Einen Tag Urlaub
haben die schärfste Frau der Ex-DDR und ich vorletzte Woche gemacht. Wir sind in die betagte kleine blaue französische Rennschüssel gestiegen und ca. 25 km Richtung Werder über Potsdam, Caputh, Ferch und Petzow gefahren. Kennengelernt habe ich die Gegend kurz nach dem Mauerfall, inzwischen ist Ferch auf ca. sechsfache Größe dank diverser Fertighausbauten gewachsen, die Straßen sind nett ausgebaut (man konnte sie früher ausschließlich mit maginal tiefergelegten Kutschen befahren), die alte Dorfkirche in Petzow, über die schon Fontane schrieb, ist mittlerweile fertig restauriert. Der Park (die Architektur der Gegend ist maßgeblich ein Werk des Herrn Schinkel und die Landschaftsgärten des Herrn Lenné) steht natürlich unter Denkmalschutz. Was das ZDF nicht stört, hat es im letzten Jahr an der einzigen Badestelle eine Holzhütte hingestellt, um dort und am Schloß ihre merkwürdigen Telenovelas abzudrehen.
Das Schloß selber mag ich sehr, denn es ist bis zum heutigen Tag nicht diesem Restaurierungswahn nach westdeutschen Standard zum Opfer gefallen und hatte bis zu seiner Schließung im letzten Jahr diesen rührenden ostzonalen Charme. Die Kuchen waren sehr lecker, der Service einmalig reizend. Es ist geschlossen, weil es restauriert wird, angeblich seit dem Sommer letzten Jahres. Zu sehen ist aber gar nichts, mangelt es an Geld oder sind die Dreharbeiten zu erfolgreich?
Etwas weiter durch Petzow in Richtung Werder hat in der ehemaligen Gärtnereianlage in der Orangerie am Wasser ein Café mit Restaurant geöffnet, die alten noch benutzbaren Gewächshäuser wurden teilweise wieder sehr liebevoll in Stand und Nutzung gesetzt – Shops bieten erlauchte Speisen aus der Gegend: Obstweine, Wildfleisch und -wurst, Sandornspezialitäten und Marmeladen an und im Vorgarten sind traumhafte Duft-, Kräuter- und Teegärten angelegt worden.
Und dort haben wir reich bestückte Zitronen- und Olivenbäume gefunden.
Und ein Gewächshaus voll mit echten Erdtomaten! Mitten im August, bei Berlin, weit weg vom Süden Europas.
Während es im Caputher Fährhaus deftige deutsche Hausmannskost gab, gab es dann in Werder den besten Apfelkuchen (mit karamelisierten Walnüssen) und Milchkaffee und die große Chance von den Spatzen eins auf den Kopf gesetzt zu bekommen. Dann haben wir noch viel geräucherten Fisch für die Männer zum Abendbrot mitgenommen. Die Tour habe ich vor zwei Jahren (nicht ganz so ausgiebig) mit meiner Mum gemacht. Zum Glück. Sie hatte viel Spaß an dem Tag. Eine schöne Erinnerung, die jetzt überhaupt ganz langsam wieder kommen. Es war ein schöner Tag: weg von alle dem. Ein Tag zum Luft schnappen und sich freuen. Man darf innerhalb der Trauer nie vergessen, dass man selber noch lebt und eine Verantwortung für sein eigenes Leben hat. Auch wenn's verdammt schwer fällt. Und auch wenn's so ungerecht erscheint.
2 comments:
Urlaub muss auch mal sein - und wenn es nur für einen Tag ist. Schöne Bilder!
Nicht wahr?! Einfach nur einen Tag raus zwischendurch, das hilft schon viel. ;-)
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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