2010-03-03

Spart mal schön!

Meiner persönlichen Meinung nach ist das Westerwelle-Sozialschmarother-Theater nur initiiert, um momentan von dem inkompetenten Desaster abzulenken, das unser Gesundheitsminister Rösler gerade vollbringt. Der Mann wird uns – also Euch! – noch richtig viel Geld kosten. Vor allem aber wird er Euch immer schlechtere gesundheitliche Versorgung einbrocken.

Aber ehrlich gesagt, wir sind auch selbst schuld! Wir lassen es mit uns machen wie die Kuhherde, die vom Feld aus zum Schlachter geführt wird. Wir nehmen zur Kenntnis, dass Krankenkassen offensichtlich Preisabsprachen vornehmen aber weigern uns nicht Zusatzbeiträge zu zahlen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass Krankenhäuser und einige Ärzte offensichtlich zu unseren Ungunsten abrechnen, bekommen am Rande mit, dass Kassen etwaige Fehlsummen in Milliardenhöhe von Krankenhäusern zurückfordern – und fragen dennoch nicht, warum wir trotzdem Zusatzbeiträge zahlen sollen, noch welches Qualitätsmanagement so etwas überhaupt zulässt?! Wir akzeptieren ungerührt wie dumme Schafe, dass die pharmazeutische Industrie nur noch in Deutschland die Preise für Medikamente festlegen darf. Mit der dreisten Aussage, sie müsse ja schließlich die Entwicklungskosten reinbekommen, von uns völlig überhöhte Preis abverlangt. Wir fragen nicht laut, warum die Pharmaindustrie ausgerechnet nur von uns Deutschen diese Entwicklungskosten einfordert, während jedes andere Land innerhalb Europas nur die Hälfte für Medikamente zahlen muss – für genau die gleichen Medikamente!

Bei Plusminus gestern ein Beitrag zum Thema: „Der deutsche Patient – das dumme Schlachtvieh“, online abrufbar, der Beitrag heißt „Unnötige Gesundheitskosten“ und ist ein Pflichtbeitrag für jeden, der Herrn Rössler noch sympathisch und als Mann der Stunde empfindet. Spannend überhaupt, dass sich sein Ministerium weigert Redaktionsanfragen zu beantworten. Dazu passt auch der Beitrag der letzten Plusminus-Sendung vom 16.02.2009: „Wie Krankenhäuser Patienten ausnehmen“. (Auch in der Mediathek zu finden.)

Aber wir stellen uns nicht vor das Kanzleramt und machen mal richtig Volksdruck, wenn die Politiker wieder – ganz offensiv – Bockmist verzapfen in den Gesetzen der Gesundheitsreformen und lieber pro Lobbyismus der Krankenhausgesellschaft und Pharmaindustrie agieren. Nun denn, offensichtlich haben wir alle noch so viel Geld, um uns das leisten zu können! Und ausreichend Phlegma, um es mit uns nach wie vor machen zu lassen.

5 Kommentare:

Spontiv hat gesagt…

.

fotoralf hat gesagt…

So lange DSDS, Big Brother und der ganze Zirkus dem Bürger aber doch sooo viel wichtiger sind, kannst Du doch nicht ernsthaft erwarten, daß die Leute sich noch mit sowas drögem wie Gesundheitskosten abgeben.

Das ändert sich erst, wenn nicht mehr genug Geld für die Fernsehkabelgebühren übrigbleibt.

Julius hat gesagt…

Ich denke, bei den Gesundheitskosten hat sich ein Gewohnheitseffekt eingestellt. Ich kann mich nur an ein einziges Mal erinnern, als in der Tagesschau verkündet wurde, die Krankenkassen hätten einen Gewinn erwirtschaftet. Sonst hieß und heißt es immer: Rekorddefizit, Explosion der Arzneimittelkosten, unterbezahlte Ärzte im Streik, ... Ich persönlich kenne nur solche Nachrichten aus dem Gesundheitssystem. Und wie etwa bei Nachrichten aus Kriegsgebieten findet man das am Anfang noch furchtbar, aber recht schnell stumpft man ab.

Schockiert war ich allerdings letztens, als ich in dem Magazin Monitor erfuhr, dass Krems für Neurodermitis selbst bezahlt werden müssen. Das ist einfach nur abartig. Gerade Leute, die auf staatliche Unterstützung angwiesen sind, können sich das nicht leisten, weshalb sich in Dülmen analog zur Tafel eine Medikamententafel gegründet hat. Das sind solche Momente, in denen man denkt: Und das in einem der reichsten Länder der Welt.

Naja. Vielleicht erreichen wir eines Tages ja doch noch meine Idealvorstellung von nur noch einer (vielleicht sogar steuerfinanzierten) Krankenkasse, in der (1) einfach jeder automatisch versichert ist (unabhängig davon, ob er früher mal privat versichert war, durch Arbeitslosigkeit dort rausgefallen ist und jetzt ohne Versicherungsschutz dasteht), die (2) von starken und unabhängigen Institutionen kontrolliert wird, die (3) viel stärker als heute einen Schwerpunkt auf Prävention legt.

Lorelei hat gesagt…

Und wenn man dann nach Österreich umzieht, wo es nicht 50.000 verschiedene gesetzliche Krankenkassen gibt, sondern in jedem Bundesland genau eine, in der man pflichtversichert wird - als Studentin für weniger als 24 Euro im Monat - und wo man weder Praxisgebühr noch exorbitante Medikamentenzuzahlungen kennt, ja dann fasst man sich erst so richtig an den Kopf und fragt sich, was in Deutschland eigentlich schief gelaufen ist.

truetigger hat gesagt…

Gleich vorneweg: Rösler ist in meinen Augen typisch FDP: Von sich und seiner Meinung überzeugt wirkt er komplett kritikresistent, er verwechselt "Kosten auf Schwächere abwälzen" mit "Mut Probleme anzusprechen", und er erweckt den Eindruck, Klientel-Politik statt "das Beste zum Wohle der Allgemeinheit" zu verfolgen. Damit passt er sehr gut zu den anderen Gelben.

Nein, ich möchte ihn definitiv nicht verteidigen. Dennoch sind seit vielen Jahren Gesundheitsminister bei dringend notwendigen Reformen der Reihe nach gescheitert. Lässt man die unsoziale Kopfpauschale mal beiseite, wird jeder zustimmen, dass man viel am Gesundheitssystem reparieren müsste. Private gegen gesetzliche Krankenkassen, sehr einflussreiche Ärzte-Vereinigungen, die Macht der Pharma-Unternehmen, der Dschungel um Packungsgrössen/Generika, die nicht unerhebliche Krankenhaus-"Industrie", die Pflege-Problematik, die demographisch immer drängender wird, die Hokuspokus-Wunderheiler... Aber auch die bis ins Detail durchgenormten und erschreckend niedrigen Posten, die Ärzte mit gesetzlichen Kassen abrechnen, das Wegsterben der Landärzte und unwürdige Arbeitszeiten in Klinken sind Fakt.

Nicht dass ich bei Rösler auch nur eine gute Idee sehe, aber er hat auch eine Aufgabe, an der Grössere als er scheitern würden bzw. schon gescheitert sind. Und ganz ohne Änderungen wird das deutsche Gesundheitssystem früher oder später wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Das sollte man halt fairerweise auch eingestehen.

So, jetzt aber weiter mit dem FDP-Bashing, die Gelben betteln ja prakisch mit jeder einzelnen Presseerklärung danach :)

Kommentar veröffentlichen

Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!