2009-06-02

Ich lese gerade …

einen medizinischen Bericht in dem vorab Folgendes steht:

„Dieser Bericht wurde unter Beteiligung externer Sachverständiger erstellt. Externe Sachverständige, die wissenschaftliche Forschungsaufträge für das Institut bearbeiten, haben gemäß § 139b Abs. 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung „alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen“ offenzulegen. Der Herausgeber hat von jedem der Sachverständigen ein ausgefülltes Formular „Darlegung potenzieller Interessenkonflikte“ erhalten. Die Angaben wurden durch das speziell für die Beurteilung der Interessenkonflikte eingerichtete Gremium des Instituts bewertet. Es wurden keine Interessenkonflikte festgestellt, die die fachliche Unabhängigkeit im Hinblick auf eine Bearbeitung des vorliegenden Auftrags gefährden.“

Soviel zur Unabhängigkeit von Sachverständigen, deren Spezies man künftig in der Wirtschaft immer seltener sehen wird. Vor einiger Zeit sah ich einen Fernsehbericht in dem eine durch einen ärztlichen Kunstfehler massgeblich geschädigte Patientin seit drei Jahren auf die Verhandlung wartet, weil der Verhandlungstermin immer wieder verschoben wird, da (damals) der bereits 13. benannte Gutachter letztendlich doch keine hinsichtlich seiner pharmazeutischen Unbefangenheit zweifelsfreie Offendarlegung beibringen konnte. Dafür reicht es übrigens als Medizinstudent einmal auf Kosten eines Sponsoren zu einem Symposium eingeladen worden zu sein. Dazu ruhig lesen: „Wie Opfer von Ärztepfusch hingehalten werden.“

Und das ist etwas, woran wohl viele Prozesse dieser Art in Deutschland letztendlich scheitern, so der Tenor dieses Berichts. Dürfte vielen von uns so nicht ganz klar sein. Da bin ich doch sehr froh, dass das Institut, das oben sich so selbstbewusst verhält, ganz andere Erfahrungen zu machen scheint. Wer Spuren von Ironie im letzten Satz gefunden hat, darf sie inhalieren.

2 Kommentare:

Insider hat gesagt…

Hast du auch das ausgefüllte Formular gesehen? Was da als "keine Interessenskonflikte" bewertet wird, ist oft sehr grosszügig. Es gibt so gut wie keine unabhängigen Experten. Aber es gibt Experten, die ihren Namen nicht unter Gutachten sehen wollen, die für die Pharmaindustrie zu unpopulären Entscheidungen führen. Ich kann dir mal anonym ein paar Beispiele schicken.

Anonym hat gesagt…

Es braucht nicht einmal Korruption im Spiel zu sein. Im Gerichtsbereich ist es so, daß ein medizinischer Gutachter, der ordentlich begutachtet, nur Nachteile hat. Ein Gutachter braucht eine Menge Berufsethos, um das durchzuhalten: Gutachten von Kollegen anzugreifen oder, wenn er von Berufsgenossenschaften beauftragt wird, gegen deren finanzielle Interessen zu begutachten.

Auch Gerichte werden heutzutage nicht nach Qualität der Rechtsprechung, sondern nach den Quotienten erledigte Fallzahl/Zeiteinheit und erledigte Fallzahl/Geldmenge beurteilt.
Das führt zu bestenfalls oberflächlichen, schlimmstenfalls falschen Gutachten.

Es gibt Gutachter, die grundsätzlich gegen Patienten entscheiden und damit ihre "Marktlücke" behaupten. Nicht wenige Gutachter haben keine Lust, die umfangreichen Vorgutachten gründlich zu lesen oder wenden unzureichende Testmethoden (veraltet, nur Screening usw.) an. Für die ist das _nur _ ein finanzielles Zubrot.

Ich kenne einen wirklich sehr gründlichen und kompetenten medizinischen Gutachter. Aber der muß oft gegen die Interessen der Berufsgenossenschaften und die Interessen des Gerichts (das vor allem an "stromlinienförmigen" Gutachten interessiert ist, um den Fall schnell vom Tisch zu kriegen), verstoßen. Und seine Gutachten sind äußerst aufwendig und damit auch teuer - wobei er eigentlich nur einen Teil der anfallenden Kosten abrechnen kann.

Ergo: er bekommt immer weniger Aufträge, da seine Gutachten lang, teuer und oft unbequem für die Auftraggeber sind. Daß sie kompetent sind, interessiert ja nur den Kläger, der beispielsweise um seine Unfallrente kämpft. Schwer erträglich, wenn man mit ansehen muß, wie selbst die Rechtsprechung unter der allgegenwärtigen ökonomischen Diktatur leidet.

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