2018-05-18

Die Süße einer Insel


(Symbolbild. Ich war schon viel zu lange nicht mehr auf Mallorca, um dort am Meer einen guten Tropfen zu trinken.)

Weinverkostung, Montagvormittag von 10 bis 12.00 Uhr. Kann man sich einen besseren Einstieg in die Woche vorstellen als Wein zu verkosten?



Eingeladen hatte die DOP (Denominacion de Origen Protegida) Pla i Llevant, eine der beiden Weinorganisationen Mallorcas. Pla i Llevant bildet die Weingüter des südöstlichen Bereiches der Insel ab: Von Algaida, Ariany, Artà, Campos, Capdepera, Felanitx, Llucmajor, Manacor, Maria de la Salut, Montuïri, Muro, Petra, Porreres, Sant Joan, Sant Llorenç des Cardassar, Santa Margalida bis Sineu y Vilafranca de Bonany. 72 Weinbauer und 13 Weingüter aus dieser Region sind in der Pla i Llevant registriert und produzieren auf insgesamt 440 Hektar Fläche hoch dekorierte Weine für die Insel selbst – als auch immer mehr für den Export.

Von denen im Jahr 2017 auf Mallorca produzierten 13.990 Hektolitern Wein sind immerhin 1352 Hektoliter jenseits der Insel getrunken worden. Obwohl im Vergleich zum Vorjahr (aufgrund der Wetterbedingungen im Frühjahr 2016) bei 10,4 % weniger Traubenertrag in der Folge 17,5 % weniger Wein produziert wurde. Dennoch war 2107 für die Winzer der Insel, wie sie sagen, ein erfolgreiches Weinjahr: in der Qualität der Weine selbst konnten sie zulegen.

Einige dieser Produzenten stellten sich uns – und natürlich ihre Weine vor – die sie mit viel Liebe, Arbeit und mallorquinischer Sonne in die Abfüllung gebracht haben.



Ganz bewusst hatte ich einmal ein Erlebnis mit mallorquinischem Wein, als ich meine Mutter, die damals auf der Insel lebte, besuchte und wir in einem Restaurant einen Rosato bestellten und uns der Kellner einen Traumtropfen aus dem Keller brachte. Im Grunde danach nie wieder so einen Rosé getrunken. Rund, fruchtig – mit enorm viel Sonne und Stärke im Abgang. Wir haben später versucht diesen Rosé irgendwo zu kaufen. Ohne Erfolg. Rückfragen im Restaurant haben ergeben, dass diese Flasche bei ihnen die letzte war und den Winzer würde es nicht mehr geben.

Das war rund um 2000 und tatsächlich war es damals auch im mallorquinischen Handel auf der Insel gar nicht so leicht Wein de Insel einkaufen zu können. (Jenseits von Mallorca schon einmal gar nicht.) Der Mallorquiner produzierte vorrangig für den Eigenbedarf, eigekauft wurde direkt beim Erzeuger. Flaschenabfüllung schien ein eher seltenes Ding. Ich erinnere die wundervolle Lammkeule in Sineu im Ratskeller. Damals hatte der Bürgermeister der Stadt dort ein Restaurant, wo in riesigen Öfen in großer Menge fantastische Lammkeulen zubereitet worden sind. (Ich hoffe, das ist noch immer so – ich war halt lange nicht mehr dort.) Ein Muss bei jedem Marktbesuch. Der Rotwein dazu war fantastisch. Er kam direkt aus dem Fass. Die Kellner guckten immer erstaunt, wenn wir darum baten, ein, zwei Flaschen abgefüllt mitnehmen zu dürfen. Setzten dann aber alle Hebel in Bewegung, um überhaupt eine Flasche für die Abfüllung finden, um unseren Wunsch zu erfüllen. Dieser Wein war am gleichen Abend auf dem Patio der kleinen Finca meiner Mutter noch sehr gut trinkbar. (Wenige Tage später schon stand er geschmacklich dem Essig ganz nahe.)



Über die nun fast 20 Jahre hat sich sehr viel verändert. Mallorca wurde als Weininsel neu erfunden von seinen Produzenten. Altwürdige Winzerfamilien haben ihr Produkt völlig neu entdeckt, entwickelt und zu einer neuen weltweiten Akzeptanz voran getrieben. Die Winzer der früheren Generationen zogen noch von der Insel auf das Festland, um dort ihre Erfahrungen bei anderen Winzern zu sammeln und brachten weiße Trauben wie Chardonnay, Riesling und Moscatel und rote Trauben, wie Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon mit zurück zu den Trauben ihrer Heimat und kreierten völlig neue Weine. Deren Nachfolger, die neue Generation sind junge Winzer, die ihren Beruf studieren und als Önologen auf die Insel zurückkommen. Die sich sehr bewusst entschieden haben, wieder auf dem Feld arbeiten zu wollen. Die den zum Teil als unfruchtbar geltenden Gegenden der Insel sehr gute Trauben abtrotzen. Die sich für den Anbau der mallorquinischen Ur-Trauben wie Giró Ros und Prensal Blanc, Macabeu (letztere zeichnet sich als die Traube für den Cava aus) für Weißweine und Manto Negro, Callet und Porcentaje für die roten Weine engagieren, besonders deren Anbau revolutionär verbessert haben und mit neuem Selbstbewusstsein nun auch Trauben ohne Verschnitt abgefüllt in die Welt entsenden.

Aber auch viele Spanier vom Festland kommend, haben sich mittlerweile in die Weingebiete Mallorcas eingekauft und produzieren nun mit Hingabe fantastische Tropfen.

Es war also eine Freude an diesem Montag mit – in dem wetterbedingt sehr netten April dieses Jahr – mit Temperaturen, die dieses Spanien nicht so sehr vermissen ließen (anders gesagt, wir hatten deutlich besseres Wetter in Berlin als die Balearen es zu dieser Zeit erlebt haben), viel über mallorquinischen Wein zu lernen. Sich mit all den charmanten Winzern zu unterhalten, deren Familiengeschichte zu lauschen und ihre mitgebrachten Tropfen zu verkosten.

Dabei bin ich zwei Tropfen begegnet, die ich Euch wirklich nicht vorenthalten möchte. Vor allem jenen von Euch, die gerne einmal nach einem Eiswein schielen, als Aperitif den süßen besonderen Einstieg schätzen oder einem süßen Digestif nicht abgeneigt sind, nur empfehlen kann.

Diese beiden in Berlin vorgestellten Dessertweine von Malle haben mich wirklich sehr begeistert. Das mir, die bei Wein eher trocken bevorzugt und selbst nach dem Essen wohl auch eher noch einen kühlen trockenen Cava trinken möchte.

Auf Mallorca kann man – aus durchaus nachvollziehbaren Gründen – keinen Eiswein produzieren. Hier lässt man hier für diesen besonderen Tropfen die Trauben länger an den Trauben hängen und erntet erst zum Ende September hin, wenn die Regenzeit beginnt. Die Trauben werden dann im Hof ausgebreitet, wo sie noch weiter unter der intensiven Sonne weiter trocknen dürfen, um ihre besonders hohe Süße auszubilden und wo man sie, sobald eine der ersten Regenhuschen die Insel heimsucht, die zu dieser Zeit nur kurz ausfallen, schnell mit einer Plane abgedeckt, um direkt danach der weiteren Sonnenkraft preisgegeben zu werden.

Der erste Dolç de Sa Vall von Vins Miguel Gelabert, ein Moscatell, der geschmacklich wirklich ganz einzigartig daher kam, mit einem Aroma von intensivem Earl Grey und mir sofort ein paar bonfortionöse Dessertideen vor dem geistigen Auge erscheinen ließ. Dieser Wein wird ohne zugefügtem Zucker bzw. Alkohol produziert und nur in den besten Weinjahren in sehr kleiner Menge produziert. Ein ganz besonderer Tropfen - interessanterweise der günstige aus deren Linie von immerhin vier Süßweinen der Gelaberts. Sehr besonderer Wein.



Der Dolç de Port – ein im Stil von Portwein aus Pinot Noir-Trauben produzierter Süßwein – darf auch empfohlen werden. Schon im Trockenstadium von Rosinen angelangte Trauben werden für ihn verwendet, der Wein reift bis zu 24 Monate in drei bis vier Jahre alten französischen Eichenfässern.

Nicht unterschlagen darf ich – aus offensichtlichen Gründen – diesen Wein:



Son Moix Blanc aus Giró Ros und Chardonnay. Der Wein von sehr ausgesuchten Trauben wird auf Hefe zehn Monate in französischen Eichenfässsern fermentiert. Ein Wein, der gut durch den Abend begleitet. Auch dieses Bodega produziert nach drei Jahrzehnte nach ihrer Gründung 1985 in familiärer Tradition. Der Son Moix Blanc ist eine Schöpfung vom Junior und Önolgen Miguel Gelabert.

Alle Weine können direkt online bei Vins Miguel Gelabert bestellt werden. Oder man fährt direkt hin! Die Bodega der Gelaberts liegt in Manacor – und man kann dort auch seinen gesamten Urlaub verbringen. Einfach klimatisierte Unterkünfte mit Küche und Pool sind vorhanden.

Mallorquinische Weine, sind Weine, die an Ehrlichkeit und Intensität wirklich gar nichts vermissen lassen.


Der zweite Dessertwein in den ich mich gleichfalls verguckt habe, von der Bodegas Borday – und das hat man wahrlich nicht so oft – ist ein aus der Merlottraube geschaffener süßer Wein. Sa Rota Dulce! Tiefrot, fast schwarz, sehr intensiv im Geschmack nach Frucht wie Pflaume und Feige schmeckend. Ein Wein der noch ganz lange bei einem bleibt im Geschmack. Angebaut in einer der unfruchtbarsten Zone Mallorcas: Llucamajor. Hier wird auf sandigem Schluffboden im kalkhaltigen Untergrund angebaut, Düngung erfolgt ausschließlich organisch, um möglichst umweltfreundlich produzieren zu können!

Die Weine, die ich von der Bodegas Bordoy verkostet haben, waren allesamt besonders. Neben dem Dulce war ich besonders vom fermança Rosat angetan. Hier schmeckt man die Besonderheit der Callet, diese Traube erinnert viel an Zitrusfrüchte mit einem Hauch Harz, der Wein ist trocken – für einen spanischen Rosat erstaunlich hell in der Farbe – und gut gekühlt der richtige Sommerwein. Wer auf der Insel ist, sollte dieses Weingut besuchen – das übrigens auch für Firmenincentives, Hochzeiten oder sonstige Feierlichkeit zu mieten ist.

Die Weine der Bodegas Borday können über den Onlinehandel bestellt werden. Bestellt am Besten gleich noch die anderen Weine der Sa Rota-Reihe oder den Terra de Marès zur Probe mit – falsch machen kann man beim mallorquinischen Wein nun wirklich gar nichts!