2010-05-06

Wohnung frei …

Neulich hat der junge Mann die Wohnung unter mir geräumt. Er hat nie in der Wohnung gewohnt. Irgendwann hat er sie übernommen, sich bei mir die Farbrolle ungefragt ausgeliehen, die auf dem Treppenaufsatz wartend die Unterbringung in den Keller (geduldig) abwartete und als er sie zurückbrachte diese konsequent im gesamten Treppenflur auf dem Weg nach oben ausgeschüttelt. Man hatte irgendetwas gestrichen. Möbel hat die Wohnung nie gesehen. Danach kam er bzw. kamen seine, ich vermute es, Eltern einmal im Monat vorgefahren, räumten die Post aus und lüfteten ca. zwei Sekunden.

Der Lüftmodus war lustig. Die kamen in die Wohnung, rissen ein Fenster auf. Gingen hinüber in den anderen Raum, rissen dort das Fenster auf. Gingen zurück in den ersten Raum, schlossen das Fenster. Gingen zurück in den zweiten Raum, schlossen das Fenster, schlossen die Tür von außen. Eine Sache von schätzungsweise zwei Minuten Dauer.

Im Winter haben mein Nachbar unter ihm und ich als Nachbarin über ihm darum gebeten, er möge doch bitte die doppelten Fenster auch doppelt wieder schließen, es war uns ein bisschen kalt. Tat er bzw, taten seine Eltern dann. Dass er mal wieder den Status quo seiner Wohnung abgerufen hatte im Real Life, ließ sich immer daran erkennen, dass einmal kräftig in den Hausflur gerotzt wurde – auf seiner Etage. Auf der ihm gegenüber eine Nachbarin wohnte, die, so lange ich sie schon kenne, sich nie vor die eigene Tür rotzt. Das Rotzen ins Treppenhaus hatte Stil. Ich weiß nur nicht so recht welchen. Wenigstens war er aufgrund seiner Abwesenheit ein leiser Nachbar, was bei diesen Zellophanwänden und -decken hier von Vorteil ist.

Nun ist die Wohnung also wieder frei und heute war schon mehrfach Begehung mit möglichen Wohninteressenten. Ich muss ja gestehen, wann immer ich das mitbekomme, laufe ich gerne wie ein Trampeltier durch meine Wohnung. Damit die Lärmverhältnisse ein für allemal geklärt sind. Oft sind aber solche Szenarien der Teufelsaustreibung gar nicht notwendig. Das erkenne ich immer daran, wenn der Wohnungsinteressent beim ersten Schritt in die Wohnung ein lautes „Wow!“, gerne auch ein langgezogenes „Oh!“ durch das Treppenhaus schickt. Die Töne werden – vermute ich stark – vom bis unter die Decke mehr dunkel als hellblau gefliestem Bad mit Blumenornamenten oder aber vom Anblick der Küchengestaltung – Fliesen in einem Farbton, den man schlecht einordnend als irgendwas zwischen Dunkelrot und Kackbraun bezeichnen kann – hervor gerufen. Ich weiß noch genau, dass ich genau die Töne dachte, als ich dieser Fliesen- und Farbinstallation direkt gegenüber stand. Diese Wohnungsgestaltung stammt noch von dem hochbetagten Ehepaar, das dort wohnte als ich in meine Wohnung zog, das sich kurz danach auf nur noch sie reduzierte und sie ist mittlerweile auch seit zehn Jahren verblichen.

Die Wohnung wurde im Zusammenhang mit der uns alten Mietern seit bereits zehn Jahren und ca. vier Eingentümerverkäufen angekündigten Modernisierung aller Wohnungen tatsächlich einmal generalüberholt. Ein Glück, das hier alle Wohnungen heimsucht, die leer stehen. Während wir alten Mieter dummdreist für blöd verkauft und immer wieder vertröstet werden. Fast einen Monat lang war diese Wohnung Baustelle. Man verlegte den Strom neu, man dübelte wohl auch die eine und andere Rigipsplatte an die Nachbarwände zur Lärmdämmung (vermute ich, glaube ich aber nicht ernsthaft) oder doch nur an die Außenwandseiten zur Wärmedämmung. Ich guckte mir die Wohnung kurz nach Fertigstellung an. als die Tür wegen Schlossaustausch offen stand. Was man völlig vergessen hatte, war die Fliesenarbeit aus dem letzten Jahrtausend zu eliminieren und einer neumodischen Farbgestaltung zugängig zu machen. Alternativ mit Fliesenfarbe etwas die Depression aus Küche und Bad zu streichen. Diese Idiotie, hervor gerufen durch Geiz, machte mich ernsthaft sprachlos – vom bereits erwähnten „Wow!“ und „Oh!“ einmal abgesehen.

Das mag der Grund sein, warum bisher die Wohnungsinteressenten nach einem sehr kurzen Gang durch die Wohnung diese üblicherweise sehr schnell wieder verlassen wollen. Solche Wohnung nehmen wohl nur junge Menschen unterhalb 25 Jahren, die damit so tun können als wären sie bereits bei den Eltern ausgezogen, um so von irgendwelchen Ämtern Regelleistungen abfordern. Wohnen will man darin ernsthaft nicht. Kann ich verstehen.

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