2008-02-23

Menschliches

«Du bist einfach nur ehrlich.
Und daran scheiterst Du.»

Tiefenpsychologie letzte Woche in einer dieser US-Serien auf Pro 7. Keine Ahnung welche, ich weiß nur noch als dieser Satz gefallen ist, war ich hellwach. Das ist creezy auf den Punkt gebracht.

Wenn ich etwas nicht ertrage, dann ist es Unehrlichkeit. Schlimm im privaten Leben. Tatsächlich kann ich mit auf allen Ebenen schmerzender Wahrheit deutlich besser umgehen als mit der Lüge. Hängt möglicherweise damit zusammen, dass ich als im Sternzeichen Waage und im chinesischen Tierkreiszeichen als Schlange geboren einen doppelten sechsten Sinn für alles habe, was zwischen den Ebenen geschieht und Unwahrheiten schon körperlich fühle, wenn sie nur jemand als etwaige Möglichkeit erdenkt. Was sie in meinem ureigenen Empfinden nicht leichter macht. Ich mag auch nicht lügen, ich bin das nicht. Ich weiß, dass viele Menschen damit nicht klar kommen können und gerne Menschen wie mich, die so ungeschönt auftreten, in Schubladen packen wollen, die sie nur ungerne jemals wieder öffnen mögen. Aber so bin ich nun mal. Ich sage, was ich denke. Und wer das erträgt, ist an meiner Seite immer gut aufgehoben, weil ich nichts schön lächele, wo es nichts schön zu lächeln gibt. Dafür mein Lob immer ehrlich ist. Eins ohne Hintergedanken aus dem Herzen gesprochen.

Gleichfalls schlimm empfinde ich Unehrlichkeit im Arbeitsprozess. Vertrauensbruch des eigenen Egos zuliebe. In einem Team mit Menschen zu sitzen, die sogar (!) dafür bezahlt werden, gemeinsam für eine Sache, einen Erfolg zu arbeiten und sich, das eigene Ego nicht genug gepflegt sehend, untereinander lieber mit teilweise erschreckend professioneller Hilfe von Intreganz und Lüge die eigene Arbeit zerschießen – nur um hinterher einsam im Wind zu glänzen. Nach außen erfolgreich, nach innen ein emotionales kleines Licht. Ich habe deswegen schon Jobs gekündigt, obwohl ich nicht einmal selber betroffen war aber so nicht mehr an den Erfolg glauben wollte. Verrat an einer gemeinsamen Sache, da geht mir der Erfolgsglaube flöten. Es ist meine Energie, die da selbstsüchtig in den Wind geschossen wird und sie ist mir zu schade dafür.

Den Vertrauensbruch zu erleben in einem Team, das in einem Projekt arbeitet gemeinsam für die Sache und nur mit dem Zweck, um anderen Menschen Freude zu machen. Selbstlos. Eine/r bricht da aus und trägt Interna nach außen, die dort überhaupt nichts zu suchen haben. Was bringt einen Menschen dazu, so etwas zu tun? Profilierungssucht? Die Nähe der Externen suchend und dabei sich lieber selbst, die eigene und die der anderen Projektarbeit verratend? Mir fällt das Begreifen schwer. Ich weiß auch nicht, worin der Wert in einer solchen Arbeit jetzt noch liegen soll. Das Vertrauen von so vielen Projektmitgliedern mit den Füssen getreten. Einach so.

«Du bist einfach nicht ehrlich.
Und daran scheitert alles was Du tust.»

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich kenne nicht viele Menschen, die von sich selbst behaupten, dass sie nicht ehrlich wären.

Allerdings gibt es viele Menschen, die sich die angebliche Ehrlichkeit so dick auf das Schild vorne schreiben: und die einzige, die darauf reinfällt, das bin ich.

Anonym hat gesagt…

Das war in der letzten Folge von "Private Practice" und genau der Satz ist bei mir auch hängengeblieben. ;o)

Leider ist an diesem Satz soviel Wahrheit. Ehrlichkeit ist heute in einer Welt in der Schein, Glanz, Täuschung und Selbstprofilierung auf teils übermenschlichem Niveau mehr zählen als Authentizität und Wahrheit schlicht eine Eigenschaft, die einem häufig tatsächlich Nachteile einbringt.

Andererseits muss man sich da glaube ich immer wieder bewußt machen, dass Ehrlichkeit auf die lange Sicht am Ende eben doch gewinnt. Einmal weil ich mir auch später noch im Spiegel ins Gesicht sehen kann, andererseits weil man nicht Gefahr läuft an all dem vorgespiegelten Glanz und Schein zu zerbrechen oder sich im Irrgarten der Unwahrheiten furchtbar zu verlaufen und kostbare Lebenszeit zu vertun, mal ganz abgesehen davon, dass auch Beziehungen an Unehrlichkeit zerbrechen.

Ich kann allerdings auch Claudias Beobachtung bestätigten, dass nicht selten gerade die, die die Ehrlichkeit besonders auf ihren Fahnen tragen und besonders laut beschwören leider häufig Blender sind. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wer zu den wirklich (größtenteils) Ehrlichen (niemand ist 100% ehrlich und sei es, dass man sich selbst etwas in die Tasche lügt) gehört, ist sich der Besonderheit oft gar nicht bewußt und sieht daher auch gar keine große Veranlassung das auch noch besonders zu betonen.

Anonym hat gesagt…

falsch!!!

«Du bist einfach nur ehrlich.
Und daran scheitern leider die anderen.»


(wäre die richtigere aussage)

Anonym hat gesagt…

Darf ich ehrlich sein? Der Satz aus der Serie hat nichts mit Psychologie zu tun, sondern ist eben eine Platitüde aus einer Serie. Er tröstet den oder die Scheiternde, weil er ihm oder ihr tragisches Heldentum anheftet.
Wenn überhaupt, hat prinz besserwissertuer recht, "die anderen" sind in diesem Fall aber nur eine falsch gewählte Umgebung, sei es privat oder beruflich.
Im Job hatte ich viele Vorgesetzte und eine Handvoll Vorbilder, die gerade mit gnadenloser Offenheit an ihre Führungsposition gelangt sind. Will sagen, Ehrlichkeit führt durchaus zum Erfolg, und wer ehrlich ist und trotzdem scheitert, macht etwas anderes falsch, entweder in der Wahl des Umfelds oder in der Kommunikation.

r|ob hat gesagt…

Man muss nur aufpassen, dass man nach einem Verrat nicht auch die Fähigkeit zu vertrauen verliert...

Anonym hat gesagt…

Wie war das noch gleich:
"Der Ehrliche ist verdammt in einer Welt voller Lügner!"

Quintus hat gesagt…

@nachtschwester: "gnadenlose Offenheit" ist eigentlich ein schwarzer Schimmel. Wenn ich offen für jemanden bin, kenne ich auch seine Grenzen und bin eben nicht gnadenlos.

Aber trotzdem, ja, es ist eine zugespitzte Floskel. Aber auch mittelfristig "rechnet" es sich nicht. Und für langfristige Beurteilungen ist längst kein Platz mehr.

Ehrlichkeit ist zu Recht ein anderes Wort als Wahrheit. Angenommener Fall: Kollege XY macht einen Fehler, der Auswirkungen hat. Ich gehe damit zum Chef/Kunden und sage "XY hat es verbockt." Es ist in dem Fall wahr. Aber ist das auch ehrlich? XY hat jetzt ein Problem. Es ist egal, ob er übernächtigt auf die Tastatur gefallen ist und somit das "Unheil" angerichtet hat, oder als lustiger Springinsfeld die Sache nicht ernst nimmt. Ich schneide in dem Moment seine Ehre ab. "Schuldig".

Die Verantwortung liegt aber nicht bei XY sondern bei mir. Alles was nach oben/außen geht, ist "ja, Problem gelöst" oder "nein, Problem besteht". Dafür muss eine Führungsperson eben auch gerade stehen und nicht die Ebene darunter in den Wind hängen. Das ist aber eher der seltene Fall.

Anonym hat gesagt…

Gnadenlos ist immer schlecht, auch wenn es ehrlich ist. Schweigen ist dann ja meist eine Alternative. Aber eine gnädige Lüge ist einem Menschen gegenüber besser als eine gnadenlose Wahrheit. Ich weiß … «Opa erzählt vom Krieg». (Mist dieses Kommentieren bei Guuugel!)

Wolf hat gesagt…

Ich war anonym hier weil das alles so umständlich ist und meine Vergesslichkeit bei Passwörtern nach gnädiger Ignoranz verlangt.

Anonym hat gesagt…

Gnadenlos war kein glückliches Wort. Die Alternative zur Ehrlichkeit ist aber nicht die sozialverträgliche Lüge, sondern die "Wahrheit", sofern sie Kritik bedeutet, so zu vermitteln, dass sie dem Gegenüber ohne persönliche Kränkung Gelegenheit gibt, sein Verhalten zu ändern. Was gesagt werden muss, muss gesagt werden. Wer das nicht kann, kann auch nicht führen. Es geht schließlich nicht darum, sich am Arbeitsplatz bedingungslos lieb zu haben, sondern darum, Aufgaben zu bewältigen. Ob das Gegenüber einen gefühlten Gesichtsverlust erleidet oder nicht, hängt nicht zuletzt von seiner persönlichen Reife ab, das meinte ich mit der Wahl des Umfelds.

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