Nägel mit Köpfen
am Sonntag gemacht und gerade noch einen relativ günstigen Flug erwischt. Das schafft klare Verhältnisse und irgendwie macht es doch deutlich ruhiger. Hinarbeiten auf einen schönen positiven Abschluss. Ich wiederhole mich, aber ich freue mich so sehr für sie, dass ich sie auf ihre Insel bringen kann, die Asche meiner Mum ihre Einheit mit Luft, Meer und Sonne bilden kann und sie nicht in so ein dunkles Loch oder in eine Steinnische muss.
Dann doch plötzlich einen riesigen Schreck bekommen, weil der Flug nicht mit der Gesellschaft geht mit der ich geplant hatte zu fliegen, weil ich immer mit ihr nach Mallorca geflogen bin und die mir im Vorfeld schon eine beruhigende Antwort zur Urnenmitnahme gegeben hatte. Also hier noch mal angefragt und auch eine positive Antwort erhalten.
Ich poste das, weil ich weiß, dass viele Menschen denken so eine Überführung sei eine teure, für sie nicht zu finanzierende Angelegenheit und daher unmöglich für sie. Auch weil es leider Bestatter gibt, die gerne aus finanziellen Gründen die Antwort geben, es sei Hinterbliebenen nicht „erlaubt“ Urnen selber zu überführen – die verdienen an den Überführungen sehr gut und verschicken dann doch auch nur per UPS. Aber es ist möglich es selbst zu tun. Man muss einfach nur einen Bestatter finden und seine Wünsche mit ihm abstimmen – diese Bestatter gibt es, sie werden übrigens immer mehr. Naja, und ein bisschen muss man den Mut haben den ungewöhnlichen Weg zu gehen. Was nicht leicht ist, das kann ich aus meiner eigenen Situation klar bestätigen, da maschiert viel Angst mit – ja mir geht jetzt schon vor dem Moment salopp gesprochen „der Arsch auf Grundeis“. Aber es wird sich lohnen.
Es wird sich lohnen, irgendwann zu wissen, dass sie zwar tot ist – aber in Freiheit: frei wie der Wind auf diesem Fleckchen Erde, das sie so liebte.
Und abschließend noch ein Foto, dass – wie ich hoffen will – hoffentlich Lesern Mut macht im schlimmsten Fall nicht den Weg zu gehen, den einem die völlig beschränkte deutsche Bestattungs-„kultur“ aufzwingen will, sondern sich die Freiheit zu nehmen so zu trauern, wie es für einen selber richtig ist. Nishia heute nachmittag beim Spiel mit der Urne bzw. ihren Eulen-Kette, die meine Mum getragen hatte als sie starb. Das läuft nicht unter „keinen Respekt vor den Toten“ sondern unter Leben mit dem Tod. Ich habe in meinem Leben mit meinen Katzen zwei Erlebnisse gehabt im Zusammenhang mit dem Tod, die sehr speziell waren und die mich daran glauben lassen, dass Tiere andere Dimensionen fühlen können. Wofür wir Erwachsene leider frühzeitig zu blinden Geschöpfen erzogen werden. Die Urne letztes Jahr ins Haus zu bringen und wie die Katzen darauf reagiert haben, war ein besonderer Moment. Aber alle drei waren mit ihr völlig im reinen und für mich war dies ein Zeichen, es richtig zu tun. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben und die Kraft es so durch zu ziehen.
Vor allem wenn jemand sehr unverhofft geht, so wie meine Mum, dann ist es hilfreich sich für einen bestimmten Zeitraum, den man selber für sich definieren sollte ohne andere hinein reden zu lassen, die Zeit zum Abschied zu nehmen. Dieses Sterben und ab mit der Hülle in die Erde, das kann nur traumatisch sein für die Hinterbliebenen. Ich habe mir jetzt ein Jahr Zeit genommen mich mit der neuen Situation abzufinden. Wir haben ein Jahr lang – im übertragenen Sinne – gemeinsam unsere Geburtstage feiern können, Weihnachten, Muttertag, den ersten Todestag. Wenn mir zum heulen war, konnte ich sie – wieder im übertragenen Sinne – in der Urne in den Arm nehmen. Das ist gut. Das ist nicht beschränkt, noch gespenstisch. Das ist einfach nur eine Form von Trauer wie man sie leben können sollte, wenn einem danach ist. Und ich kann sie jetzt auch gehen lassen. Ich habe auch trotzdem mein Leben weiter gelebt. Auch wenn das für Außenstehende merkwürdig gewirkt haben mag. (Den Spruch „Du musst jetzt aber mal gucken, dass die Urne weg kommt.“ kann ich nicht mehr hören. Es ist schon spannend zu sehen, was andere immer meinen, was für den anderen „richtig“ sein muss, nur weil es zu ihrem eigenen Erfahrungsschatz konträr läuft.)
Das eine Jahr mit der Urne meiner Mum unter diesen – unseren besonderen – Umständen, wie sie gegangen ist, war ein gutes Jahr trotz aller Traurigkeit. Man muss es nicht so tun wie ich das jetzt getan habe. Aber man kann es so tun, wenn man das Gefühl hat, es hilft einem mit der Trauer besser klar zu kommen. Solange man mit der Asche des Hinterbliebenen respektvoll umgeht – und mit sich selber. Ich würde das wieder so tun. Aber nach einem Jahr sollte man sich auch trennen können. Ich kann das jetzt. Der Zeitpunkt ist genau richtig. Und das ist das Zeichen für mich, dass ich erfolgreich getrauert habe – ich konnte den Punkt selber setzen.
11 comments:
Nee, in diesen Postkommentaren wird mal kein . gesetzt! ;-)
... und eine gute Reise und das Ankommen gewuenscht. Ihnen beiden.
eine ganz wunderbare idee.
Na gut - aber ich habe Dir ja gestern schon am Telefon gesagt, wie ich darüber denke - alles ist gut :)
Ich verfolge diesen Abschied seit einiger Zeit stumm. Ich war noch nicht in der Situation, ein Elternteil von mir zu verabschieden. Ich kann daher auch nicht "mitfühlen" . Wenn ich, wann auch immer, in diese Situation komme, hoffe ich auch ein wenig diese Größe zu erreichen.
liebe creezy,
ich finde dich einfach nur mutig und es freut mich unglaublich zu sehen, wie und dass du damit umgehst. ich wünsche euch beiden eine schöne reise und einen abschied so, wie du und ihr euch das vorgestellt habt.
ich tue mich schwer damit, abschiede so hinzunehmen wie sie von dem, der gegangen ist, angedacht waren und wie sie nicht dem entsprechen, was ich gut verarbeiten kann... vielleicht hilfst du mir da mit deiner geschichte ein stückchen weiter....
liebe grüsse!
Ales Gute für diesen Weg!
Ich kann das sehr gut nachvollziehen, da ich ein Kind der Nachbarsinsel bin und ebenfalls gerne dort liegen würde, wenn es einmal so weit ist. Obwohl meine Kinder nicht damit umgehen können, mich so weit weg zu wissen. Aber bis dahin ist ja hoffentlich noch Zeit. Für sie wie für mich.
Wie jemand mit seiner Trauer umgeht, muss doch jedem selbst überlassen sein - und ich finde es großartig, dass Du für Dich den richtigen Weg gefunden hast und den auch gehen kannst.
Meiner Mutter wollte man als 14-Jährige nach dem Tod ihrer Mutter aufzwingen, wer weiß wie lange schwarze Klamotten zu tragen. Sie hat sich erfolgreich dagegen gewehrt und gesagt, sie sei innen drin nicht weniger traurig, nur weil sie wieder ihre normale Kleidung trage.
Als mein Onkel gestorben ist, waren wir alle froh, dass wir endlich eine Beerdigung hatten und die Sache für uns abgeschlossen war. Seinem Tod war aber auch ein sehr langes Leiden vorausgegangen.
So empfindet das eben jeder anders, und es ist unglaublich vermessen, jemanden zu sagen, "die Urne muss nun weg". Nochmal: Ich bewundere Dich und wünsch Dir auch für den letzten Weg noch ganz viel Kraft!
Schön zu lesen: Nächste Woche der kleine Trip nach Chicago und im September die große Reise nach Mallorca.
Ich freue mich für dich.
Ich muss mal nachfragen: Ich habe das eben so im Kopf, dass in Deutschland Friedhofszwang herrscht. Und du die Urne eben auch schon nicht hättest nach Hause mitnehmen dürfen. Liege ich da völlig falsch? Antwort gerne auch per mail, wenn nötig.
Ich finde ja auch, das viel mehr Arten der Trauer möglich sein sollten. Auch wenn deine sicher nicht meine Art wäre, aber genau darum geht es ja: jedem das Seine.
Liebe Grüße
Ein sehr eigener, schöner und tapferer Abschied.
Daneben dachte ich gerade auch, wie so ein Blog auch wunderbar für Geschichten taugt, mit denen das reale Umfeld eher weniger gut klarkommt.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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