2010-01-18

'Nen Ding drehen

Letzten Freitag habe ich Ernst gemacht: mein allererster hochoffizieller Kochkurs!

Dem Trend der Kochkursbesuchmanie habe ich mich bisher entsagen können. Ich habe ja noch einige viele Kochbücher im Schrank, die unbedingt gelesen werden möchten. Dennoch habe ich neulich beim Besuch der Homepage der Berliner Volkshochschule mein Interesse an einem Sushi-Kurs nicht leugnen können und die mir bekannte Blogkochmafia der Stadt rundgefragt, ob jemand mitkommen möchte. Peggy von multikulinaria.es kommt mit und Valentinas Kochbuch empfahl mir die Dozentin wärmstens, hatte nämlich einige Seminare bei ihr schon mitgemacht. Dabei erzählte sie von dem „Chinese Dumpling“-Kochseminar bei Goldhahn & Sampson, das eine Woche später schon stattfinden sollte – und das vergangenen Freitag so auch prompt mit mir tat. Und mit Katharina von Valentinas Kochbuch, die ich zu diesem schönen Anlass kennenlernen und mit ihr in der Gruppe die Chinese Dumplings in der Fleischvariante herstellen durfte.

Der Kochkurs fand in den Geschäftsräumen von Goldhahn & Sampson statt, in den hinteren Räumen, wo eine riesige Auswahl nationaler und internationaler Kochbücher an die kochenden Enthusiasten gebracht werden will, als auch eine schöne große Küche auf unsere Zuarbeit wartete. Pünktlich um 19:00 Uhr empfing uns – mittlerweile Schürzenträger – die Dozentin, Fang, mit süßen Dumplings gekocht in einer heißen Wassersuppe mit Ingwer und Honig. Die Dumplings sollen mit drei unterschiedlichen Füllungen zubereitet worden sein – ich hatte leider nur drei Mal süße Sesampaste in meiner Schale, die aber sehr lecker waren.



Am Anfang dachte ich noch: „Ich hasse Schürzen!“

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde in der sich nicht wenige der Teilnehmer als Honkong-Reisende outeten, die nun ihr touristisches Gourmeterlebnis selber nachkochen wollten, wurden wir in drei Gruppen aufgeteilt. Fang wies ausdrücklich darauf hin, dass die urtypischen Chinese Dumplings bei weitem nicht nur aus den Teigtaschen bestehen würden, die wir auf dem Programm hatten, sondern eine viel größere Variation aufweisen, die aus den Wagen in ihrer Heimat serviert würden. Davon bereitete sie im späteren Verlauf für uns noch zwei Varianten zu, ließ dabei dankenswerterweise die Nummer mit den gekochten Hühnerfüßen aber aus.

Mit den jeweiligen Zutaten für die Dumplings in einer vegetarischen, fischigen und fleischigen Variante, jede Gruppe bekam eine davon auf's Auge gedrückt, eingedeckt, hatten wir nach Rezept als erstes einen sehr einfachen Teig aus Mehl und Wasser herzustellen. In seiner Ruhephase durften wir die Zutaten für die Füllung sehr klein (richtig klein, anstrengend zeitaufwändig klein) schnippeln und würzen. Somit habe ich seit Freitag mein Chinakohl-kleinschneide-Diplom.



Wenn sich 1 Stunde Chinakohl schnippeln sehr lässig versendet …

Mit fortgeschrittener Zeit und Fertigstellung der Füllungen zeigte uns Fang, wie man den Teig für die Dumplings sehr dünn in runde Plätzchen ausrollt. Dazu wird eine rundes Holzstück lässig (wenn man es dann kann) halb über das kleine Stück Teig gerollt, das mit der linken Hand auch sehr lässig stückweise weiter gedreht wird, bis man ein perfektes rundes Teigplätzchen von ca. 7 cm Durchmesser möglichst dünn hergestellt hat.



Das kann man auch als grobmotorischer Europäer, ohne die Dumplingherstellung großmütterlicherseits mit der Muttermilch aufgesogen zu haben, nach ein paar Jahren Übung bestimmt aus dem EffEff. Tricky ist im Hier und Jetzt dabei jedoch die richtige Menge Mehl zum Ausrollen zu verwenden, denn übermehlt sollen die Teigplätzchen nicht werden aber natürlich auch nicht unmotiviert auf dem Tisch festkleben.



Als nächstes zeigte Fang uns, wie die Dumplings nach Einbringen der Füllung geschlossen werden. Ganz easy: kleiner Klecks in die Mitte auf Teig aufbringen, der betont lässig in der linken Hand in einer von Daumen und Zeigefinger geformte Kuhle liegt und dann mit der rechten Hand in Falten gelegt die Teigseiten zusammen falten, dabei betont lässig aussehen und einen wundervollen formschönen Dumpling auf dem Tisch ablegen.



Das sieht an sich einfach aus … während Katharina einen schöneren Dumpling nach dem anderen formte, blieb ich (auch schön) grobmotorisch beim Freestyle-Dumplingen hängen. Übrigens sind Fingernägel bei dieser Bastelarbeit kein bisschen hilfreich. Und ja, natürlich gibt es die Teigplätzchen vorgefertigt und gerollt im Asiashop käuflich zu erwerben, wem das Füllungs- und Faltspiel alleine reicht. Ich muss noch viel, viel üben.



Mein erster Dumpling (mein letzter Dumpling sah noch schlimmer aus!)



Mein erster im Vergleich zu einem professionellen Dumpling …



… während der von Valentina (rechts im Bild) schon sehr professionell aussieht.

Die Dumplings selbst wurden dann auf drei verschiedene Arten zubereitet. Einmal in Öl kurz angebraten bis sie braun sind auf beiden Seiten und dann mit sehr wenig Wasser in der Pfanne und unter verschlossenem Deckel noch etwas gedämpft. Ich kannte die Art der Zubereitung von der japanischen Variante, den Gyozas, nur von einer Seite angebraten. Ich mag die auch mehr, da sich gebratene und gedämpfte Seite ganz gut gegeneinander aufspielen, um sich im Mund als Team hervorragend zu ergänzen. Geschmacklich ist die Erfahrung ist abwechslungsreicher. Ein weiterer Teil unserer Dumplings wurde traditionell in Bambuskörben über gekochtem Wasser gedämpft und als wir schon alle sehr satt waren, wurden die letzten Dumplings à la Maultasche in Wasser gekocht. Tatsächlich schmeckte jede Variante in jeder Zubereitung sehr eigen und konnte jeweils für sich einen Vorteil herausspielen. Das mag mit daran gelegen haben, dass wir aber auch alle nach den ersten Testversuchen noch an den Füllungen geschmacklich arbeiteten. Gegessen haben wir während der Zubereitung, dazu gereicht wurden drei unterschiedliche Dips: eine Art Sojapaste mit etwas Wasser und Öl angerührt, die erdnussig und mild schmeckte, getrocknete Thai-Chilis in Öl (Fang: „Nicht die ganzen Chilis essen!“) und frischer feingewürfelter Knoblauch in Soja-Sauce serviert.



Hauptsache essen!

Unglaublich angenehm war, dass unser reizender Kochassistent immer schön hinter uns her räumte und abwusch, als auch uns jeden Getränkewunsch von Wasser, Wein, Bier und wohl auch Kaffee, hätte ihn einer gewollt, aktiv von den Augen ablas. Macht schon Spaß in einer Küche zu arbeiten, von der man weiß sie einmal nicht selbst reinigen zu müssen (und das macht sehr viel Arbeit bei zwölf kochenden Personen!). Im späteren Verlauf des Abends nahmen wir dann doch – wenn auch schon sehr satt zu diesem Zeitpunkt – nebenan am schönen rustikalen großen Tisch Platz und aßen zu den restlichen selbst hergestellten und jetzt gekochten Dumplings, chinesisches Tomatenei (langweilig, wässrig und schmeckt nicht anders als hier ein Tomatenomelette) oder Eiertomaten und im Wok gedämpfte Scampis. Das war dann der Teil des Abends, an dem unsere Rücken gemeinhin schon gefühlt etwas länger waren. Und so klang dann der Abend auch gemächlich entspannt aus mit mehr als gefüllten Bäuchen. Sich einmal so richtig satt essen an den unglaublich aromareichen Dumplings, das ist schon eine besondere Erfahrung. Man erzählte sich beim Wein Geschichten über Reisen, die eigene Kochhistorie, Köche, das Schulungsangebot in Berlin und die persönlichen Erfahrungen damit.

Minimale Kritik wäre von mir, dass ich, da man ja in einer bestimmten Zeit zubereiten und fertig werden muss, oft nicht rechtzeitig mitbekommen habe, wenn die Dozentin relevante Dinge erzählte – beispielsweise zu den Dämpfungen. Während andere Teams, die deutlich weniger zu schnippeln hatten oder die Zutaten recht groß beließen, schon fertig waren und somit einen Arbeitsschritt weiter gehen wollten. Auch hätte ich mich lieber viel mehr in den schwierigen Zubereitungen wie Teig ausrollen und dem Dumplings formen geübt, als ewig lange profanen Chinakohl sehr sehr klein schnippeln zu müssen – den man gut in einem Mixer vorher schon klein bekommen hätte. Kurz, bei einigen Zutaten wäre Vorarbeit oder die Hilfenahme von technischen Hilfsgeräten auch nicht übel gewesen. Nee ich bin nicht faul, aber wir Europäer sind eben nicht darin geübt, Zutaten mikro-mü-klein zu schnippeln. Scampis entdarmen habe ich gerne gemacht – aber: bei allen Arbeitsvorgängen wurde (nicht nur von mir und dem Chinakohl) die fehlende Schärfe der Messer bemängelt. Also bitte liebe Goldhahns & Sampsons: scharfe Messer sind das A und O in einem Kochkurs, der Spaß machen soll.

Alles in allem war das eine runde Sache, die von der lockeren Atmosphäre der sehr reizenden Lehrerin und auch von den Teilnehmern des Kochkurses getragen wurde. Letztere durften übrigens den ganzen Abend über noch im Shop einkaufen – mit 10% Rabatt. Nette Anekdote am Rande, eine Teilnehmerin, extra mit ihrer Tochter zum Kurs aus Chemnitz angereist, traf im Seminar erstmals ihren ehemaligen Schulfreund aus der Chemnitzer Oberschule wieder. Nicht wenige Teilnehmer haben ihren Kurs übrigens geschenkt bekommen und dazu bieten sich die sehr vielfältigen Kurse von Goldhahn & Sampson auch wirklich an (verbunden mit einem Berlin-Wochenende).

Übrigens haben Goldhahn & Sampson das Fleur de Sal d'es Trenc in allen Variationen vorrätig – leider ist deren Online-Shop so etwas von nur eine virtuelle FataMorgana. Als nächstes würde ich wahnsinnig gerne in die Persische Küche einsteigen. Und schlussendlich kann ich die Kurse empfehlen: ich habe gelernt (am spannendsten sind dabei sicher die Küchengeschichten der Dozenten von zu Hause und deren Familien) und hatte sehr viel Spaß und brenne darauf, sehr bald meine Dumpling-Falt-Schwäche mit üben, üben, üben zu eliminieren!

5 Kommentare:

katha hat gesagt…

schön eingefangen! und wann wirst du üben? (man muss sich sowas in den terminkalender schreiben, sonst wird's nix...)
ps: warum habt ihr die messer nicht einfach vor ort abgezogen?

barty hat gesagt…

Goldhahn & Sampson, hach..... *schwer ausatmet*

Ev hat gesagt…

Immer wieder eine Freude, solch ausführliche Berichte hier genießen zu dürfen!

creezy hat gesagt…

@katha
Üben, ich denke dieses Wochenende zuckt es mich in den Fingern! ,-) Messer abziehen: Schleifstein war nicht zu finden. Darüber hinaus tue ich mich immer schwer damit „fremde“ Messer zu behandlen. ,-) Egal, ich habe gelernt, dass ich künftig doch mein Lieblingsmesser zum Kochkurs mitnehme. Wollte das eh anfangs, habe es dann aber leider vergessen.

@barty
Ist das jetzt schwere Begeisterung-Atmung oder wie oder was? ,-)

@Ev
Gerne geschehen! Und dankeschön … das motiviert mich ja sehr… ,-)

barty hat gesagt…

Schwerste, schwerste :-))) Und sie wird noch schwerer werden, denn ich habe dort neben furchtbar leckeren Dingen zum Essen und Trinken auch mein most favorite ever Desserts-Kochbuch gefunden: "Königliche Desserts: Die besten Rezepte von Chateau Vaux-le-Vicomte"

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