2011-10-14

Etwas fassungslos hing ich …

… neulich vor dem Rechner als mir dieses „Mahnwerk” vor das Auge kam. Dann wurde ich sauer. Richtig sauer. Mich ärgerte die Art und Weise, wie andere Menschen die Trauer von Mitmenschen diskreditieren und ich fragte mich, woher sie für sich das Recht herausnehmen? Und ich fragte mich, wie sie eigentlich auf die zwischen den Fotos liegende Unterstellung kommen, Menschen, die um Jobs gerade trauern, würden nicht auch schon seit Monaten um die sterbenden Menschen in Afrika trauern, sich aktiv kümmern und spenden? (Alleine die implizierte Wahrnehmung ist zeitlich überhaupt nicht vergleichbar in der Intensität, denn die Hungersnot ist nicht erst seit vergangenen Mittwoch ein Thema, sondern bereits seit Monaten.)

Am allermeisten aber ärgerte ich mich über diese „Aktion”, weil sie so völlig destruktiv wie ein Kropf ist. Wenn ich einen Missstand vermute, eine Unverhältnismäßigkeit (hier übrigens banal plakativ aus der Luft gegriffen, denn letztendlich gibt es keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viele Menschen der Tod von Jobs und die Hungersnot in Ostafrika tatsächlich berührt), dann geht es doch darum die Menschen, von denen ich glaube sie würden sich nicht ausreichend um andere Menschen in Not bemühen, zu motivieren, genau das jetzt bitte zu tun. Und? Werde ich das wirklich erreichen, nur weil ich denen erzähle, was für Arschlöcher sie doch sind, weil sie traurig sind, weil irgend so ein Computer-Heini gestorben ist, während next door Menschen Hunger leiden und daran sterben?

Ich würde ja fast behaupten wollen, der Umkehrschluss ist richtig. Wer nämlich Knete hat, sich Apple Computer zu leisten, die ja gerne als teurer kritisiert werden, hat vermutlich auch eher das Geld wenigstens finanzielle Hilfe anzudienen. Und ich erlebe diese Menschen in meinem Umfeld als sozial und interessiert genug, das auch zu tun. Vielleicht weil es von so einem blöden Mac aus noch mal einfacher und schöner ist auf betterplace.org zu klicken!

Dieses Mahnplakat, das gerade im Internet umhergeht, ist nicht einmal so konstruktiv gestaltet worden, dass darauf Adressen vermerkt wurden, die es den Menschen, die sich vielleicht wirklich davon überzeugt sehen (es werden so viele nicht sein) wenigstens einfach gemacht hätten etwas zu tun und wenn es nur eine Spende ist. Nein, dafür hat es bei den Initiatoren nicht gereicht. Es soll also den Menschen nur klar gemacht werden, dass sie Arschlöcher sind, weil sie etwas nach dem Tod eines Menschen empfinden, den sie wahrscheinlich nie getroffen haben. Was letztendlich genau das Zeichen dafür ist, dass es den Initiatoren auch nie um die sterbenden Menschen in Afrika ging. Es ging ihnen einzig darum, sich über eine geringe Menge Menschen zu erheben. Diese Aktion ist eine Nulllösung!

Und jetzt kommen wir zu dem anderen Thema, dass mich diese Woche seit dem Hinscheiden von Jobs im Web ständig begleitet. Das dumpe Nachplappern der Vergehen von Apple auf dem chinesischen Arbeitsmarkt. Ja, Apple hat sich da nicht mit Lorbeeren bestückt. Das tun aber leider die Hersteller der anderen Computer auch alle nicht. Jeder, der in China produzieren lässt, tut dies, weil ihm die dortigen Arbeitsbedingungen unter dem Strich das meiste Cash in der Bilanz bringen. Jeder Zuflieferer von ThirdParty-Produkten Eurer PCs tut dies! Bei Apple kam es raus, weil Apple eben trotz der hochpreisigen Politik erstaunlich erfolgreich war und unverständlich in einem rückläufigen Markt Zuwachszahlen generiert und man daher gerne mal besonders hingucken wollte. Aber lügt Euch doch verdammt noch mal nicht so in die Tasche. Es gibt einen Grund, warum in China ALLE produzieren wollen. Weil es dort verdammt billig ist und weil es die chinesische Regierung einen Scheiß interessiert, was mit deren Arbeitern passiert. Ja, Ausbeutung ist ein Problem, auch bei Apple. Aber bitte hört doch auf, so dummdreist auszublenden, dass es nur Apple wäre. Apple ist ein vergleichsweise kleines Unternehmen! Apple hat zwar Zuwächse, hält aber im Vergleich zu HP und Dell nur halb so viel (und noch weniger) Marktanteile weltweit! (Hier mal die Zahlen für Westeuropa.) Klingelt da was?



Ja, bitte, tut etwas für die Ungerechtigkeiten in dieser Welt und macht darauf aufmerksam! Aber tut es bitte ohne unseren Intellekt zu unterschätzen. Und lasst Menschen gefälligst traurig sein, weswegen sie auch immer traurig sein wollen. Das menschliche Herz ist zufällig groß genug, um für mehrere Erleben traurig sein zu können und zu empfinden! Und separiert vor allem vielleicht auch einmal das, was Presse glaubt schreiben zu müssen, alleine um Auflage zu machen, von dem, was Menschen vielleicht wirklich empfinden, denken und glauben! Dann wären wir schon mal einen deutlichen Schritt weiter hinsichtlich sozialer Intelligenz! Und um die geht es hier ja wohl, oder?

Malte Welding: Brot statt Böller (Lesen!)

So, und wer jetzt was für Afrika tun möchte, egal ob Apple- oder PC-Experte, kann das hier tun:

Ärzte ohne Grenzen
Unicef
Aktion Deutschland hilft!

Kindernothilfe

12 Kommentare:

Liisa hat gesagt…

Wie im wahren Leben, spiegeln sich auch im Internet viel soziale und sonstige Heuchelei, Besserwisserei, Gefasel auf Stammtischniveau etc. Diese Typen wird es immer geben und in der Regel nutzen da auch alle Diskussionen und wohl durchdachten Blogeinträge etc. nicht wirklich was. Ich versuche solche Typen und Aktionen schlicht zu ignorieren und denke mir, je mehr das tun, desto weniger Reaktion bekommen sie, desto uninteressanter werden sie und wenn sie keine Aufmerksamkeit in welcher Form auch immer bekommen, "trollen" sie sich sonstwohin. Ich hingegegen habe meine Nerven geschont, Zeit gespart und in der Zeit beides für sinnvolleres eingesetzt.

Literat hat gesagt…

gut gebrüllt, Löwe.

Im Grunde sind alle Firmen moralisch niederträchtlich und zu boykottieren. Aber ohne Handy und PC gehts halt nicht, und ohne anderen Produkte 'made in China'.

bel hat gesagt…

Ich wäre dir verbunden, wenn du noch weitere - besonders mit DZI-siegel und nicht mit fernsehlorbeeren ausgestatte hilfsorganisationen nennen könntest, als da sind
medico international,
oxfam,
anamur.

Gerade diese organisationen arbeiten direkt vor ort, der verbleib von zuwendungen ist transparent und das geld wird nicht für werbewirksame charitiywerbespots verbraten.

Wenn ich spende, ist das für mich ein kriterium, genauso wie die politische verankerung der organisation, d. h. ich achte auch darauf, was diese organisationen über die ursache von armut und hunger zu sagen haben. Und da sind doch einige der in deinem post genannten ausgesprochen -äh- flach.

Gruß bel,
die weiß dass computer und kuckucksuhren nicht in schweizer manufakturen per handarbeit geschnitzt werden, und sich über einseitige berichterstattung auch ärgert.

FabMax hat gesagt…

Die Sache mit den Spenden ist wirklich ein wenig eigenartig.

Ich muss hier trotzdem Advocatus Diaboli zu spielen: Es ist klar, dass auch andere Computerhersteller in China und auch bei Foxconn produzieren lassen. Allerdings wird bei denen der (ehemalige) CEO auch nicht aus nicht nachvollziehbaren Gründen auf einen Thron gehievt. Oder habt ihr jemals das gleiche Phänomen bei Bill Gates beobachten können? Wenn, dann ist das Erwähnen von Apples Fehlleistungen unter Jobs ein Versuch, die Leute wieder runterzuholen.

Und nein, ich bin kein Verfechter der Praxis, dass man über Tote nur Gutes sagen soll. Das ist Heuchlerei.

creezy hat gesagt…

@bel
Äh, Dir ist schon klar, dass meine Blogleser eine sehr gesunde Eigenintelligenz besitzen? Diskussionen über karikative Einrichtungen sind an dieser Stelle wirklich am Thema vorbei.

@FabMax
Bill Gates ist zu Zeiten seiner aktiven Arbeit für Microsoft genauso gehypt worden, möchte ich erinnern. HP, Dell etc. sind was die Mannschaft anbelangt eher gesichtslos, ja. Aber Bill ist heute noch eine Person des öffentlichen Lebens und wenn der sich nur aus seinem irdischen Leben verabschieden müsste, würden Microsoft-Jünger als auch Medien genauso reagieren.

creezy hat gesagt…

@Liisa
Ja, auch ein Weg. Mir ist momentan etwas unwohl bei dem Gedanken, Menschen könnten in der aktuellen Diskussion auf die Idee kommen, würde morgen Apple seine Pforten schließen, hätten die chinesischen ab übermorgen ein superduper Leben! Es ist kurz gedacht und verlogen! ;-(

@Felios
Stimmt. Aber man kann als Endverbraucher letztendlich immer etwas tun. Zum Beispiel beim Händler nachfragen, wie sie produzieren. Man kann Bewusstsein zeigen.

FabMax hat gesagt…

Nee, Creezy, das ist so nicht richtig. Es hat um Bill Gates nie einen solchen Personenkult gegeben wie um Jobs. Gates ist einfach kein Selbstdarsteller und hat nie den Eindruck erweckt, als hätte er persönlich die nächste Windows-Version ganz alleine programmiert. Ich bin mir sicher, dass es Gates- bzw. MS-Fans gibt (warum, ist mir auch schleierhaft). Aber nicht in dem Umfang und der Qualität wie bei Jobs und Apple.

Anonym hat gesagt…

Bill Gates hat ein Großteil seines Vermögens in die The Bill & Melinda Gates Foundation gegeben. Mittlerweile die größte Privatstifung der Welt. Die Stiftung engagiert sich sehr in Afrika. Jobs' Engagement, mit seinem Vermögen der Gesellschaft etwas zurückzugeben, ist bestenfalls halbherzig.

http://www.huffingtonpost.com/2011/10/07/the-history-of-steve-jobs_n_998325.html

creezy hat gesagt…

@FabMax
Ich erinnere das anders. Allerdings erinnere ich auch, dass Gates nie das Charisma (ja auch nie diese besondere Winner-Looser-wieder-Winner-Geschichte) hatte.

@anonym
Soweit ich informiert bin, hat sich Jobs dem üblichen US-Procedere Spenden als Imagebildung entsagt, wie er auch immer eine sehr private Person gewesen ist. Das ist eine Entscheidung, die kann man akzeptieren. Man kann sie auch deuten. Ob negativ oder positiv ist jedem selbst überlassen.

Ja, Jobs hat das Angebot von Gates & Co ausgeschlagen bei der Stiftungsidee mitwirken zu wollen. Das ist übrigens legitim! Nur, weil Gates und andere Menschen der Meinung sind mit ihrem Geld eine derartige Lösung anzustreben, ist es jeder anderen Person weiterhin gestattet für ihr Erbe andere Entscheidungen zu treffen. Womöglich hatte Jobs längst für „sein Erbe” andere Ideen für Verwendungszwecke. Womöglich gerade deswegen, weil er sicherlich aufgrund seiner Krankheit sich mit dem Thema Tod intensiver und früher beschäftigen musste. Er mag vor Gates' Ideen schon seine Entscheidungen getroffen haben.

Nur: das alles besagt noch längst nicht inwieweit Jobs nicht oder doch gespendet hat, mit welchem Engagement er aktiv war. Er war immer ein sehr privater Mensch. So privat zu bleiben bezüglich seines Geldes ist völlig schlüssig und sollte respektiert werden. Daraus negative Behauptungen abzuleiten, halte ich für fatal und falsch!

Übrigens nicht nur bei Jobs. Finde ich unangemessen bei jeder anderen reichen Person! Wir wissen hierzulande auch längst nicht, was die Reichen mit ihrem Geld Gutes tun oder nicht. Wir diskutieren das auch nicht. Wieso ist das ausgerechnet bei Jobs aber eine legitime Sache?

Arthurs Tochter hat gesagt…

Ich lese Deinen Blog nun schon so lange still über den reader. Heute aber gibt´s ein großes "DANKE".
Du hast mir aus der Seele gebrüllt!

creezy hat gesagt…

@Arthurs Tochter
Wie Du liest mein kleines Blog? Ich bin … *schluck* gerührt! ;-) Danke!

Arthurs Tochter hat gesagt…

was denkst Du denn? Na klar! Mit wachsender Begeisterung! :)

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