2018-12-09

Neulich beim Arzt …

Neulich dann endlich den Termin beim Rheumatologen gehabt. Mit Voranmeldung zweieinhalb Monate Wartezeit. Aber bereits vorher schon monatelang bei anderen Rheumatologen einer Terminmöglichkeit hinterher telefoniert. Wie machen das eigentlich Menschen, die 40 Stunden (und mehr) die Woche arbeiten?

Die Praxis liegt ungefähr vier Bezirke von meinem Wohnbezirk entfernt, Anreise mit den Öffentlichen knapp unter eine Stunde. Aber hey: ich hatte ein Date!

In der Praxis gab es zwei Wartebereiche, die waren vergleichsweise voll zu nennen. Kein Lesezirkel, dafür im Wartezimmer ein antike Vitrine, die mehr oder weniger elegante Hilfsmittel für den Rheumakranken präsentiert. Schön. Ich füllte insgesamt vier beidseitig bedruckte Fragebögen – mein bisheriger Rekord tatsächlich – aus. Ein halber Fragebogen bezog sich dabei ausschließlich auf Kenntnisgabe meinereine über die Widrigkeiten wie sehr, wie lange und intensiv ich um diesen bzw. einen Termin beim Rheumatologen stadtweit mich bemühen musste, um die „Berlinweite Situation von Fachärzte der Rheumatologie” abbilden zu können. Drolligkeit kennt zunehmend im Gesundheitsbereich wirklich kein Pardon!

Persönlich glaube ich keine Sekunde lang, dass sich ein Arzt vor der Erstkonsultation die immer noch übrig gebliebenen dreieinhalb Fragebögen wirklich durch liest; die Fragen scheinen eh nicht meine spezielle Situation abgebildet, da ich meine Schmerzen nicht kontinuierlich habe. Schlussendlich aber hatte ich meine persönlichen Werdegang hinsichtlich meiner gesundheitlichen Probleme, einschließlich aller Befunde und draus gezogenen Konsequenzen für weitere Arztkonsultationen auf ein Blatt Papier vom PC an Drucker ausdrucken lassen (der Ur-Ex betont immer, meine Handschrift wäre schön aber nicht lesbar) und vorgelegt.

Es ist wie immer: der herbei gesehnte Arzttermin ist da und mir ging es so gut wie schon lange nicht mehr. Ich war beweglich, die schreckliche Körpersteifigkeit wie weggeblasen! Es wurden ein paar Fragen gestellt, ich wurde untersucht, an mir wurde herum gedrückt. Ich enthielt mich höflich dem Versuch an der einen oder anderen dann sehr schmerzenden Stelle auszuteilen. Es gibt Stellen in meinem Körper, die zwar nicht akut schmerzen aber wenn da jemand etwas fester drauf rumdrückt, höllisch weh tun. Wieder was über sich selbst gelernt.

Dann gab es die Vermutung auf eine Diagnose, die mir nach Einlesen in meine persönlichen Beschwerden nicht ganz unbekannt war. Während mir also die Vermutung an den Kopf geworfen wurde von der ich auf Nachfrage ehrlich behauptete, von ihr einmal gehört zu haben, wurde mir eine Blutuntersuchung in Aussicht gestellt und dann zupfte der Arzt in einem großen Stapel kopiertes Papier auf dem Tisch diverse Bögen heraus. Mir wurde ein Bogen Papier gegeben mit der Adresse von einem Selbsthilfeverein, bei dem ich mir zur Diagnose bitte selber eine Broschüre anfordern möge, die mich darüber aufklären soll, was ich ggfs. habe. Kein Job für den Facharzt, wo kämen wir da hin? Dazu drei Bögen mit Körperübungen, die ich durchführen solle, um etwas aus dem Schmerzverhalten zu entkommen. Ich erhielt den Hinweis, der Arzt würde sich melden, würde sich etwas bei den Blutuntersuchungen ergeben. (Die vermutlich gestellte Diagnose ist in Blutuntersuchungen nicht abbildbar, der Rest ist für den Ausschluss.) Und die Bitte, ich möge mich im Verlauf wieder vorstellen.

Ich fragte (leicht zynisch aber man kennt mich hier ja nicht) in welchem zeitlichen Radius sich denn „im Verlauf” bewegen würde und ich erhielt einen Termin im zweiten Monat des kommenden Jahres zugewiesen. Draußen gab ich Blut und Urin ab, ließ meine Befunde der anderen Ärzte einscannen und reiste von dannen und zurück an den Ausgangsort. Eine vage Diagnose, keinerlei Aufklärung. Nichts.

Aber dann heulen, wenn die Leute mit kruden Internetbehauptungen vor ihrem Arzt sitzen …

Hey, wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Und nun gut, der miese Schmerz hat nun wenigstens einen Namen, höchstwahrscheinlich. Ist auch was. Zumindest entbindet es mich von dem fiesen Gefühl das Alter sei alleine schuld. Oder ich. Oder beides zusammen.

Nein. Ich bin mit diesem Gesundheitssystem nicht zufrieden.

6 Kommentare:

arboretum hat gesagt…

Lassen Sie mich raten, fängt die vermutete Diagnose mit F an und hört mit a auf?

creezy hat gesagt…

@arboretum
In der lat. Bezeichnung: ja.

arboretum hat gesagt…

So erleichternd es sein kann, endlich eine Diagnose zu haben, wünsche ich Ihnen dennoch, dass sich der Verdacht nicht bestätigt, sondern es "nur" die Faszien sind.

Der Beschreibung der Untersuchung nach, ckeckte der Arzt die Tender-Points - es gibt Experten, die diese Methode als veraltet bezeichnen, sie wird aber wohl doch noch recht häufig von Rheumatologen und Schmerztherapeuten zur Diagnose benutzt.

creezy hat gesagt…

@arobretum
Ich weiß. Tatsächlich frage ich mich, ob hier nicht der übliche körperliche Wandel nach der Menopause von jung in alt werdend mit all seinen Problemen lediglich eine medizinische Diagnose erhalten hat. Also etwas, was zum Leben nun mal dazu gehört, womöglich nun zu einer Pseudoerkrankung führt.

Andererseits … bin ich sicherlich eher jemand, der für so etwas dann nicht Kandidatin wäre, weil ich im Prinzip das mit dem Körper, dem Verfall und was man dagegen aktiv tun sollte, meine ich, gut verstanden hat und bisher diesbezüglich richtig gelegt habe.

Soweit ich es verstanden habe, geht man bei den Tender-Points-Untersuchungen davon ab, dass der Schmerz nicht zwingend an den 18 Stellen auftreten muss. Und den anderen Begleiterscheinungen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss – aber die stimmen alle bei mir.

Naja, wir werden sehen.

arboretum hat gesagt…

Wenn ich mich richtig erinnere, musste bei der Tender-Points-Diagnostik nur eine bestimmte Trefferquote erfüllt werden (12 von 18 oder so).

Dass einige der anderen Symptome wie etwa Konzentrationsstörungen, trockene Augen, Schlafstörungen auch Anzeichen für Wechseljahre sein können, macht es nicht leichter, eine eindeutige Diagnose zu stellen, aber chronische Schmerzen gehören eher nicht zu den Wechseljahren. So lange es aber keine schriftliche Bestätigung der F-Diagnose gibt, gibt es vom Augenarzt aber auch keine Kassenrezepte für Augentropfen oder -gel, um einmal ein Beispiel zu nennen.

Der Tipp mit den Bewegungsübungen ist nicht verkehrt, erfahrungsgemäß hilft viel Bewegung gegen die Schmerzen, ebenso Entspannungsübungen (Yoga Nidra o.Ä.). Und die entsprechende Selbsthilfeorganisation hat tatsächlich oft die aktuelleren Infos.

Möglicherweise überweist Sie der Arzt im kommenden Jahr auch in ein Schmerzzentrum. Dort versucht man es oft erst einmal mit Infusionen (z.B. Ortoton zur Muskelentspannung), mit etwas Glück bekommen Sie auch Akupunktur (bringt mehr, die GKV zahlt aber nur einmal im Jahr 10 Sitzungen) und Manuelle Therapie (ebenfalls sehr hilfreich, meist muss man nach drei Rezepten aber erst einmal eine dreimonatige Pause einlegen, bevor es die nächste Verordnung gibt). Oft wird auch noch versucht, das Schmerzgedächtnis zu überschreiben, die Medikamente (z.B. Duloxalta) verträgt aber wegen der Nebenwirkungen nicht jeder gut.

Im "Guardian" las ich mal Kommentare von Betroffenen, die mit Magnesiumöl (einreiben) und CBD Hanföl (einnehmen) gute Erfahrungen gemacht haben. Viele nehmen auch noch zusätzlich Vitamin D ein. Eine Bekannte meiner Mutter und eine ehemalige Nachbarin von mir nehmen ebenfalls CBD Hanföl, um schmerzfrei zu sein. Kostet aber leider alles Geld, die meisten Kassen zahlen es nicht.

Cecie hat gesagt…

hey, long time no see... wenn das leben andere prioritäten schickt. ich habe aktuell grad bis hierher zurückgelesen, weil mich das thema - aus gründen - interessiert. möchtest du meine erfahrungen dazu? ich versuche ganz dringend, nix ungefragtes mehr überzuhelfen. ich schicke auf jeden fall viele viele liebe grüsse, falls du dich noch erinnerst ;)

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