„Und plötzlich bist Du arm.“
Das Diakonische Werk der Ev-luth. Landeskirche Hannover e.V. hat im Januar zu einer Aktion aufgerufen, einfach versuchshalber sieben Wochen lang mit dem Geld auf Arbeitslosgeld II-Niveau auszukommen. Persönlich halte ich von solchen Kurzzeitaktionen wenig, denn das Leben mit dem Arbeitslosengeld II trifft in voller Härte nach dem ersten Jahr, wenn die Stromnachzahlungen u.v.m. geleistet werden müssen und man langsam feststellt für Bewerbungs-Porto und schriftliche Korrespondenz mit der Agentur gar nicht mehr in Vorleistung treten zu können. Daher hatte ich die Aktion selber aus dem Blickwinkel verloren. Wohl auch, weil ich nicht mehr von den Vorzügen aller Hartz-Konzeptionen im einzelnen überzeugt werden muss und gelegentlich gerne aus meinem eigenen Leben desertiere. Liisa hat mich heute mit ihrem Blogeintrag wieder daran erinnert. Es gibt nun Erfahrungsberichte: „Leben mit Hartz IV“.
Maren Warnecke, Journalistin, hatte ihre Selbsterfahrungen in der Zeit dazu in einem Blog niedergeschrieben. Das Blog zu lesen ist spannend, wenn es auch für den Arbeitsuchenden keine echten Neuigkeiten beinhaltet. Aber „Manchmal muss man in der Sch… rühren, bis es zum Himmel stinkt!“, wie sie eine Teilnehmerin zitiert. Zum Himmel stinken sehr sehr oft leider viele der Kommentare in diesem Blog. Ich bin froh, dass ich mir das nicht die ganze Zeit über gegeben habe. Wenn man das liest, weiß man, die echte Armut liegt in Deutschland ganz woanders - im Herzen.
Frau Warnecke schreibt in ihrem letzten Eintrag vom 6. April: „Besonders gestraft sind dabei die Kinder.“
Und genau das ist es, was die ganzen Klugscheisser da draußen überhaupt nicht kapiert haben.
Kirstens Beitrag
9 comments:
die kurzen artikel waren mir zu wenig. ich werde mir heute mal den blog von maren durchlesen.
danke auf jeden fall für die erinnerung an dieses projekt. ich habe das wohl mitbekommen, aber -wie so vieles andere- ist es untergegangen.
Ja, danke für die Erinnerung. Meine Eltern haben auch mitgemacht, ich muss sie mal fragen, wie sie es erlebt haben.
Ich hab das auch seit seit einiger Zeit in meinen Entwürfen liegen und komm irgendwie nicht dazu, es zu Ende zu schreiben. Wohl auch, weil ich immer fiese Sachen schreiben will. Im Sinne von: Wie schön, dass Ihr nach sieben Wochen einfach so wieder damit aufhören konntet. Obwohl ich es an sich nicht schlecht finde, sich mal auf diese Weise mit dem Schicksal eines Alg-II-Empfängers auseinander zu setzen. Besser als nichts...
Mh. Ich glaub, ich schreibs jetzt doch endlich zu Ende. ;-)
ALG II ist ja eigentlich nicht als Dauerzustand gedacht. Es ist eine Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige. Sonst müsste man über ein Bürgergeld oder bedingungsloses Grundeinkommen nachdenken. Der Skandal ist, dass es für viele Empfänger faktisch ein Grundeinkommen ist, ohne Aussicht auf Änderung.
Ich würde ja mal gerne wissen, wie sich die Daman hier eine Änderung vorstellen? Höhere Sätze, Bürgergeld, staatliches Beschäftigungsprogramm, Mindestlöhne, finanziert durch höhere Unternehmenssteuern und eine Vermögenssteuer?
einen alg2-testballon finde ich unrund. so zu tun, als ob ist nicht vergleichbar mit der alg2-situation die kein sichtbares ende hat. ist ja sicher nett gemeint, aber das wahre grauen wird damit sicher keiner wirklich erfassen. die leute sollten lieber im auge behalten, dass es ziemlich rasch sie selbst betreffen kann. eine bekannte war eben noch im management einer großen textilfirma und nach der (fristgerechten) kündigung absehbar in hartz4. da es so hohe posten nicht eben häufig gibt und man sich in der branche kennt, wird es ab einem bestimmten alter schwer, was neues zu finden...
Mir geht es bei dem Thema so, dass ich gern mitreden will, aber mich nicht wirklich in die Situation hineinversetzen kann.
Dass mich die Politik, die einen großen Teil der Bevölkerung, praktisch "abschreibt" und mit etwas Geld "sich selbst überlässt" - das bringt mich einfach immer wieder auf die Palme. Irgendwie ist die Gesellschaft eine Neid-Gesellschaft, die den Blick auf das Wesentliche, auf das Leben an sich, verloren hat.
Dabei wär SOVIEL Arbeit da - man schafft es nur nicht sie bezahlbar zu machen. Auf der anderen Seite wird Vermögen wie blöde angehäuft und die ganzen Finanz-Fonds wissen nicht was kaufen mit all den Milliarden - hier stimmt doch irgendwas prinzipiell nicht! Zumal reiche Menschen gar nicht mal GLÜCKLICHER sind als welche, die kaum Geld haben (glücklicher als jemand, der sich tagtäglich mit Hartz4 herumschlagen muss vielleicht, das ist auch keine Kunst).
Danke auf jeden Fall, diese Themen zur Sprache zu bringen!
@zoee
Ging mir genauso. Aber wie gesagt, ich habe zu solche kurzzeitigen Versuchen eh eine andere Meinung.
@anke
Tu' das und dann blog das!
@kirsten
Danke für's zu Ende schreiben! Gefällt mir gut!
@leb
Ich stelle mir eine Änderung so vor: Jobs. Und zwar so bezahlt, dass man den Lebenstandard (der nicht hoch sein muss) selber durchsetzen kann.
Ich, die meisten Arbeitslosen wollen doch so'n Scheiß wie Arbeitslosengeld, Bürgergeld etc. gar nicht beziehen müssen. Wir sind vielleicht ein bisschen dumm im Schädel, aber das Problem liegt immer noch in der Geldgeilheit der Unternehmen, die Deutschland als Absatzmarkt für sich schon längst von der Tageskarte geschubst haben. Bis jetzt ist doch nicht ein Konzept der Hartz IV-Konzeption zugunsten von Arbeitslosen aufgegangen, während sich Unternehmer hingegen jedes Jahr das neue Stern-Modell hinstellen …
@Morticia
Das kommt dazu, noch ist in viel zu vielen Köpfen der naive Glaube, Arbeitslose sind selbstverschuldet arbeitslos, können nichts, haben keine Ausbildung. Sind sie nicht, und wieviele Telekomstühle gerade wackeln wird schön geredet und verdrängt.
@Truetigger
Die Arbeit ist da, sie ist auch von den Unternehmen bezahlbar. Das was nicht stimmt, sind Regierungen an der deutschen Spitze, die genau gewusst haben wohin globale Entwicklungen führen werden und einfach rechtzeitig nicht für „ihr“ Volk die richtigen Grundentscheidungen getroffen haben.
"Ich stelle mir eine Änderung so vor: Jobs. Und zwar so bezahlt, dass man den Lebenstandard (der nicht hoch sein muss) selber durchsetzen kann."
Was soll es denn sein? Wie haben immer noch eine Marktwirtschaft, wo Tätigkeiten der Nachfrage entsprechen müssen.
Sofort kommen die sozialen Berufe. Betreuung. Da wäre sicher ein gewaltiger Makt für staatlich geförderte Beschäftigung. Nur: Wer will das machen? ich kenne keinen Arbeitslosen, der sich zum Altenpfleger umschulen lassen will. "dafür habe ich doch nicht studiert...."
Mich würde ja an ein paar Beispielen (müssen ja keine persönlichen sein) interessieren, was denn so der Traumjob ist. Und was daran hindert ihn auszuüben. Und ob es vielleicht noch Qualifikationsgründe gibt? Und wie eine Weiterqualifikation aussehen müsste.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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