2007-02-15

People In Photography – People In Blogs

Ein Blog, das auf meiner „dieses Blog lese ich wahnsinnig gerne“-Liste weit oben steht, ist das Blog des Fotografen Alec Soth, der für Magnum arbeitet und dessen Blog seit seiner Geburt in meiner Blogroll weilt.

Ich mag das Blog, weil es für mich einerseits die perfekte grafische Lösung eines Fotografie-Blogs präsentiert: „less is more“ – nichts lenkt mich hier von dem wichtigen Kapital eines guten Blogs ab: dem Inhalt. Vor allem aber mag ich das Blog, weil Alec Soth einerseits von sich und seiner Arbeit berichtet, von seinem Leben als Ehemann und junger Vater und den Kompromissen, die er als Fotograf machen muss. Und immer wieder über den eigenen – natürlich nicht nur – fotografischen Tellerrand blickt, analysiert, hinterfragt – und gelegentlich sogar Antworten von seinen berühmten Kollegen erhält. Ein spannendes Blog über Fotografie, das durch die erstaunlich zahlreichen Kommentare und Diskussionen lebt. Technik ist hier gänzlich nebensächlich.

Alec Soth sinnierte im letzten Jahr über die Präsenz oder nicht Präsenz von Menschen in Architekturfotos und führte unter anderem als bemerkenswertes Beispiel den Hurricane Katrina mit seinen Auswirkungen an. Das jüngste Kapitel amerikanischer Katastrophengeschichte war natürlich Thema vieler Fotografen, die im letzten Jahr ihre Arbeiten darüber veröffentlichten. Soth nannte als ein Beispiel der Fotografen, die Architektur ohne Menschen aber dennoch das Grauen abbildeten, Robert Polidori.

So hielt ich neulich in einem Buchladen das von Robert Polidori herausgegebene Buch „After The Flood“ erstmals in der Hand, das ein sehr gutes und spannendes Buch ist. Obwohl er und das ist ein besonderes Merkmal seiner veröffentlichten Arbeit, grundsätzlich nur die Architektur fotografiert und keine Menschen. Aber er macht wenig typisch artgerechte Fotos der schönen Architektur, sondern nimmt sich ihrer lieber an, wenn sie bereits gelebt hat und am Verfallen ist. Die vielen Fotos in seinem umfangreichen Werk „After The Flood“ sprechen eine intime, dramatische, deutliche Sprache – obwohl der Mensch, das eigentliche Opfer, in ihnen gänzlich fehlt und dennoch hat man ein Gefühl für sie, während man dieses Buch betrachtet.

Das ist Kunst, eine sehr hohe Kunst, die Polidori schafft. Im Frühling letzten Jahres habe ich in der Ausstellung im Martin-Gropius-Bau seine Tschernobyl und Kuba-Fotos gesehen, die mich von allen Ausstellungen im vergangenen Jahr am meisten beeindruckt hatte. Fotos mit toten Gegenständen ohne ein Anzeichen von menschlichem oder tierischen Leben – lebendig und Geschichten erzählend als wären die Fotos selber am Leben. Ein großer Fotograf, der so etwas kann.

Zurück zu Alec Soth, er diskutiert in seinem Post die Fotografie solcher Ereignisse ohne Visualisierung der Menschen aus seiner Sicht als für ihn frustrierend. Seine Überlegungen wurden gelegentlich missverstanden, wie man in den Kommentaren lesen kann. Aber sie wurden zahlreich und interessant diskutiert. Und bei Soth diskutieren großartige Fotografen.
So nimmt auch Robert Polidori zu diesem Post von Alec Soth selber Stellung (woah!). Ich denke, er hat vielleicht die Ausführung von Soth ein wenig persönlich genommen aber es ist interessant, was er schreibt – und die Antwort Polidori And People Pictures von Alec Soth lässt nicht auf sich warten.

Das ist der Grund, warum ich das Bloggen so sehr liebe. Ich armes kleines in Deutschland sitzendes Amateurfotografenwürstchen hätte doch ohne das Internet und solch einem grandiosen Blog an dieser spannenden Diskussion nie teilhaben können.

Und aus diesem Anlass ein Hoch auf alle, die bloggen und ihre Gedanken, ihr Wissen, ihren Humor, ihre Trauer mit mir teilen! Und ein Hoch auf alle, die auch gerne mal die Kommentarfunktionen nutzen und jedes Blog damit noch lesenswerter, weil lebendiger machen! Und ein Hoch auf alle, die einfach nur still lesen und mich in meiner Blog-Statistik dennoch erfreuen!

4 Kommentare:

Der_grosse_Transzendentale_Steini hat gesagt…

Schöner Blog, wirklich. Das Quiz ist auch super - interessant, wieviele Musiker und Designer auch sehr gute Fotografen sind. Auf Fotostrecken von Bryan Adams bin ich letztes Jahr schon mal gestoßen und war völlig baff, wie geil der an der Knipse ist.

creezy hat gesagt…

@Steini
Nicht wahr? Das ist ein wirklich schönes Stück Arbeit von dem Mann.

Bryan Adams macht gute Sachen. Also auf jeden Fall spannendere als der Herr Lagerfeld mit seiner Kamera. Ich habe mir am Anfang regelmässig „Zoo“ gekauft, da hat er ja logischerweise immer Bilderstrecken drinnen. Das passt. Und sehr excellent war im letzten Jahr die Mickey Rourke-Nummer (die er dann wohl auch in Köln zur Fotomesse ausgestellt hatte). Die Fotos waren genial gut. Manchmal hat er aber auch einfach nur 'nen echt guten Set-Stylisten ;-)

Anonym hat gesagt…

Lese Alec auch gerne. Wenn ich ehrlich bin ist der Blog einer der wenigen amerikanischen Fotoblogs, die ich regelmäßig lese.

creezy hat gesagt…

@tim
ja, das liegt sicherlich mit daran, dass Alec Soth auch ziemlich europäisch daher kommt. Das Design ist deutlich ansprechender für unseren Geschmack als sonstiger amerikanischer Blogs – und er gibt sich wenig mit Technikthemen ab. Mich langweilt doch meist im 20. Fotoblog von der neuen Canon zu lesen ,-)

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