Vorsicht Leute!
An die gerichtet, die jetzt nach den Ergebnissen der gestrigen Rostocker Demonstration die Finger heben und wild auf die bösen Autonomen schimpfen, die dort für Krawall gesorgt haben. Ihr könnt ruhig ruhig ein bisschen skeptischer mit der Berichtserstattung der Medien umgehen. Die angegebene Menge der Demonstranten, die Menge der Festgenommenen, die Menge der Randalierer, die Berichterstattung wann, warum und in welcher Heftigkeit es zu Eskalationen kommt, ob diese vielleicht erst zustande kamen, nachdem die Polizei im Vorfeld gegen die Demonstrierenden vorging – das sind in der Presse und bei denenen, die vor Ort dabei waren in den meisten Fälle zwei völlig verschiedene Schuhe in der Wahrnehmung.
Ich kenne das selber von Demos zu denen ich gehe. Wenn ich lese, wie darüber im Nachhinein berichtet wird, frage ich mich gelegentlich auf welcher Demo der Reporter denn tatsächlich war, denn wir können einfach nicht auf der gleichen gewesen sein. Ich war auch auf Demonstrationen bei denen Eskalation zum Konzept gehörte, nicht weil die Demonstranten so drauf waren, sondern weil sie von der anwesenden Staatsmacht provoziert wurde. Damit kann man nämlich den Organisatoren der Demo für immer den Hals brechen, da diese dafür im Nachhinein verantwortlich gemacht werden und im nachhinein in Strafanzeigen baden gehen. In Berlin wird auch so versucht, die Stadt zunehmend demonstrationsfrei zu halten.
Macht Euch bitte nichts vor, es gibt immer auch Polizisten, die bittere Tränen weinen, wenn sie nicht auf dem Dienstplan zum 1. Mai stehen. Und hinter jedem Polizeieinsatz steckt eine Strategie. Und die heißt nicht immer, Krawalle vermeiden, die heißt gelegentlich auch „eskalieren lassen“, denn das Chaos spielt ihnen für die Zukunft in die Hände. Auf Demos wird Politik gemacht, und wahrlich nicht immer nur von Seiten der Organisatoren.
Wenn ich zu der gestrigen Demo von verschiedenen Seiten lese und höre, die Demonstranten wurden nicht gewarnt bevor Wasserwerfer eingesetzt wurden, dann macht es deutlich, was das Moto war auf der grünen Seite. Nur diesen einen Moment zwischen Nichtwarnung und Wasserkanoneneinsatz, den bekommt ihr bei Spiegel nicht zu lesen und die Tagesschau zeigt Euch diesen einen Moment der besonderen Stille auch nicht …
Ja, sie werden Euch auch in den nächsten Tagen bevorzugt Menschen vom Ort des Gipfelgeschehens zeigen, die dann „Eurem Ermessen“ nach aggressiv reagieren und genau das verkörpern, was in Euren Augen den „Autonomen“ so schön typisiert. Sie werden Euch nicht zeigen, was die Menschen in diesem einen Augenblick so aufgebracht hat. Und bevor Ihr nur aufgrund dieser Bilder mit dem Finger auf die „Chaoten“ zeigt, hinterfragt lieber erst einmal das, was wirklich passiert ist. Nachrichten die nach Hause geflimmert kommen, treiben einem in ihrer Bequemlichkeit auch schon mal die kritische Haltung und den Blick auf die Realität aus. Im Zweifelsfall ruhig hier die Meinung der Teilnehmer lesen.
8 comments:
Endlich mal ein guter Kommentar zu Rostock und G8. Wenn ich die Kommentare in den blogs lese, könnte ich kotzen. Alles schön gewaltfrei bitte. Keine Solidarität mit Chaoten. Was für ein schlechtes Bild war das bloss.
Ist übrigens ähnlich wie die Diskussion um Klar und die RAF. In den blogs übertrifft man sich im Abscheu und Unverständnis.
Das ist genau das Volk, was sich die "Mächtigen" gerne wünschen. Gesittet Demonstrieren und Schlucken. Wobei man den Demontranten noch die Füsse küssen müsste. Es sind ja die meisten der erwarteten Massen gleich zuhause geblieben. 30.000 sind eine erbärmliche Zahl, wenn man die Bedeutung des G8-Gipfels betrachtet.
Für soviel Verständnis gibt es dann das ein oder andere Zückerchen: Fördergelder, Bafög-Erhöhung, oder ein paar Euro für Afrika.
Verständlich ist es ja: Man will sein mühevoll zusammengezimertes Leben und die Aussicht auf das zu erbende Vermögen nicht aufs Spiel setzen. Lieber ein Button ins blog setzen. Ist cooler und bringt ein gutes Gewissen.
Theo - ein wenig wütend angesichts der Normalität mit der das G8-Treffen in Deutschland stattfinden kann und der gestern 7 Stunden in übervollen Regionalzügen nach und von Rostock "gelitten" hat.
Wenn ich jemanden sehe, der mit Steinen auf ein Feuerwehrfahrzeug wirft, dass im Löscheinsatz ist, kann ich nur den Kopf schütteln. So nicht, so ganz entschieden nicht.
Ich bin natürlich auch der Meinung, dass man den Berichten in der Zeitung niemals komplett glauben kann, allerdings auch niemals das was die Augenzeugen so von sich geben. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.
Für die meisten Demonstranten ist es oftmals schon eine Provokation, wenn Störer aus den eigenen Reihen geholt werden um einen vernünftigen Ablauf weiterhin zu gewehrleisten. Das ist leider auch traurige Wahrheit.
Die Demos die ich kenne wurden bisher entweder friedlich geführt oder aber von Seiten der Demonstranten eskaliert. Oftmals reichte schon bloße Anwesenheit der Polizei um Aggression zu schüren.
Ich würde nicht generell eine Demo deswegen verbieten, aber wenn ich mir so verklärtes Geschreibe wie bei Theo ansehe, dann mache ich mir etwas sorgen, weil das zu den Dingen gehört, die ich nicht verstehen kann und will. Klar darf man anderer Meinung sein, doch sollte die Gewalt für niemanden eine Lösung sein. Und dazu gehört für mich sowohl die Duldung, als auch das Befürworten, wie es der erste Kommentar hier ausdrückt.
Man kann auch in Deutschland eine Meinung haben, die nicht der Norm entspricht und für diese einstehen, doch Gewalt und Chaossind imer nur ein Armutszeugnis. Und ich kenne keinen der sich so fühlt als würde er den "Mächtigen" nach der Pfeife tanzen und sich der tumben Masse ergeben. Dämliche Propaganda für einen Kampfstil, der sich hoffentlich nicht durchsetzt.
Ach ja. Eine Frage muss ich mir noch hier stellen. Wie kann es eigentlich sein, dass selbst der Demonstrationsliveticker kurz nach Ausbruch der Unruhen von geworfenen "Mollis" berichtet? Mir scheint dies kein Zeichen von Verteidigung zu sein, sondern sehr wohl von offensive, womit wir wieder beim thema Gewaltbereitschaft wären.
Und Beschädigung von fremdem Eigentum ist in meinen Augen auch nicht gezielte Verteidigung. Behinderung der Löscheinsätze auch nicht.
Ist wie gesagt kein Verdammen der Demonstration an sich, aber vielleicht mal ein Anstoß zur Differenzierung.
@theo
Naja, auf die Prügelkombo kann ich auch gut verzichten, weil sie natürlich nur eines wieder excellent geregelt haben: es redet keiner mehr darüber, worum es bei dieser Demo eigentlich ging. Schade. Kontraproduktiv.
Sollten die Jungs eigentlich auf dem Plan haben, bei ihren Aktionen.
Ich weiß nicht, vielleicht gingen dorthin mehr Menschen, wenn die Bahn mehr Züg bereit stellen würde und man sich sicher sein könnte, die Demo friedlich durchzuziehen. Wäre Masse nicht das bessere Argument?
@Bernd
Ja, klar. Gehe ich mit konform. Dennoch: die Berichterstattung tut ihr übriges.
@Dashan
Ach, ich habe auch schon genügend Demos gesehen, die eskaliert sind, weil sie von der grünen Seite provoziert wurde. Und das wird auch hier stellenweise der Fall gewesen sein. Das Problem ist ziemlich simpel: kocht es bei einer solchen Stimmung hoch, dann kocht es eben richtig und flächendeckend. Insofern begreife ich die Bullen-Strategie, so wie sie in Rostock ablief, nicht ein Stück. Das hätten sie klüger hinbekommen. Das ist eben keine 08/15-Nummer, das war eine G8-Gipfeldemo – das wissen wir aus der Vergangenheit auch aus anderen Ländern (ist ja keine länderspezifische Aktiong gewesen) was läuft.
Nun, deutlich zu machen, dass friedliche Demonstranten versucht haben, die anderen zu überzeugen: das ist das einzige Bild, das für mich zählt. War in der Presse aber kaum zu sehen – nur in Blogs …
Mal ganz im Ernst - an wen schreibst Du das?!
Sind die Leute, die sich die Mühe machen, Meinungen in Blogs zu lesen, die nicht auf den TOP 10 der Bloggerszene stehen, so unglaublich dämlich, dass man ihnen den Umgang mit den Medien erklären muss?
Wer bitte schön ist denn so blöd, alles zu glauben, was bei RTL2 und Co. über den Bildschirm fimmert?!
Mir ist das Thema ehrlich gesagt viel zu komplex, als das es sich auf einen Blog-Kommentar herunterschrumpfen lässt. Eigentlich ist es nicht mal nur ein Thema, sondern es sind sehr sehr viele Themen. Sehr unterschiedliche Themen.
Aber ich kann sagen: Gewaltbereite Polizisten finde ich genauso zum kotzen wie Leute, die es schick finden, gerade mal "irgendwie gegen Globalisierung zu sein" oder wie Leute, die einfach auf Krawall gebürstet sind.
Wenn man im von Mami und Papi zum 18. geschenkten Polo und den im H&M teuer erworbenen abgerissenen Klamotten vom zugeteilten Taschengeld nach Heiligendamm fährt und tatsächlich glaubt, man könne mit einem im nachhinein hinterhergeschobenenen "also mit den Randalierern konnte man ja nun nicht rechnen und davon distanzieren wir uns jetzt mal NACHTRÄGLICH" den Heiligenschein wieder reinwaschen, dann würgt es mich.
So passiert heute morgen in der Warteschlange in der Uni.
Und eigentlich wollten sie eh nur zum Konzert von Juli.
Hach, das Leben muss schön sein in schwarz-weiß.
Und ich freue mich, dass ich Globalisierungskritiker, GlobalisierungsGEGNER, Globalisierungsbefürworter sowie Polizisten, die null Bock auf den Einsatz hatten in meinem Freundeskreis habe.
Ruhige Gespräche helfen fast immer, Situationen aufzulösen.
Schuldzuweisungen nur selten. "Erziehungstexte" auch nicht.
Selbstverständlich ist das Thema von einer Komplexität, dass es sich nicht mit einem Post als solches behandeln lässt. Aber irgendwo anfangen darf ich ja mal, oder? Ist doch mein Blog, oder? ;-)
Sind die Leute, die sich die Mühe machen, Meinungen in Blogs zu lesen, die nicht auf den TOP 10 der Bloggerszene stehen, so unglaublich dämlich, dass man ihnen den Umgang mit den Medien erklären muss?so unglaublich dämlich, dass man ihnen den Umgang mit den Medien erklären muss?
Wer bitte schön ist denn so blöd, alles zu glauben, was bei RTL2 und Co. über den Bildschirm fimmert?!
Naja, jetzt konstruierst Du Dir jetzt aber was. Nicht jeder studiert Kommunikations- und Medienwissenschaften. Inm einem Post sind ja nicht „Nachrichten“ auf den Sendern, die den Begriff „Informationsgehalt“ direkt am Anfang abgeben haben, gemeint. Mitnichten. Über die rede ich in politischem Zusammenhang gar nicht.
Es sind gerade solche Medien, die eine unabhängige Berichterstattung vorgaukeln und denen viele – nicht dämliche aber möglicherweise einfach mal unkritischere Leser – Gehör schenken. Im übrigen setze ich es nicht voraus, dass alle meine Leser gnadenlos politisch interessiert oder engagiert sein müssen, da bin ich entspannt. Auch diese kann man mal auf Medien wie IndyMedia hinweisen (und auch hier mit vorsichtig erhobenem Zeigefinger).
Excellentes Beispiel wie's nämlich à la Chainreaction falsch läuft bei Herrn Niggemeier zu lesen.
Auf Demos zu gehen ist eine Sache, das kann man jahrelang mit Begeisterung und gutem Glauben tun. Aber mal Demos mitzuorganisieren und dann zu erleben, wie die aus dem Ruder laufen, fremdbestimmt, durch andere Demonstrationsteilnehmer – aber auch – und das passiert nicht sooo selten – fremdbestimmt durch eine Eskalationsstrategie der grünen Freunde, das öffnet den Blick für ganz andere Ebenen …und die kann nicht jeder einfach mal eben so sehen. Die siehst ja auch Du offensichtlich nicht, obwohl Du garantiert nicht dämlich bist, aber Du hast eben diese Erfahrungen zum Glück noch nicht machen müssen.
Hast Du in einer ruhigen Minute darüber nachgedacht, wie das am Samstag überhaupt so eskalieren konnte? Wie kann es nach all den Jahren Gipfelpolitik, wo es in jedem Land im Vorfeld so dermaßen geknallt hat und man sehr genau weiß, was passieren wird – wie konnte das so eskalieren am Samstag? Wie kann eine Polizei mit einer so naiven Strategie bei einem solchen Demonstratonsevent ins Rennen geschickt werden? Das riecht zum Himmel … und dementsprechend riecht die Berichterstattung zum Himmel und sorry, jetzt auf kleine Kidis abzufahren, die dort vor Ort 'nen bisschen Rock'n'Roll unbedarft für lau eingefahren haben – kann auch ein Zeichen sein, dass Du die eigentliche Dimension vielleicht auch noch nicht begriffen hast? Der Eskalation meine ich, nicht der Demo!
Ja, das Thema ist unglaublich komplex!
und wie komplex das Thema ist. Im übrigen habe ich mich vorhin mit einer Demonstrantin unterhalten, die mit einem blauen Auge davongekommen ist im wahrsten Sinne.
Sie war in Rostock vor Ort, weil sie wirklich da lebt und gibt mir gegenüber an: Die Polizei hat sich tadellos verhalten bis zu dem Moment, wo es mit Übergriffen aus der Masse überhand nahm und man einschreiten musste. Die ersten Gerangel waren noch einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen, aber nachdem die ersten Steine flogen und danach die Wasserwerfer eingesetzt wurden kamen die Militanten auf Touren.
Nur mal so unkommentiert von nem Augenzeugen berichtet. Aber auch hier spielt ein Standpunkt und eine Sichtweise und vor allem auch die Offenheit etwas sehen zu wollen mit ins Gespäch. man kann immer die Fehler auf der Gegenseite suchen, wenn man will und findet auch immer Indizien dafür.
ich glaube nicht, dass die deutsche Polizei sich so verhalten hat, das sie die Situation eskalieren lassen wollte, weil das auch ein schlechtes Bild auf die Deutschen und ihre Strategie in Deeskalation, die letztes Jahr Weltruhm erhielt wirft.
Ich möchte doch auch meinen makellosen Ruf unter Beweis stellen, wenn ich ihn erworben habe und zerstör ihn nicht selbst.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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