgekocht.

Alison Roman, gebürtige Amerikanerin, lebt in Brooklyn und ist Food-Influencerin bei YouTube und Instagram. Sie schreibt mittlerweile in ihren Kolumnen für die New York Times Cooking und für Bon Appétit, ist in den USA eine Institution – die sich angenehm unprätentiös gibt und so auch kocht. Dementsprechend erlebe ich ihr neues zweites Kochbuch nach „Dining in”, das hierzulande bei Dorling und Kindersley (DK) erschienen ist.

„Entspannt kochen für Freunde” ist der Untertitel des Buches und das trifft es sehr gut. Konzeptionell geht es darum, liebe Freunde zu bewirten – das zieht sich von Einkauftipps bis hin zum Abwasch. So ist es keine so große Überraschung, dass sich die Gerichte gut vorbereiten lassen und ein großer Teil von ihnen im Ofen sich selbstgenügend ihren finalen Touch erhalten – oder bereits zwei Tage früher zubereitet werden können.

Sie serviert ihre Rezepte nicht abgehoben schickimicki ausdekoriert an Stoffservietten (nichts gegen Stoffservietten) am edlen Silber, sondern „as it is”: Sehr bunt, auf zusammen gewürfeltem Geschirr mit Leichtigkeit und einfacher Raffinesse. Alison bietet hierzu kurzweilige Histörchen, erzählt relativ (zu) häufig, dass sie dies oder jenes Produkt an sich nie mochte, nimmt aber damit den Lesern Argumente bei eigener Ablehnung und vor allem – das ist wohl das Wichtigste – auch Kochbeginner sehr charmant mit und serviert gute Problemlösungen.
Ihre Tipps am Anfang „Sich helfen lassen” sind so simpel wie logisch, um sich selbst den Stress als Gastgeber*in zu nehmen, denn die Party beginnt in der Küche – warum sollen Gäste nicht beim Salat zupfen helfen? In „Prioritäten setzen” räumt sie klar ein, dass es in einer Nicht-Profiküche (von der Ausstattung geredet) einfach verdammt schwer bis unmöglich ist alle Zutaten gleichzeitig perfekt und heiß auf den Tisch zu bringen.

Und „Nie um Verzeihung bitten” trifft genau im Kern, war vor allem hiesige Köchinnen (!) besonders gerne machen: Die eigene Leistung verbal selbst zu degradieren. Alisons simple Anweisung: „Es ist kein Restaurant – macht euch nicht den Druck, so zu tun, als wäre es eines.” Das ist so klug wie hilfreich und alleine dafür kann man Alison Roman verehren, sie hat mich so oft so smart aus meiner lähmenden Perfektion geholt. Das Buch ist wie ein liebevolles Coaching!


„Ein schönes Huhn zu braten, ist eine wunderbare Art, «Ich liebe euch», zu sagen.”

„nothing fancy” enthält viele Fisch- und Fleischrezepte: „Ein ganzer Fisch – Yes, you can!”, zu denen bin ich kaum schon vorgedrungen, weil ich immer noch im gemüselastigen Teil des Buches stecken geblieben. Die fantatstisch klingenden Hähnchen-Rezepte brennen mir unter dem Messer! Dennoch würde ich dieses Buch jederzeit auch Vegetarier*innen schenken. Es sind so viele fantastische fleischlose Rezepte darin, die neu sind, unvergleichlich lecker – und schlussendlich lassen sich Fleischanteile ersetzen oder subtrahieren. Sie hat mich auf jeden Fall mehr bekommen mit ihren grünen Rezepten, Salaten mit Crunch oder den Dips.

Alison Roman arbeitet sehr gewürzlastig auf internationaler Ebene, bedient sich hier an der orientalischen, dort an der asiatischen Küche. Man sollte sich gut eindecken mit Fleur di Sel, Chili, Kurkuma, Kreuzkümmel, Harissa, Hefeflocken, Soja Soße, Pul Biber etc. Eingelegte Sardellen im Glas werden als Würze gerne verwendet (sie gibt zu von Sardellen besessen zu sein.) Viele frische Kräuter sind ein Muss! Ein gutes Olivenöl ist auch wichtig in ihrer Küche – und auf jeden Fall: Zitronen. Zitronen setzt Alison oft und gerne ein als Geschmacksheber oder -veränderer. Was ich auch sehr gerne tue. Ich schwöre auf Zitronenspritzer! Unami ohne Zitrone gibt es nicht, möchte ich behaupten.

Was ich persönlich sehr schätze an Alison Romans Buch: Sie nervt mich nicht allzu viel mit Bio-Gedöns, wie es so viele deutschsprachige Kochbuchautor*innen immer noch auf oft übergriffige Weise tun. Alison tut’s lediglich bei Zitrusfrüchten, deren Schale verwendet wird im Gericht. Ansonsten glaubt sie offensichtlich, wir haben mittlerweile – in den letzten 20 Jahren – alle kapiert, dass es sinnvoll ist, dass wir Produkte möglichst regional und mit sehr guter Qualität einkaufen. So muss, wer sich nicht ständig Bio-Qualität leisten kann, kein schlechtes Gewissen haben. Lasst uns doch einfach froh sein, dass die Menschen selber kochen und nicht „Essen to go”-Verpackungsmüll produzieren.

Es kommt viel frisches Gemüse auf den Tisch. Auch Getreide. Fisch kommt schon mal aus der Dose. Aber sie hat ein riesengroßes Talent übliche Zutaten neu zu präsentieren und hat mich mittlerweile schon so oft aus meiner Kochroutine geholt und mir gezeigt, wie ich die ewig gleichen Zutaten anders zubereite, auf ein neues Level bringe. Ein Beispiel:. „Geröstete Radieschen mit Green-Goddess-Butter” hier wandern die Radieschen und junge Rüben einfach in den Ofen und werden auf einer fantastischen Kräuterbutter serviert, die unter den heißen Radiesern schmilzt. Oder gegrillte Garnelen, die mit kalten mit den Händen zerdrückten Tomaten und deren Saft (mit Olivenöl) serviert werden.
Dann werden Pistazienkerne in Butter mit vielen Gewürzen angesetzt und über im Ofen gebackene Kürbisspalten (oder welches Lieblingsgemüse – z. B. Kichererbsen, Beeten – auch immer) gegossen. Halloumi wird in der Pfanne gebraten und mit Honig beträufelt und mit gerösteten gehackten Pistazienkernen bestreut. Zerdrückte Erbsen mit Burrata und schwarzen Oliven (mit frischer Minze, Petersilie und Ruccola). Versteht ihr, was ich meine? Man kennt alle Zutaten und hier kommen sie neu, fantastisch gut! Und immer einfach auf den Teller gebracht.

Auch der Lachs, der langsam im Ofen gegart auf und mit in der Pfanne gebratenen und auch rohen Frühlingszwiebeln in einer Vinaigrette aus Sojasauce und viel Zitrusfruchtsäften serviert wird. Die Rezepte sind alle keine Hexerei. Tatsächlich sind sie meist erstaunlich einfach – schließlich gilt es sich vor allem mit den Gästen zu beschäftigen! Oft sind die Gerichte recht spicy – werden dann mit Milchprodukten abgemildert. Und es schmeckt alles so gut!

Meine Lieblinge bisher (beim zweiten Mal habe ich sie zusammen in den Ofen geschoben):


Klebrig geröstete Karotten mit Zitrus und Tahin
Die rote Zwiebel wird in Zitronensaft mit Salz und Pfeffer ca. 8 Minuten eingelegt. 500 Gramm kleinere Möhren werden mit dünnen Scheiben einer Blutorange und der abgegossenen Zwiebel auf ein Blech gelegt und mit einem Sud aus 1/2 TL Chiliflocken (oder 3-4 frische Chilischoten), 2 EL Ahorsirup (alternativ Honig), 4 EL Olivenöl begossen und bei 220 Grad Celsius ca. 25-30 Minuten karamellisiert.

4 EL Tahin werden mit 3  EL Wasser, Salz und Pfeffer verrührt und ein Teil davon auf eine Servierplatte angerichtet, darauf die fertigen Karotten und Orangenscheiben gelegt. Das restliche Tahin kann dazu gereicht werden (und ja, davon gleich mehr machen).

Alison würde die karamellisierten Möhren zu den geschmorten Short Ribs mit cremigen Kartoffeln aus ihrem Buch empfehlen. Short Ribs als Schmorgericht werden mein nächstes „nothing fancy”-Projekt. Hier wird die Querrippe vom Rind geschmort, wie spannend ist das? Bei uns landet die allermeist als Suppenfleisch in der Brühe! Die Kartoffeln werden mit der Schale übrigens direkt mit dem Fleisch geschmort – Alisons Küche ist halt wirklich einfach.

Auch verdammt gut:


Scharfer, karamellisierter Lauch mit frischer Zitrone
Dieses (von mir sehr geliebte) aber auch sehr diskutierte Gemüse wird so anders, einfach, dafür spannend zubereitet – und ist eine fantastische Beilage. Wer danach immer noch Probleme mit Lauch hat, tut mir leid. Ich liebe es! Die Lauchstangen halbieren und gut in Wasser abspülen – ihr wisst schon, Sandeinlage und so. Die sehr dunkelgrünen Anteile abschneiden (ab in eine Suppe damit) – aber bitte unbedingt die Wurzeln dran lassen! Nun längs in Streifen schneiden, ihr habt nun Lauch-Palmwedel. Die Wurzel hält sie zusammen.
Den Ofen auf 230 Grad Celsius vorheizen. 80 ml Olivenöl, 2 EL Harissa vermengen und schön mit den Händen in die Lauchstangen massieren, die in einer Auflaufform liegen. Mit wenig Salz und frisch gemahlenem Pfeffer würzen. Ab in den Ofen für 20-25 Minuten. Er darf etwas knusprig werden und an den oberen Enden gut bräunen. In der Zwischenzeit eine halbe Zitrone sehr fein hacken.

Den Lauch auf den Teller legen, die Sauce aus der Form darüber geben, wie auch die kleinen Zitronenwürfel darüber streuen und mit etwas Salzflocken garnieren.

Als ich den Lauch das erste Mal zubereitet hatte, hatte ich weniger Lauch als im Originalrezept genommen – aber die gleiche Menge Harissa. Kann man machen, sehr gut sogar – man sollte nur wirklich gar keine Probleme mit Schärfe haben.

Die Desserts im Buch überzeugen (mich) nicht sehr, es passiert nicht viel Neues mit den alten Dingen. Schokoladencookies bleiben Schokoladenkekse. Warum Schichtkuchen mit Löffelbiskuit, Mascarpone und Kaffee nicht direkt Tiramisu genannt wird, verstehe wer will. Auch die Fotos allesamt im Wolfgang Tillmanns-Style extrem hart ausgeleuchtet, strengen (mich) persönlich irgendwann an. Aber sonst …

… habe ich mich selten so glücklich und begeistert durch ein Buch gekocht. 150 Rezepte. Ich will sie wirklich alle, alle, alle machen!

„nothing fancy”
Autorin: Alison Roman
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4240-1

2022-11-30

Mamusia von Olia Hercules

Die Einflüsse über die Jahrtausende auf die ukrainische Küche sind vielfältig. Dass sie einher geht mit den typischen russischen Gerichten wie Borschtsch, Soljanka, Wariniki (Vareniki) ist logisch.

Ha! Stimmt gar nicht! Mit dieser allgegenwärtigen Annahme zum Borschtsch sollte ich gleich aufräumen: Dieser Eintopf ist nämlich ursprünglich ein ukrainisches Rezept, dass von den anderen europäischen Ländern übernommen wurde. Urheberrecht wem Urheberrecht gebührt!

Dennoch findet man in der ukrainischen Küche viele europäische Einflüsse aus ganz Osteuropa, z. B. der Türkei, Polen oder Ungarn. Kohl, Rote Beete, Fleisch, viele Kräuter – frischer Dill hat hier einen ganz besonderen Stellenwert – und deftige Teigwaren, die ukrainische Küche macht satt, stärkt für die extrem kalten langen Winter und verwöhnt mit Süßspeisen aus dem guten reichhaltigen Quark oder Teiglingen, die nicht selten zuvor ein Fettbad genießen durften, bevor sie die Gäste glücklich machen.
In ihrem Kochbuch „Mamusia” lockt Olia Hercules in die Küche und serviert 100 originale Gerichte aber auch solche, die dieser Küche die modernen Einflüsse sich hat entwickeln lassen zu der, die sie heute ist. So findet man hier durchaus georgische Gerichte, Köstlichkeiten aus Aserbaidschan oder Moldawien. Mit Olia reist man durch die Küche Osteuropas und lernt dabei auf den Fotos ihre Familie kennen und erfährt deren Geschichte in den Texten. Sehr überzeugend finde ich (der Homepage des Verlages entnommen) das Rezept für das Backhähnchen mit Backpflaumen und Walnüssen, ein Rezept aus Aserbaidschan.

Zu Beginn des Angriffskrieges hat Olia Hercules, die heute als Köchin und Kochbuchautorin arbeitet und in London lebt, mit mehreren Unterstützern die Charity-Aktion #CookForUkraine ins Leben gerufen, der sich seit der Gründung Menschen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität angeschlossen haben - darunter Spitzenköche, preisgekrönte Kochbuchautoren und Restaurantbesitzer.

Sie alle kochen in ihren Restaurants ukrainische und osteuropäisch inspirierte Gerichte, backen mit ihren Gästen, zu Hause mit ihren Freunden und teilen ihre Ergebnisse in den sozialen Medien mit den Followern. Über 1 Million Pfund sind dadurch bereits für Unicef gesammelt worden. Für ihr Engagement wurde Olia Hercules von der britischen VOGUE im August als eine der 25 einflussreichsten Frauen ausgezeichnet.
"Das hat meinen Glauben an die Menschheit gestärkt", sagt Olia Hercules über diese überwältigende Resonanz. "Auch wenn die Ukraine frei ist, werde ich meinen Aktivismus nicht aufgeben. Ich bin ein anderer Mensch geworden."

Dieses Buch hieß in seiner Erstauflage Mamuschka und wurde von dem Verlag DK (Dorling Kindersley) anlässlich der weltpolitischen Ereignisse im Sommer neu aufgelegt mit dem neuen Titel Mamusia. Von seinem Erlös gehen nun 4 Euro an ein ukrainisches Hilfeprojekt von der Autorin ausgewählt, in Deutschland an die Ukraine-Hilfe Berlin e. V. – an die man natürlich auch ohne Buchkauf gerne spenden darf.

„Mamusia”
Autorin: Olia Hercules
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4612-6

2022-11-28

Rezension: La Vita È Dolce von Letitia Clark

La Vita È Dolce – das Leben ist süß – ist ein Traum von einem Buch für alle Italienfans und natürlich für alle Menschen, die die Schönheit und Freude, die Desserts, Torten, Kekse und Gelato in unser Leben bringen können als solche erkannt haben und mit geöffneten Händen, Augen, Nasen und Mündern begeistert in ihr Leben lassen. Letitia Clark beschreibt das sehr treffend mit den Worten „Es lässt sich nicht leugnen, dass jeder Tag dazu gewinnt, wenn man weiß, dass man irgendwo in einem Schrank, einer Dose oder im Kühlschrank etwas zum Naschen finden kann.”

Und wer nun doch gleich wieder die Stirn runzelt und an die allzeit gegenwärtigen Gefahren des Zuckergenusses erinnern möchte, dem möchte ich die klugen Worte von Letitias Freundin Cecilia aus Neapel gleich noch hinterher zitieren: „Weißt Du, Letitia, das, was du gern magst, wird in kleinen Mengen auch guttun.”
Italien ist das Land, das der Passeggiata frönt. Die Italiener nehmen sich am Nachmittag die Zeit und genießen bei einem kleinen Spaziergang durch die Stadt oder entlang des Lungomare, der natürlich zufällig immer vorher an einer Gelatteria oder Pasticceria vorbei führt, etwas zartes Süßes auf die Hand. Man trifft sich, genießt den Sonnenschein, hält ein Schwätzchen mit den Nachbarn und genießt dabei ein Eis, Cannoli oder Zeppole, denn: La Vita è dolce! Dieser charmanten Leidenschaft ist dieses Buch gewidmet. Vielleicht wären wir hierzulande weniger verkniffen unterwegs, würden wir einer Passeggiata viel öfter in unseren Wochenalltag Einlass gewähren – und nicht nur auf den Sonntagsspaziergang vereinzeln?

Es ist ein kleines sehr intensives Studium der italienischen Dolci, dieses wunderschöne Buch mit zahlreichen Anekdoten. Die Autorin, gebürtige Britin und 2017 nach Sardinien ausgewandert, hat dabei den perfekten Blick dafür, welche Informationen für Menschen, die nicht die italienische Küche mit der Muttermilch aufnehmen durften, so wichtig sind und welche kleinen Geheimnisse sie sich erst noch erarbeiten müssen.

Letitia Clark lässt keine Hilfestellung aus, sie erklärt die Basis-Rezeptur sei es für die zarten Mürbeteigtartes, die karamellisierte Zitrus-Crostata oder Biskuit-Torten (Torta ricotta e pere),
Biscotti (Cannolli), Hefegebäck – gebacken oder frittiert, wie die wundervollen Chiacchiere: Natürlich fehlen die Rezepte für Gelato (Schoko-Toffee-Eis mit Mascarpone) nicht und für Dolci al cuchiaio – alles wofür man ein Löffelchen benötigt (Cappucino-Pannacotta mit Espressokaramell).

Man versteht endlich, warum es in italienischen Salumerien immer auch Manitobamehl gibt, wann man besser auf Mehl Tipo 0 oder 00 zurückgreift. Dass eine perfekte Pannacotta an das sanfte Wackeln der Brüste zu erinnern hat. Ach und Ricotta, wirklich: Ricotta ist doch so viel mehr als immer nur eine Ravioli-Füllung!
Ich liebe zum Beispiel ein Foto zu ihrem Tiramisu-Rezept. FÜNF Schichten Löffelbiskuit und Mascarpone! Mit den Fotos im Buch hat mich der Verlag sowieso bekommen: Available Light-Fotografie schmeichelt der rustikalen Stilistik im Foodstyling - ach, wie sehr schätze ich einen ordentlichen harteen HighNoon-Schattenwurf auf ungebügelter Tischdecke. Echte Lebendigkeit und der landestypische italienische Purismus wird beibehalten, ich mag das sehr. Habe mich übrigens auch schon dabei erlebt, wie den sehr schönen edel geprägten Einband streichele, in La Vita È Dolce steckt spürbar viel Liebe.
„Cantuccini, Cannoli & Cassata – die Welt der italienischen Süßspeisen” ist übrigens der Untertitel und ich fühl(t)e mich berufen für euch das Rezept der Cantuccini zu backen und mich euch zu teilen. Andiamo!

Wie uns Letitia erklärt, wird das Wort „Cantuccio” (verborgener Winkel, Ecke) gerne umgangssprachlich verwendet für Brot mit viel Kruste, also das, was wir in z. B. Berlin gerne einen „Kanten” nennen. Dieses Gebäck aus der Toskana ist wirklich einfach zuzubereiten – schmeckt den ganzen Tag über und hat das Talent einen Hunger auf Süßes sehr schnell unkompliziert zu bedienen, denn sie sind so herrlich haltbar und stehen daher immer zur Verfügung in ihrer Einfachheit!

Praktisch übrigens: Man kann den Teig komplett mit den Händen verarbeiten. Ich habe ihr Rezept auf 500 Gramm Mehl hochgerechnet. Aus Gründen.

Ach ja: Letitia hat hier – als eben nicht gebürtige Italienerin – untypisch das Cantuccini-Rezept mit blanchierten Mandeln verfasst. Nach meiner Recherche kenne ich nur Rezepte von Italiener*innen mit unblanchierten Mandlen, sie werden lediglich vorher im Ofen geröstet. Und nur wenn deutsche Bäcker*innen sich an Cantuccini versuchen, müssen die Mandeln plötzlich blanchiert sein.

Entscheidet es selbst. Ich halte es mit den Italiener*innen, nehme Mandeln mit Schale und röste sie vorher in der Pfanne. Die Mandeln sind nachher in den Cantuccini versteckt, es ist ihnen egal, wie sie aussehen – und im Zweifelsfall gilt auch hier wie immer: Womöglich steckt in der Schale das geschmackliche Gold?

Zutaten

500 g Mehl (Tipo 00, ersatzweise 405)
3 Eier ((ein Eigelb zum Bestreichen)
200 g Zucker
100 g weiche Butter
200 g Mandeln
Schale einer abgeriebenen Orange (ersatzweise Zitrone)
1 kleines Gläschen Marsala (ersatzweise Amaretto, non-alcohol: 5-6 Tropfen Bittermandelöl)
1 Prise Salz
1 TL Backpulver

Zubereitung

Den Ofen auf 170 Grad Ober-/Unterhitze erhitzen und die Mandeln 8-10 Minuten rösten, herausnehmen und abkühlen lassen. Den Ofen nun auf 180 Grad (150 Grad Umluft) stellen

Das Mehl mit dem Salz und Backpulver sieben und beiseite stellen.

Die Eier, geriebene Orangenschale, Marsala in eine Schüssel geben und verquirlen, die Butter zerlassen und hinzugeben, alles mischen. (Ich zerlasse die Butter nicht wie Letizia, gebe alle Zutaten [außer Mehl] in eine Schüssel und vermenge alles mit den Händen.) Nach und nach das Mehl mit den Händen hinzu geben und unterkneten, das macht alleine schon so eine duftende Freude, wie sich der Teig unter den Händen verändert.

Bekommt der Teig langsam die festere Konsistenz, dann die Mandeln hinzugeben und zwar mit einer Hand voll Mehl auf ihnen. Damit die Mandeln leicht umstäuben bevor sie in den Teig geknetet werden.

Tipp: Das Mehl um die Mandeln gelegt sorgt dafür, dass die Mandeln beim Backen nicht auf den Boden sinken! Den Tipp kann man sich auch für Clafoutis, Stollen etc. merken. Ein Hauch Mehl oder Speisestärke um die Früchte bewirkt schwebende Wunder.

Den Teig zu einer großen Rolle formen, davon vier Teile abstechen und diese zu Rollen formen, die ca. 4-5 cm dick sind und ungefähr so lang, wie sie auf ein Backblech passen. Alle Rollen mit etwas Abstand auf das Backblech (auf Backpapier) legen und mit dem einen verquirlten Eigelb bestreichen. (Habe ich übrigens, wie man auf den Fotos perfekt sehen kann, vergessen!)

Das Besondere an Cantuccini ist, dass sie, wie Zwieback oder Friselle, doppelt gebacken werden.
In der ersten Runde backen wir sie bei 180 Grad Ober- und Unterhitze (150 Grad Umluft) 30 Minuten. Dann aus dem Backofen nehmen, etwas abkühlen lassen und in leicht schräge Scheiben schneiden. Nochmals im Ofen bei gleicher Temperatur ca. 10-15 Minuten backen. Wie lange, das entscheiden die Bäcker*innen je nachdem wie knusprig und dunkel die Cantuccini werden sollen.

Luftdicht verpackt halten sie theoretisch ewig lang. Tun sie aber nicht. Aus Gründen. Schon gar nicht, wenn sie auf ein Glas Vino Santo treffen. Oder einen Caffè oder …

Ach gönnt euch dieses Buch! Es hat das Zeug zu einem italienischen Dolce-Klassiker.

„La Vita È Dolce”
Autorin: Letitia Clark
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4341-5

2022-11-22

Noumi-Noodles goes Prenzelberg

Das Noumì – Colorful Asian Flavors dürfte Berlinern und Fans asiatischer Küche ein Begriff sein – denn die handgemachten farbenfrohen Nudeln in den Pho-Suppen und vielen klassischen indonesischen Gerichten in dem Restaurant in der Jägerstraße (Nähe Hausvogteiplatz) sind einmalig gut.

Nun freut sich das Noumì-Team ab heute seine Gäste in der neuen Dependance in der Prenzlauer Allee 52 (Ecke Chodowieckistraße) in dem größeren und wahnsinnig gemütlich eingerichteten zweiten Noumì-Restaurant begrüßen zu dürfen.
Es gibt die gleichen feinen veganen, vegetarischen und fleisch- oder fischlastigen Gerichte mit ausschließlich frischen Zutaten und den farbenfrohen Nudeln nach Wahl wie im Noumì 1 – aber mit etwas Zuwachs auf der Speisekarte. Alle Nudeln sind übrigens bis auf die schwarzen NOIR Mì (Sepia) vegan! Das Noumì-Feature spricht für sich: Bei allen Nudelgerichten der Karte wählt der Gast aus, welche Nudelsorte bzw. -farbe er sich auf dem Teller wünscht. Coloursoul dining! Ich mochte auch sehr die Drinks – ob mit oder ohne Alkohol, lecker, toll anzusehen, stehen sie in ihrer Farbpracht in die Regenbogenfarben des Noumì Nudel Guides in nichts nach. Pink Matcha, Cucumber Cooler und in der zweiten Runde Mango Soleil oder den Strawberry Hugo – wir hatten sehr viel Spaß mit ihnen! Chapeau! Letzten Sonntag durfte ich nämlich mit Ute (Frau Indica) schon einmal beim ersten Opening exklusiv für Freunde die Gastfreundschaft und tolle Küche im neuen Noumì genießen! Von der Vorspeisenkarte teilten wir uns die fleischlastige Variante NOUMì for 2, u. a. mit Garnelenteigtaschen, gebackenen Reispapierrollen und Portobello-Pilz, Cole Slaw … … sowie … Veggie for 2 mit gedämpften Gemüseteigtaschen, gebackenem Bio Tofu und Taro-Reiskuchen u. v. m. – sehr zu empfehlen! Vor allem, will man die reichhaltige Vorspeisekarte erst einmal ausprobieren.

Und ihr seht's ja selbst: Colorful Asian Flavors ist hier wirklich kein leeres Versprechen! Selbst wenn noch gar keine Nudeln im Spiel sind. Während am Nebentisch die Pho-Suppen wahnsinnig lecker zu uns hinüber dufteten, kamen unsere Hauptspeisen Perfect Match mit Lachs, Garnele und frischem Gemüse in Mekong Rotwein Soße (links unten), Capitane Canard mit Barbari Entenbrust in Hoisin Sauce mit Romanesco, Spargel, Pak Coi, Babymais, pinkem Blumekohl und Koriander-Pesto (oben rechts) und das vegane Seitan Satè mit gebratenem Bio Seitan mit buntem Gemüse der Saison und Satè Soße (oben links) auf den Tisch. Alle drei Grichte waren so unterschiedlich wie lecker wie besonders gewürzt.

Das vegetarische Gericht konnte vor allem wegen der leichten Schärfe und tollen Würze des Saitans unsere besondere Zuneigung gewinnen. Und Ute sah sich wieder in ihren vorherigen Noumì-Erfahrungen bestätigt – fleischlos kann die Küche von Bien und Tuyen besonders gut! Auch den Nachtisch haben wir uns geschwisterlich geteilt, Ute schwört auf den Matcha-Cheescake – ich natürlich auch – aber noch mehr auf Tripple Chocolate mit drei Schokoladenschichten auf Oreo Biskuitboden. So gute Schokolade! Und das ist mit das Besondere am Noumì – dass hier die Desserts selber gemacht werden und sie sich daher in ihrer Rafinesse deutlich abheben vom üblichen Klebereis in asiatischen Restaurants. Unbedingt probieren! Mit der Eröffnung heute können sich alle Prenzlauer (und natürlich auch alle anderen Berliner) wirklich auf etwas Tolles freuen in ihrem Kiez – und übrigens: Kinder sind herzlich willkommen! Geöffnet Montag bis Sonntag von 12:00 bis 22:00 Uhr.

Noumì Prenzelberg
Prenzlauer Allee 52
10405 Berlin
Mail: pberg@noumi-noodles.de

Noumì Mitte
Jägerstraße 35
10117 Berlin
Tel.: +49 30 206 490 07
Mail: contact@noumi-noodles.com

2022-11-20

Ravenna – einfach köstlich!

Unbestritten ist, dass man in der Emilia Romagna köstlich essen kann. Den Grubenkäse hatte ich euch schon in einem früheren Blogpost vorgestellt. In Ravenna locken also nicht nur Mosaike – überall werben Schilder für eine köstliche Piadina, dem legendären Imbiss dieser Region. Geht man hier in eines der Restaurants der Stadt, das in den vielen Stadtpalästen untergebracht ist, passiert es nicht selten, dass man vorne in ein auf den ersten Blick vermeintlich unscheinbares Haus eintritt, das sich räumlich nach hinten erstaunlich weit zu einem riesigen Palazzo entwickelt und mit Decken- und auch Freskenmalereien an den Decken überrascht, dass einem glatt der Mund offen stehen bleibt. Der kann natürlich gleich gefüllt werden. Aber irgendwo lockt garantiert auch Mosaikkunst, die Ravennati können so wenig ohne Mosaik wie sie ohne Piadina können. Fakt.

Und an der Piadina kommt man nicht vorbei. Der Teigfladen aus Weizenmehl regiert hier aber so etwas von in der Küche!
Entweder wird sie als Brot trocken warm in kleine Stücke geschnitten zu den fantastischen Antipasti der Romagna serviert. Oder sie wird frisch zubereitet gefüllt mit Ruccola, gedünstetem Gemüse oder mit den herrlichen Schinken oder Salami der Region und natürlich Squacquerone, dem cremigen Kuhmilchkäse der in der warmen Piadina schön schmilzt und sie mit den weiteren Zutaten der Füllung verbindet. Und aus der Hand verspeist. Wir wollen hier nicht über Kalorien reden – aber der Nährwert einer Piadina ist unumstritten. Selbstverständlich verträgt sie sich auch mit süßen Füllungen, aber das muss ich wohl nicht erst erwähnen?!

So eine Piadina ist selber sehr einfach zuzubereiten. Die Zutaten sind für ca. fünf Piadini

500 Gramm Mehl Tipo 0, maximal 00 (z. B. von Caputo)
250 ml lauwarmes Wasser (zu kaltes/warmes Wasser verändert die Teigstruktur zu sehr)
80 Gramm Schweineschmalz (vegetarisch/vegan: ca. 75 Gramm Olivenöl)
1 Gramm Backpulver
10 Gramm Salz.

Mehl auf die Arbeitsplatte geben – in die Mitte das Schmalz und Salz und Backpulver und dann mit dem Wasser das Schmalz in das Mail einarbeiten. 15-20 Minuten den Teig kneten und dann in Folie eingewickelt 30 Minuten rasten lassen, damit das Gluten seine Klebeeigenschaften entwickeln kann. Im Grunde ist es das gleiche Verfahren wie bei einem Pastateig.

Nun den Teig noch einmal kneten und zu einer Rolle formen und Stücke abschneiden, die ca. 180 Gramm schwer sind. Die Teigstücke in eine runde Form bzw. Kugeln wirken und nochmals alle Kugeln in Folie eingewickelt wieder 30 Minuten ruhen lassen. Piadina-Profis haben natürlich Maschinen, die diese Kugeln in eine runde Teigform pressen.

Die gestandene Hausfrau der Emilia Romagna, die Azdore, sie begrüßt euch am Beginn dieses Blogposts, rollt den Teig mit dem Matterello, dem italienischen Nudelholz, das dünner, dafür länger als unseres Pendant ist, zu einem ca. 3-4 cm dicken Teigfladen aus. In einer sehr heißen Pfanne, am besten aus Gußeisen wird die Piadina nun auf dem Herd ohne Fett gebacken. Auf jeder Seite ca. 3-4 Minuten, bitte nicht ständig dabei wenden, sonst gerät sie zu trocken. Die Piadina muss leicht biegsam bleiben. Alles in allem also keine Hexerei.

Wenn man sie jetzt mit dem Squacquerone füllt, streicht man den auf eine Hälte der Piadina, klappt sie in der Mitte und legt sie nochmals für drei Minuten in die Pfanne bis der Käse in ihr zu schmelzen beginnt. Den Rest macht die Füllung aus – und deren Variationen können so unendlich gut wie vielfältig sein. Ich hatte sie z. B. noch mit einer gebratenen Salsiccia dazu mit zum Flughafen genommen, sehr fein!


Mercato Coperto Ravenna

Frisch gemachte vor den eigenen Augen zubereitete Piadina bekommt man natürlich ganz frisch in der Piadineria der Mercato Coperto. Diese Markthalle liegt zentral auf der Piazza Andrea Costa und ist ein must-go, wenn man in der Stadt weilt. Sie ist ein bisschen wie die Berliner Markthalle IX im nobleren KaDeWe-Chic!

Fantastische frische Lebensmittel (ein Supermarkt ist integriert) wie Pasta, Fleisch, Fisch, Weine, Back, Käse- und Wurstwaren gibt es an den einzelnen Ständen zu kaufen und natürlich laden Imbisse als auch Restaurants zum Verweilen ein. Die Steaks aus dem Reifeschrank werden direkt nebenan in der offenen Küche auf dem Grill zubereitet!

In der oberen Etage gibt es Räumlichkeiten für kulturelle Events, die regelmäßig hier stattfinden. Z. B. lädt nun in den Wintermonaten einer der Lido-Besitzer in der strandfreien Zeit alle drei Wochen Freitagabend zu einem Club-Event mit Fine Dining und DJ. Lesungen, regelmäßige Verkostungen und Workshops finden regelmäßig statt. Gerade zu den Veranstaltungen zu gehen, lohnt sich sehr als Tourist. Es gilt dort klassisch gesehen und gesehen werden – wenigstens auf einen Aperitivo schaut dann die feine Gesellschaft von Ravenna hier vorbei! Besser und leckerer kann man die Menschen in Ravenna gar nicht kennenlernen!


Ca’ de Vèn
Die mit Abstand beste Piadina – hier als Brotbeilage zu den Antipasti – die ich in meiner Zeit in Ravenna probieren durfte, gab es im Ca’ de Vèn, das praktischerweise direkt gegenüber unseres Hotels liegt und somit in der gut besuchten Via Corrado Ricci. Es ist schon erstaunlich, wie sehr ein eigentlich so einfaches Produkt viel oder weniger Spaß machen kann! Das Ca’ de Vén gibt es übrigens … schon immer.
Zumindest das Haus in dem es Gäste willkommen heißt, existiert seit dem 15. Jahrhundert. Und so entpuppt sich hinter der rustikalen Tür ein spannender Mix zwischen Rathauskeller (zu ebener Erde) mit sehr modernem Flair in den hinteren Bereichen des sehr großen Restaurants. Ein Blick zu den gemalten Decken entzückt, auch die riesigen Weinregale lassen der Weinliebhaber Herzen höher schlagen! Ich fand hier die Piadina toll, die Antipasti toll, den Squacquerone angenehm würzig, den Wein gut und die Pasta fantastisch, den Service italienisch rasant und auf den Punkt. Hier wird regionale bodenständige Küche mit hoher Qualität serviert – sehr gut. In diesem Restaurant muss man einfach einkehren, wenn man in Ravenna weilt. Aus ganz vielen Gründen!


Osteria del Tempo Perso

Zur Osteria del Tempo Perso gab es in unserer Gruppe eine einhellige Meinung: Das beste Restaurant unserer Reise! Hierher sind wir von der charmanten Kunstdezernentin der Stadt Ravenna, Maria Grazia Marini, anlässlich der Eröffnung der Bienale di Mosaico Contemporaneo eingeladen worden, die uns auch beim Dinner alle Fragen zur Biennale beantwortete. In dem kleinen gemütlichen Restaurant fühlt man sich sofort wohl, es liegt unweit der (unfassbar schönen) Basilika San Vitale und in der Nähe der Via Cavour, die als die Shopping-„Meile” von Ravenna gilt.

Seit 2004 führen Sivia Piccari (Chefkoch) zusammen mit Massimo Serena Monghini (Service) dieses charmante Restaurant in dem vorrangig feine delikate Fischgerichte auf der Speisekarte stehen, natürlich gibt es auch Gemüse- oder Fleischvariationen. Oder feine Desserts!

Es gab – nur unter andereem – Tortino di squacquerone su fonduta di zafferano (Käseflan aus Squacquerone mit geschmolzenen Zwiebeln) und Gamberi in pasta kataifi, riso nero e coulis di zucca (in Kataiffi [Engelshaar] gewickelte frittierte Garnelen mit schwarzem Risotto und einem Orangen-Tomaten-Coulis). Wir haben uns festgesessen und sehr gut gegessen und charmante Weine getrunken. Und sollte mich nochmals mein Weg nach Ravenna führen – hierhin dann sehr sicher auch!

2022-09-20

In fremder Sache!

In Berlin ist es leider gang und gäbe Einladungen für Veranstaltungen, Partys, Presseevents zuzusagen und dann nicht zu kommen. Sogenannte No-shows! Bekommste eine Einladung, sagst zu, kommt etwas vermeintlich Hipperes um die Ecke, gehste halt dahin. Dass da irgendwo anders Leute mit dir rechnen, für dich mit planen, kann dir doch egal sein.

Das kann man machen aber man verhält sich auf vielen Ebenen wenig sozial, was, so scheint’s mir manchmal, in Teilen bestimmter Generationen der neue Maßstab ist. Schade. (Aber ich bin da auch ein Stück weit Karma gläubig, das Leben wird solches Verhalten regeln.)

Ich durfte die letzten Wochen eine Freundin ab und zu bei ihrem Brot-Job begleiten. Die Vorbereitungen zu diesem sind sehr sympathisch, man trifft sich zum Essen und bekommt sehr feine Küchenkunst serviert, dazu exklusive Getränke und von den Restaurantchef*innen bzw. Koch/Köchinnen interessante berufliche Werdegänge erzählt. Mir ist es eine pure Freude.

Und prompt sind wir mitten im Thema: Restaurants. Was in den Gesprächen mit den Profis natürlich immer ein Thema war, das sind die harten Zeiten für Restaurants, die sie die letzten drei Covid-Jahre zu überstehen hatten. Oder nicht überstanden haben, den einen oder anderen Koch z. B. hätte man 2018 noch als Restaurantbesitzer gesprochen und nicht, wie jetzt, als angestellten Koch. Wir reden hier also auch von menschlichen Schicksalen!

Nun steuern Restaurants aber in die nächste Krise und es sieht leider nicht so aus, als hätten die zuständigen Minister im Bundeswirtschaftsministerium als auch im Finanzministerium greifende Ideen (BWM) oder überhaupt echtes Interesse (BFM) hierfür zeitnah gute, die Existenzen sichernde Lösungen zu finden.

Die Krise ist dergestalt: Wir haben alle deutlich weniger Geld inflationsbedingt und was man in einer solchen Situation tut, man spart am Freizeitgeschehen. Die Menschen gehen also seltener Essen oder passender formuliert, die Menschen können einfach nur noch seltener Essen gehen. Wenn sie es überhaupt noch tun können. Restaurants müssen also mit schwindender Kundschaft leben. Restaurants haben aber auf der anderen Seite ebenfalls mit den Preissteigerungen zu kämpfen, sie kaufen (hochwertige und somit teure) Waren ein, sie kochen meist auf Gas, mindestens mit Strom – und das nicht nur eine halbe Stunde am Abend wie der private Haushalt, sondern vorbereitend den ganzen Tag. Und sie müssen in der kommenden Jahreszeit ihre Restaurants beheizen.

Wenn es uns allen schon finanziell dreckig geht, was glaubt ihr, wie dreckig ergeht es Restaurantbesitzern gerade?

Ich war neulich in einem Restaurant, das nicht all zu viele Plätze vorhält. Es ist sehr charmant für einen Gast, weil leiser und man wird wirklich noch als Gast gesehen und betreut und nicht als Durchlaufposten für die Bilanz. An dem Abend als wir dort essen waren, sind alle Plätze reserviert gewesen. Und dann sind an dem Abend einfach mal vier der Reservierungen nicht erschienen! Vier Tische für die frische Waren eingekauft wurden, gekocht wurde, Energie verbraucht wurde – und keiner von ihnen hat überhaupt angerufen und seine Reservierung gecancelt. Keiner!

Das ist in einem Restaurant mit vielleicht nur zwölf Tischen ein Drittel!

Ich frage mich, ob den Menschen klar ist, was sie unserer Restaurantszene damit antun? Sie killen sie, sie machen sie arm. Sie treiben sie in die Insolvenz. Und das ist einfach nicht fair! Wenn man per Telefon oder Mail einen Tisch reservieren kann – warum kann man nicht auch absagen, wenn man – auch kurzfristig – nicht kommen kann oder möchte? Worin liegt das Problem sich hier einfach fair gegenüber den Restaurantbesitzern zu verhalten?

An dem gleichen Abend sind zwei Gäste in das Restaurant gekommen, die dort gerne kurz entschlossen gegessen hätten. Sie musssten aber weggeschickt werden, denn man war vermeintlich ausgebucht. Zwei von vier Tischen hätten also trotz der No-shows vergeben werden können! Der Materialeinsatz hätte verwendet werden können und wäre nicht in die Tonne gewandert und hätte kein Minus in den Tageseinnahmen verursacht. Wenn man es nur rechtzeitig gewusst hätte: die gebuchten Gäste kommen nicht!

Und vermutlich haben sogar Gäste angerufen und gefragt, ob am gleichen Tag noch ein Tisch zu bekommen wäre und es genauso verneint werden musste.

Leute, hört doch bitte auch damit. Habt doch ein bisschen mehr Respekt vor der Existenz anderer Leute! Wenn ihr irgendwo reserviert oder Einladungen zusagt, dann sagt ab, wenn ihr nicht könnt. Bestenfalls langfristig. Aber selbst kurzfristige Absagen – und es kann einem immer etwas dazwischen kommen – sind für einen Restaurantbesitzer eine große Unterstützung, weil sie dann wissentlich einen Tisch nach kurzfristiger Absage doch noch vergeben können.

Einige Restaurantbesitzer stark nachgefragter Küchen fangen in ihrer Verzweiflung jetzt an, Anzahlungen bei Reservierungen zu nehmen, damit diesem Nichterscheinen erzieherisch etwas gegengehalten werden kann.

Wie traurig ist das denn eigentlich? Da müssen erwachsene Menschen von Gastronomen erzogen werden, weil sie die Mindestregeln im höflichen Umgang miteinander nicht mehr beherrschen?

Seid fair der Restaurantszene gegenüber, die arbeiten für euch! Sie haben es verdient, dass ihr nicht gegen sie arbeitet!

Ich würde mich freuen, wenn dieses Blogpost geteilt würde, um ein Bewusstsein der traurigen Situation zu schaffen in der Gastronomen gerade wirtschaften müssen. Oder sprecht bitte darüber im Kollegen- und Freundeskreis. Macht darauf aufmerksam, dass ein Mindestmaß an Höflichkeit – in diesem Fall eine Absage – für ein Restaurant existenziell ist in dieser besonderen Zeit.

Eurem Lieblingsrestaurant geht’s nicht gut gerade!

Danke!

2022-07-22

Reis – ein europäisches Naturgut

Reis als Naturprodukt vom Feld und getrocknet

Sustainable Rice – don’t think twice! Mit diesem Slogan werben im Zusammenschluss die Vereinigungen der größten Reis produzierenden Länder in Europa: Ente Nationale Rizi (Italien), Casa do Arroz – Associaçao Interprofissional do Arroz (Portugal) und das Syndicat des Rizculteurs de France et Filière (SRFF) für ein besseres Verständnis der Biodiversität und besonderen Nachhaltigkeit im europäischem Reisanbau.


Reisverbrauch in Europa

Natürlich sind wir Europäer im Vergleich zu den Nationen in Asien im Verbrauch kleine Konsumenten von Reis. Lediglich zehn Kilo pro Kopfverbrauch gilt in der EU als durchschnittlicher Verbrauch, wobei Deutschland mit gerade drei Kilo pro Einwohner ein eher kleines Licht im europäischen Reiskonsum darstellt. Am allerliebsten – zumindest der verbrauchten Menge nach – essen die Portugiesen mit 16 Kilo/Kopf Reis. Sogar noch vor den Italienern – wer hätte das gedacht? Gleichzeitig ist Portugal nur der viertgrößte Reisproduzent in Europa nach Italien, Spanien und Griechenland und kann gerade zu 55 Prozent den eigenen Inlandbedarf mit der eigenen Produktion decken.

Dagegen ist Italien mit einem Kopfverbrauch von sieben Kilo Reis ein eher kleines Licht. Aber tatsächlich spielt Reis auf dem italienischen Teller – von dem bekannten Risotto abgesehen, das eher regional konsumiert wird – selten die tragende Rolle. Aber auch hier steigert sich gerade der Verbrauch, denn auch in Italien wird in den letzten Jahren vermehrt Sushi konsumiert bzw. hält die asiatische Küche stärker Einzug – und Reis wird zunehmend attraktiver als Brot- und Backwarenersatz hinsichtlich glutenfreier Ernährung.

Die Vielfältigkeit aller in Europa produzierten Reissorten

In Frankreich wird nur unwesentlich mehr Reis selbst verbraucht als in Deutschland. Immerhin 4,5 Kilo Reis servieren die Franzosen im Jahr durchschnittlich Reisgerichte. Hier kommt besonders gerne der rote Reis der Camargue auf den Teller. Gerne auch im Mix mit weißem und schwarzen Reis als Beilage. In der Camargue, dem größten Reisanbaugebiet in Frankreich überhaupt, isst man mit Vorliebe die Paella camarguaise. Sie wird mit Huhn und Meeresfrüchten serviert aber ohne die in Spaniens Paella übliche Kruste – sondern eher mit einem sehr cremigen Reis, der dem italienischen Risotto ähnelt.


Enjoy – it’s from Europe!

Will man der aktuellen weltpolitischen Entwicklung irgendeinen Vorteil abtrotzen, was zugegeben sehr schwer möglich scheint – dann ist es wohl die Tatsache, dass in den letzten Jahren in Europa ein größeres Bewusstsein geweckt wurde, was für ein Fehler es war in den vergangenen Jahrzehnten die Produktionen vielfältiger Branchen nach Ostasien oder Asien in Niedriglohnländer auszugliedern – der Profite zuliebe. Die Zeit der Covid-Pandemie – oder erinnern wir uns an die wirtschaftlichen Folgen alleine durch nur einen querstehenden Frachter im Suez-Kanal – hat uns sehr verdeutlicht, wie wichtig es ist, im eigenen Land zu produzieren, was im eigenen Land auch verbraucht – oder gerade bei Lebensmitteln – dringend benötigt wird.

Und ob nun gerade China, ein Kontinent, der sich nicht annähernd so gerne in die Produktionskarten gucken lässt, wie umgekehrt es deren Wirtschaftsbosse weltweit gerne woanders tun, bei einem wirklich offenen Kontrollmechanismus immer noch Exportweltmeister von Lebensmitteln in Bioqualität bleiben würde? Daran dürfen wir sehr sicher zweifeln.

Reisfeld in der Camargue

Nur einige Gründe, warum man beim Einkauf von Reis in Zukunft stärker darauf achten sollte, wo dieser überhaupt angebaut worden ist. Dabei kann durchaus helfen zu wissen: Europa ist kein so kleiner Anbaumarkt von Reis und verfügt über eine lange Anbauhistorie. Reissorten aus Europa werden nicht nur Resourcen sparend, klug und nachhaltig angebaut, sondern bieten ein variables Reissortiment, das uns eine große Vielfalt von Reisrezepten ermöglicht.

Allen Ländern voran wurden im Jahr 2020 in Italien 53 Prozent des europäischen Reiskorns produziert gefolgt von Spanien mit 24 %, Griechenlang 8 % Portugal 6 %, Frankreich 3 % (Bulgarien 3 %, Rumänien 2 %, Ungarn 1 %). Da Deutschland über keine echten Sumpfgebiete verfügt, spielt Reisanbau hierzulande keine echte Rolle. Ausgenommen in den Regionen in denen zum Trockenreisanbau geforscht wird.

Sack Reis, berümt

Weltweit wird Reis wohl schon seit dem Jahre 320 vor Christus angebaut. Die Mauren brachten Reis mit über Ägypten nach Europa. Daher hat Portugal innerhalb Europas wohl die längste Expertise bezüglich des Reisanbaus. Als die Algarve im Jahr 713 vor Chr. von den Mauren erobert wurde, brachten diese mit neuen Bewässerungstechnologien gleichzeitig auch die Reispflanzen ins Land. Im Piemont in der italienischen Po-Ebene wird Reis bereits seit dem 15. Jahrhundert angebaut. Das sind also 500 Jahre Reisexpertise alleine dort! Frankreich ist dazu im Vergleich noch wenig erfahren, die ersten Reisfelder wurden zwar schon im Jahr 1864 angelegt – aber echter Reisanbau startete hier erst nach dem zweiten Weltkrieg im Jahr 1941 mit Hilfe von Fachkräften aus den Kolonialgebieten von Französisch-Indochina.


Europa isst Oryza sativa subsp. Japonica

Botanisch gesehen ist Reis ein Gras. Er gehört zu den Süßgräsern (Poaceae) und kennt weltweit 24 Arten bzw. Unterarten. Er hat kleine Ähren als Blütenstände, die in Rispen angeordnet sind. Diese Rispen bilden später die Reiskörner aus. Eine Pflanze enthält ca. 10-15 Rispen mit je bis zu 300 Reiskörnern. Einzelne Reispflanze im Bouches-du-Rhône

Angebaut wird in Europa vorrangig die Unterart Japonica der Ur-Reisform Oryza Sativa, die ihren Ursprung vor 10.000 Jahren in den Hängen des Himalayas hatte. Man vermutet, hier liegt der Ursprung der Reiskultivierung. Vor dort wurde der Reis nach Norden als auch Süden weiterverbreitet, dabei passte er sich den unterschiedlichen klimatischen Ansprüchen aufgrund der Gebirgsbarriere immer weiter an. In der Folge entstanden zwei unterschiedliche Reispopulationen: Indica, das etwas längliche dünne Reiskorn, dessen Weg führte durch die tropischen und subtropischen Gebiete über Indien bis zum Äquatorgürtel in die Tropen. Während Risi Japonica, dem Reiskorn mit dem runden Korn, wie wir es vom Risotto her kennen über die nördliche Route von China nach Japan gelangte.

Tatsächlich aber sind diese Unterscheidungen rein botanischer Natur.
Bald gibt's Reis!

Japonica wurde in Europa aus rein klimatechnischen Gründen vorrangig kultiviert. In den letzten Jahrzehnten hatte man aber auch angefangen Japonica als längliches Reiskorn zu züchten, um den Marktansprüchen der europäischen Länder außerhalb Italiens gerecht zu werden, Ialiener als Endverbraucher halten nach wie vor am runden Reiskorn fest. Allerdings ähnelt bei dem in der Fachsprache als ‑„Indica” bezeichnete Reis nur der Körper dem Basmati, botanisch gesehen ist die Pflanze nach wie vor eine Japonica.

Reis ist keine Wasserpflanze – aber sie mag es warm und feucht. Dass die Pflanzen ursprünglich überhaupt ins Wasser gelangten, lag daran, dass man so Schädlinge hindern konnte sich über die Wurzeln herzumachen und die Unkrautbildung mindern konnte. Evolutionär bedingt haben die Pflanzen für sich ein Belüftungssystem im Wurzelgewebe (Aerenchym) entwickelt. So ist das Gras im Wasser verblieben und kommt heute sogar mit höheren Wasserständen zurecht.


Ein kleines Korn und seine Größe

Sich öfter einmal ein Reisgericht zu gönnen, nicht nur als blasse Beilage zu einem asiatischen Gericht, das kann sich durchaus lohnen. 100 Gram Reis haben – je nach Sorte und Verarbeitung – lediglich 100-120 Kalorien. Gleichzeitig liegen 0 Gramm Kohlenhydrate und 0 Gramm Fett auf dem Teller! (Na gut, zumindest so lange bis wir mit der Butter und dem Parmigiano dem Risotto beikommen.)

Dafür locken reichhaltige Vitamine, z. B. B1 und B3, als auch B5, B6 und Vitamin E. Im Vollkornreis wurde die Folsäure nicht weggeschält und das Korn hat mehr Balaststoffe. Weißer Reis (blanc) ist komplett geschält (gebleicht) – von ihm darf man nicht mehr so viel Unterstützung für den Mineralhaushalt erwarten – bleibt also lieber beim halbgeschliffenen Reis (semi-complet) oder Vollkornreis (complet). Dieser hat noch sein Silberhäutchen und darin steckt die meiste Kraft! Sie liefert auch Mineralien wie Magnesium, Calium, Eisen, Zink und Kalium sowie Phosphor.
Im Naturschutzgebiet der Carmargue wird Bio-Reis angebaut nach europäischer Zertifizierung

Europäischer Reis kann mehr!

Und natürlich ist Reis, der unter biologischen Qualitätsansprüchen produziert wurde, für uns Verbraucher das bessere Produkt auf vielen Ebenen. Womit wir wieder beim Reis aus Europa wären. Für ihn spricht die Nachhaltigkeit im Anbau, denn es wird kein Wasser auf die Reisproduktion verschwendet. In Europa werden Reisflächen entlang der fließenden Gewässer angelegt. Das Wasser wird vor dem Säen umgeleitet aber nach der Ernte aus den Feldern in die Ursprungsgewässer zurückgeführt. Der europäische Reisanbau vernichtet kein Wasser!

Das im Reisfeld geschaffene Ökosystem ist einzigartig – und vielfältig. Die eingesetzten landwirtschaftlichen Techniken erhalten das ökologische Gleichgewicht dieser Feuchtgebiete, damit die Reisfelder weiterhin ein funktionelles Ökosystem für die Insekten- und Tierwelt darstellen.

Zwischen den Anbauphasen wird zum Beispiel in der Camargue der Boden durch Fruchtfolgen (z. B. Weizen) und Überwinterung mit Gründündung aufbereitet, so dass auf den Einsatz chemischer Düngung verzichtet wird

Und schlusssendllich: Reis, der in Europa angebaut und geerntet wird und in Europa weiter verarbeitet wird, hat einen immensen weiteren Vorteil gegenüber dem Produkt aus Asien, die deutlich kürzeren Transportwege.

Mehr Informationen zur Kampagne Sustainable rice – don't think twice!