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2024-05-09

Zu Besuch bei Matteo Sansone – das archäologische Nationalmuseum von Mattinata Matteo Sansone

Ein großer Teil der Sammlung im archäologischen Nationalmuseum «Matteo Sansone» von Mattinata entspringt der Privatsammlung von Matteo Sansone. Der Apotheker aus Mattinata, hatte zu seinen Lebzeiten die von seinem Onkel übernommene archäologische Sammlung mit großem Enthusiasmus weiter zusammen gestellt. Sansones Familie übergab die Sammlung als Schenkung dem italienischen Staat mit Fertigstellung und Eröffnung des Museums Museo Archeologico Nazionale di Mattinata «Matteo Sansone» im Jahr 2022.


Die Daunier – Vorfahren der Apulier im Gargano

Denn um sie entsprechend zu würdigen, wurde in Mattinata extra das Gebäude des ehemaligen Stadtmuseums restauriert und ist nun das neue – barrierefreie – Zuhause einer der umfangreichsten Privatsammlungen Italiens. Über 2.500 Keramik-, Metall-, Stein- und Münzfunde aus der Provinz Foggia, vor allem dem Gargano und der Tavoliere-Ebene sind hier eingezogen.

Hauptsächlich entstammen sie der Daunia-Kultur. Daunien, so nannte man das Gebiet des Gargano in sehr früher Zeit. Ab dem 7./6. Jahrhundert v. Chr. ist die Bezeichnung Daunier bzw. Daunien erstmals in antiken Schriftquellen belegt. De facto nachgewiesen ist die daunische Kultur ab dem 9./8. Jahrhundert v. Chr., vor allem durch Grabfunde.


Erzpriester Giuseppe Antonio Azzarone

Die Sammlung von Matteo Sansone (1916–1992) gilt als eine der bedeutendsten Privatsammlungen in Apulien. Begonnen hatte diese Sammlung allerdings Erzpriester Giuseppe Antonio Azzarone (1871–1909), der eine bedeutende geistliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Persönlichkeit seiner Zeit war. Ein Onkel mütterlicherseits infizierte ihn wohl mit der Liebe zur Geschichte seiner Geburtsstätte. Während seiner Arbeit in der Pfarrei in Mattinata lebte er die Leidenschaft zum archäologischen Erbe seines Onkels fort und bewanderte umliegende Dörfer in den umliegenden Bergen, wie z. B. den Monte Saraceno auf den Spuren seiner Vorfahren.
Dabei erlebte er, dass die Bauern am Monte Saraceno in die von den Dauniern in die Felsen gehauenen Gräber Mandel- und Olivenbäume pflanzten und erkannte den archäologischer Schatz, der sich in diesen Felsgräbern, Chiote, noch befand. Die er dann sicherstellte ebenso wie die Stelen, am Grab aufgestellte Mahnsteine mit Inschriften und nicht selten mit in Stein gehauenen Gesichtern. Die Vorläufer unserer heutigen Kultur der Totenmasken und Grabsteine? Die Dauner waren sehr fürsorglich mit ihren Toten und in deren Grabbeigaben reichhaltig. Eine Besonderheit der Nekropole auf dem Monte Saraceno – für die Gegend eher unüblich – waren auch Keramikgefäße in den Gräbern, auch sie mit Abbildungen von Gesichtern.
Sie bilden heute einen besonderen Schatz des Museums.

Ein weiteres beliebtes Ziel für Azzarones Forschungen war das Gebiet von Agnuli mit den Überresten der, vom Meer überfluteten, römischen Stadt Matinum (Mattinata). Ein Teil der Ruinen haben sich als Reste der römischen Villa von Agnuli herausgestellt.


Matteo Sansone

Azzarones Sammlung wurde nach seinem Tod zerstreut, mit Ausnahme von etwa hundert Artefakten, die er seinen Enkeln vermachte. Einer von ihnen nahm als Onkel den verwaisten Matteo Sansone auf und vermittelte ihm so die Leidenschaft zur Archäologie. Sie prägte Sansones Leben so sehr, dass er später selber an Ausgrabungen mit Erfolg teilnahm. Zu Lebenszeiten erhielt er Auszeichnungen (Ehreninspektor für Altertümer und schöne Künste) und somit ehrliche Anerkennung von den Fachleuten für sein archäologisches, ethnologisches und wissenschaftliches Engagement.

Der italienische Staat hatte 1990 diesen kulturellen Schatz in privater Hand als Sammlung von außergewöhnlichem künstlerischem, historischem und archäologischem Interesse anerkannt. Es war der besondere Wunsch von Matteo Sansone, nach seinem Tod, die komplette Sammlung dem italienischen Staat zu vermachen.
Sein Nachlass ist zweigeteilt. Liegt das Museo Archeologico Nazionale di Mattinata «Matteo Sansone» archäologische Museum mit all seinen Schätzen an einem Ende des Centro Storicos von Mattinata, kann man am Beginn der Hauptstraße Corso Mattina in den Räumen einer Apotheke, die ehemalige Arbeitsstätte von Matteo Sansone mit einer wunderschöne Holzeinrichtung bestaunen. Zwei Räume der Apotheke sind in Gedenken an den großen Sammler Mattinatas als Museum erlebbar.
In den Vitrinen der Respekt einflößenden historischen Schrankwände sind zahlreiche Gegenstände aus dem Apotheker- aber auch Alltagsleben von Matteo Sansone ausgestellt. Im hinteren Apothekenbereich scheinen Sansones Labor und Büro mit den Originalmöbeln und -werkzeugen beinahe unberührt – wenngleich dort heute nach wie vor gearbeitet wird. Zu besichtigen während der normalen Öffnungszeiten.
Man ist sich heute noch der Bedeutung dieses besonderen Bürgers von Mattinata auf jeden Fall bewusst.


Museo Archeologico Nazionale di Mattinata «Matteo Sansone»

Die Exponate der daunischen Zivilisation seiner Sammlung findet man modern installiert und spannend präsentiert im archäologischen Nationalmuseum. Sie sind in sechs Abschnitten ausgestellt und vermitteln den Besucher*innen einen ausführlichen Überblick (auch in englischer Sprache) über die Sitten und Verhaltensweisen dieser frühen Kultur, auch im Kontext ihrer späteren Prägung der italienischen Bevölkerung.
Abschnitt 1, „Die Sammlung und das Territorium von Daunia“, ist der Geschichte der Daunier und den Nekropolen von Monte Saraceno gewidmet.

Denn von dort stammt eine besonders große Anzahl der Fundstücke. Der zweite Abschnitt zeigt anhand der „Daunischen Stelen“ die hohe Gräberkultur der Daunier und beweist gleichzeitig den originellen künstlerischen Ausdruck dieses Volkes.
Der dritte Bereich erzählt unter dem Titel „Daunia und die Adria“ anhand der Artefakte in der Sammlung von Beziehungen, die die Daunier bereits in der letzten Bronzezeit mit der dalmatinischen Küste und dem Balkanraum unterhielten. Man vermutet übrigens, die Daunier hätten den Berufsstand der Piraterie mitbegründet.
Für mich persönlich die eigentliche Sensation dieser Sammlung ist der Bereich der Keramiken, denen sich die Teilbereiche vier und fünf widmen.
Ich durfte nun schon das eine und andere Museum in Apulien besuchen und haben viele Exemplare prähistorischer Keramik, Tongefäße und Amphoren bewundern dürfen. Aber so viele Keramiken auch über die zeitlichen Epochen hinweg, die in einem erstaunlich großen Maß völlig unbeschädigt scheinen, das ist ein Novum und – für mich – stellt gerade dieser Abschnitt eine große Sensation dar. Und ist meinem Erleben nach, das besondere Herausstellungsmerkmal dieses Museums in Mattinata.
Wer immer sich für Archäologie (oder auch nicht) interessiert und sich in der Gegend Apuliens aufhält, dem kann ich einen Besuch dieses Museums nur empfehlen. Ich bin nachhaltig beeindruckt von dem, was ich dort sehen durfte.

Die Überschrift des vierten, so kunstvollen Abschnittes: „Keramikproduktion in Daunia“. Er enthält eine sehr reiche Sammlung geometrischer Keramik. Im fünften Teil „Daunia im hellenistischen Zeitalter“ wird anhand der Keramiken von den Veränderungen in der daunischen Gesellschaft erzählt.
Insbesondere vom 4. bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. veränderte sich sichtlich die Kultur der daunischen Keramikproduktion, die bis dahin schlicht schwarz glasiert und monochrom übermalt wurden. Bekannt als Gnathiakeramiken gestaltete man sie jetzt geometrisch-floral und polychrom. Die Keramiken zeigen eine Periode neuer Vitalität in der handwerklichen Produktion und sie wirken erstaunlich modern.

Im letzten Abschnitt 6, „Daunia in der Römerzeit“, werden einige Funde Giuseppe Antonio Arrazones aus der römischen Villa von Agnuli (Mattinata) vorgestellt, deren Ruine in den Ausgrabungen am Hafen zu besichtigen sind.

Museo Archeologico Nazionale di Mattinata „Matteo Sansone
Via Torquato Tasso, 1
71030 Mattinata FG

Farmacia Sansone
Corso Matino, 114
71030 Mattinata FG


Weitere Blogposts zu Mattinata und Umgebung:

Mattinata – La Farfalle bianca del Gargano

Wanderungen im Gargano: Monte Sacro, die Abtei SS Trinità und die Welt der wilden Orchideen

2024-05-07

Wanderungen im Gargano: Monte Sacro, die Abtei SS Trinità und die Welt der wilden Orchideen

Im Norden Apuliens liegt der Gargano, 65 Kilometer ragt diese Halbinsel in die Adria hinein. Zu ihm zählen die drei ihm vorgelagerten Inseln, die Isole Tremiti: San Nicola, San Domino und Caprara. 150 Kilometer Küstenlinie bilden die Verbindung zur Adria am Golf von Manfredonia.
Blick auf die Buch Baia delle Zagare

Kieselstrände, Felsküsten, unberührte Natur mit lebendiger Flora und Fauna und sehr viel Historie – das alles ist der Gargano.
Il Parco nazionale del Gargagno

Der Gargano ist gleichzeitig Namensgeber seines Nationalparks: Gargagno – il Parco nazionale del Gargagno. Auf 118.144 Hektar wachsen vorrangig Pinienbäume. Buchen dominieren in dem vom Nationalpark umschlossenen Forest Umbra. Auch selten Eichen-Arten findet man hier. Er beherbergt eine reiche Flora und ebensolche Fauna, darunter seltene Spechtarten, wie den Weißrückenspecht; Greifvögel wie den Habicht und die Eule, unter den Säugetieren kann man Wildkatze, Marder und Wildschweine beobachten. Ungefähr 120 Exemplare der Gargano Hirsche leben hier. Auch halbwilden Pferden wird man begegnen können.
Drei Wanderungen darf ich hier während meines kurzen Aufenthaltes in dieser wunderschönen Natur machen, jede einzelne ist ein besonderes Geschenk. Jede ist anders – ob die Berge hoch, entlang der Küste. Überall begegneten mir andere Pflanzen. Rosmarin, Thymian, Mastix, die wilden Arten von Fenchel, Ruccola und Knoblauch, die Malven, Königskerzen und Wolfsmilche blühen, ganze Landstriche bemalt, stolz der weiß-rosa blühende Ästige Affodill, den ich so sehr liebe, mit seinen jetzt hoch stehenden Blüten. Und natürlich: Die wilden kleinen Orchideen, die hier mit einer Häufigkeit wachsen, wie selten!
Freunde: Der Ästige Affodill hat Hummelbesuch

Der Nationalpark selber ist in vier Zonen eingeteilt, zwei sind für Fußgänger zugänglich, die dritte nur mit besonderen Auflagen bzw. mit Führung. Die vierte Zone zu bewandern, das ist strikt untersagt.

600 Höhlen und 128 Seegrotten sind im Gargano heute bekannt und 4000 Dolinen in diesem riesigen Karstgebiet von Kalkstein geformt. Es wäre also eine Schande, hierher zu reisen, nur um am Strand zu liegen. Auch wenn diese sehr reizvoll sind, mit ihren zahlreichen Buchten! Aber der Naturpark ist vor allem ein perfekter Schattenspender im Sommer – und es gilt hier wirklich viel zu entdecken!
Zwei Seen liegen hier, der Lago di Varano gilt als der größte See Süditaliens mit einer Fläche von 60,5 km². Getrennt ist der (Brackwasser-)See von einer 10 Kilometer langen sandigen Landzunge vom Meer. Bewachsen mit Mastixsträuchern, Pinien und Eukalyptusbäumen. Zwei Zuläufe aus der Adria sorgen für den Wasseraustausch. Beeindruckend groß ist auch der Lago di Lesina mit einem Umfang von 50 Kilometern. Auch er wird von zwei Kanalgängen mit Meereswasser versorgt und ist ebenfalls durch eine Düne von der Adria getrennt.

Entlang der Küste vom Golf von Manfredonia wechseln sich Sumpffelder, Salzfelder mit einem hohen Flamingoanteil, raue abfallende Felsenküsten und wunderschöne Strandbuchten ab. Vico del Gargano, Monte Sant’Angelo, Vieste, Carpino, Peschici und Mattinata heißen die Ortschaften, die zur Communità Montana del Gargano gehören.

Von meinen Wanderungen im Gargano, war eine so wunderschön wie die andere, geprägt von fantastischen Aussichten auf die Landschaft, das Meer. Blicke in die Natur, die eine Vielfalt der Botanik zeigen, die unendlich scheint.

Endloses Blütenmeer! Der Ästige Affodill verzaubert Apulien im Frühling mit seinen Blüten

Die besondere Schönheit des Monte Sacro

Bei unserem ersten Ausflug zum Monte Sacro erwarteten uns – dem Grund unserer Reiseeinladung entsprechend – kleine wilde Orchideen satt.
Anacamptis papilionacea

Er ist der höchste Berg, der das Tal von Mattinata bewacht. In den unteren Ebenen wird Landwirtschaft betrieben. Kolonien von Olivenbäumen stehen in Reihe und Glied. die Agroturismi freuen sich über Gäste, die einen Urlaub in der Natur am Berg vorziehen als direkt an der Küste. Kurz unterhalb seines Gipfels wartet die im Verfall begriffene Abtei Santissima Trinità di Monte Sacro.


Die wilden Orchideen des Gargano

Wir sind früh unterwegs und fahren mit dem Minibus von unserem Hotel Residence Il Porto vielleicht zwanzig Minuten in Richtung Monte Sacro und bewältigen die ersten Höhenmeter dieses insgesamt 874 Meter hohen Berges bequem fahrend. Die Abtei liegt unterhalb seiner Spitze. Ein bisschen motorisierte Pferdestärke für die ersten Meter können also von Vorteil sein.
Aber schon die Fahrt dorthin ist besonders. Wir lassen Mattinata hinter uns. Den Tunnel, der Mattinata mit den Nachbargemeinden und der Provinz Foggia verbindet. Wir kommen auf unserem Weg an Agriturismi vorbei. Das allzu sportliche Fahren verbietet sich hier auf der schmalen Landstraße, denn mehrmals begegnen wir Stuten mit ihren Fohlen, die unseren Weg kreuzen und entlang der Straße an der reichhaltigen Flora knabbern. Sind es nicht die Pferde, können es hier durchaus auch Ziegen oder halbwilde Rinder sein, die hier die Gebietspflege betreiben. Es bimmelt kontinuierlich am Monte Sacro.
Ophrys apulica (Apulische Hummel-Ragwurz, weil sie eine Hummel immitiert – um von dieser besucht zu werden)

Uns erwartet in dieser noch natürlichen Umgebung eine traumhaft schöne Wanderung, die allerdings anlässlich des Festivals und der Hauptblütezeit der wilden Miniatur-Orchideen nicht gerade mit großer Einsamkeit überzeugen kann. Aber wen wundert es? Entlang des schmalen Pfades „Sentiero Religiose Naturalistico per l’Abbazia di Monte Sacro” zur Hochobene, wachsen besonders gerne im Frühling 60 bekannte Arten wilder Orchideen. In Relation gestellt: In der Region des Gargano existieren insgesamt 80 Arten, weltweit sind 200 Arten bekannt. Wir haben an diesem Ort quasi den Jackpot aller wilden Orchideen gewonnen.
Professoressa Angela Rossini kennt sie alle! Sie erforscht seit Jahrzehnten diese wilden Orchideen. Ein seltenes Exemplar, das sie hier als noch weltweit unbekannt entdeckt hatte, hat sie nicht – wie gemeinhin üblich in Botaniker-Kreisen – nach sich benannt, sondern namentlich der Stadt Mattinata gewidmet. Anlässlich des Festivals führt sie hier die Menschen zu den kleinen Schönheiten und kann zu jeder Spezies alle relevanten botanischen Eigenheiten benennen.
Serapias lingua (Zungelstengel)

Das macht sie ehrenamtlich. Ihr Dank ist, wenn man den von ihr und Co-Autoren Giovanni Quitadamo herausgegebenen Orchideenführer „Orchidee spontanee nel parco nazionale del Gargano” erwirbt. Und wer sich für eine Führung mit Angela Rossini anmelden möchte, Kontaktmöglichkeit über ihre Homepage: Orchidee del Gargano

Der Frühling 2024 ist auch hier, wie im restlichen Europa, weiter fortgeschritten als üblich. Ein großer Teil der kleinen Orchideenpracht ist schon vergangen. Aber wir dürfen noch einige faszinierende später blühende Schönheiten entdecken und bewundern, diese sind immer noch reichhaltig und bezaubernd anzusehen. Je mehr Zeit man sich nimmt und dabei sehr vorsichtig durch die Hochebene wandert, will man diese kleinen Wunder der Natur nicht platt treten, umso mehr von ihnen kann man entdecken. Klein müssen wir uns machen, unser Ausflug in die Orchideen ist gleichzeitig das perfekte Training für unsere Knie – zumindest will man die Blüten in einer ansprechenden Perspektive fotografieren. Sie wachsen vielleicht 15 Zentimeter hoch, die größeren Arten erreichen höchstens 30 Zentimeter.
Sie lieben Steine, trockenen Boden und viel Sonne. Faszinierende Formen, Farben – es ist einfach von Orchideen an diesem Ort völlig neu in den Bann gezogen zu werden. Davon abgesehen blühen reichhaltig wilde Salbei-Zistrosen, Wolfsmilch und Affodill. Es ist ein visueller und duftender, als auch summender Traum! Einer mit Aussicht!
Neotinea tridentata

Die kleinen Orchideen wandern übrigens früher oder später in den Magen der Huftiere, die das Gebiet ordnungsgemäß sauber knabbern. Liegt es vielleicht an dieser exklusiven Kost, dass der Ziegen-/Schafs-/Kuhmilch-Käse hier so wunderbar schmeckt?

L’Abbazia Santissima Trinità di Monte Sacro
Bisher haben wir lediglich einen netten Spaziergang ohne große Anstrengung gemacht. Ab jetzt schließt sich unserer Orchideenentdeckung der Aufstieg auf den Monte Sacro an. Und der fordert schon etwas mehr körperlichen Einsatz ab. Gute Schuhe mit ordentlichem Grip kann ich empfehlen. Am Berg kann es schnell regnen und spätestens dann sind hier nur Sneaker ein unnötiges Risiko. (Während unseres Abstiegs regnete es dann in Strömen, da war ich für gutes Schuhwerk und meinen mitgenommenen Faltstock nicht undankbar.)
Unser Aufstieg ist aber von wunderschönem Wetter begleitet. Entlang der Trockenmauern duftet die Natur. Die Sonne scheint, es ist frühlingshaft warm. Ich begegne meinem chinesischen Sternzeichen, das – mir in der Angewohnhet sehr ähnlich – völlig entspannt am Wegesrand liegt, die Natur genießt und sich sonnt.
Klapperschlange, gut genährt und tiefenentspannt im Grünen – lebt meinen Lebensentwurf
Der Weg ist schmal, aber gut begehbar, man muss nicht klettern – sollte nur gut aufpassen, wohin man tritt. Der Vormittag ist im vollen Gange – und es ist Feiertag (25.04.) in Italien. Wir sind jetzt nicht mehr unter uns in unserer kleinen Gruppe. Im Gegenteil, dieser Berg lebt in der Festivalwoche.
An einen Ort des Verschnaufens erinnert uns eine Madonnenfigur, wem wir unser Ausflugsziel zu verdanken haben. Es wird durchaus heilig.

Im 4. Jahrhundert war dieser Ort dem Jupiterkult geweiht – vielleicht wegen der Eichen, die für den König der Olympier als Symbol standen. Von ihnen haben wir während unserer Wanderung einige unterschiedliche Exemplare zu Gesicht bekommen. Am Ende des Jahrhunderts soll schon Schluss mit dem Heidentum und es soll dort ein Tempel der Heiligen Dreifaltigkeit entstanden sein. Die ersten Bauarbeiten am Kloster wurden im 10. Jahrhundert n. Chr. begonnen.
Die Benediktiner Abtei l’Abbazia di Monte Sacro in ihren weit laufenden Grundmauern entstammt wohl dem 11. Jahrhundert. Das Kloster gehörte zu einer der bedeutendsten Pilgerstätten seiner Zeit. Um die 100 Mönche lebten an diesem Ort gleichzeitig, bauten Gemüse an, sammelten Regenwasser in heute noch erhaltenen Zisternen.
Sie hielten Tiere und besaßen eine mehr als beeindruckende Bibliothek. Wandert man um das Gelände, erkennt man, wie unfassbar riesig dieser heute verfallene Ort gewesen sein muss. Die Reste der Kirche zeigen drei Schiffe, es soll einen riesigen Glockenturm gegeben haben. An einer Wand erkennen wir sogar noch Reste von Fresken. Dieser Ort ist … verzaubert!
Tatsächlich weiß man so sehr viel heute nicht aus ihrer Geschichte. Es wird gemunkelt, die Herren dort oben unter sich sollen etwas über die Stränge geschlagen haben. Schlussendlich ist ihr wohl der Monte Sant’Angelo mit seinen Heilgenerscheinungen den Rang in der Relevanz abgelaufen.
Jedenfalls wurde diese Abtei im 14. Jahrhundert mit der von Siponte zusammen gelegt. Die Abtei SS Trinità im 16. Jahrhundert aufgeben – die Natur hat sich in beeindruckender Weise ihr Gebiet wieder zurückerobert. Ein faszinierender Ort, dessen reichhaltige Geschichte man heute nur erahnen kann. Zeitweise bin ich ganz froh, nicht ganz alleine dort zu sein – denn ein bisschen gruselige Stimmung kann ich auch nicht von meinen Schultern streifen.
Das Germanische Nationalmuseum Nürnberg hatte in einem Forschungsauftrag die komplette Anlage erforscht und 2013 eine reale 3D-Animation (Antonio Lupoli) dieser Abtei auf Basis der Forschungsergebnisse erstellt. Seht euch deren beeindruckende Größe bei Nicoletta de Rossi auf ihrem Blog sonoitalia.it an!
Wer nun möchte, kann auch noch die letzten Meter zum Gipfel des Monte Sacro besteigen. Auf uns wartet jedoch der nächste Programmpunkt an einem anderen Ort. Als die ersten Tropfen vom Regengebiet künden, begeben wir uns an den Abstieg. Und auch wenn wir unten am Wagen pitschnass ankommen – die Erlebnisse in dieser wunderschönen Natur, sie wirken nach.




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Mattinata – La Farfalle bianca del Gargano

Zu Besuch bei Matteo Sansone – das archäologische Nationalmuseum von Mattinata Matteo Sansone

2024-05-04

Mattinata – La farfalle bianca del Gargano

Mattinata vom Monte Sant'Angelo aus gesehen, im Hintergrund der Monte Sacro

Eines ist klar für mich – soweit nördlich war ich in Apulien noch nie unterwegs. Als die am nördlichsten liegende Stadt, von Bari aus gesehen, ist bisher Barletta von mir besucht worden. Aber das ändert sich jetzt! Eingeladen bin ich von der Stadt Mattinata. Im fortgeschrittenen Frühling blühen rund um die Stadt in den Bergen unzählige Mini-Orchideen – und diese Zeit feiert Mattinata mit dem Festival Orchidays!

Mattinata liegt im Gargano, eingefasst von dessen Vorgebirge. Der Gargano ist eine Halbinsel im Norden von Apulien. So lerne ich also eine völlig neue Region von Apulien kennen. Alles hier ist anders als der flachen Landschaft des Salento im Süden Apuliens!

Und um es vorneweg zu nehmen: Ich bin begeistert von dieser Gegend! Mattinata ruht in dem Tal, eingebettet von den Hausbergen Monte Sacro und den Monte Sant'Angelo.
Etwas über 6.000 Mattinetesi leben am Golf von Manfredonia. Die Stadt schmiegt sich um den langen Kieselstrand mit seinem klaren, türkisfarbenen Wasser, dem ein kleiner Hafen vorliegt, und ist seitlich von Steilküsten und im Hinterland von dem Berg Monte Sacro (874 m) umringt.
Die Küste von der Hotelresidenz Il Porto, rechts hinten im Meer die Reste vom historischen Hafen Mattinatas

Vor der Küste wurden Überreste der antiken Siedlung Matinum sul Gargano aus der Römerzeit freigelegt. Sie liegen nun vor dem Strand, vom Meereswasser umspült. Das alte Mattinata wurde vermutlich durch eine Flutwelle infolge eines Seebebens zerstört. So baute man den Ort, zwei Kilometer von der Küste entfernt, jetzt von einer Anhöhe geschützt, erneut auf. Das wunderschöne Meer scheint hier trotzdem sehr nahe, denn läuft man durch die Altstadt, blitzt überall am Ende der Straßen im Hintergrund die Adria auf …
Ähnlich wie im weiter südlich gelegenen Ostuni sind auch hier die meisten Häuser weiß gekalkt. Früher im Glauben an den Schutz vor der Pest zelebriert, hält man heute gerne an der Tradition fest, weil das Weiß in der Sonne für eine gewisse Eleganz und Fröhlichkeit steht – und natürlich gut vor der hiesigen Sommerhitze schützt.
Aufgrund ihrer Form, wie sie da so im Tal liegt, sprechen die Einwohner liebevoll von Mattinata als „La farfalle Bianca del Gargano” – den weißen Schmetterling des Garaganos!
Und genau so lang wie der Schlag eines Schmetterlings währt, erlebt man hier in kürzester Zeit wie die prähistorische Vergangenheit auf die heutige lebenslustige Moderne dieser Stadt trifft. Die Vielfalt ist dabei enorm, denn diese kleine entzückende Küstenstadt mit ihrem aparten Centro Storico, das mit kleinen Palazzi lockt, trägt viele historische Schätze und besondere Geschichten in sich.
Das Bürgeramt und die Bibliothek von Mattinata

Ein Beispiel hierfür sind die Palazzi. Oft nach den Regionen benannt, wo die Mattinetesi im vergangenen Jahrhundert als Gastarbeiter ihr Geld verdienen mussten. In diesen langen Jahren haben sie für ein Haus in ihrer Heimat gespart. So begegnen uns hier also Häuser, die den Namen Hamburg, Bayern oder Städte aus den USA tragen.
Den Mattinetesi, die Einwohner*innen dieser Stadt, die über viele Jahrhunderte abgeschieden durch die sie umragenden Berge lag, sagt man nach, aus der Zeit der sehr frühen Einsamkeit der zurückgezogenen Lage ihre heutige Offenheit, Gastfreundschaft und Feierleidenschaft entwickelt zu haben!
Sie erlebt man in den kleinen Restaurants oder Bars entlang der Hauptstraße in der Altstadt, dem Corso Mattina. Seinen kleinen Querstraßen zu Fuß folgen, das heißt wahrlich aufzusteigen. Auf und ab, ab und auf.
Das Training hält vor die älteren Einwohner Mattinatas sichtlich lange fit! Viele von ihnen erkennen unsere Herkunft und begrüßen uns freundlich in deutscher Sprache. Bleiben wir stehen, erzählen sie uns von ihrer Geschichte in Deutschland, wo sie lange Jahre gearbeitet haben. Damals als, mit dem wenig charmanten Begriff, Gastarbeiter eingeladen, stehenn sie heute für das neue europäische Leben für das gerade sie einst den Grundstein gelegt haben!

Noch zur Zeit des Zweiten Weltkriegs war Mattinata lediglich über das Wasser von Vieste aus erreichbar oder man gelang über den Höhenzug Monte Saraceno mit einem Esel nach z. B. Manfredonia, die heutige Kreisstadt Mattinatas. Beide gehören zur Provinz Foggia. So wie heute, sehr schnell durch einen Tunnel über die Bundesstraße (Foggia-Vieste) erreichbar, ist Mattinata tatsächlich erst seit den 1980er Jahren. Für die allererste befahrbare Straße über die Berge zeichnete sich noch Mussolini verantwortlich.
Mattinata hat die tollsten Schornsteine!

Mattinata ist eine entzückende kleine Stadt, die mich schon wegen ihres hohen Türkis-Anteils in allen möglichen Details eingefangen hat.
Oder generell wegen der kleinen Schätze, die ich bei dem Spaziergang durch sie entdecken durfte.

Und natürlich wegen …
Das allerallerärmste Kätzchen von Mattinata – auf den Balkon gesperrt und zu dick, um durch die Gitter entfliehen zu können!

Der nächstgelegene internationale Flughafen ist in Bari der Aeroporto di Bari-Palese “Karol Wojtyla”. Von dort gelangt man mit der Bahn via Stazione Bari Centrale nach Foggia. Ab dort verkehrt ein Bus Richtung Mattinata, bei günstiger Verbingung ist das in drei Stunden zu schaffen (ab Bari Centrale). Mit dem Mietwagen fährt man von Bari aus entlang der Küste und Salinen über Manfreddonia ca. 90 Minuten.


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Zu Besuch bei Matteo Sansone – das archäologische Nationalmuseum von Mattinata Matteo Sansone