2009-12-21

Dienstleisterkoller

Gehe ich neulich (letzten Dienstag) mal wieder nach langer Zeit zu einer Reinigung. Also chemische Reinigung. Eine Tischdecke und diverse Servietten warteten mit Rot- und Bratenflecken auf, wie von ihnen nicht anders zu erwarten nach einem ordentlichen Menü. Dachte ich bei bei mir, nimmste noch das Kostümchen mit, hat die Reinigung was zu tun und verdient an Dir. Das Kostüm ist in schwarz, Jacke und Rock wurden vorher von mir mit der Rolle katzenhaarbefreit. Weitestgehend. Ich finde Katzenhaar auf Kostüm ja auch nicht sooo toll.

Da ein allgemeines Reinigungssterben im Umfeld meiner Dockingstation herrscht, besuche ich die – schon vor Jahren unglaublich teure – Reinigung in Tempelhof. Fachbetrieb. Ich komme hinein in den Laden und rufe fröhlich „Einen schönen guten Tag, ich hätte was zu waschen für Sie!“ War schon zu viel des Guten, Frau ca. zehn Jahre älter als ich oder auch nicht, dann gleich alt aber von mindestens 20 Jahren Zigarettenkonsum auf älter getrimmt und mit brettharter Schwarztönung auf dem Haupthaar, mag mich offensichtlich nicht. Oder mag Kunden grundsätzlich nicht. Oder hasst ihren Job. Oder hatte einen Bad-Hairtönungs-Day, wat weiß ich!

Nun denn, ich will ja nicht ihre beste Freundin werden und packe daher unbekümmert die Wäsche aus und auf zwei Haufen, Kostümjacke und Rock hier, weiße Tischwäsche daneben. Mit übertrieben spitzen Händen packt sie die Jacke an, entdeckt mit einer Missbilligung offensichtlich zwei Katzenhaare und tut völlig entnervt. Ähnliches mit dem Rock. Dann knüllt sie alles zurück auf den Tresen und meint „Kostet 10,95 Euro und ist nächsten Mittwoch fertig. Wahrscheinlich.“ Ich gucke auf die Tischwäsche, wundere mich über die Preisnennung, weil ich nicht das Gefühl hatte, sie hätte den kompletten Auftrag überhaupt schon in Augenschein genommen. „Und was ist damit?“ „Geht extra.“ Aha, denke ich bei mir. Getrennte Kassen für die Wäsche. Logische Sache, verstehe ich nur nicht. Wahrscheinlich hat Mangelware einen anderen Mehrwertsteuersatz. Noch mal: wat weiß denn ich!

„Nun“, erkläre ich voller Kochstolz „da sind Braten- und Rotweinflecke drauf.“ Ich erzähle das weniger, um mich zu entschuldigen als ich naiv denke, die Information könnte bei der Auswahl der jeweiligen Fleckentfernungsmittel von Vorteil sein. Nun mehr verzieht sie das Gesicht völlig angeekelt, klar: Bratenflecke auf einem Tischtuch sind ja auch wirklich das Allerletzte, was eine Reinigung braucht. Wie kommen eigentlich Kunden dazu mit dreckiger Wäsche in einer Reinigung aufzulaufen? Wissen die denn überhaupt nicht mehr, was sich gehört?

„Na, das wird aber nichts mehr vor Weihnachten!“ „Wie das wird nichts mehr vor Weihnachten – es sind zehn Tage bis dahin?“ „Na, mit DEN Flecken muss das eingeweicht werden, das geht nicht so schnell. Ich weiß nicht einmal, ob das dieses Jahr noch was wird.“ „Okay“, sage ich „dann lassen wir das. Genau das sind die Sachen, die ich zu Weihnachten gerne gehabt hätte.“ (Business-Dress trage ich nämlich am 24. nicht.) „Wie? Das Kostüm auch?“ „Ja“, sage ich „das Kostüm auch.“ Das war dann der Moment von dem an sie mich richtig doll gar nicht mochte. Ihre Miene versteinerte noch ein wenig mehr – sofern das überhaupt noch möglich war – und sie murmelte „dann muss ich da ja jetzt alles wieder ausbuchen.“ „Das tut mir leid“, meine ich noch höflich bemüht „aber 14 Euro und dann sehen Sie sich nicht in der Lage innerhalb von neun Werktagen Ihren Job zu tun, ist mir ein bisschen zu teuer für zu lang.“ Und gehe.

Ich habe dann heute auf die Flecken anständigen Fleckentferner gegeben, ihn einziehen lassen und die Wäsche bei Kochwäsche mit Waschmittel von der Maschine ihren Job tun lassen. Flecken sind wunderbar raus, ich habe dann das Zeug auch gleich feucht aufgebügelt. Passt. Hat mich Waschmittel, Strom und ca. zehn Minuten Bügelzeit gekostet.

Geht alles. Bis zu Weihnachten. Und für das Kostüm versuche ich das Reinigungsangebot vom freundlichen Migranten in der Änderungsschneiderei zwei Ecken weiter in Neukölln. Kostet dort vermutlich die Hälfte.

7 comments:

Maren hat gesagt…

Ach ja. Die Zwillingsschwester von der arbeitet bei uns in der Reinigung. Wahrscheinlich Familienbetrieb.

Anonym hat gesagt…

Für mich scheint das nur der typische Berliner Dienstleistungston zu sein.

Syberia hat gesagt…

Angestellte in Reinigungen müssen so sein, das steht so in der Jobbeschreibung. Gerne hängen dort auch lustige "Ich bin hier auf der Arbeit, nicht auf der Flucht"-Schilder gut sichtbar an der Wand. Und Katzenhaare gehen gar nicht. Meine Sachen wurden immer in Bochum genau überprüft, weil "andre Kunden könnten ja 'ne Allergie haben und bei Ihnen kommt datt öfters vor, ne".

Jekylla hat gesagt…

Erinnert mich an eine Satteldecke des Roten, die ich einfach nur verschwitzt (also die Decke, nicht ich) in die passende Reinigung brachte und zurück bekam ich sie übersät mit Schimmelhaaren, bekanntlich weiß. Ist ja schön, wenn man mehr zurückkriegt als man gibt, aber im Bezug auf zu reinigende Ware eindeutig nicht erstrebenswert.

Als ich das reklamierte, riet man mir, die einzeln abzupflücken. Ungefähr eine Million davon. Sie können sich sicher denken, wie das ausgegangen ist. Natürlich habe ich die Decke sauber wieder zurückbekommen. Ohne Eigenleistung.

Anonym hat gesagt…

In München geht das problemlos innerhalb eines Tages. Eine Flasche Sekt gab es auch für mich als Stammkundin.

kelef hat gesagt…

ebendarum - und weil ich allergisch gegen die chemischen reigigungsmittel bin - hab ich nix was in die putzerei muss.

waschen und gut.

tischwäsche: einweichen, etc. flecken bleichen, waschen und gut.

leder und rauhleder: dampfreiniger und gut.

was nicht so ist, also: was das nicht aushält, wird nicht gekauft, wenn doch: im hörtetest sortiert, und dann entweder weggeworfen oder gelobt.

funktioniert, spart zeit, geld, nerven und schont die umwelt.

Indica hat gesagt…

Ich könnte Ihnen noch meine Stammreinigung am Schlesischen Tor empfehlen, Sylvia Scheffler. Frau Scheffler ist gut gelaunt, ist vor Jahrzehnten, dem Tonfall nach zu schließen, vermutlich aus dem Rheinland eingewandert und macht auch hartnäckigsten Flecken durch mindestens drei Versuche den Garaus. Freundlich, fähig, aber leider auch nicht bei Ihnen um die Ecke.

Habe diese Qualitätsreinigung auch den Schwestern Ihrer Neuköllnerin in FFO dauerhaft vorgezogen!

Übrigens, unter uns Hausfrauen, ich habe mit Kochwäsche und Gallseife-Einweichen schon Wundertaten an weißer Baumwolle vollbringen können.

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