2006-11-25

Sozialhilfe-Urteil

Gestern im Wartezimmer meiner Ärztin habe ich die Alt-Ausgabe vom Berliner Kurier durchgeblättert und bin auf diesen Artikel gestossen, der die sehr offensichtliche Willkür der Entscheidungsfindung von Sachbearbeitern und deren Vorgesetzten bei der Agentur für Arbeit demonstriert.

Ich konnte mich noch nicht entscheiden, was mich an diesem Vorfall mehr schockiert. Die mangelnde Kompetenz dieser Mitarbeiter, die nicht von alleine die realistische Überlegung anstrengen, dass eine vor elf Jahren zum Einsatz gekommene Schultüte gar nicht mehr existieren wird und auch ein elf Jahre alter Ranzen sehr wahrscheinlich das Zeitliche gesegnet hat? Die Bereitschaft von diesen in der Sozialarbeit tätigen Menschen, den Irsinn einer nicht nur inoffiziell als gescheitert definierten Hartz IV-Konzeption, auf den Rücken eines eh schon sozial benachteiligten Kindes auszuleben? Oder das in Deutschland aufgrund solcher verbissener Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes Steuergelder völlig unvernünftig verbraten werden? Die direkte Zahlung von Ranzen und Schultüte wäre dem Staat bedeutend günstiger gekommen, als der Prozess.

Sozialhilfe-Urteil – Job-Center muss für Schulranzen zahlen
Eine Sozialhilfe-Empfängerin wollte für ihren Sohn zur Einschulung vom Job-Center Geld für Schulranzen und Schultüte. Abgelehnt. Das Kind kann die elf Jahre alte Schultüte der Schwester tragen, argumentierten die Angestellten. Außerdem erhält die Frau bereits eine Beihilfepauschale, ist somit finanziell versorgt. Jetzt muss das Amt doch zahlen. Grund: Es ist diskriminierend, alte Sachen der Schwester zu tragen (Sozialgericht Schleswig S 3 AS 663/06 ER).


Sind wir wirklich so arm dran, dass wir einem eh schon sozial benachteiligten Kind die eigene Schultüte und den eigenen Ranzen vorenthalten müssen? Einem Kind?

Dazu passt dieser Artikel in der heutigen Berliner Morgenpost wie die Faust auf's Auge.

1 comments:

Kirsten hat gesagt…

Aber bitte... An die Kinder denken die doch nicht. Das wäre ja sozial, und das ist in der Behörde nicht vorgesehen.

Bei uns in der Zeitung ging es neulich auch um ein ähnliches Thema: Schulbücher. Und der Herr Redakteur vertrat die Meinung, dass man es den Hartz-IV-Empfängern [sic] doch ruhig zumuten könnte, die Bücher auch noch zu bezahlen, so schlecht ging es denen doch nicht.

Dazu fällt selbst mir nichts mehr ein.

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