2007-12-10

Schluss!

Habe ich gestern zu mir gesagt, nachdem ich das schon seit Wochen, ja Monaten zu mir gesagt habe, den richtigen Zeitpunkt aber zum Abschluss und Neubeginn überall dort suchte, wo ich ihn natürlich nicht finden konnte. Nicht, dass ich nicht genau gewusst hätte, ich müsste bei mir suchen und könne nur dort fündig werden – nur bei mir. Trotzdem stand etwas im Weg. Das war wohl auch ich.

Dann der Blick auf Bauch und Schenkel, der nichts mit dem gemein hatte, den ich ihnen früher gönnte, das Wohlfühlgefühl hatte sich verabschiedet und hat sich offensichtlich woanders viel wohler gefühlt. Der Blick auf Fotos neueren Zeitalters, die deutlich machen, wie die Last auf den Schultern mit der Zeit den Gesichtsausdruck, die Haarfarbe und die Haltung verändert. Arbeitssuchend sein über einen viel zu langen Moment, legt sich mit der Zeit wie der Grauschleier über den Inhalt eines Kleiderschränke und verleiht ihm das Hors d'œvre des altmodischen Chics und Abgetragenheit, den niemand wirklich schätzen mag, macht sich in dem Kühlschrank viel zu breit, als dass gesunde Bio-Nahrung noch einen Platz finden könnte. Verstorbene Mütter, einfach so, versetzen dann den Gnadenstoß und unerfreuliche weitere Umstände, die sich die Hand zu reichen scheinen wie bei einem endlosen Stapellauf, spenden das giftige Salz in dieser Suppe, die wirklich niemand mehr genießen mag – und zeichnet Abneigung, Geschlagenheit und Frustration in Gesicht, Körpersprache und in die Haltung.

Pah, meine Haltung! Die immer tadellos und stolz war, selbst wenn die Zeiten einmal schwer waren, weil mein Herz entspannt und darüber hinaus dem Tanz gehörte und die Ballettübungen ihr übriges dazu taten, dass ich solche Probleme nicht hatte, drückt sich nun ermüdet mürbe in einem Rundkreuz aus, das ich nie an mir kannte, nie kennen wollte und zu dem ich nie niemals mein ok gegeben, hätte ich nur einmal die Kraft gehabt, sehr deutlich zu machen, dass zu den vielen pisakenden Vorgängen der letzten Zeit meine Einverständniserklärung doch nirgends schriftlich vorlag.

Dann liegt vor einem der Schalter von dem man weiß, diesen Schalter müsste man nur wieder ein einziges Mal umlegen und dann wird wieder alles ein klein wenig schöner, die Umstände werden leichter fallen, die Motivation wird ein Schaumbad nehmen und die Sonne wird öfter scheinen, selbst dann noch wenn Wolken vor ihr deren übliches marodes Spiel spielen. Aber der Schalter lag seit Monaten in unerreichbarer Höhe, er war rostig, dass vor dem Anfassen es mir nur grauen mochte und das Öl, dass ihn früher geschmeidig umlegen ließ, war ranzig geworden und ließ ihn nicht rücken und rühren mit dem bisschen Kraft, die noch in mir steckte. Und alles was mir an Hilfsmitteln zur Verfügung hätte stehen können, diesen Schalter eines Tages doch wieder bedienen zu können, war versteckt. In mir selbst und ich hatte sämtliche Hinweisschilder verlegt, um die versteckten Utensilien wiederfinden zu können.

Gestern aber war es soweit. Ich stand auf, ich zog die Schuhe an, die Hose, das Sweatshirt, ich dehnte die Beine – denn in der Zwischenzeit bin ich nicht jünger geworden – und ich ging laufen. Dauerlaufen. Und hielt die übliche Runde sogar fast durch. Und zu Hause quälte ich mich durch die Pilates-Übungen, deren Reihenfolge ich nach so langer Zeit schon beinahe vergessen habe.

Mein kleiner persönlicher Neuanfang. Es war so ein unerträglicher Kampf. Ich vorhersage Muskelkaterposts in der nahen Zukunft. Ich will mich über ihn freuen. Ich bin ein kleines Stückchen glücklicher.

28 comments:

Sebi Protagonist hat gesagt…

ui, der anfang los sich ja wirklich besorgnisserregend, aber ist ja doch gar nicht so schlimm. ich drücke die daumen für wenig muskelkater und viel durchhaltevermögen.

Foxxi hat gesagt…

Hau' rein! Jetzt ist der richtige Moment. Muskelkater geht vorbei. Ich weiß wovon ich rede, ich habe diesen Schalter vor ca. 3 Wochen wieder erreicht und langsam beginnt er auf der richtigen Seite einzurosten!

Text + Blog hat gesagt…

Wenn ein Blogartikel mit "Schluss!" überschrieben wird, zuckt der geneigte Leser ja erstmal zusammen. Mit fortdauernder Lektüre hat sich dann ein Gefühl der Erleichterung eingestellt, dass es sich praktisch um ein "Schluss mit dem Müßiggang!" handelt.

Bravo und viel Spaß mit dem gewünschten Muskelkater. Ich mag das auch sehr gern, dann merkt man immer, dass man wieder was getan hat.

Anonym hat gesagt…

es ist nicht einfach
http://tinyurl.com/2tqzt5

creezy hat gesagt…

@sebi
Die Vergangenheit war besorgniserregend. Danke. Für's Daumen drücken.

@foxxi
Richtig, jetzt ist der richtige Moment. Nie ist es günstiger und klüger anzufangen, als kurz vor Weihnachten. ;-)

@Markus
Nee, es ist nicht Schluss mit Müssigang. Was ich beschreibe, ist der Versuch Schluss zu machen mit den in der Situation zwangsläufig einhergehenden Depressionen. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. ,-) Aber danke auch Dir!

@anonym
Genauso ist es! Mir ist eben anders geworden beim Lesen. Danke für den Link!

Quintus hat gesagt…

Ach ja, vor ein paar Monaten habe ich meinen guten, alten Drahtesel wieder vorgekramt. Immer noch jede Schraube beim Vornamen gekannt und dann tatsächlich auch benutzt. Tut gut, auch dem Körper ;-).

ker0zene hat gesagt…

War und ist auch mein Weg, eine ganze Weile schon. Man kann den Dämonen zwar nicht weglaufen, aber nach einer Zeit lassen Sie sich zurückfallen. Alles Gute!

The Exit hat gesagt…

ich drücke die daumen im kampf gegen den inneren schweinehund und natürlich für den neuanfang. soll ja noch mehr neu anfangen!

Anonym hat gesagt…

Gratuliere zur Überwindung und zum Umlegen des Hebels!

Danke an anonym für den Link zu dem Artikel in der Süddeutschen Zeitung!

Anonym hat gesagt…

Ob so ein Artikel, der den Tenor hat: Es kann jeden treffen... wirklich motiviert?

Julius hat gesagt…

Und damit der löbliche Elan nicht nachlässt, bitte ich um wöchentlichen Rapport, damit wir als geneigte Leserschaft Ihnen in den... bei nachlassender Motivation den Schweinehund überwinden helfen können.

jonas hat gesagt…

mein langer lauf zu mir selbst. sehr schön. der beginn dessen war auch bei mir der anfang zu erfolg, reichtum und ruhm.
tapfer halten, magnesium nehmen und schön langsam angehen:)

Anonym hat gesagt…

Auf alle Fälle findet man immer mehr Gesellschaft in so einer Situation ... es werden immer mehr Mitt40er und 50er, die es trifft.
Vom sogenannten Mittelstand haben nur wenige, die noch einen Job haben, eine Ahnung davon, was ihnen passiert, wenn sie den vermeintlich sicheren Posten verlieren.
Andere Jobs als Kassiererin oder Altenpfelgerin bieten sich für eine Frau über 40 kaum noch an.
Ich hätte hier mit 4 Putzjobs noch am ehesten die Möglichkeit auf 1600 Euro netto. Nach 27 Jahren in mehr als gut bezahlten Programmier-Jobs!

Fool for Food hat gesagt…

Gratulation! Das Gefühl hinterher war sicher unbeschreiblich. Ich drücke die Daumen fürs Durchhalten.

Anonym hat gesagt…

OT: Sagen Sie mal, kommen meine E-Mails eigentlich bei Ihnen an? (Vielleicht haben Sie ja auch keine Lust zu antworten?)

Cecie hat gesagt…

na hui. da bin ich ja gespannt, wer mir übermorgen die tür öffnet ;o)

creezy hat gesagt…

@Quintus
Die Schrauben des Rad beim Vornamen kennen? Wow! Ich bin beeindruckt, das kann ja nicht mal ich. Ich fühle nur den Reifendruck intuitiv.

@ker0zene
Eben, und das weiß ich auch. Ich weiß mit Laufen ist die Welt ein bischen einfacher. Nur gepackt habe ich es die letzte Zeit nicht. War nicht schön. Danke. Dir auch! Sowieso!

@the exit
Genau! Und: danke! ,-)

@liisa
merci! ,-)

@anonym
Darum geht es nicht. Es geht in dem Artikel darum, den arroganten Dumgläubigen aufzuzeigen, dass es eben auch die trifft, die genau wie sie glaube, es trifft sie nie – sondern nur die armen arbeitsfaulen besoffenen Dumpfbacken. Und für die, die im Teufelskreis drinnen stecken, ist der Artikel alleine deshalb Motivation, weil es endlich mal nach Jahren ein Artikel ist, in dem die Situation möglichst nahe an der gelebten Realtität geschildert wird. Und der AGII-Empfänger nicht immer nur als korrpupte Scharzmarktverdienersschwein abgekanzelt wird.

@julius
Jawoll, cheffe! ,-)

@jonas
Wie jetzt? Keine 30 km-Läufe. Mein langer Lauf zu mir selbst, sehr schön geschrieben!

@Frau Meinigkeiten
Unfassbar nicht? Einerseits gibt es angeblich diesen Facharbeitermangel, andererseits sitzen die Facharbeiter jenseits der 40 zu Hause. Da stimmt was nicht.

@claudia
merci! ,-) Das Gefühl ist gut im Moment – zumal das Wetter viel Spaß macht.

@ingeborch
nee, leider nicht. Auch nicht im Spam. Schreibfehler vielleicht? creezy@gmx.de ?

@cecie
ich! ,-) Mit Muskelkater. Also zwei Kater!

Anonym hat gesagt…

respekt!

ich schaffe es immer noch mich erfolgreich zu drücken :-0

bhuti hat gesagt…

Ha, ich bewundere Dich. Mein letzter Versuch mich sportlich zu betätigten ist vor rd. einem Jahr sanft entschlummert ;-)

Anonym hat gesagt…

Auja, machen wir eine Motivationsgruppe auf! Ich bin zwar nicht so sehr für "laufen" (zuviel Metall im Spiel - Sie verstehen..) aber der Rest passt ja auch auf andere Lebensbereiche!

Julius hat gesagt…

Haben Sie schon einen feschen Namen parat, Herr Spontiv?

Anonym hat gesagt…

nein herr julius, habe ich nicht! aber mir persönlich gefällt der pgl des herrn exits sehr gut.

aber ich bin mir sicher das hier jemand eine kreative idee haben wird.

Anonym hat gesagt…

die o.a. Lebens-Beschreibung ist ja nur ein Teil, hinzu kommt jetzt die bio-metrische Erfassung und die Sammel-Wut, und das betrifft nun wirklich alle:

Ihr Surfen wird monatelang dokumentiert, jede einzelne angesurfte Seite wird zum Profil.

Beim Telefonieren wird praktischerweise gleich Ihr Standort bestimmt, und bitte verwenden Sie keine "prekären" Wörter, siehe http://tinyurl.com/2xvc5k. Die automatische Kennzeichen Erfassung erwähne ich hier nur am Rande.

Ein kalter, technokratischer Staat nach Gutsherrenart in alter Junkermanier. Willkommen in der Realität 1984.

Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht anderweitig motivieren kann.

Anonym hat gesagt…

"Ein kalter, technokratischer Staat nach Gutsherrenart in alter Junkermanier. Willkommen in der Realität 1984."

Hmm, Lösungsvorschläge im Angebot Herr Anonym? Regierung stürzen? Anarchie einführen? Oder was?

Offensichtlich scheint ein großer Teil der Bevölkerung mit Vorratsdatenspeicherung & Co. keinerlei Probleme zu haben. Ich schon, das nur am Rande.

Noch wählen Menschen die Regierung. Die Mehrheit scheint derzeit keinerlei Probleme mit einem orwellschen Überwachungsstaat zu haben. Warum auch immer. Also, was tun?

Anonym hat gesagt…

Du hast die richtige Antwort in Deinem Posting schon gegeben. Du hast die Wahl.

Anonym hat gesagt…

Tja, siehst! Genau das kann nämlich nicht die Lösung sein!

Anonym hat gesagt…

Ich denke, demokratisch wählen ist die Lösung!

Anonym hat gesagt…

Hmm. Dann wurde die derzeitige Regierung also nicht demokratisch gewählt bzw. verhält sich nicht demokratisch? Interessant.

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