Der, die, das Blog
Das Weblog, das Logfile, das Online-Tagebuch, das Tagebuch: das Blog. Soweit die sinnvolle Logik innerhalb der Übersetzung aus Ableitung einer Sprache, die selber keine Artikel vorgibt ausser einem sachlichen.
Die Argumentation, man könnte der Blog sagen, weil es in der Lautsprache „der Block“ so nahe käme, halte ich persönlich für … äh dummdeutsch. Nur die Deutschen gehen so unkritisch mit ihrer eigenen Sprache um, dass sie einen alten Sprachbegriff und physisch greifbare Sache wie „der Block“ mit einem physikalisch nicht greifbaren online Phänomen überschreiben wollen – ohne sich auch nur einen Hauch von Gedanken darüber zu machen, was sie damit eigentlich mit diesem Begriff „der Block“ anstellen. So ganz tot ist das Schreiben auf Papier dann nämlich doch noch nicht. Sprachentwicklung in der Moderne: ja bitte, gerne! Aber tut es mit Sinn und Verstand. Bitte!
Und dann jetzt mal eine leicht ketzerische Frage an alle Männer (es sind nämlich witzigerweise vornehmlich Männer, gerne sogar sehr junge BWL-Absolventen, die sich ebenso gerne SEO auf die Visitenkarten schreiben und in ihren eigenen Blogs nicht inhaltskonform, dafür reichlich hohl suchmaschinenkonform texten, die „der Blog“ sagen), warum tut Ihr Euch eigentlich so schwer damit, die ganze Chose „die Blog“ zu nennen?
Lasst uns doch den sinnfreien Variantenreichtum einfach komplettieren!
19 comments:
danke.
Variantenreichtum? Bittesehr, bitte gleich: dem Blog!
Ralf
(1) Die Argumentation der Lautähnlichkeit ist nicht dummdeutsch, sondern sprachwissenschaftlich. Manch einer mag es bedauerlich finden, dass auch wenig sprachbewusste Menschen Sprache verwenden und verändern, aber das ist nicht zu ändern. So erklärt sich der Siegeszug von »bräuchte«, das sich auch in diesem Blog findet.
(2) Kaum jemand verwendet »Block« für »Blog«. Und selbst wenn es jemand täte, wäre das kein Verbrechen. Er oder sie würde einfach nur einen Begriff übertragen verwenden. So wie man »die Maus« zur Computermaus sagt, obwohl sie völlig unbelebt ist. Oder »der Papierkorb« zum digitalen Mülleimer, der ja auch nichtgreifbar ist.
(3) Dem Wörtchen »Block« wird nicht erst jetzt etwas angetan. Verwendeten wir es, wie es einst üblich war, könnten wir nur noch einen Holzklotz bzw. -stamm damit bezeichnen. Erst später entwickelten sich die Bedeutungen »Papierblock«, sehr viel später »Häuserblock«.
(4) Seit der Rechtschreibreform schreiben wir auch »Tollpatsch« und »Quäntchen«, obwohl es nichts mit »toll« oder »Quantum« zu tun hat. Es wäre daher auch möglich, dass wir eines Tages »Block« schreiben. Doch das wird sich so lange nicht durchsetzen, wie wir »bloggen« sagen. In der Orthografie zählt Wortfamilie viel.
(5) Im Französisch ist die offizielle Bezeichnung für Blog »bloc-notes«, wörtlich ›Notiz-‹ bzw. ›Schreibblock‹. Die Deutschen scheinen also nicht die einzigen unkritischen Sprachverwender zu sein, die einen Begriff für ein greifbares Objekt in die Ebene der Nichtgreifbarkeit übertragen.
(6) Da ich von »die Maus« und »der Papierkorb« sprach: Witzigerweise wurden die ja auch aus dem Englischen entlehnt. Obwohl es dort »the mouse« und »the trash« heißt, sind sie bei uns nicht sächlich. Es ist also überhaupt nicht logisch, aus dem Englischen entlehnten Wörtern ein sächliches Genus zuzuweisen.
(7) »Das Lid« und »das Lied«, »der Laib« und »der Leib«, »die Lärche« und »die Lerche«, »das Mahl« und »das Mal«, »die Miene« und »die Mine« vertragen sich auch, trotz paarweise gleichen Genus. Insofern sollten auch »der Block« und »der Blog« gut miteinander auskommen. Die Tendenz zum Genuswechsel zwecks Bedeutungsdifferenzierung ist mir bisher nur bei Homografen aufgefallen: »der/die/das Band«, »der/die Flur«, »der/das Gehalt«.
Es ist mir absolut gleichgültig, welch schlauen Begründungen zur Verteidigung der einen und der anderen Variante angeführt werden. Für mich war es, ist es und bleibt es DAS Blog.
das Joghurt, das Cola, das Kommentar, das E-Mail, das Monat... alles österreichisch, also auch das Blog ;)
Grüße aus Wien
(1) Die sprachwissenschaftlich Erläuterung wäre dann statthaft, würde man damit nicht die Bedeutung eines ursächlichen Begriffes gleichzeitig aushebeln. Täte man aber bei Block. «Bräuchte», lieber Julius, ist Regiolekt, also eine regional gefärbte Umgangssprache, das hat eher wenig etwas mit Siegeszug zu tun. Dass sich dieses Blog gelegentlich des Berliner als auch Aachner Dialektes bemüht, hast Du sehr gut beobachtet!
(2) Eben! Kaum jemand verwendet Block für Blog. Warum also überhaupt die lächerliche Laut-Argumentation der Befürworter für „der” Blog, würde man doch beide sinngemäß keiner Ähnlichkeit zuführen wollen? ;-)
Dein Vergleich zu „die” Maus und „der” Papierkorb hinkt, denn hier sind die gebräuchlichen Artikel alleine aufgrund ihrer sinngemäßen Übersetzung (Mouse/Maus) (Trash/Papierkorb) 1:1 übernommen worden. Dort hatte man nie die Artikel diskutiert und vor allem nie einen bereits völlig akzeptierten Artikel nochmals versucht durch einen anderen zu ersetzen. So, wie man es derzeit bei Blog versucht.
(3) Was Du da anführst, sind lediglich Komposita. Aus denen existiert deutsche Sprache seit jeher, sie ist im Deutschen die wichtigste Form der Wortbildung. Daraus abzuleiten, wir hätten dem Ursprung „Block“ alleine irgendeiner Veränderung zugeführt, ist unkorrekt.
(4) Eben, es wird sich nicht durchsetzen, weil im Sinn Blog ja gar nichts mit dem Block zu tun hat. Dein Missverständnis vielleicht: niemand behauptet bei Blog (dynamische Homepage) im Sinn eine Ähnlichkeit zum Block (abzureißendes Papier) herstellen zu wollen. Das wollen die, die mit der Lautähnlichkeit Block/Blog argumentativ kommen, nicht mal. Es sind zwei völlig unterschiedliche Subjektive, die sie in der Bedeutung nicht einmal in die Nähe rücken wollen. Deswegen alleine ist genau diese Argumentation von denen ja so … kurzgedacht.
(5) Nun ja, die offizielle Bezeichnung der CST ist zwar so – sie ist nur eben auch niemals von den Franzosen akzeptiert worden! Also kein aktiver Sprachgebrauch! ,-) Die eher gebräuchliche formale französische Bezeichnung für Blog im Französischen ist „Cybercarnet” für Blog, das ist aber aus der sehr besonderen Historie der Franzosen mit den Sprachbegriffen rund um den Ordinateur entwachsen. Argumentativ ist das leider eine komplett andere Hausnummer, denn der komplette Umbau im Französischen obliegt gerade der Tatsache, dass die Franzosen SEHR kritische Sprachverwender von Anglizismen sind. Ganz im Gegenteil schwimmen sich gerade bei Blogs und Blogosphère erstmals frei und verwenden genau die Anglizismen im aktiven Sprachgebrauch. Wir haben hier hinsichtlich französischer Sprachkultur ein absolutes Novum.
(6) Sorry, das ist überhaupt nicht vergleichbar. Maus und Papierkorb waren zur englischen Form Mouse und Trash längst im deutschen Sprachgebrauch existierende Synonyme mit bereits aus der deutschen Wortentwicklung abgeleiteten Artikeln. Bei Blog aber hat der Anglizismus seinen Platz im deutschen Sprachgebrauch gefunden. Und wenn es sich in der deutschen Sprache um eine Neueinführung handelt, lässt sich problemlos der sächliche Artikel mit übernehmen – was er: und das ist ja der Witz bei der ganzen Sache – längst auch geschehen ist.
(7) Ja, alles gut und schön, hinsichtlich alt eingeführter Sprachbegriffe, die dennoch Verwechslung stiften können und dies auch oft tun und oft nur im Kontext eines Textes ihren tatsächlichen Ursprung verraten. Warum also sollten wir die gleiche Schwierigkeit bei einem in unserem Sprachgebrauch verhältnismäßig neu eingeführten Begriff einbauen?
Zumal – und das ist in der Diskussion doch der eigentliche Punkt – „das“ Blog längst mit dem Artikel gesetzt ist. Ganz klar z. B. im Duden hierarchisch von „der” Blog abgesetzt. Es gibt überhaupt keinen Grund hier wieder das Maskulinum herrschen zu lassen, man könnte es bei der etablierten Form belassen.
Hmmm, sehr müßige Diskussion. Diese hat sich wahrscheinlich auch im Hause "Duden" abgespielt und man ist sich nicht einig geworden. "Das Blog" ist die Hauptform, "der Blog" ist aber zulässig.
Insofern würde ich daraus keine Religion machen ;) Und übrigens, ich bin kein SEO-Guru :)
Weblog ist ein Log, also sächlich. Weiß garnicht, was daran noch unklar ist.
(1) Natürlich ist eine sprachwissenschaftliche Erklärung auch statthaft, wenn man die Semantik ausblendet. Anders würden sich sich zum Beispiel phonologisch bedingte Alternationen in der Morphologie gar nicht erklären lassen.
(1a) »Bräuchte« wird vom Duden heutzutage nicht als diatopisch, sondern als diastratisch markiert angesehen.
(2) Ich bezog mich in meiner Aussage auf deine Bemerkung, dass manche Menschen Blog mit »der Block« überschreiben wollten. Ich habe dies verneint. Das führt aber nicht die Lautargumentation ad absurdum.
(2a) Gilt ein Artikel als gemeinsprachlich etabliert, wenn das betreffende Wort fachspracheähnlich nur von Kennern benutzt und erst später von der Allgemeinheit adaptiert wird?
(3) Ja, in der deutschen Sprache werden viele Komposita gebildet. Die von mir genannten dienten nur dazu, Bedeutungsvarianten von »Block« zu benennen. Bedeutungsparaphrasen finden sich unter http://www.duden.de/rechtschreibung/Block, ich verweise insbesondere auf die Bedeutungen 3 und 5. Meine Argumentation ist daher NICHT unkorrekt.
(4) Du lässt im Rahmen dieser Diskussion die Semantik als einziges Argumentationskriterium zu. Doch das funktioniert nicht [wie schon bei (1) gezeigt]. Menschen denken und handeln nicht logisch, weshalb für sie die lautliche Nähe von »Block« und »Blog« aus semantisch nicht nachvollziehbaren Gründen relevant ist. Man kann sich jetzt wie ein Sprachwissenschaftler verhalten und akzeptieren, dass die Entwicklung von Sprache nicht immer nach Grundsätzen der Logik funktioniert (schließlich geht es um Deskription der Sprache). Oder halt nicht.
(4a) Ich dachte immer, »Homepage« benutzen Wissende nur für die Startseite einer Website (http://praegnanz.de/essays/homepage_traeume).
(5) Alle öffentlichen Stellen sind an diese offiziellen Empfehlungen gebunden. Und es finden sich auch private Angebote, die »bloc-notes« verwenden. Es ist also schlichtweg falsch zu behaupten, es sei nicht im aktiven Sprachgebrauch.
Es ist ebenso falsch zu behaupten, die Verwendung von Anglizismen sei für die Französische Sprache ein Novum. »Parking« (erstmals 1926 belegt, seit 1945 verbreitet) und »shopping« (seit 1804!!! belegt) gehören schon lange zum französischen Alltagswortschatz.
Was »cybercarnet« angeht: Schon eigenartig, dass sich das gar nicht in der 2012-Ausgabe des Petit Robert findet ... »le blog« hingegen schon. Nur nebenbei erwähnt: »le bloc« klingt sehr ähnlich.
(6) Nach deiner bisherigen Argumentation ist das durchaus vergleichbar. Das Wichtigste, was »Maus« ›Computermaus‹ und »Maus« ›Tier‹ gemein haben, ist die Aussprache (Sprache ist ja vorwiegend ein Mittel zur mündlichen Kommunikation, auch wenn des bei diesem sehr langen Kommentar hier einem nicht sofort ins Auge springt). Die semantische Verwandtschaft, die wir mit der gleichen Orthografie implizieren, scheint nicht allen einzuleuchten, weshalb auch heute noch einige »Computermouse« schreiben. Nur aufgrund der Ausspracheähnlichkeit verwenden sie dieses Wort aber in Analogie zum Tier weiblich.
(7) Der Duden ist ein deskriptives Wörterbuch. Zum Zeitpunkt, als der Artikel verfasst wurde, war »das Blog« offensichtlich der primär verwendete Artikel. Doch wie Anatol Stefanowitsch aufzeigt, hat sich das Blatt gewendet.
(8) Ein absoluter Vorzug von Blogs gegenüber Blöcken sind die Kommentarfunktionen. ;)
@Julius
(4a) Ich dachte immer, »Homepage« benutzen Wissende nur für die Startseite einer Website (http://praegnanz.de/essays/homepage_traeume).
Naja, wenn dann heißt das bei den Wissenden höchstens noch: Index alternativ je nach Aufbau: Intro. Seite lassen die Profis gleich mal weg. Ansonsten aber negativ gedacht, umgangsprachlich ist für uns das gesamte Webprojekt die Homepage. Webdesigner sind ja nicht solche Dukatenscheißer wie Sprachwissenschaftler ;-)
@creezy
Ich als Sprachwissenschaftler setze mich NICHT sprachdiktatorisch und pedantisch mit fadenscheidigen Argumenten dafür ein, dass man nur »das Blog« sagen darf.
Du scheinst also keine Webdesignerin zu sein.
Das sollte natürlich "fadenscheinig" heißen, sorry.
Ich gebs auf. Als doofe Volksschülerin kann ich so hochgelahrten Diskussionen nicht folgen. N8
@Julius
Du wirst jetzt zickig! Schalte mal wieder 'nen Gang runter, vor allem, wenn Du offensichtlich zu müde bist einen Smiley hinter einer Aussage zu erkennen. ;-)
Webdesigner arbeiten und pflegen dann einen umgangssprachlichen Stil miteinander. Die wissen ja wovon sie reden bzw. was sie meinen, wenn sie an einem Projekt arbeiten. Das nennt man Alltag.
@bhuti
Ich auch. Zumal ja niemand einen logisch nachvollziehbaren Grund nennen kann, warum man das Blog nun plötzlich nach zehn Jahren in der Blog umbenennen muss. ,-)
Weblog kommt von log. Das gibt's auch schon langlanglang auf deutsch, nämlich als das logbuch aus dem nautischen sprachgebrauch.
Und deshalb heißt es nun mal nicht DER logbuch, sondern DAS logbuch.
Sorry, es ist nun mal das blog.
Es grüßt die seefahrt.
bel;-)
Die schönsten Kreationen französischersprachiger Begriffe aus der Computerwelt kommen übrigens von den Frankokanadiern. Zum Beispiel "clavarder" und "baladodiffusion". Einfach herrlich. :-)
Ralf
Irgendwie will Blogspot nicht, dass ich meinen langen Kommentar hier loswerde.
Daher verweise ich einfach auf http://veni-vidi-scripsi.de/2011/08/das-blog-die-dritte/
das Tagebuch ist sächlich, daher: das Blog
wobei es eigentlich der Pferd heißen müsste, und nicht das Pferd.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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