Sante D'Orazio
… spricht mir aus dem Herzen!
In einer zugegebenen alten Ausgabe der Galore (Jan/Dez 04/05) war ein interessantes Interview mit Sante D'Orazio, einem talentierten und populären (dabei noch extrem lecker aussehendem) New Yorker Modefotograf :
D‘Orazio:… Aber was wir teilen, ist der menschliche Kontakt mit dem Subjekt. Darin liegt immer etwas Respektierendes. Ich möchte nicht weniger aus meinem Subjekt machen, will es nicht erniedrigen. Das ist die Sache, die ich mit Bernstein (Anm. Lou Bernstein, sein Mentor, Mitglied der Photo League) teile. Bis heute ist das, was er mir beigebracht hat, für mich gültig.
Galore: Mit Ihrer Fotografie schmeicheln Sie der porträtierten Person, machen ihr sozusagen ein Kompliment.
D‘Orazio: Richtig. Ich betrachte das Gute anstelle des Schlechten. Bernstein brachte mir bei: 'Die Art, wie du die Welt siehst, entspricht der Art, wie du dich selber wahrnimmst. Alles ist ein Selbstporträt. Hast Du Probleme mit deiner Bildsymbolik, hast du höchstwahrscheinlich auch Probleme in deinem Leben.'
Ob man das nun glauben möchte oder nicht – mir ist beigebracht worden, Verachtung zu vermeiden. Verachtung anderen gegenüber bedeutet, sie zu erniedrigen, um sich selbst zu erhöhen. Wenn man jemandem in einer unschmeichelhaften Position fotografiert, dann verachtet man diese Person. Und somit wahrscheinlich auch ein wenig sich selber.
Das hatte mich stark an eine Auseinandersetzung mit einem Mitglied in einem Fotoforum im letzten Jahr erinnert. Derjenige veröffentlichte Fotos, die genau darauf abzielten, Menschen in nicht schmeichelnder Weise abzubilden. Seine Motive, auch Tieraufnahmen, beglückte er mit abfälligem Titel oder Kommentar und erklärte das als besondere Form seines Humors. Anschließenden Diskussionen hat er sich kaum offen gezeigt. Schade, denn uns Kontrahenten seiner Methodik ging es primär darum, ihm aufzuzeigen, dass er so seine Fotos eines positiven künstlerischen Anspruches beraubt und auch sich selbst: als Fotograf.
Ironie mag ich, ich bin auch begeistert wird Ironie zum gelungenem Bestandteil eines Fotos. Nur muß es stimmen und das Motiv darf dabei nicht vorsätzlich boshaft vorgeführt werden.
Welch großer Gegensatz zu dessen Fotografien sind dagegen die Fotos von Martin Parr, der sehr wohl auch Menschen in einer Weise zeigt, die man wenig schmeichelhaft nennen könnte. Nur in seinem smart durchdachten fotografischem Konzept hat er erst einmal sich selber in früheren Arbeiten in selbstironischer wenig vorteilhafter Weise porträtiert. Dann erlaubt man dem Fotografen auch gerne die Präsentation anderer in ähnlicher Weise. Parr besitzt das besondere Talent, die Fotos so zu gestalten, dass man ihm abnimmt auch ein Teil des Proletariats zu sein, das er abbildet. Eine hohe Kunst, denn so wird der Betrachter gezwungen, sich dem Motiv nahe zu fühlen und kann nicht von oben herab schauen.
Die Aussage von D'Orazio stelle ich gerne zur Diskussion!
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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