Weichspüler und Erfolghandicaps
Der eine Teil meines Arbeitsalltags besteht nun aus Sitzungen. Dazu geht man in einen Raum in dem meist ein großer runder Tisch steht oder mehrere Tisch längs in Reihe aufgereiht von einer oberen Reihe Tische, diese dann von quer stehenden Tischen unterbrochen, um in einer anderen Reihe wieder zurückgeführt zu werden, an deren Ende wieder ein paar quertanzende Tische so etwas wie eine U-Form simulieren. An diese Tische setzt man sich, zumeist gemeinsam in den jeweiligen Gruppen in denen man an diesen Sitzungen teilnimmt.
Wer zuerst im Sitzungsraum ist, hat es gut: er sucht sich die besten Plätze aus. Die sind meist dort, wo die besten Keksteller stehen, man eine bessere Sicht nach draußen (wichtig bei sehr langweiligen Sitzungen) hat – oder man am angenehmsten an Strom für die tragbaren Zweithirne gelangt. Für den Fall, dass der Akku des Zweithirns nach seiner besonderen Sorte Traubenzucker, Wechselstrom, verlangt. Wer zuerst im Sitzungsraum ist, hat es noch mal aus einem anderen Grund gut. Es gehört nämlich zum guten Ton, dass sich alle Sitzungsteilnehmender – egal wie sehr sie die andere Einstellung der Anderen zum Thema zum Kotzen (na, seien wir doch mal ehrlich!) finden – einmal frisch, fröhlich und frei per Handschlag begrüßen. Was das Mindeste ist, was man tun sollte. (Übrigens vergessen sehr viele dieser höchstdegradierten, studierten, ambitionierten Menschen, dass man, wenn man «Guten Tag!» sagt, sich auch in der ähnlichen Weise «Auf Wiedersehen!» zu sagen hat.) Gut hat es, wer zuerst in dem Raum ist und seinen Sitzplatz bereits eingenommen hat, denn dann müssen die später eintreffenden Gesprächsteilnehmer sich aufmachen und einmal die Runde herum in dem Raum machen, um die bereits Anwesenden persönlich zu begrüßen. In unserem Fall soll das schon Part zum Einstieg in die Gesprächsführung sein, denn die, die begrüßt werden, gelten als die Souveränen. Nun, ich schätze solch einen Habitus nicht, halte es auch für einen klugen Erwachsenen für nicht mehr würdig. Aber solche Spiele werden dort gespielt und ich spiele sie notgedrungen mit – man könnte die Crew dort eh nicht umerziehen (und es ist auch nicht meine Aufgabe.) Zumal natürlich nie einer von ihnen zugeben würde, dass dort mit solchen Kindergartenspielchen politisiert wird. Nur eines sieht man daran deutlich: es geht immer ums Ego!
Bei ca. 20 Teilnehmern in den Sitzungen – und wir reden hier wirklich von studierten, gestandenen Menschen jenseits des 40. Lebensjahres – könnt Ihr davon ausgehen, dass mir 70% dieser Leute einen oft noch feuchten Waschlappen in die Hand legen anstelle eines kräftigen Händedruckes und 50% der Leute sich fürchterlich vor dem Blick in die Seele meinereine fürchten müssen, denn sie können mir nicht in die Augen sehen dabei. Was zuweilen sehr grotesk wirkt.
Und ich soll diese Herrschaften dann den Rest des Tages ernst nehmen in ihrem Kampf um die Sache. Dabei bin ich nur regelmäßig erstaunt, wie sehr sich wirklich kluge kompetente Menschen innerhalb ihres Berufslebens durch so sehr kleine, in der Wirkung aber recht fatale Fehler selbst degradieren.
Man muss nicht immer einen guten Tag haben, man kann auch mal mit Angst und Sorge in eine Sitzung oder in ein Gespräch gehen, man muss auch nicht über ein großes Selbstbewusstsein verfügen. Mein Tipp: dann aber wenigstens für einen kurzen Moment Theater spielen und so tun. Einmal knackig die Hand drücken und kurz den Augenkontakt suchen. Die allerwenigsten Menschen können mit ihren Augen töten.
Wer sich selbst nicht sicher ist, wie er nach außen wirkt im Moment der Begrüßung, einfach mal Freunde fragen und den Vorgang einer kurzen selbstbestimmten und selbstbewussten Begrüßung an ihnen üben. Wenig Aufwand, bringt aber wirklich viele Punkte. Ach ja und noch eines: wenn man sich in einer solchen Situation – also der Begrüßung mehrerer Personen kurz hintereinander – begrüßt: Konzentration auf die eine Person, vor der man gerade steht und der man gerade die Hand reicht. Jemandem die Hand zu reichen und sich währenddessen noch mit der vorgangenenen Person zu unterhalten oder schon mit der nächsten - dann kann man's gleich lassen. Die Begrüßung ist dann nämlich ausschließlich für'n Ar…!
4 comments:
Oh ja, es gibt nichts schlimmeres als so ein laffes Händchen, das einem in die eigene gelegt wird, da möchte ich am Liebsten immer laut "Iiiiiih" rufen, aber stattdessen drücke ich bei diesen Mitmenschen boshafterweise immer besonders kräftig zu, dass ihnen das beim nächsten Mal eine Lehre sein möge und sie dagegenhalten. Hat aber bisher noch nie funktioniert. Ich frage mich immer ob dieser Händedruck -bzw. das Fehlen desselben - auch auf die restliche Persönlichkeit schliessen lässt. Ich befürchte: Ja.
Schlappes Händedrücken mag ich auch nicht, aber ich mag den Händedruck im Allgemeinen nicht. Furchtbar, weiß doch gar nicht wo oder was vorher angefasst wurde. Einzeln begrüßen und in die Augen sehen, das finde ich wichtig und richtig (und verabschieden natürlich).
Ist nicht Händeschütteln out ?
Solche Sitzungen kenne ich, da sollte man dann nicht sein. Und die Keksteller sind doch in der Fastenzeit sicherlich am Ende genauso voll wie zu Beginn, oder? Gibt es denn auch was Leckeres zu trinken?
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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