2009-07-01

Rosé

Wer dieses Block schon länger liest, der weiß, dass ich insgeheim ein Verhältnis habe mit und zu Rosé-Weinen. Tatsächlich konnte ich persönlich mit der „Rot zu Wild, Weiß zu Fisch“-Regel schon sehr früh wenig anfangen, bevor überhaupt begonnen wurde, diese öffentlich auszuhebeln. Weine, egal welche Farbe, haben ihren eigenen Charakter und gehören ihm entsprechend zum Essen sortiert. Hinzu kommt das individuelle Empfinden, das ist bei mir Jahreszeiten bedingt ausgelegt, im Winter trinke ich lieber einen guten Roten, im Sommer greife ich lieber zu einem weißen Tropfen, am liebsten aber zu einem Rosé. Ja, einen guten Rosé im Sommer als Abendbegleitung hier und da, das macht für mich einen gelungenen Sommer aus.

Vorhin habe ich ein Blogpost bei Dirk Würtz gelesen über das EU-Vorhaben künftig Rosé-Weine nicht mehr ausschließlich aus gekelterten Rotweintrauben zu produzieren, sondern aus einem Verschnitt von Rot- und Weißweinen. Dazu kann man viel sagen und schreiben, soll aber nicht das Thema sein, wichtiger fand ich seinen abschließenden Satz „[…] weil ich diese Weine (Rosé) nicht besonders mag …“

Legitim seine Meinung, ich finde sie schade. Und ich kann jedem empfehlen, der von den Rosés Abstand genommen hat, seit ihm ein billig produzierter Portugiesischer Weißherbst (es gibt in der Tat auch sehr hochwertige, großartige, die nicht wie rosagefärbte Asti-Verschnitte schmecken) wie eine schwarze Katze von links über die Leber gelaufen ist, sich dem Thema heute wieder zu widmen und den einen oder anderen Rosé an sich heran zu lassen – und vorher die eine oder andere vorherrschende Meinung über Bord zu werfen. Eine davon: ein Rosé muss jung sein. Ja, sicherlich ist ein Rosé kein Wein für die übermäßig lange Kellerlagerung. Dennoch habe ich mir vor Jahren in der Weinabteilung der Galeries Lafayette das Angebot eines damals dreijährigen Rosés gegönnt, sehr zweifelnd, weil auch ich mit dem oben geschilderten Diktat Rosé schnabulierte, der mich dann mit einer Tiefe und einem Charakter beglückte, dass ich wenig später von dem Angebot reichlich nachkaufte. Den besten Rosé meines Lebens hatte ich übrigens einmal auf Mallorca und zwar von einem mallorquinischen Winzer (die, gerade die junge Generation, sehr im Kommen sind!). Wir hatten eine Flasche von dem offenen Rosé der Karte geordert und man brachte uns dann eine Flasche aus den Restbeständen des Weinkellers, die halt „weg“ sollte. Was war das für ein Weinglück in Gläsern, das einen schönen Abend mit meiner Mum gemeinsam am Strand sitzend mitbestimmte und mir immer als wundervolle Erinnerung im Geiste bleiben wird. Leider, die mallorquinischen Winzer produzieren ja nicht in übermäßigen Mengen, haben wir damals diesen Rosé nicht nochmals erwerben können.



Neulich war ich hier in Berlin bei den Sandsations, die gegenüber vom Hamburger Bahnhof statt finden und der Spanienfan weiß, dass dort auf den Hinterhöfen Mitte & Meer angesiedelt ist, ein spanischer Groß- und Einzelhandel mit einer großartigen Cava- und Weinauswahl sowie ein paar italienischen und französischen Weinen. Einen schlechten Wein habe ich dort nie gekauft, also bin ich neulich nach dem Fotografieren der Sandskulpturen hinüber und habe mich durch die Weinregale gegraben und hier- und dort einen Rosé zum testen mitgenommen. Denn, das muss ich nach meinen Erfahrungen sagen, die spanischen Rosés sind etwas ganz Besonderes. Sie sind nur selten leichtfüßig, kommen dafür mit einer Geschmacksintensität gepaart mit Frisch daher, die seinesgleichen sucht. Wem der spanische Rote zu schwer ist, dem sind deren Rosés ans Herz zu legen. Zugeschlagen habe ich bei einem Viña Albali von 2006 von Felix Solis, in Valdepenas produziert kommt er aus eine kurzweiligen Lagerung in Barriquefässern und, der Jüngste in der Runde, einen 2008er Homenaje Rosada von Marco Réal aus der Granache-Traube – den übrigens gekauft, weil ich das Flaschendesign angenehm modern und daher reizvoll empfand – das Auge trinkt ja bekanntlich mit.

Dieser Wein hier indes, den Ètim Rosat von 2007 aus dem katalonischen Montsant,



dem ältesten spanischen Weinanbaugebiet, den gab es im Angebot für … ich glaube, es waren knapp 4,– Euro. Ja, ich weiß, da fängt der Weinkenner gar nicht erst an und überhaupt sollte man überlegen, ob man für so „wenig“ Geld überhaupt Wein konsumieren sollte, denn so günstig kann man gar nicht produzieren. Andererseits: vier Euro sind frühere acht Mark und dafür konnte man seinerzeit tatsächlich sehr respektable Weine ergattern, denn da fängt die Mittelklasse an. Hier habe ich also „Ja!“ gesagt, denn mich hat noch kein Weinangebot bei „Mitte & Meer“ je enttäuschen können.



Im Glas findet man einen gut gekühlten, in der Farbe tiefgründigen Wein, dem man fast das Attribut „rosé“ ab und „rot“ zu sprechen möchte, aber er ist eben doch schon ein Rosé und die spanischen Rosés haben einfach mehr Farbe. Geschmacklich trifft man vorne auf frische reife Kirsche, später auf eine reichhaltige sommerliche Beerenpalette und hinten grüßt sehr erhaben der Rijoa im Abgang. Ein unverhofftes rosiges Erlebnis mit erstaunlich viel Geschmack. Was für ein fröhlicher Wein und was für Freude an einem schönen Sommerabend! Wenn ich mir angucke, dass der Wein im Web ab 6 Euro gehandelt wird, werde ich diese Woche nochmals an der Einkaufsstelle vorsprechen.

1 Kommentare:

Dirk Würtz hat gesagt…

Hallo,

mich wieder zum Rosée zu bekehren wird ein schwieriges Unterfangen. Ich habe zu lange in Tavel und Lirac hektoliterweise dieses Zeugs probieren müssen/dürfen. Da hab ich mir meine finale Ration und Abneigung geholt. Aber es soll ja nicht heißen, ich wäre verbohrt. ich werde mir die Tage mal einen besorgen und mich nach Jahren der Abstinenz wieder an die Sache wagen...

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