2008-07-14

Wir nehmen die Bundeskanzlerin beim Wort und lassen uns die Stromkosten ersetzen!

Aus der Pressmitteilung des Erwerbslosen Forum Deutschland vom 14.7.2008:

Erwerbslosen Forum empfiehlt Antrag auf volle Übernahme der Stromkosten zu stellen und sich dabei auf das Sommerinterview von Angela Merkel zu berufen

Bonn – Nach dem Sommerinterview der Bundeskanzlerin Angela Merkel, indem sie anmerkte, beim Arbeitslosengeld II würden im Rahmen der Erstattung der Unterkunftskosten alle Heizkosten und Stromrechnungen voll ersetzt werden, stellt das Erwerbslosen Forum Deutschland nunmehr allen Arbeitslosengeld-II-Beziehern einen Antrag auf volle Übernahme der Stromkosten zur Verfügung. «Wir nehmen unsere Bundeskanzlerin beim Wort und sind hoch erfreut, dass nun endlich der Strom nicht mehr aus dem Regelsatz bezahlt werden muss sondern dieser voll ersetzt werden muss. Die bisherige Praxis, indem für Strom und Warmwasser grade mal 21,87 Euro für einen Alleinstehenden zur Verfügung standen, scheint nach dem gestrigen Interview endlich aufgehoben zu sein. Frau Merkel, Sie haben Recht! Bei diesem großzügigen Angebot ist ein Sozialtarif für Strom bei Sozialhilfe und ALG-II-Bezug überflüssig», so Martin Behrsing vom Erwerbslosen Forum Deutschland.


Der Musterantrag steht hier als PDF zur freien Verfügung.

Der Hintergrund zu den zu übernehmenden Stromkosten tatsächlich ist, dass die Energiekosten bisher anteilig aus dem Regelsatz erstattet werden und trotz der enormen Preissteigerungen seit Einführung des «neuen» Arbeitslosengeldes II im Jahr 2005, dieser Regelsatz nie an die realen Bedingungen angepasst wurde. (Auch mit ein Grund, warum keinem ALG-II-Empfänger in Deutschland der € 4,25 Sarrazin-Regelsatz für das Essen real zur Verfügung steht.)

Nun wurde mittlerweile in den Sozialgerichten diverser Kommunen Deutschlands dahingehend Recht gesprochen, dass die Stromkosten bei Sozialhilfe- bzw. ALG-II-Bezug in voller Höhe von den Kommunen zu tragen sei. In anderen Kommunen haben Sozialgerichte dagegen geurteilt. Die Arbeitsagenturen haben das bis jetzt so gehändelt, dass sie diesbezüglich die Antragsteller aber immer erst klagen lassen – also selbst in den Kommunen, in denen den Arbeitslosen die Übernahme der gesamten Kosten zugesprochen wurde, die Kosten also nicht automatisch übernommen werden. Die Arbeitsagentur sitzt gerne geltendes Recht aus.

Insofern hat sich da Frau Merkel tatsächlich etwas weit aus dem Fenster gelehnt. Und ich unterstelle ihr da nicht mangelndes Fachwissen, hingegen glaube ich schon, dass sie hier gesprochenes Recht zugunsten ihrer eigenen Imagestrategie wohlweislich verwendet obwohl sie aufgrund der Zahlen der Arbeitsagentur wissen wird, dass diese Leistungen niemals komplett übernommen werden von den Agenturen. Da reicht im übrigen ein simpler Blick auf die Antragsformulare – die tatsächlichen Stromkosten der Antragsteller interessieren die Agenturen nämlich gar nicht.

Und wenn politische Inkompetenz abgegemahnt wird, wird halt 'nen bisschen an der Verfassung geschraubt, bis es wieder passt.

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