2025-07-21

Das Leben der Arbëresh in der Sibaritide

Schon einmal etwas von den Arbëresh gehört? Nun, ich muss es zugeben – bei mir hatte nicht geklingelt, als ich davon in dem Programm der Pressereise gelesen habe. Aber meine Freundin, die smarte Suchmaschine, half mir auf die interessanten Sprünge und brachte mich direkt in fremde Welten Albaniens und doch Italiens. Als Arbëresh wird eine alteingesessene, ethnische Minderheit albanischen Ursprungs in Italien bezeichnet. So geht Reisen in neue Welten online – natürlich sind die Ausflüge in die reale Welt der Arbëria das Leben viel bejahender.

Daher bringt uns der Bus in das Hinterland der Sibaritide, genauer in die Berge des Pollino Nationalparks. Auf den Strade del Benessere – im Verlauf des Abends werden wir den Präsidenten der Gal della Sibaritide, Antonio Pomillo, kennenlernen, der sich mit der Organisation Gal della Sibaritide dankenswerterweise für unseren spannenden Ausflug in diese Region von Kalabrien verantwortlich zeigt.

Und so treffen wir auf die Menschen, die ihre familiären Ursprünge in Albanien haben und den Kontakt zu ihrer Kultur bewusst nie verloren haben. Nachfahren der Menschen, die seit dem 15. Jahrhundert immer wieder aus den unterschiedlichsten Gründen ihre albanische Heimat verlassen mussten und vorrangig im Süden Italiens eine neue Heimat fanden. Im Gepäck: Ihre Sprache, Musik, farbenfrohe Trachten, Gebräuche und die orthodoxe Religion. Arbëresh bedeutet Albaner – und in Italien spricht man von dem Siedlungsgebiet im Land, das durchaus zerstreut zu benennen ist, von der Arbëria – und das beinhaltet die Provinzen Abruzzen, Basilikata, Kalabrien, Kampanien, Molise, Apulien und Sizilien.
Hier in der kalabrischen Provinz Cosenza, in der Gegend der Sibaritide heißen die Dörfer, in denen der Anteil der Italiener mit albanischen Vorfahren groß ist: San Giorgio Albanese, Vaccarizzo, San Demetrio Corone, Santa Sofia d’Epiro, San Cosmo Albanese. Es ist faszinierend, wie in ihrer Intensität die Kultur der albanischen Heimat auch in den jüngeren Generationen überlebt. Zwar sprechen die jungen Arbëreshi in diesen Dörfern zunehmend weniger noch die ursprüngliche albanische Sprache, sondern in der Art, wie sie sich hier über die Jahrtausende entwickelt hatte zu einem Gemisch zwischen Albanisch, Griechisch und Italienisch. Aber die ergreifenden Lieder ihrer Vorfahren, sie werden weiterhin in deren Duktus von ihnen gesungen.

Dies ist wohl auch der italienischen Gesetzgebung geschuldet, 1999 mit der Nummer 482 erlassen, schützt dieses Gesetz historische Sprachminderheiten im Land. Daher sprechen fünf Jahrhunderte nachdem die ersten, nach dem Tod des albanischen Nationalhelden Skanderbeg, nach Italien geflohenen Arber bzw. Arbëri in Italien Fuß gefasst haben, ihre Nachfahren teilweise auch noch neben dem Italienisch die Sprache ihr Ur-Mütter und -Väter. Tatsächlich würden sich die Arbëreshët, so nennen sie sich im albanischen Dialekt, kaum noch mit den heutigen Albanern gut veständigen können in ihrer ursprünglichen Sprache. Man kann davon ausgehen, dass lediglich 45 % der Arbëreshwörter mit der aktuellen albanischen Sprache Albaniens noch übereinstimmen, 15 % sind durch Neologismen der italo-albanischen Sprachentwicklung ersetzt – alles andere ist der Kontamination mit der italienischen Sprache, vor allem den süditalienischen Dialekten geschuldet.

Herzliches San Giorgio Albanese

Begrüßt werden wir nach einer Fahrt über die Passstraße in immerhin 420 Meter über dem Meeresspiegel in San Giorgio Albanese von Bürgermeister Gianni Gabriele, der wie eine fröhliche Lichtgestalt wirkt.
Und was ist das für ein herzlicher Empfang! Ein Großteil der knapp 1300 Einwohner zählenden Gemeinde wartet auf uns, die kleine, gerade acht Journalisten zählende Gruppe. Und zudem ein grandioser Ausblick auf die Landschaft.
Einige Damen leuchten geradezu in ihrer prachtvollen Tracht in der warmen Sonne des Sonnenuntergangs, die sie extra uns zu Ehren angelegt haben.
Gestärkte wunderschön geklöppelte weiße Spitzenblusen passen zu farbenfrohen langen, eng plissierten Röcken mit bestickten Westen, die oft den gesellschaftlichen Stand der Person verraten und auf dem Kopf tragen sie Kopftücher, die Peshqira oder Keza – alles wundervolles Handwerk aus vielen natürlichen Materialien! Viel Silberschmuck gehört auch zum Festkleid.
Sehr viele Musikanten spielen in der riesigen Musikkapelle Santo Patrono auf dem großen Piazzale Padre Daniele Refrontolotto vor der
Chiesa di San Giorgio Megalomartire für uns auf.
In dieser farbenprächtigen Kirche singt für uns später auch ein Frauenchor Lieder in dem mehrstimmigen Kehlkopfgesang, der albanischen Iso-Polyphonie. Immer schwingt etwas Traurigkeit und Leiden in diesem kraftvollen, immer leicht sakral klingenden und doch lebensbejahenden Musik mit, die inzwischen zum UNESCO-Kulturerbe zählt.
Später lädt uns Gianni gemeinsam mit Produzenten der Gemeinde ein, am Buffet die Weine und Wurstwaren zu probieren. Sie teilen großzügig ihr Brot und Olivenöl mit uns – und die Art und Weise, mit welcher Offenheit, Freundlichkeit und Freude die Menschen uns Besuchern begegnen, berührt mich persönlich sehr.

Der Spaziergang durch den Ort ist leider viel zu kurz.
Wir gehen entlang der prachtvollen Straßenkunst – mit eingefärbten Salzkristallen wurden bunte wunderschöne Gemälde auf der – immerhin recht abschüssigen – Via Roma ausgelegt.
In einer kleinen Schneiderei, Creazioni Magicam, werden uns die Trachten der Arbëresh erklärt.
Und im Rathaus singen die Damen noch einmal für uns ihre stimmungsvollen Lieder. Auch dort begegnet uns an den Wänden in den Gemälden diese farbenfrohe Kunst dieser eigenen Kultur, die mir schon in der Chiesa di San Giorgio Megalomartire mit ihren Malereien visuell Freude bereitet hatte. Viel zu schnell müssen wir San Giorgio Albanese wieder verlassen!

Die Fröhlichkeit von Vaccarizzo Albanese

Auf geht’s nach Vaccarizzo Albanese. Der Bürgermeister Antonio Pomillo dieser knapp 1000 Einwohner zählenden Gemeinde, begrüßt uns in der Chiesa di S. Maria di Constantinopoli in der die Gottesdienste nach wie vor im Byzantinischen Ritus zelebriert werden. Sie ruht direkt neben einer lateinischen Kirche Chiesa della Madonna del Rosario, die heute allerdings nicht mehr für Gottensdienste aber für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird.

Beide Kirchen sind miteinander verbunden. Die Chiesa steht für und der Bürgermeister erzählt von der Geschichte der Arbëreshi und der Entstehung der Gal della Sibaritide, deren Vorsitzender er ebenfalls ist. Und erneut erklingen für uns die Lieder der Arbëreshi in diesem Gebäude, das seit 1612 hier steht. Auch in Vacccarizzo Albanese Menschen zeigen sich uns die Bewohner*innen in ihren Trachten!
Die Vereinigung begreift sich als Beschützerin ihrer Kultur in der Gegenwart, möchten vor allem die Jugend davor bewahren, die eigene Kultur zu verlieren und kämpft für die Anerkennung ihrer Sprache, Musik und Kultur. In San Giorgio Albanese geschieht das im Studienzentrum für ethnische Minderheiten (Centro Studi per le Minoranze Etniche).
In Vaccarizzo Albanese ist das Museum Muzeu i Veshjes dhe i Arëvet Arbëreshë die Begegnungsstätte und es zeigt die Vielfalt der Trachten über die Jahrhunderte und von den einzelnen Gemeinden spendierten Trachten für gesellschaftliche Ereignisse, wie beispielsweise Hochzeiten. Übrigens hat jedes einzelne Dorf seine eigene Hochzeitstracht.
Vaccarizzo wurde in den griechischen Vorsilas um 1470 n. Chr. gegründet von den vor den Türken geflüchteten Albanern, das ist auch der Entstehungszeitpunkt von San Giorgio Albanese. Den Zusatz Albanese im Namen erhielt Vaccarizzo erst 1863 nach der Befreiung von den Lehnschaften.

Auch hier wandern wir ein wenig durch den Ort und machen einen Stopp in einem historischen Weinkeller, um köstlichen Wein zu verkosten.
Es ist die Musikforscherin Jessica Novello, künstlerische Leiterin der Musikforschungsgruppe „Ajri i Lumit“, die gemeinsam mit Rosaria Iantorno als zweite Stimme uns in die alten musikalischen Lieder der Arbëresh entführt in der Chiesa.
Später tritt Jessica gemeinsam mit Rocco Marco Moccia auf und begleitet uns durch den Abend mit der Musik einer stolzen und geschichtsträchtigen Zivilisation und vermittelt uns während des Abendessens einen tiefen Einblick in die musikalische Tradition ihrer Vorfahren.
Und wir erhalten einen wundervollen Eindruck von der Lebensfreude der Menschen! Unser Weg führt uns von dem großen Platz vorbei an dem Albero dei Frammenti (dem Baum der Auswanderer) bewundern, ein zeitgenössisches schmiedeeisernes Kunstwerk des Künstlers Cosmo Orofino. Und wenig später finden wir uns an einer langen Tafel vor der Bar Le Cupole wieder, wo uns ein Abendessen mit den köstlichen Produkten und Weinen dieser Region serviert wird. Dabei erklingen immer wieder die klangvollen Lieder der Arbëresh von Jessica und Rocco vorgetragen.
Irgendwann hält es uns nicht mehr auf den Sitzen, wir sind angesteckt von der Lebensfreude dieser Menschen – womöglich ist es auch etwas dem köstlichen kalabrischen Wein geschuldet. Bis in die späte Nacht tanzen und feiern wir mit unseren liebenswerten Gastgeber*innen und den Künstler*innen! Wer eine so schöne Zeit erleben durfte gemeinsam mit den Arbëreshi, wird immer wiederkommen wollen!

2025-07-16

Kalabrien entdecken! Le Strade del Benessere: Die Sibaritide

Disclosure • Pressreise • Auf Einladung des Gal della Sibaritide in und unter der Reiseorganisation von Carmen Mancarella durfte ich an zwei aufeinander folgenden Bildungsreisen in der italienischen Region Kalabrien, Provinz Cosenza, im Gebiet der Magna Graecia (dem früheren historischen Großgebiet Griechenlands) für Reiseoperatoren und -journalisten teilnehmen.

Der Gal della Sibaritide, unter der Leitung von Präsident Antonio Pomillo, ist ein Zusammenschluss der Gemeinden in der Sila Greca, die zusammen den Tourismus in der nordöstlichen Gegend entlang der Küste des Ionischen Meeres der Provinz Cosenza fördern und vermarkten. Ich bin auf den Spuren der „Le Strade del Benessere” – den Straßen des Wohlbefindens – gereist. Eine von der Organisation für Touristen entwickelte Route, um alle vielfältigen Aspekte – die Landschaft, Geschichte, Kulinarik, Wellness und natürlich das Meer – dieser wunderschönen Gegend erleben zu können. Und ich nehme euch hier im Blog gerne mit!


Sibaritide – die Sila Greca

Die Piana di Sibari in Kalabrien, ist eine riesige grüne Fläche umschlossen von den beiden Nationalparks der Gebirgsmassive Pollino und Sila. Ein ökologisch, kulturell und historisch immens reiches Gebiet, das ein heute noch sehr authentisches Italien präsentiert.

Wer Sibari besucht, das zwischen den Höhen von Sila Greca und Pollino eingeschlossen liegt, am klaren Wasser eines der schönsten Meere Italiens, dem Ionischen Meer, wird einen reichhaltigen und farbenfrohen Urlaub verbringen können. Voller Geschichte – zu erleben in modernen Museen oder liebevoll restaurierten und gestalteten Palazzi in charmanten Dörfern. Diese faszinieren schon durch ihre besondere Lage mit ihrer Präsenz und laden ein, ihre einzigartigen Traditionen und Küchen zu entdecken. Immerhin: Die Dichte der Borghi più belli d’Italia ist hier immens!

Jeder Winkel dieser Region zeigt eigenen Charakter in einer ursprünglichen Umgebung. Da ist die farbenfrohe Lebendigkeit der Küstenstädte, die den Touristen entspannenden Badetourismus in den vielen Lidi ermöglichen – die eine herausragende (nicht nur) Fi me schküche servieren zum Sonnenspaß!

Nur wenige Kilometer in das Landesinnere eingetaucht, genießt man leicht hügelige Ebenen in großer farblicher Vielfalt. Angesichts weiter Flächen hiesiger Landwirtschaft – mit weitreichenden Feldern voller Clementinen- und Orangenbäumen, Weizenfeldern, Olivenbäumen und Rebstöcken, grasenden Tierherden wie Schafe und Kühe, sind die Touristen schon auf dem Weg in ihre Unterkünfte eingeladen in die köstliche Küche Kalabriens. Das helle Grün der Reisfelder, rund um Sibari, die einzige Region Südmittelitaliens, in der Reis, der Riso Sibari, angebaut wird, leuchtet besonders saftig in der hochsommerlichen Sonne.
Durchbrochen ist die Szene von breiten Betten voller grauem Geröll, die die früheren, nun versiegelten Flüsse durch die Landschaft gezogen haben. In nicht weiter Ferne begleiten uns die hoch gelegenen Baustellen der entstehenden Hochgeschwindigkeitstrasse der Nord-Süd-Eisenbahnlinie, von der EU gefördert. Gelegentlich säumen Ruinen moderner Bauversuche in der Landschaft unseren Weg. Häuser, die als solche nie Vollendung finden sollten, auch das ist frühere Geschichte Kalabriens. Sie wird uns dieses Mal nicht interessieren, wir reisen historische Jahrtausende zurück und genießen dabei die moderne Gastfreundschaft auf unserer Reise auf den Strade del Bennessere.
Denn verlässt man den schnellen Verkehr der in der gleißenden Sonne liegenden Küstenstraße, findet man alsbald friedliche Stille auf den vielen Passstraßen die uns zu wunderschönen Dörfern führen. Cariati, San Giorgio Albanese, Vaccarizzo, Schiavonea, Rossano, Corigliano-Calabrese, Cerchiara, Roseto Capo, Oriolo und Rocca Imperiale – um nur einige von ihnen zu nennen.

Überall begegnet man Ansammlungen alter und neuer Häuser rund um und in die Felsen gebaut, auf denen dann ein Castello thront. Sie erzählen Geschichten von dem legendären, hier sehr verehrten Federico di Svevia (Friedrich von Hohenstaufen) und den vielen feindlichen Versuchen über die Jahrtausende, die Stellungen einzunehmen. Auch hier erzählt man von den friderizianischen Schlössern – dabei ist allerdings eine deutlich frühere Geschichtsepoche im Baustil gemeint als mit dem gleichen Begriff in der deutschen Geschichte gemeint ist.
Harmonische Einfachheit der kleinen ländlich gelegenen Weiler, die eine unerwartete und einzigartige Pracht von architektonischen Monumenten und darin enthaltenen Kunstwerken besitzen. Wer sie entdecken möchte, wird um ein Vielfaches reicher aus dem Urlaub zurückkehren. Sie sind alle umgeben von einer mächtigen Natur, an den unzugänglichsten Stellen rau und wild, an anderen Orten bringt sie eine außergewöhnliche Harmonie einer hingebungsvoll, mit viel Weisheit kultivierten Landschaft zum Ausdruck. Und irgendwo glitzert immer ein Stück Meer.
Kurz: Es ist traumhaft schön hier! Und es gibt jeden Tag etwas zu entdecken. Und die Begegnung mit den freundlichen, interessierten Menschen Kalabriens sind einzigartige, emotionale Geschenke eines besonderen Urlaubs.

Museo della Liquirizia „Giorgio Amarello”

Ich reise mit dem Flugzeug von Berlin nach Bari und ein Shuttle bringt mich in knapp zwei Stunden nach Rossano-Corigliano – wir durchfahren dabei einmal komplett die Basilikata und so gilt hier schon: Der Weg ist das Ziel. Eine Dusche und ein reichhaltiges Mittagessen im Relais Il Molino
später warte ich in dem entzückenden Museum Amarelli auf die Reisegruppe, die schon am Abend zuvor zusammen gefunden hatte.
In dem Museo della Liquirizia „Giorgio Amarello” dreht sich alles um Lakritze. Es liegt an der Contrada Amarelli in Rossano, nicht weit vom Meer entfernt. Das Unternehmen Amarelli wurde offiziell 1731 gegründet, die Familie hatte sich aber schon seit dem frühen 16. Jahrhundert mit der Herstellung von Lakritze ihr Geld verdient.
Amarelli gilt heute als eines der ältesten Unternehmen der Welt, das sich heute noch in Familienbesitz befindet! Wir werden sogar von Geschäftsführer Dottore Fortunato Amarelli begrüßt – er führt Amarelli nun in der elften Generation. Das Unternehmen ist Mitglied der ehrwürdigen Association les Hénokiens.
Der heutige Firmenpatron erzählt uns, dass sein Museum mit über 70.000 Besuchern im Jahr auf Rang zwei liegt, direkt nach dem Ferrari-Museum, in der Erfolgsstatistik aller italienischen Museen. Der Enthusiasmus für Lakritze dieses Unternehmens ist offensichtlich weltweit ungebrochen groß.

Und ganz ehrlich: Dieses Museum ist wirklich entzückend!
Es führt in den früheren Produktionsstätten auf zwei Ebenen und drei Räumen durch die ganze Geschichte der Familie Amarello und deren Firma, einschließlich Hochzeitskleid einer der Ur-Großmütter,
Blech-Spielzeug der Amarelli-Kinder, Familienfotos, Lieferscheine, Stempel. Hier die drei Brüder, die das Unternehmen in den sehr schweren Zeiten des 20. Jahrhunderts durch alle Krisen geführt – und Amarelli modernisiert haben.
Ich mag solche Rückblicke und bin begeistert mit diesem Ausflug in die Welt kalabrischer Historie eines Produktes, das nun wirklich die ganze Welt kennt.
Und bestaune natürlich die Gerätschaften früherer Lakritzproduktion, wie früher auf offenem Feuer das Süßholz aus den Wurzeln der Pflanze gekocht wurde, die alten Gießformen bis hin zur Ausstellung antiquierter bis zur neuesten Bürotechnik – was dann auch schon einmal ein Apple II und iMac ist. In den sehr goldenen Zeiten gab es sogar in der Gegend eine eigene Fluggesellschaft für den Lakritztransport, die Liquirizia Lealmair! 2001 wurde dieses Museum mit dem Guggenheim Preis ausgezeichnet.
Ein wirklich sehr unterhaltsamer Ausflug in die Welt der Lakritze, die Führung sehr professionell. Sie kann übrigens auch in englischer Sprache gebucht werden und findet in dem anliegenden Shop in einem Kaufrausch bei so großer Lakritze-Vielfalt seine Erfüllung.
Die Führung dauert ca. 45 Minuten – staunen und entdecken kann man noch sehr viel länger. Montags bis Freitags kann zwischen 10:00-11:00 Uhr auch die Produktion besichtigt werden – bei vorheriger telefonischer Anmeldung. Und ich möchte das besonders erwähnen: Das Personal in diesem Museum ist wirklich wundervoll, aufmerksam und zuvorkommend!
Das Abendprogramm führte mich in eine völlig neue, spannende – und sehr fröhliche – Welt in das Hinterland der Sibaritide – aber das ist wirklich ein eigenes Blogpost wert.

Relais Il Mulino

Eingeladen war ich im Relais Il Mulino – einem wunderschönen Agriturismo, das auf den Grundmauern einer alten Olivenöl-Mühle aus dem 18. Jahrhundert gebaut ist. Ich durfte in einem charmanten Appartement schlafen, ausgestattet mit kleiner Wohnküche, Jacuzzi-Badewanne – und wunderschön umgeben von den Wäldern von Clementinen- und Olivenbäumen und Weinreben, der eigenen Landwirtschaft der Mühle.
Maulbeeren begleiteten den Weg zu meinem Appartement und die Lebensfreude der Vögel über diese schöne Lage, hat meine Stimmung sehr getragen. Hier schläft man mit viel Natur und das ist wunderschön! Über 100 Hektar werden bewirtschaftet und …
… unter anderem werden die Clementinen Piana di Sibari IGP angebaut.
Zur Unterkunft gehört ein kleiner Pool, eine eigene Kapelle, natürlich für Hochzeiten zu buchen, die in den drei Restaurants unterschiedlichen Stils ihre feierliche Vollendung finden können.
Das Meer liegt mit dem Auto ca. zehn Minuten entfernt, die Bahnstation zwei Minuten. Natürlich gibt es auf dem kostenlosen Parkplatz auch eine Tanksäule für E-Mobility. Zum Relais Il Mulino gehört am Strand der Lido Frida Beach!
Was ich persönlich mochte, als Enkeltochter eines Kunstschmieds, die vielen kunstvollen Eisenelemente, die überall in die Architektur des Relais Il Mulino eingeflosssen sind – teilweise modern, teilweise antiquiert.
Die Küche ist wirklich Zero 0, denn in unmittelbarer Nähe liegen Stallungen mit Eseln. …
Ziegen, Kühen und Schweinen – die hauseigene Fromagerie befindet sich direkt gegenüber.
Und nachdem ich bei meinem Mittagessen und Frühstück dort schon fantastischen frischen Ricotta und Käse (und ja, auch Wurstwaren) essen durfte, habe ich hier tatsächlich meine bisher köstlichsten Nodini (Mozzarella) probieren dürfen im dazugehörigen Shop, der natürlich auch das Gemüse des Realis Il Molina anbietet. Sie waren zart, saftig und wunderbar würzig!

Museo della Liquirizia „Giorgio Amarello”
Contrada Amarelli Strada Statale 106 AU
Rossano 87064 Corigliano Rossano CS

Relais Il Mulino
Contrada Santa Domenica
Contrada Chiubbica
87 064 Corigliano (CS)
Tel. 0983 88 93 16
https://www.relaisilmulino.it/

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Die köstliche Küche Kalabriens

Was haben wir gut gegessen auf dieser Reise in den Sibaritiden Kalabriens auf den Le Strade del Benessere!

Das nördliche Kalabrien in der Provinz Cosenza bietet nicht nur faszinierende historische Sehenswürdigkeiten und elegant gelegene Borgi. Die fruchtbaren Böden dieser Gegend lassen die Geschenke der Natur gut gedeihen, unterstützt von den Winden des Ionischen Meeres. Im Hintergrund liegen die Berge des Pollino Nationalparks in deren Höhen fantastische Gemüse wachsen. Weizen, Kartoffeln, Peperoni in größtmöglicher Vielfalt, saftige, aromatische Tomaten, gleichfalls Auberginen, und Zucchini, Pilze – natürlich die unendliche Vielfalt der hier wachsenden Zitrusfrüchte. Ach, und das Obst erst!

Gelangen diese Produkte auf den Tisch, überzeugen sie in ihrem intensiven Geschmack schon alleine aufgrund ihrer hervorragenden Qualität. Von talentierten Köch*innen zubereitet, machen sie den Urlaub in dieser Gegend zu einem besonderen Erlebnis.

Natürlich haben wir auch viel frischen und köstlichen Fisch gegessen, aber lasst mich zunächst die einfachen Gerichte hier in den Vordergrund stellen, die es mir wirklich angetan haben. So waren wir zu Gast im Lido I Tre Leoni (Villapiana) und nach einem Bad im Ionischen Meer, ein willkommener Luxus bei 36 Grad (im Schatten), setzten wir uns gemeinsam an einen Tisch in eben jenem Schatten.
Eine Enttäuschung, gebe ich zu, war vorhanden, als es hieß, es würde dieses Mal keinen Fisch geben – sondern die typische regionale Küche der Landschaft. Und die ist auch reich an (natürlich sehr guten) Wurst- und Fleischgerichten – alle lecker – aber wie gesagt: 36 Grad! Da bin ich tendenziell für leichten Fisch und viel grünen Salat zu haben.

Nun, ich wurde eines Besseren belehrt. Wir reisten auf den Tellern in das Bergdorf und Geburtsort der drei Brüder Leone, San Lorenzo Bellizii, die diesen Lido führen. Und wie haben wir sehr gut gegessen, deftig zwar – aber alle Gänge hatten besondere Feinheiten, die mich alle geschmacklich mehr als überzeugt hatten. Es kochten übrigens hier dann doch die Frauen!

Ein Gang nach dem anderen hatte mich in einer faszinierenden Einfachheit geschmacklich abgeholt. Zum Beispiel die aufgeschnittenen Pomodori – reife, aromatischen Tomaten Kalabriens – in Scheiben aufgeschnitten, mit viel Olivenöl benetzt und klein geschnittenem Basilikum belegt.
Zusätzlicher aromatischer Clou: getrockneter Oregano reich darüber gestreut. Da braucht die fantastische kalabrische Tomate weder Salz noch Pfeffer!
Frittierte Zucchini, Prosciutto crudo und die kalabrische, pikante Soppressata ergänzten die Antipasti.
Ich glaube, das Gericht, das ich mit größter Zuneigung aus Kalabrien mit nach Berlin genommen habe, das ist Pipe di patate (auch Pepe di patati oder Pipi di patati.) Dieses Gericht mit den besonders schmackhaften, leicht gelbfleischigen Kartoffeln Patata della Sila wird als Antipasto aber auch als Beilage zum Secondo serviert, warm und kalt zu genießen. Mal sind die Kartoffeln einfach nur sanft gegart, manchmal in der stärker angebratenen Variante kurz vor der Bratkartoffel serviert. Das Rezept dieses köstlichen Gerichts ist denkbar einfach!
Man schmort natürlich in Kalabrien die rote süße Cipolle di Tropea, die Zwiebel, die es auch außerhalb von Tropea überall zu erwerben gibt, in viel Olivenöl sanft bis sie weich ist. Es folgen in nicht zu kleine Stücke geschnittene Paprika, bestenfalls in unterschiedlichen Farben, dazu. Wenn auch diese weich gedünstet sind, gibt man dünn geschnittene Kartoffelscheiben in die Pfanne und lässt alles mit geschlossenem Deckel im eigenen Saft weich werden. Nur ein Hauch Salz und Pfeffer runden die Aromatik ab. Etwas Oregano passt auch. Bitte auf Knoblauch verzichten! Der pure Geschmack der Gemüsesorten und der aromatischen Kartoffeln reicht für das Glück.
Was für ein einfaches, aromatisches und gutes Gericht! Dazu wurden im Secondo die saftigsten Polpette aus Schweinefleisch serviert.
Und wie lecker waren die Fricelli, halbe Maccaroni aus Hartweizengries, mit saftigen aromatischen Sommer-Steinpilzen, die hier mit einer Lässigkeit und Häufigkeit serviert werden, wie bei uns Champignons! Nur halt mit dem typischen köstlichen Steinpilzgeschmack. Dazu eine rote aromatische Salsiccia in die Sugo gebraten, die natürlich ihre pikante Würze aus den kalabrischen Peperoncini erhält.

Serviert in einer fruchtigen und intensiven Tomatensoße. Die kalabrischen Kenner schneiden sich natürlich noch die sehr kleinen und sehr scharfen Peperoncini frisch in die Pasta. Und ja, auch mit ihren Kernen! Oder träufeln das Olio Santo, das fantastische, durchaus pikante von den Peperoncini rot eingefärbte Olivenöl, reichhaltig darüber. Dieser Pasta-Gang, so einfach, macht nicht nur satt. Keine einzige Nudel habe ich auf dem Teller gelassen!
Sorbetto al Limone – natürlich gibt es in Kalabrien viele andere Eissorten. Und die sind gut – wie wohl überall in Italien. Aber hier, gerade in dieser Gegend, wo die Zitrusfrüchte in so großer Vielfalt gedeihen, gehört einfach ein Sorbetto di Limone zum Abschluss eines guten Essens dazu! Die perfekte Begleitung in der Mittagshitze. Im Lido I Tre Lioni famos serviert in einer tiefgefrorenen Zitronenhälfte, das Sorbetto cremig, süß und vor allem sehr zitronig – kein Dessert räumt den gut gefüllten Magen so elegant ganz ohne Alkohol auf, wie ein Sorbetto al Limone.

Das Lido I Tre Leoni liegt am Ionischen Meer in der kleinen Stadt Villapiana in den Sibaritide, die u. a. mit dem Torre Saracena in Villapiana Scalo als Sehenswürdigkeit lockt.
Es ist ein einfaches, familiengeführtes Lido, dass mit einem charmanten Spielplatz für kleinere Kinder überzeugt und für Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Möglichkeit vorsieht, dass auch sie ins Meer gelangen können! Es gibt neben dem meerestauglichen Rollstuhl eine befestigte Zuwegung zum Meer und auch der Zugang zur Bar ist barrierefrei gehalten.
Behindertentoiletten hatten alle Lido, die wir besucht haben, übrigens.


I Tre Leoni
Via Lungomare 13
87076 Villapiana Lido CS
Phone: +39 348 281 1562