2011-06-16

Und dann doch immer wieder zweite Liga …

Ich bin ja bekanntermaßen Frau. Wohl auch das, was man eine gestandene Frau nennt. Ich trage Röcke, pumpe meine Reifen selber auf, kann Löcher bohren und Holz sägen, als auch Zwiebeln schneiden und Kuchen backen. Ich mag Rennsport, Autos, Fußball, Ballett und manchmal Abba. Ich liebe exklusive Nylons und schöne Wäsche wie auch hoch komplexe Kameras und fesche Computer. Und im Großen und Ganzen finde ich mein Leben als Frau sehr selbstverständlich und prima. Klar, immer wieder kommen dumme Gefühle einer leichten ungerechten Behandlung gegenüber des männlichen Geschlechts hoch, aber da vermittelt mir mein zweites Gefühl gerne: alles okay so, früher war das gänzlich schlimmer, in anderen Gesellschaften haben es Frauen immer noch deutlich schlechter als hierzulande – und letztendlich geht es voran.

Aber manchmal stehe ich dann doch wie die Kuh vor dem neuen Tor. Beispiel: Frauenfußball WM 2011. Findet also in Deutschland statt, die Frauen sind seit ewigen Zeiten Weltmeisterinnen – im Grunde also ein Riesenevent. Mindestens so hochwertig zu preisen und feiern, wie die Fußball-WM der Männer im eigenen Land. Und dann …? Begegnet mir gestern das erste Gewinnspiel des größten deutschen Telekommunikationanbieters, der zusammen mit Kooperationspartnern drei Gewinner vom Eröffnungsspiel twittern lassen möchte, also Eintrittskarten, Verpflegungsbon inklusive und Technik to go. Alles prima, bis dann dort steht, unter den Gewinnern werde 1 Smartphone verlost. Und ich frage mich, wieso eigentlich nur eines? Wieso reicht es nicht für drei? Ich meine, Fußball-WM der Herren und die Konzerne hauen in Gewinnspielen Autos, Flugreisen etc. raus und hier? Eismaschinen! Es ist Sponsoring und man will keinem Unternehmen reinreden, wie viel es für seine Zielgruppen investieren möchte. Aber Fakt ist halt, die deutschen Fußballweltmeisterinnen im Profifußball müssen entweder Angestellte der Bundeswehr oder Polizei sein, um ihren Sport machen zu können, weil die allerwenigstens von z. B. Werbeeinnahmen leben können.

Oder gestern, die redaktionelle Hammernachricht des Jahres! Es kommt im September eine deutsche Testausgabe unser aller WIRED und Thomas Knüwer macht die Chefredaktion, was mich persönlich sehr freut. Ich bin als Frau, seit ich denken kann, im IT-Biz tätig, lebe und arbeite mit Computern und habe am eigenen Leibe schmerzlich Margen-Verfall erlebt oder die erste Web-Blase platzen gespürt. WIRED ist so eine Gottheit für mich, wie es zehn Jahre früher schon die US-Ausgaben der MacWorld oder MacUp waren, lange bevor es deutsche Macintosh-Magazine gab. Nur im Vergleich zu früher, zu meinen eigenen Anfängen, erlebe ich hier in diesem Business mittlerweile überall Frauen. Frauen, die programmieren, designen, Inhalte für's Web oder Business über das Web generieren. Ich erlebe Frauen, die roundabout Computer- und Internet-Technologien Hard- und Software erfinden, entwickeln, schulen, verkaufen – in Mengen, in Massen – erfolgreich und ihren Beruf und ihr Leben darauf ausrichten.

Und dann kommt Condé-Nast und legt diese eine deutsche WIRED-Testausgabe der GQ bei, einem Männermagazin! Man verstehe mich nicht falsch, ich zähle mich zur Zielgruppe von GQ genauso wie zur Zielgruppe von Beef, alleine, weil beide Magazine mich thematisch ansprechen und großartige Bildredaktionen haben. Nur: als Fotografin und Kochbloggerin ist das für mich üblich, aber natürlich nicht die Regel.

Aber ein Computermagazin von weitreichendem Interesse als Beilage in einem reinen Männermagazin – ist das nicht ein bisschen sehr platt und Zielgruppen fern gedacht? Ich meine, im Jahr 2011 in einer Zivilisation namens Deutschland?

3 Kommentare:

Liisa hat gesagt…

AMEN! Schwester! AMEN!

Christian hat gesagt…

.

katha hat gesagt…

mich interessieren weder fußball noch wired, aber die von dir so klug analysierten zusammenhänge, die schon.

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