2006-09-28

Neues Business trifft alte Zöpfe und alles wird gut!

Und wann immer man glaubt, heut‘ geht nix mehr, kommt von irgendwo ein freches „komm, lach' Dich tot“ daher.

Heute kommt in einer Newsliste ein Link zur Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, kurz HAZ, die hier über das „Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek“ schreibt.

Kurzform: Wir – also jeder in Deutschland lebende, der im Internet Seiten veröffentlicht – sind lt. diesem Gesetz verpflichtet, sie zusätzlich bei der Nationalbibliothek in Frankfurt am Main abzuliefern. Und zwar binnen einer Woche, auf eigene Kosten, vollständig. Bei Zuwiderhandeln droht eine Ordnungswidrigkeit von bis zu 10.000 Euro. Das Gesetz schränkt ein: Internet-Inhalte könnten dabei auch lediglich "zur Abholung bereitgestellt werden".

Schon krabbelt sich fragend die erst seit knapp neun Monaten tägliche aktive Z-Bloggerin am Kopf und macht sich ihre Gedanken, wie sie den ganzen Kram rüberschaffen soll. Wie mag es da erst den ganzen Alpha-Bloggern dieses Landes gerade schlecht werden?

Der Artikel geht noch weiter auf die Fragwürdigkeit dieser Maßnahme bezüglich der Server der Online-Portalen von Tagessezeitungen ein, die sich ja bekanntermaßen innerhalb von nur einer Sekunde im Inhalt radikal ändern. Dabei kratzt dieser Artikel noch nicht einmal an der technischen Realisierbarkeit dieses Gesetzes.

Dies wiederum spricht jemand von der von der gleichen Newsliste aus, der sich aufgrund seines Berufsbildes, höhere Position bei einem ISP mit technischer Orientierung, zwangsläufig regelmäßig mit den deutschen Datenschutzbeauftragten trifft und daher von Staates wegen einerseits dringlich dafür zu sorgen hat, dass Daten auch ja nicht einen Tag länger aufbewahrt werden, als es unsere Gesetzesbestimmungen erlauben. Andererseits sich ständig von anderen deutschen Staatsorganen schröpfen (Arbeitszeit, Energie, Mannkraft neugenderdeutsch: Personalkraft) und bedrohen lässt, wenn er nicht schleunigst Daten rüberwachsen lässt, die er ja nicht mehr besitzen darf, weil er sich sonst strafbar machen würde. Wie immer ist der Weg dahin das Ziel und das liest sich – wie alles aus der täglichen Praxis – wirklich komisch:

„Aus diesem Sektor gibts nur Bullshit. Schon die Vorratsdatenhaltung ist, mal angenommen sie sei legitim oder von uns gewollt, rein technisch kaum handhabbar. Die Datenmengen sind einfach zu gross.

Anderes Beispiel: Es gibt ja nun den gesetzlichen Zwang, das Ermittlungsbehörden, e-Mail von Internetnutzern auf richterlichen Beschluss abhören können. Dazu wurden alle Provider verpflichtet eine so genannte SINA-Box einzubauen, die es ermöglicht, das jeder e-Mail-Verkehr für Nutzer UND ISP (!) unbemerkt abgehört werden kann.

Auch unsere Firma musste das einbauen, Gesammtkosten ca. 450.000,– Euro (von uns zu tragen, klar.)

Die Box geht. Aber keine Sorge, es wurde noch nie e-Mail-Verkehr abgehört. Warum nicht? Weil die Ermittlungsbehörden weder Know How noch Geräte besitzen die SINA-Box zu benutzen oder zu bedienen oder das Abgehörte auszuwerten.

Anstelle dessen kommen bei uns Anfragen per Fax rein, lt. denen Gerichte die Logfiles für den und den Server zugefaxt haben wollen.

Da muss sich immer einer von uns die Mühe machen, dort anrufen und fragen, ob sie das etwas einschränken können, und ferner hätten wir sowieso nur die letzten 14 Tage, weil wir das ja laut Datenschutz eh immer sobald als möglich wegwerfen. Und ob wir das nicht auch auf 'ne CD brennen sollen.

Einmal hatte ich so einen richtig scharfen Hund von Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, der sagte, ich solle mit dem Hinhaltekram aufhören und ob ich wisse, welche Folgen es für unsere Firma haben könnte, wenn ich trotz richterlicher Anweisung nicht kooperiere. (Das passiert selten, die meisten Polizisten/Richter etc. sind durchaus nachdenklich und wissen, dass sie keine Ahnung vom Thema haben.) Ich solle nun bitte die verlangten Daten durchfaxen und ihm die Ausflüchte und „ja aber“ ersparen, es entstünde der Eindruck, ich wolle Kriminelle decken.

Gut.
Habe ich dann gemacht.

Nach ca. 150 Faxseiten rief er an und fragte, wieviel noch kommen. Musste ich ihm antworten: Noch etwa 420.000 Seiten und ich könnte jetzt nicht weiter mit ihm telefonieren, ich muss die nächste Sackkarre voll bedrucktem Papier zum Faxgerät schieben. Aufgelegt.

Bei Seite 200 ist sein Fax nicht mehr rangegangen. Ich habe als pflichtbewusster Bürger natürlich noch vier Tage lang versucht, die Sachen durchzufaxen und auch noch rund 60 Blatt durchbekommen.

Fazit: Diese Leute haben einfach keine Vorstellung welche Datenmengen da anfallen und wie unmöglich es ist, diesen mit klasischen Methoden bei zukommen.

Ich muss bei diesen ganzen Überwachungsmaßnahmen immer lachen. Die Frage lautet: Wer wertet das alles aus? Wer wertet diese RIESIGEN Datenberge aus? Die Antwort ist sehr einfach: Keiner.“


Das ist doch jetzt saudumm gelaufen. Da haben wir so tolle wichtige Gesetze und könnten ausspioniert werden wie Bond die Slips seiner Bondmädchen durchsucht – und dann sind dummerweise zu wenig Bäume gefällt worden als das genügend Faxpapier bei der Staatsanwaltschaft für alle Daten bereit stünde …

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Als ich das schicken wollte, hatten die Papierstau.
Aber versucht hab' ich's.


Bull.

Anonym hat gesagt…

kein gutes gefühlfeeling, sich jeden verdammten tag noch strafbarer zu machen. aber es macht einen SPASS, den ich nicht verzichtbar finde! : ))

Anonym hat gesagt…

Bitte WAS???

creezy hat gesagt…

@mc
war ja klar!

@morticia
und gerade bei Deinen Inhalten hätte ich persönlich soviel Freude, wenn gerade dein Bildmaterial die Deutsche Nationalbibliothek erreicht und das gesamte Haus sich erstmal zur Seite neigt, um das Mittagessen von sich zu geben … *lmao*

@narana
genau DAS!!! Die meinen das ernst! Ist das nicht lustig?

Anonym hat gesagt…

Tja, ich finde, man sollte das jetzt einfach mal wörtlich nehmen. Sicherlich wird man bei der Deutschen Nationalbibliothek in weiser Voraussicht ein komplettes Stockwerk von den dort lagernden Büchern befreit und statt dessen die 500 oder 1000 Regalmeter für eine bisher auf der Welt einmaligen Serverfarm genutzt haben. Natürlich - da baue ich jetzt mal auf die Intelligenz der Beamten, die dieses geniale Gesetz formuliert haben - hat man neben der Speicherkapazität auch an die entsprechende Bandbreite für den Mailzufluß gedacht, sodaß nun alle, wirklich alle Internetauftritte mit allen Texten und Bildern unverzüglich an postfach@d-nb.de geschickt werden sollten, um eventuell drohende Bußgelder zu vermeiden.
Wunderlich ist es nur, daß die Arbeitslosigkeit in Deutschland noch nicht auf Null gesunken ist, denn wenn ich mich jetzt nicht ganz fürchterlich verkalkuliert habe, braucht man einige Millionen Menschen, um die urgewaltige Informationsflut in einer halbwegs angemessenen Zeit zu sichten und einigermaßen sinnvoll in die hoffentlich existierende, gigantische Datenbank einzusortieren ;-)

creezy hat gesagt…

;-)

pssst. Nicht stören! Ich schreibe gerade 'ne Bewerbung an die Deutsche Nationalbibliothek, 2 OG, Abteilung Serverbestückung …

Anonym hat gesagt…

Ich bin mir noch nicht sicher, ob das nun lustig oder eher traurig ist - aber im Zweifelsfalle kann man ja mal hysterisch herumkichern.
Und für Deine Bewerbung wünsche ich viel Glück und Erfolg!
;-)

daniela hat gesagt…

Es gibt ja auch schon Blogger, die direkt bei der Nationalbibliothek angefragt haben und auch eine Antwort bekommen habe.
Hab das gestern mal bei mir aufm Blog zusammengefasst.

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