Marktglück
Letztes Jahr war ich in Südfrankreich und davon ein paar Tage in einem meiner Lieblingsorte in den Cevennes und war – ganz simpel – sehr glücklich und geerdet, weil ich mir wertvolle Menschen nach so langer Zeit wieder in die Arme nehmen durfte, die Luft riechen, die Erde anfassen und endlich an das eine Grab eines ebenso wertvollen Menschen treten konnte. Dieses St. Jean de Buèges ist für mich der Platz an dem alles gut ist. Ich steige dort aus dem Auto und spüre förmlich im Hintergrund die eigenen Akkus wie von selbst voll laden.
Natürlich war ich auch in der Épicerie im Dorf einkaufen bzw. in der nebenan untergebrachten Cave, die neben dem Wein der Region auch die üblichen Besonderheiten der regionalen Produzenten anbietet, unter anderem Honig. Ein allerletztes Glas Miel de Cevennes gab es an dem Tag dort noch und das nahm ich natürlich mit. Früher habe ich immer bei einer älteren Dame den Kilobecher Honig de Lavande aus dem Dorf gekauft, ein Honig, wie ich ihn seither nicht mehr wieder getroffen habe. Leider ist die Dame mittlerweile verschieden und ein Imker direkt im Dorf ist nicht nachgewachsen. In Berlin zurück, habe ich später den Honig geöffnet und war perplex von seiner geschmacklichen Qualität. In diesem Honig ist jeder Sonnenstrahl drinnen, den man sich nur wünschen kann – ein tiefer warmer Geschmack, etwas herb im Abgang, tiefes Sonnengelb in der Farbe. Ich glaube, man muss Honig sehr mögen um mit diesem hier ins Reine zu kommen, so unverschämt geschmacksintensiv ist er. Definitiv kein Honig, den man im Tee versenkt. Ich war mehr als begeistert und beauftragte den damals ebenfalls vor Ort weilenden besten Ex-Freund der Welt mir noch ein Glas von dem Honig zu erkämpfen, in der Hoffnung, die Épicerie hätte vielleicht eine neue Lieferung erhalten. Hatte sie nicht. Im Internet habe ich ebenfalls gefahndet, es gibt zwar von anderen Produzenten Honig gleichen Namens aber der Produzent von „meinem“ Honig scheint von dieser Welt nichts zu halten. Ich hege und pflege dieses Glas Honig und trotzdem ist es schon unter dem Level der Hälfte seines Inhaltes abgesunken – mit Genuss und Bedauern gleichzeitig.
Heute früh war ich in Charlottenburg unterwegs und bemerkte, dass der Wochenmarkt meiner Kindheit im Pestalozzikiez noch offen hat und schlenderte darüber. Natürlich hat auch dieser Markt sich gewandelt und nicht mehr viel gemein mit dem üblichen Angebot der alten Wochenmärkte von früher. Heute muss alles betont Bio sein, der Käse betont Französisch, die Blumen betont exotisch, das Gemüse betont exquisit, selbst die Kartoffeln sind betont gereinigt … und manchmal vermisse ich die die Tradition der Kohlenkeller doch sehr. Im Schnitt kostet auf diesem Markt alles 1-2 Euro mehr als es auf den Märkten hier in Neukölln kostet. Charlottenburg. Eben. Dann lief ich an einem der Stände vorbei, der hauptsächlich lecker duftende Hartwurst anbietet und was stand da auf einem Podest? Mein Honig! Stehen einfach so mitten in Berlin auf einem Markt drei Gläser mit dem Miel de Cevennes rum und warten offensichtlich nur auf mich! Ganz nebenbei für beinahe die Hälfte des Preises, den man im unverschämt teuren Südfrankreich dafür bezahlt. Die Verkäuferin war sichtlich erstaunt über meine leidenschaftliche Freude und meinen kurzentschlossenen Großeinkauf.
Ich fühle mich heute wie ein Goldjäger, dem der Fund seines Lebens gelungen ist! Und die Adresse von dem Laden in Prenzelberg, wo es diesen Honig gibt, habe ich nun auch. Ich liebe diese Stadt!
3 comments:
Oh das klingt prima. Honig im Tee versenken ist eh zu schade. Für den Tee und für den Honig. Wir haben hier auf dem Stuttgarter Markt einen sehr guten Honigstand, aber neugierig auf deinen bin ich ja schon. Würdest du eventuell die Adresse des Prenzelberger Geschäfts rausrücken. Ich geh beim nächsten Besuch bestimmt auch nur ein Glas kaufen.
Ps. was war mit dem Mouse au Chocolat Rezept? ;)
@Paula
Sorry for delay! Die Adresse ist: http://www.le-flo.de (die haben zwar keinen Online-Shop, aber zur Not kann ich Dir auch Honig schicken!9
Das Mousse-Rezept kommt die Tage … versprochen!
danke für den wunderbaren honig! habe ihn eben geöffnet und mit zwei anderen regionalen (einem aus dem bayerischen rupertiwinkel und einem aus dem niederösterreichischen kamptal) zum frühstück vergleichsgegessen: deiner beschreibung kann ich nur zustimmen! sommer, dicht, aromatisch, kräftig, aber für mich ohne stark herbe noten, eher ein bisserl malzig. sehr spannend. welches glas der drei da oben ist es denn?
und nebenbei: bei jedem butterbrot mit diesem honig denke ich nun natürlich auch an dich. jetzt, wo ich auch gesicht, stimme und lächeln kenne.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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