2025-12-12

Gerne gelesen: Hexe Hazel – Ein Jahr im Wald

Hexe Hazel hat wunderschöne rote Wangen und lebt zusammen mit Eulen, Mäusen und Trollen im Mooswald. Sie ist eine erstaunlich kleine, aber dafür sehr fleißige Hexe und kann den anderen Waldbewohnern ihre Wehwehchen wegheilen. Sie ist sehr neugierig, kennt sehr viele Tiere und hat gar keine Angst vor Fabelwesen und nimmt uns Leser*innen mit durch die Jahreszeiten.

Im Frühling brütet sie ein Ei aus und hat plötzlich ein Eulen-Baby bei sich wohnen. Sie muss aber auch Abschied nehmen. Im Sommer lernt sie von den anderen Waldbewohnern, wie es ist, wenn sie mal alle Fünfe gerade sein lässt, so gar nicht ihre Kernkompetenz übrigens. Wie gut aber, dass sie einen besonderen Tag doch mit dem Sammeln von Himbeeren begonnen hatte!
Im Herbst hat sie zusammen mit dem Mäusepapa für einen Moment Angst vor dem Schlafschlucker, der den Kindern ihre Nickerchen nascht – gemeinsam retten sie einen kleinen Troll vor der Einsamkeit und genießen ein leckeres Abendessen in großer Gemeinschaft. Und im Winter befreit sie mit ihrer Hexenkunst eine Krähe von einem Frosch im Hals, wird vom Schnee überrascht und wird von ihrer Zieh-Eule gerettet im verschneiten Wald, die eine verfrorene Hexe Hazel zu Bett bringt.
Dieses bezaubernde Kinderbuch von Phoebe Wahl voller Waldabenteuer – aus dem Amerikanischen von Nils Aulike übersetzt – ist voller lebendiger, wunderschöner Zeichnungen (ich liebe ihre Pilze!), die man sehr lange betrachten darf, um wirklich alle Bewohner und Geheimnisse im Mooswald zu entdecken. Und es verdeutlicht, dass Gemeinsamkeit und sich gegenseitiges Unterstützen das eigene Leben viel schöner machen, denn auch als kleine kluge Hexe lernt man immer wieder von den anderen Waldbewohnern, Feen und Trollen und muss viel weniger Angst vor Unbekanntem haben.

Der Schweizer Kinderbuchverlag Bohem Verlag hat das bereits 2021 in Originalsprache erschienende, sehr erfolgreiche Waldbuch für unsere kleinen (empfohlen ab 3 Jahren) und großen Kinder nun in deutscher Sprache veröffentlicht.


Hexe Hazel – Ein Jahr im Wald
Autorin, Illustration: Phoebe Wahl
Übersetzung: Nils Aulike
Verlag: Bohem Verlag
ISBN: 978-3-95939-243-3

2025-12-11

Israel: Eat, Pray, Love

Als mir der wundervolle Dieter vor einigen Wochen seine Einladung zu einer Pressereise Eat, Pray, Love nach Israel weiterleitete und Zweifel äußerte, ob sich Journalist*inmen finden würden, die jetzt dorthin reisen würden, meinte ich nur: „Ich würde es tun. Wann, wenn nicht gerade jetzt in diesem besonderen Moment?”
Die Friedensvereinbarung zwischen Israel und der Hamas war gerade unterzeichnet. Meinem Gefühl nach, wäre dieser Zeitpunkt die richtige Zeit, um nach den grauenvollen Jahren des Terrors und den Kriegshandlungen einem möglichen Neuanfang beizuwohnen, der hoffentlich nun auch allen Beteiligten Frieden bringen möge. Ich bewarb mich und bekam eine Zusage.
Über meine finale Teilnahme schlief ich noch eine Nacht, denn es zeigte sich, dass Friedensvereinbarungen auf dem Papier nicht immer direkt in der Realität ankommen. Dann die Entscheidung – und nein, ich habe es nicht bereut.
Irgendwie hatte in unserem Leben in den letzten Jahren eine Art der Metamorphose stattgefunden, die zweifelhafter Natur ist und in der nicht wirklich ein guter Keim keimt. So bin ich mit meinem Geburtsjahr 1965 immer von dem Nahost-Konflikt begleitet worden, andererseits immer auch Enkelin einer Kriegsgeneration meiner Großeltern und Eltern, die immerhin noch Flucht erlebt haben. Und Aufbau. Bin mit der deutlicheren Nähe zum Holocaust aufgewachsen, den Jugendliche Deutschlands in der Form heute anders erfahren. Und: Im Ehrenhof der Gedenkstätte vom 20. Juli 1944 (Bendlerblock) aufzuwachsen, war auch keine Location, die je zur Ignoranz aufgefordert hätte.

Diesen Nahost-Konflikt habe ich nie verstanden! Er machte mir vor allem Angst. Es war eine meiner Intentionen dieser Reise, womöglich einem Verstehen näherkommen zu können. Spoiler: Ich verstehe einiges, einiges anders, nicht wirklich besser. Das braucht Zeit.
In all den Jahren meiner Jugend und späteren Lebens habe ich wie wir alle, immer wieder mit großer Fassungslosigkeit und Trauer von vielen Anschlägen in Israel (und all den anderen von der Hamas terrorisierten Ländern) Kenntnis nehmen müssen. Und somit war für mich klar: Ich würde nie nach Israel reisen. Diese Gefahren addierten sich in meiner Wahrnehmung. Ich bin sowieso nicht die angstloseste Ausgabe meiner selbst.

Nun, da der Terror in meinem eigenen Land seit Jahren auch angekommen ist, relativieren sich interessanterweise derartige Ängste. Wie ich schon schrieb: zweifelhafte Metamorphose. In Addition eines fortgeschrittenen Alters, in dem mir eh jeden Tag mein eigener Körper Knüppel zwischen die Beine des Lebens werfen kann, sind realistisch betrachtet auch die Ängste gegenüber des Unvermeidlichen gesunken. Was interessanterweise in mir eine neue Form von Freiheit generiert: interessante Metamorphose.
So stieg ich also mit Vorfreude letzte Woche in ein Flugzeug, das mich in etwas mehr als vier Stunden nach Tel Aviv brachte und somit nach Israel. Dem Land, von dem mir jede Person mit besonderem Strahlen vorschwärmte, der ich von meiner künftigen Reise erzählte. Und ja, es gab auch Kritik bis heftige Gegenstimmen. Man muss aushalten können.
Ich erlebte besondere Sicherheitsvorkehrungen im Rahmen der Reise. Ich erlebte mehrfach herzliche Begrüßungen bei meiner Ankunft. Ich durfte von Tel Aviv in den Norden an den See Genezareth reisen, erstmals im Toten Meer baden, Masada (sensationell!) besuchen,
Nazareth sehen, die relevanten Orte der Weltreligionen besichtigen,
mir die Philosophie eines Kibbuz erklären lassen und das wundervolle Jerusalem in so vielen beeindruckenden Facetten erleben.
Ich habe mich tief und ehrlich in die israelische Küche verliebt (direkt drei Bücher geordert) …
… und die Weine des Landes genießen dürfen. Die wundervolle Welt der Gewürze erfahren dürfen.
Kunst gesehen. Bin am Meer gestanden. Habe die spannende Architektur Tel Avivs bewundert.

Und ich bin den Folgen des Terrors, dem allsichtbaren Trauma vom 7. Oktober 2023 in den Städten, begegnet. Überall. Immer wieder. Ich habe einiges begriffen, auch dank unserer liebevollen Reiseleitung und klugen Mitreisenden, und dennoch vieles noch nicht verstanden. Es dauert selbstverständlich. Dennoch: Ein Anfang ist gemacht!
Nach Israel reist man nicht einfach. Auch nicht unbeschwert. Wir Deutschen meiner Generation schon mal gar nicht. Hoffe ich. Aber man kehrt reich zurück, aufgewühlt und tief beeindruckt. Wir haben Liebe erfahren, sind dem Glauben in seinen historischen Dimensionen begegnet und durften köstlich speisen. In den nächsten Wochen und Monaten werde ich hier von meiner Reise erzählen. Denn ja, Israel vermisst seine Gäste.

Ich hoffe, ihr kommt mit?!

2025-11-30

Jules Winnfiiel und Paul Rost servieren Movie2Menü

Jules Winnfield und Paul Rost aus dem Bonvivant hegen seit vielen Jahren viele Gemeinsamkeiten. Die beiden – im sehr positiven Sinne – Enfants Terrible entführen uns Berliner*innen seit langer Zeit in ihre großartige und fantasievolle Welt der fleischlosen Gastronomie. Die Begeisterung und das Engagement, die neben dem Bonvivant kreativen Seitenprojekte mit denen sie und ihr großartiges Team die Berliner Gastroszene bereichern – sie sind extraordinaire! Und heben das Niveau dieser Szene in Berlin immens. Hier im Bild, Paul, Jules ist ja immer etwas fotoscheu.
Das neueste Projekt dieser beiden Freunde und Cineasten, die viele Stunden ihrer Freizeit gemeinsam auf der Couch vor dem Screen verbracht haben: Filme. Und dazu die passende Kulinarik auf den Tellern. Für diesen Spaß holen sie wiederum uns Gäste vom Sofa in die immer wechselnden Locations an die perfekt gedeckten Tische. Kinoerlebnis in echter 3D-Qualität!

Dazu läuft wechselnd einer ihrer Lieblingsfilme und das dazu von Paul Rost mit dem Bonvivant-Team kreierte mehrgängige Menü inklusive Mixology-Art. Das Ganze nennt sich Movie2Menü. Dass diese Locations zum Film passen müssen, ist selbstverständlich. Dass die Dekoration besonders liebevoll ist, wen wundert es?
Das Konzept zieht sich durch bis hin zur allerniedlichsten Menükarte, von der Chefkochratte persönlich präsentiert.
Zum Auftakt dieser neuen köstlichen Events wurde uns Ratatouille in dem Event-Restaurant Coco Boule am Moritzplatz gezeigt.
Ich hatte die wirklich sehr große Freude, dem Start und dem ersten Probelauf beiwohnen zu dürfen. Also durfte ich Mitte Oktober – zum sehr wievielten Male auch immer – mir Ratatouille angucken, der niedlicheste Rattenfilm ever, der uns wohl alle bezaubert hatte. Tatsächlich gab es nur wenige Arme, die hochgingen, als uns die Gastgeber fragten, wer Ratatouille noch nie gesehen hätte. Beeindruckende Spitzenreiterin: eine Journalistin, die vermutete, schon 50 Mal sich den unvergleichlich köstlichen frankophilen Trickfilmspaß von Pixar angesehen zu haben. Da kann ich nicht mithalten. Aber … ich verstehe sie.
Ach, Ratatouille! Die unfassbar eloquente, talentierte, großherzige Ratte, Rémy, mit feinstem Gaumen, die den verstorbenen Gourmetkoch Auguste Gusteau hochverehrt, und sich sein Credo „Jeder kann kochen!” ins Herz geschrieben hat. Die dem Küchenjungen Alfredo Linguini den Weg zu seinem genetischen Erbe weist, ihn die Arme der sehr ehrgeizigen und talentierten Köchin Colette treibt und dem Sous-Chef Sinner zeigt, wo der Maurer das Loch gelassen hat.

Und wenn der böszüngige Chef-Kritiker Anton Ego, dem man nicht wirklich Gutes nachsagen möchte, kurz vor dem Ende von Linguinis Ratatouille – natürlich eine Co-Produktion mit Rémy – dahinschmilzt und in seine Kindheit zurückgeschickt wird – bei wem bleiben da die Augen trocken, denkt er an die der eigenen Omis wundervolle Kochkünste? Und dann ist da doch noch so viel Paris! Et l'amour!
Nein, es hätte keinen schöneren Start für Movie2Menu – Taste The Scene geben können! Der Aperitif zum Empfang mit Popcorn serviert. Die Tische liebevoll eingedeckt, die sich um Nachtisch als besondere Geheimnisträger präsentieren. Dazu Rataouilles Menükarte! Stimmungsvoll passend trinken wir die Kompost-Verköstigung – aus dem Mülleimer.
Zu den weiteren jeweiligen Szenen liest sich das dann wie Gutes Essen ist wie Musik, die man schmeckt: als Erdbeere, Käse, Arancini – erst einzeln, dann kombiniert probieren.
Gut, hatte bei uns nicht ganz so funktioniert – die Arancini fehlten, das war der Generalprobe sinnvoll geschuldet. Oder: Geistesblitz geküsst – gewitteriger Ziegenkäse, Rosmarinöl, Safranpilz – tatsächlich am Tisch vom Blitz getroffen. Selber mitspielen durften wir bei Haltet die Suppe auf!
Hier eine weiße, aromatische Tomatensuppe mit Pinzette zum selber abschmecken mit Basilikumöl – mit Pairing im Glas: Basilikum, Gin und Zitrone. Es folgten, vielleicht etwas zahm im Geschmack, die Omelette de Rémy

Ganz entzückend vom Bartender kreiert zu Linguinis Spezialgericht, Pom Blanc, Estragon-Sauce, Trüffelöl und Kartoffelcrunch:Wir feiern den Erfolg und die Un-Idiotie 1961er Chateau L’Amour mit gepimptem, nämlich geräuchertem, und neu gelabeltem Rotwein in Discountergröße.
Très charmant.

Ein bisschen böse, aber genauso stimmungsvoll: Rat Killer. Chartreuse, Gin, Sour machte im Moment der Entdeckung (und folgenden Bekämpfung) von Rémy und seinem familiären Überfallkommando im Restaurant auch bei uns richtig giftig etwas her.
So wurden wir mit dem Film von Gang zu 12 relevanten Szenen auf den Tellern
und in den Gläsern bis zum erdigen Dessert-Finale Überrasche mich! begleitet.

Aber vorher zelebrierten wir die feine Gefühlswelt von Anton Egos „Erweckung” vom bissigen Gastrokritiker zu einem Menschen mit Herz und Vergangenheit mit unserem eigenen Gemälde eines zarten Ratatouille auf dem Tisch.
Dieses Dinner war so kreativ und auch wirklich liebevoll umgesetzt, hatte uns allen so viel Spaß gemacht. Und warum sollen meine Augen trocken bleiben, wenn mir persönlich Auguste Gusteau aus dem Jenseits in einem essbarem handgeschriebenem Testament sein Erbe vermacht: „Jeder kann kochen”? (Oblate)
Klar, gab es beim ersten Durchlauf (in fremder Küche) den einen oder anderen Ruckler auf Zelluloid. Und vermutlich wird künftig nicht mehr ganz so abgezählt gekocht, hungrige Ratten kommen nie alleine! Aber: Das war einfach alles sehr herzerwärmend an diesem Abend und wurde von dem wundervollen Team – natürlich mit Baskenmützen – so charmant wettgemacht. Für die Kreativität, den Spaß, die Köstlichkeiten, die Jules Winnfield und Paul Rost uns bereitet haben: 1000 Herzen!

Diesen PopUp-Menüspaß von Movie2Menü wird es nun öfter geben!

Sechs spannende vegetarische (künftige Menüs werden sogar komplett vegan serviert) Gänge mit extra zu den Filmen konzipierter Mixology-Begleitung, Aperitif und After-Movie-Empfang für 129 Euro. Die nächsten Termine, Standorte und Informationen findet ihr ausschließlich auf dem Instagram-Kanal Movie2Menü!

2025-11-25

Köstlicher Spaß im Gourmet-Bus Italiens

Zum Auftakt der zehnten Woche der Italienischen Küche in der Welt hatten gestern die italienische Botschaft in Berlin und die ENIT in den Gourmet-Bus eingeladen.

Mit üblicher italienischer Zeitvarianz starteten wir am ersten echten Wintertag bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein vor dem Rathaus in Berlin, um in dem exklusiven Gastro-Liner durch die Berliner Innenstadt zu cruisen. Faszinierend der Tischaufbau mit Weinglasstilhaltern im ZickZack-Mode – und hey: Der Weinschrank!
Währenddessen wurde uns ein sehr feines Menü, wie ein Spaziergang durch den Lazio (Rom) nach Venetien in die Toskana und wieder zurück nach Venetien, die Küche Italiens serviert. Begleitet von den wirklich hervorragenden Weinen der Cantine Famiglia Cotarella aus dem Süden der Toskana.
Gastgebende Küche war keine geringere als die von Roy Caceres und seinem namhaften Restaurant Orma Roma in Rom – mit einem Guide Michelin Stern prämiert.
Zur Begrüßung wurde uns ein Vino Spumante Cotarella Metodo Classico Brut (Dosage Zéro) eingeschenkt, ein für die Methode erstaunlich frischer, aber auch eleganter und komplexer Spumante, hellgelb im Glas, mit trockenem, intensivem Abgang. (Ich bleibe dabei: Trinkt mehr die Spumante Italiens.)
Fantastisch: Il Punto IGP 2023! Benannt nach dem Weinberg „Il Puntone” auf dem er angebaut wird. Der Weißwein, ein sortenreiner Sauvignon Blanc, in der Region Lazio angebaut, hatte mich so sehr begeistert. Was für ein Tropfen!
Eine wunderschöne hellgelbe Farbe mit einem Bouquet voller exotischer Frucht – schon in der Nase eine Freude bringende Intensität – und einem ausgewogenen Geschmack von resoluter Süße, einem Hauch Salz und einem sanften Touch Butter – trotzdem frische Lebendigkeit.
Nicht weniger grandios: Der Marciliano IGP, 2019. Umbria Rosso, 70 % Cabernet Sauvignon und 30 % Cabernet Franc in Umbrien angebaut, tiefrote Farbe im Glas. Viel Brombeere, Tabakwürze und ausgeglichener Tanningehalt.

Dazu wurde uns auf der Tour vom Roten Rathaus startend, entlang des Museumsviertels, eine Kurve genommen am Nikolaiviertel vorbei mit einem Abstecher über den Checkpoint Charlie und dann Potsdamer Platz an der Italienischen Botschaft, vorbei über das Brandenburger Tor …
… wieder in Richtung Rathaus, ein sehr feines Menü vom Chefkoch des Orma in Rom serviert. 65 Grad Celsius Carbonara Egg – eine dekonstruierte Carbonara mit Pecorino Mousse, darunter etwas knusprigem Guanciale auf einem Niedrigtemperatur-Eidotter mit frischem schwarzem Pfeffer. (Rom)
Es folgte ein Risotto aus Acquerello-Reis mit einem Hauch Butter, Vacche-Rosse Parmigiano Reggiano, einer Petersilienemulsion und Granatapfel. (Venetien)
Und als Secondo, Rindsbäckchen vom Chianina-Rind – in Chianti geschmort mit einem Kürbispüree und in Balsamico geschmortem Radicchio.
(Toskana) Den köstlichen Abschluss bildeten eine Käse-Selektion mit Honig und Marmelade aus dem Trentino – und das niedlichste Tiramisù (Treviso) ever.
Zwei Stunden italienische Köstlichkeiten und Lifestyle mit Berliner Sehenswürdigkeiten, netten Gesprächen und wirklich tollen Tropfen im Glas.

Oder wie wir Berliner sagen: Da kann man echt nich' meckern! Dankeschön für die Einladung – und den leckeren Spaß!

2025-11-18

Die Wandmalereien von Montegiordano

Montegiordano ist eine kleine Gemeinde mit ca. 1600 Einwohnern in Kalabrien, nahe der Grenze zur Basilikata. Von der Provinzhauptstadt Cosenza liegt sie 86 Kilometer entfernt. Sie teilt sich in den historischen Stadtkern oben auf einem – für Kalabrien und Basilikata typischen – Berg in ca. 570 Höhenmetern liegend und die Montegiordano Marina unten an der Küste.
Sie liegt am Ionischen Meer und lockt mit ihren charmanten Kieselstränden die Urlauber entlang der Costa degli Achei. Will man die Strecke nach oben zum Borgho beispielsweise auf dem Rad bewältigen, darf sich auf eine gut ausgebaute Passstraße mit ca. 8,7 Kilometern Länge bei Steigungen von bis zu 6 % freuen. Auch der Ortskern legt gelegentlich noch aufsteigende Maßstäbe an die Besucher*innen.
Zumindest im Herbst wird man im alten Ortskern oben dann doch mit deutlich kühleren Temperaturen als unten in der Marina belohnt. Und: Mit einer Vielfalt von Geschichten erzählenden Wandmalereien an den Hauswänden, die in Anzahl und Vielfalt ihresgleichen sucht.

Als wir von Rocca Imperiale die 13 Kilometer nach Montedgiordano fahren, um bei Sassone Tartuffi feine Trüffelspezialitäten einzukaufen, genießen wir die Freiheit dank unseres Mietwagens, als Pino beschließt, uns nach oben in die historische Stadt von Montegiordano zu führen.

Was in Rocca Imperiale die wundervolle Poesie – inspiriert von der Limone Rocca di Imperiale IGP – auf überall im Centro Storico verteilte Fliesen gemalten Verse mit dementspechenden Bildnissen sind, hier locken großformatige bunte Malereien.
Sie sind zum allergrößten Teil von dem Künstler und Maler Franco La Teana († 2022) geschaffen worden. Leider findet man nur sehr wenige Informationen über ihn – in diesem Internet. Tatsächlich finde ich es blamabel bis bitterböse, dass es die Leitung des Borghos nicht einmal geschafft hat, ihm einen Wikipedia-Eintrag zu gönnen.
Aber er hat sich selbst in Montegiordano ein wirklich großes Denkmal gesetzt – und ein fundamentales künstlerisches Erbe seinem Heimatdorf hinterlassen. Er erzählt in ihnen Geschichten aus dem Alltag des Borgho, von saisonalen Festen, religiösen Monumenten, historischen Berufen der Region …
– mal kindlich naiv, plakativ, mal in einem eigenen modernen Stil mit erstaunlich feinem Strich und Komplexität.
Die im Vergleich zu anderen Borghi in Süditalien etwas schmucklose Altstadt wird durch diese Straßenkunst deutlich aufgewertet.
Spaziert man durch die schmalen Gassen, entdeckt man eine Illustration nach der anderen. Einfarbig …
… wie auch plakativ bunt. Die Malereien sind konsequent bis auf die Rückseite des Borghos ausgeführt. Die Piazza Tarsia Vittorio, der Hauptplatz von Montegiordano, dient als zentraler Punkt, … … von dem aus Besucher ihre Erkundung dieser fantasiereichen Freiluftgalerie beginnen können.
Dass man unterwegs an diversen Stellen im Ort eine fantastische Sicht auf die wunderschöne Landschaft bis hinunter zum Meer haben kann, ein zusätzliches Geschenk.
So ist es ein großes Vergnügen für junge und ältere Besucher, durch die Stadt zu spazieren und sich von den Gemälden einnehmen zu lassen. Unser Ausflug endet in einer Bar in der Nähe der Piazza, wo ich mein sehr geliebtes Chinotto bekomme, …
… Sibi einen Campari und die anderen ihr Biera. Ich steigere mit einem Schlag den Frauenanteil in der Bar von 0 auf 100 Prozent und erhalte eine Aufmerksamkeit der anderen Besucher, die mich gefühlt in meine Jugend zurückkatapultiert. Nun, es sind die kleinen Dinge …
Die Siedlung von Montegiurdano lässt sich auf das 4. Jahrhundert vor Christus zurückverfolgen. Funde aus der griechischen und später römischen Epoche, sowie die Ausgrabungen einer sehr alten Farm in Menzinàra beweisen eine Besiedlung seit der Antike.
Historisches Wahrzeichen ist das Castello von Montegiordano. Einst von der Familie Pignone del Carretto als Jagdschloss und Winterresidenz erbaut, befindet es sich heute im Privatbesitz und ist Firmensitz der Tenuta del Castello, einem Weingut, das mehrfach prämierte Weine produziert. Und natürlich: Olivenöl.
Es dient heute auch gelegentlicher Veranstaltungsort und interessierte Besucher dürfen das Schloss zu bestimmten Gelegenheiten besichtigen. Es wurde erst im 17. Jahrhundert auf den Ruinen des Klosters S. Anania erbaut, das im 12. Jahrhundert n. Chr. durch die Sarazenen zerstört wurde. Seine Architektur entspricht also im Vergleich zu anderen Castelli in dieser Gegend eher der Moderne.