2018-06-29

Ein Gürtelrosen-Event

Oder wie ich es nannte ein „Botanisches Gürteltier”.

Neulich hatte ich – oder wie sich herausstellte, meinte ich gehabt zu haben – einen Mückenstich, rückseitig unterhalb des linken Armes auf Brusthöhe. Der juckte. Einer von den Fiesen, dachte ich. Gibt doch neuerdings asiatischen Mücken, die den heimischen Mücken in Fiesness noch einen drauf setzen und dicke Quaddeln basteln. Also hatte ich einen Stich, der juckte und drum herum rötlichen Ausschlag. Als auf der gegenüber liegenden Seite an ähnlicher Stelle etwas Ausschlag dazu kam, wollte ich mein Duschgel, Deo whatever als Übeltäter bedenken und schmierte Salbe mit leichtem Cortisonanteil darauf. Tat nix. Beim Anblick der ersten Blase bin ich dann medizinischdiagnostisch aufgewacht und zur Hausärztin geschwind gehüpft, die meine Diagnose bestätigte.

Das ganze Gutachter-Gedöns der letzten Wochen, das für mich sehr anstrengend war, hat dann doch Spuren hinterlassen und meine Herpes Zoster-Viren (eingefangen aus traurigen Zeiten als es noch keine Impfungen gegen Windpocken gab) aus der Versenkung geholt und aktiviert. Und ich hatte Glück im Unglück: außer Brennen und Jucken hatte ich (bisher) keine Schmerzen, mir ging es sehr gut dabei ansonsten, ich hatte kein Fieber. Mir haben lediglich die Tabletten mental kein bisschen gut getan und die zwangsläufige Quarantäne auch nicht so wirklich. (Gürtelrose ist nicht so sehr ansteckend wie Windpocken – aber solange man Blasen trägt, die sich öffnen können eben doch auch sehr infektiös. Da bleibt man zu Hause. Auch als erwachsene Person. Wie man es auch tun sollte, wenn man voll vergrippt ist.) Es ist blöd zu Hause rumhängen zu müssen, wenn man sich eigentlich okay fühlt.

Am Anfang sagt man sich noch „Ah, okay! Dann kann ich in der Zeit zu Haus das und jenes tun, hier und dort entrümpeln, putzen etc.” Nö. Aciclovir – imposante Tabletten, von denen man sich fünf Stück am Tag, im Schnitt alle drei Stunden zuführen darf (ich erwähnte früher bereits, dass Tabletten schlucken generell nicht zu meinen Kernkompetenzen gehört, nich weil ich Tabletten nicht mag, weil ich sie einfach nicht gut schlucken kann) – machen müde. Klar, sie regeln den Organismus runter, damit die Viren nicht weiter im Körper unnötig verteilen. Sagen wir es so: ich habe in den letzten Wochen extrem viel geschlafen, wenig getan.

Voll der Knüppel zwischen 'de Beene. In einer Zeit in der ich mich mental seit langer Zeit erstmals so richtig gut fühlte und auf dem aufsteigenden Ast. War blöd! Gürtelrose heißt Ruhe halten. Körperlich. Es ist interessant, selbst einfaches Staubsaugen sorgt sofort für Aktionismus dieser Viren (merkt man am prompt einsetzenden Juckreiz). Nach meiner Erfahrung ist es bei dieser Diagnose wahrlich das Beste von 100 auf 0 zu schalten – und nein, die Leute mit der Diagnose simulieren nicht.

Aciclovir kann in zu hoher Dosierung ein interessantes Phänomen auslösen: das Cotard-Syndrom. Man gerät in einen Wahn, der glauben lässt, man sei jetzt tot, würde schon innerlich verwesen oder der inneren Organe beraubt. Das war nun nicht direkt mein Problem. Aber gleichzeitig mit meiner Diagnose zogen Mehlmotten in meiner Küche ihre Bahn und als dann noch zwei Maden meine Küchenwand hochschlichen, war ich wirklich kurz vor knapp am Abdrehen.

Man verstehe mich nicht falsch, ich mag Insekten. Ich rette Bienen, ich lasse Spinnen in meiner Wohnung überwintern und manchmal spreche ich mit Insekten, z. B. wenn ich eine Mücke erschlage und ihr dabei versichere, dass sie sehr sicher als Elefant wieder geboren wird. Ich könnte einer Mücke natürlich auch erzählen, sie würde als Katze bei mir wieder geboren – aber ganz so dicke ist nun mein Verhältnis zu Mücken dann doch nicht, als dass ich sie wieder in meinem Leben so nah begrüßen wollte. Sonst aber finde ich Insekten wirklich toll und freue mich sehr über gelungene Insektenmakros. Ich freue mich nicht über Lebensmittelmotten und ihre Larven und im Einsatz bestimmter Medikamente kann ich sogar richtig phobisch darauf abdrehen. Habe ich gelernt in den letzten Wochen.

Ich wollte aus meiner Wohnung fliehen (was natürlich die unpraktischste Reaktion ist hinsichtlich der Bekämpfung dieser fiesen Viecher), ich wollte weg und raus – und durfte nicht. Ich musste meine mir teuren und wertvollen Lebensmittel entsorgen, was generell weh tut, in meiner Lebenssituation noch einmal mehr besonders schmerzt. Meine Aufbewahrungsbehälter (teilweise leider doch nicht so dicht wie geglaubt) durfte in die Tonne zu den Lebensmitteln. Nachgewachsen sind übelste Albträume.

Es war eklig. Weg geschmissen, geschrubbt, desinfiziert, gehasst, geheult, und jede Motte, die sich am Morgen an meiner Küchendecke tummelte mit Laserblicken aus meinen Augen niedergemetzelt. (Okay, mehr so mit Tritthocker und Küchentuch ins Jenseits befördert.) Die Maden fand ich in im Pasta-Mehl (nie mehr Aufbewahrung mit Schütte!) und in einer Plastiktüte aus getrockneten Sauerkirschen, aus der ich kurz zuvor noch welche gegessen hatte. Und das alles unter dem Eindruck dieses Medikamentes war wirklich echter gelebter Horror für mich! Ich habe mich nicht mehr wieder erkannt. Gruselig!

Seit drei Tagen keine Mottensichtung mehr. Und das botanische Gürteltier hat sich auch wieder einbekommen. Sie wanderte allerdings wirklich einmal komplett um den Körper herum, was wohl eher selten ist – normalerweise hält sie sich an einer Körperhälfte auf. Leute: wenn Ihr da einen Verdacht habt, geht lieber einen Tag zu früh zum Arzt als zu spät. Bei einer Gürtelrose ist frühzeitige Behandlung das Salz in der Suppe! Ich weiß auch noch nicht, ob mich in ein bis zwei Wochen die typischen neuralgischen Schmerzen im Nachklang heimsuchen werden.

Aber: wenn mal eine Party nicht in Schwung kommt, erwähnt kurz, dass Ihr Mehlmotten in der Küche habt – belebt jedes tot gelaufene Gespräch im Nu. Gibt einen tollen Erfahrungsaustausch zu dem Thema sobald man von seinem Küchenleiden erzählt … nee, ich muss jetzt aufhören damit, sonst zuckt der olle Herpes Zoster gleich wieder.

Allen lieben Menschen, die mir in den letzten Wochen mit Hilfe, Rat, Zuwendung, Hilfe und Hilfe zur Seite gestanden haben: Dankeschön! Ich habe sie wirklich gebraucht, merke ich jetzt noch im Nachgang. Sehr viel Liebe von mir für Euch!

2 Kommentare:

arboretum hat gesagt…

Gute Besserung!

Die fiesen Lebensmittelmotten kommen im Sommer auch gern von draußen reingeflogen. Ich habe schon dabei zugeschaut, wie sie durchs offene Schlafzimmerfenster angeflattert kamen und fand auch schon welche im Badezimmer (wo es genauso wenig etwas zu futtern gibt wie im Schlafzimmer).

creezy hat gesagt…

@arboretum
Dankeschön!

Ja, die kommen so rein, die Mistviecher. Ich habe jetzt alles dicht verpackt und seit einigen Tagen keine dieser Mistviecher mehr in der Küche gehabt.

Aber neulich war eine im Schlafzimmer. Und die nächste habe ich noch im Reinflug von Draußen mit der linken Hand sehr konsequent eingefangen. (Sie hätten das Gesicht der Katze sehen sollen.)

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