2007-04-19

Merkwürdige Phänomene am Schleifenhimmel

Ich trage gelegentlich Sneakers. Also wir nannten die ja damals Turnschuhe. Sehr gerne auch stolzeitel kurz nach dem Geburtstag mit sehr kecken Kajal-Augenaufschlag „meine Sambas“. Jahrelang trug ich dann keine, weil ich es grandioser fand im Mädchenbürolook mir mit passendem Schuhwerk die Füsse kaputt zu tragen. Hatte aber auch irgendwas mit Eitelkeit zu tun, ich erinnere mich vage. Sneakers verkürzen die Beine optisch, hohe Absätze nicht.

Dann habe ich mal in einer unbedachten Zehntelsekunde mein linkes Knie einmal durch den Mixer geschickt und der Orthopäde meinte mit strengem Blick auf Bänderriss, Meniskusriss und angebrochene Kniescheibe, ich solle doch jetzt bitteschön mal ab sofort und für die nächste längere Periode festes Schuhwerk ohne Absätze tragen (ich trug schon die Sandalen mit dem minimalsten Absatz meiner heiligen Schuhschrankexistenzen, die der Witterung und der Verletzung angemessen waren.) Also ging ich mir ein paar „Snickers“ äh „Sneakers“, na so Turnschuhe eben, kaufen. Und trug die. Seitdem trage ich die gerne öfter. Naja, so ein Knie kann im Prinzip auch ziemlich nachtragend sein.

Nun habe ich mir im letzten Jahr ein Paar Sneakers neu gekauft (schwarz mit roten Streifen) und ich verschließe diese grundsätzlich mit einer Doppelschleife. Hat mich wirklich lange und schwere Mühen gekostet, als Kind eine Schleife binden zu lernen und die Doppelschleife sowieso. Da mache ich die dann heute lieber immer noch, damit sich der Aufwand von damals auch wirklich rentiert. Außerdem liebe ich die Dynamik, die sich entwickelt, wenn man die zweite Schleife bindet und dann zu zieht. Das ist ein dynamisches Zeichen à la „jetzt aber mit Karacho durch den Tag!“ Stehe ich drauf, heute noch. Klettverschlüsse kämen mir nie ins Haus. Wegen der mangelhaften Dynamik beim Schleife binden.

So erledige ich das also immer noch, wenn ich dann auch heute noch meine Turnschuhe Sneakers anziehe, Schleife eins und dann noch eine zärtliche doppelte rote Schleife oben drauf mit Schmackes zugezogen. Passt. So kommt man lässig durch den Tag. Denke ich mir.

Ja, denkste! Spätestens wenn der halbe Tag rum ist, merke ich wie sich links die Schuhbindung lockert. Gucke ich runter, bietet sich mir am Fuß ein Bild des Schleifengrauens. Die Doppelschleife ist weg, hat sich in Luft aufgelöst und die erste Schleife scheint sich auch davon machen zu wollen. Einfach so. Das ist mir jetzt schon mehrmals passiert. Beim ersten Mal dachte ich noch, „naja, hast Du vielleicht nur eine Schleife gemacht. Ist zwar Schlampigkeit am eigenen Fuß und in der Schleifenkunst, aber das passiert gelegentlich.“ Aber je bewusster ich nun morgens drauf achte, die zweite Schleife perfekt über die erste zu binden, um so mehr schmerzt mich im Laufe des Tages zu erleben, wie sie den Schleifentod gestorben ist.

Kann das sein? Kann es sein, dass der allgemeine Qualitätsverfall auch vor den Schleifen nicht halt macht? Ich bin dementsprechend entsetzt und möchte meine gute alte Doppelschleife wieder haben!

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Nein, das sind nicht die Schleifen, sprich, das bist nicht du. Das ist einfach die Qualität der Schnürsenkel. Die waren wirklich früher besser.

Was aber noch wirklich gut ist, ist ein richtiger Turnschuhschnürsenkel. (Oder sagt man zu Trainingsschuhen jetzt auch irgendwas anderes?) Die halten wirklich super. Aber dafür zahlt man auch...

Anonym hat gesagt…

Ich habe nie kapiert, weshalb Turnschuhe jetzt Sneakers heißen, (Bade-)Latschen Flip Flops genannt werden, und man zu Umhängetaschen nun Bodybag sagt, und dabei keinen Leichensack meint.

Ach ja: Wenn ich keine Stiefel a la Doc Martens trage, trage ich auch meist Turnschuhe. Ist einfach bequemer, und zumindest ich binde die Schleife nur alle 2-3 Wochen neu...

Anonym hat gesagt…

Also hier in Norwegen nimmt keiner Anstoß daran, wenn jemand in Wander- oder Gummistiefeln ins Büro watschelt. Es menschelt so herrlich ...

Anonym hat gesagt…

Doppelschleifen beherrsch ich nicht, da hatte ich als Kind zu früh die Flinte ins Korn geworfen. Also kannst Du Dir zusätzlich zu "es muss sich rentieren, das lange gelernt zu haben" auch noch eine Portion Dir ehrlich zustehendes Ich-kann-was-was-Du-nicht-kannst-Erhabenheitsgefühl gönnen.

Die Szene "dynamisch in den Tag starten" gibt es bei mir vornehmlich mit schweren Stiefeln: Mit Schmackes die Schnürsenkel zuziehen, das schöne Gefühl wie sich Leder beschützend an die Knöchel schmiegt, *ratsch* - und mit dem zerrissenen Senkel in der einen Hand und einem dummen Gesichtsausdruck denkt man F*CK, des wird SICHER NET mein Tag!

Jetzt bei Sonnenschein sinds natürlich auch Turnschuhe - und zwar noch richtige aus Stoff für 19.90, weil echte Sneaker würden mir eh nur irregeleiteten Jugendwahn unterstellen :)

Gute Besserung dem störrischen, nachtragenden Knie!

Anonym hat gesagt…

Du kann wenigstens ne Doppelschleife.

Da meine Linkshänderschleifen zum sehr schnellen öffnen neigen, mache ich meist noch nen Knoten obendrauf. ;-)

Thomas

Anonym hat gesagt…

wie? qualität der schnürsenkel?

creezy hat gesagt…

@kirsten
Gott sei dank, es liegt am Schnürrsenkel. Das beruhigt mich. Aber wie bekommt man Schnürrsenkel produziert, die Doppelschleifen killen?

@andy
Hinter der Umbennenung stand reines Marketing. Turnschuhe hatten ja irgendwann dann ein orthopädisches aber auch geruchstechnisches Image. Dann hat man den Sneaker ins Rennen geworfen, der natürlich nur ein Turnschuh war, den aber als besonders alltagstauglich gesund verkauft. Früher konnten wir ja auch alle im Prinzip im gleichen Sportschuh alle Sportarten ausführen, geht ja heute dank Marketing auch nicht mehr … ,-)

Ah, Du bist ein Nie-Schleifenlöser!

@artikus
Das tun sie in den allermeisten Ländern zum Glück nicht. Obwohl Gummistiefel den ganzen Tag lang anhaben, könnte ich nicht, würde ich umkippen.

@truetigger
Du kannst keine Doppelschleifen? Großartig. Das muss man auch erst mal können! ;-) Aber Schnürrsenkel reissen bei Dir doch nicht täglich, oder? Äh, dann solltest Du wirklich aufhören Spinat zu essen ,-) Danke, das Knie wird's gerne hören. Es ist auch soweit wieder fit. Nur Wetterkapriolen und hohe Absätze mag's nicht mehr.

@thomas
Danke, die Knotennummer mache ich auch ab sofort! Und morgen übe ich mal Schleife binden mit links … das könnte spannend werden!

@the exit
Ja, Qualität der Schnürsenkel, wenn die aus viel zu glattem Stoff gefertigt sind, kann ich mir das gut vorstellen …

Anonym hat gesagt…

Die Umbenennung in Sneaker ist ja inzwischen offenbar auch schon wieder überholt. Kürzlich habe ich zum ersten Mal auch hier in Deutschland von "Kicks" sprechen hören. Kannte ich bisher nur aus den US und A.

M42 hat gesagt…

@creezy: Schnürsenkel die nichts taugen, lassen sich sehr einfach produzieren - sind wohl auch ein paar Cent auf 100 Stück billiger in der Herstellung - Du weißt, da rechnet jemand mit dem spitzen Bleistift: bei 3 Millionen Schnürenkeln kann er dann vom Ersparten in Urlaub fahren ...

Ist in etwa genauso sinnvoll wie Ankerleinen, die soviel Auftrieb haben, daß sie erst mal oben schwimmen - oder wie Rettungsleinen, die garantiert sinken, oder Schwimmwesten aus Blei.

Und alles nur, weil irgendwer wieder an der falschen Stele gespart hat ...

bhuti hat gesagt…

Wieso sollten in Zeiten allgemeinen Qualitätsschwundes ausgerechnet die Schnürsenkel noch was taugen ;-)
Selbst in nicht gerade preiswerten Schuhen treffe ich zunehmend auf Exemplare, die ihre Arbeit nicht ordentlich verrichten und alle naselang neu gebunden werden wollen.

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